Nachdem Gott Abram durch den Tod Tharahs von den letzten Bindungen befreit hat, war der Weg frei zur Weiterreise. Hier hat offenbar Abram seinen zweiten Ruf bekommen, und damit wurde er endlich von seines Vaters Hause gelöst. Stephanus erwähnt in Apg. 7 den Ruf an Abram in Ur, und in 1. Mose 12,4 lesen wir, daß Abram einen weiteren Ruf in Haran erhielt und weiterzog. Gott hat große Geduld mit seinen Kindern.
Völliger Gehorsam. Der bisherige Weg Abrams glich, wie wir sahen, einem Zweidrittelgehorsam. Nun aber machte er ganzen Ernst und zögerte nicht länger. Groß waren die Verheißungen, die auf seinem beschwerlichen Zug mit unbekanntem Ziel wie ein Licht auf dem Wege waren und die Schwierigkeiten überwinden halfen. Abram soll im fremden Lande das Panier seines Gottes aufwerfen, er soll von dem Gott zeugen, der will, daß allen Menschen geholfen werde. Dieses Zeugnis aber sollte Abram nicht nur durch sein mündliches Bekenntnis geben, vielmehr noch durch seinen Wandel, der im völligen Gegensatz zu dem der Kanaaniter war (Jes 43,10-12); Gott will ihn aber auch besonders segnen und sich damit selbst der heidnischen Umgebung als der Allmächtige erweisen (5. Mose 33,26-29).
Die Weiterreise. Abram ergreift zum zweiten Male den Wanderstab, fünfundsiebzig Jahre ist er mittlerweile alt geworden, aber er macht sich auf trotz seines zunehmenden Alters. Wenn auch das Land noch nicht genannt ist, das ihm künftig zur neuen Heimat werden soll, so steht die Verheißung unverrückt fest vor ihm und macht es ihm leicht, mit Paulus zu sagen: „Ich vergesse, was dahinten ist, und . . . jage nach dem vorgesteckten Ziel, nach dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung“ (Phil 3,13.14). Über die Schwierigkeiten, die Abram erwarteten, können wir uns keine rechte Vorstellung machen, aber es konnte ihn nun niemand und nichts mehr aufhalten. Sein Glaube war wie bei Mose die starke Triebfeder für sein Handeln geworden, die ihn nicht mehr ruhen und rückwärts blicken ließ (Heb 11,16.27).
Am Ziel. Und sie kamen ins Land Kanaan (Vs. 5). Abram erfuhr, daß der, der das gute Werk in ihm angefangen hatte, es auch vollführen würde (Phil 1,6). Nun war er endlich in dem Lande angelangt, das von Milch und Honig fließt (2. Mose 3,8), in dem Lande des Herrn (Hosea 9,3), im Lande Immanuels (Jes 8,8), im heiligen Land (Sach. 2,12). In diesem gesegneten Lande hätte Abram schon 15 Jahre wohnen können, hätte er sich nicht aufhalten lassen. Gewiß blickte er beschämt zurück. Geht es uns nicht auch so? Abram blieb nicht an der Landesgrenze stehen, sondern zog durch bis an die Stätte Sichern und an den Hain More (Vs. 6). Sichern heißt Schulter und war eine der späteren Zufluchtsstätten Israels. Es ist mit dem Orte Sichar aus Jesu Tagen identisch.
Die neue Umgebung. Nun war Abram darauf angewiesen, mit den Kanaanitern zusammen zu leben. Auch sie waren Heiden wie die Leute von Ur, und man könnte sich fragen, warum Gott Abram aus dem heidnischen Chaldäa herausgeholt hatte. Hier in der neuen Umgebung kannte keiner sein früheres Leben. Er stand als Fremdling mitten unter ihnen und blieb es auch, wie wir aus Apg 7,5 entnehmen können. Um so kräftiger mußte sein Wirken als Zeuge Gottes unter ihnen sein, wie es einmal später Paulus in Athen erging (Apg 17,23). Die Erwähnung Abrams in Apg 7,5 führt uns dazu, eine Parallele zwischen ihm und der Gemeinde zu ziehen, der hier auch kein Fußbreit Erde gehört; sie ist vielmehr hier nur geduldet und wartet auf das Vaterhaus droben (Heb 11,10).
Unter den Kanaanitern war Abram ein lebendiger Zeuge, ein offener Brief (2Kor 3,3). Es war zugleich eine Gnadenfrist, die Gott den Völkern schenkte. Für die Kanaaniter, die dem Zeugnis Abrams nicht glaubten und seinem Wandel nicht folgten, kam der Tag, da sie durch Josua ausgetrieben wurden; so wird auch der Tag kommen, da die Gemeinde die Welt richten wird.
In der Endzeit wird das Land Kanaan noch einmal Schauplatz großer Gerichte Gottes sein, da der Herr Seine ganze Macht und Herrlichkeit an den Nationen entfalten wird (Offb. 19). Hernach wird der Same Abrams nicht mehr ein Fremdling in Palästina sein. Auch wird Israel nie mehr Gegenstand der Verachtung und Schmach der Völker sein. Dann werden vielmehr alle Völker Israel suchen, weil sie durch dasselbe gesegnet werden. Wenn wir die Zeichen unserer Zeit recht deuten, stehen wir am Vorabend großer Ereignisse. Schwere Verfolgungen sind über Israel gegangen, die schwersten aber stehen noch aus; sie werden zum Ziel haben, daß Gott Seine Gnadenabsichten mit Seinem Volke verwirklicht und erreicht. Israel wird Buße tun, wird Den erkennen, in Den sie gestochen haben. Christus wird dann nicht mehr der verworfene König sein, sondern der Gesalbte Gottes, unter dessen Führung die letzten Verheißungen Wirklichkeit werden. Dann werden durch Israel alle Völker der Erde gesegnet werden. Und das ist nur möglich durch völligen Gehorsam.