Schriften von Georg R. Brinke
1Mo 13,14-18 - Eine neue Offenbarung1Mo 13,14-18 - Eine neue Offenbarung
Trennungen sind immer etwas sehr Schmerzliches. Abram liebte seinen Neffen Lot mehr als sich selbst, wie späterhin David den Jonathan mehr liebte als sich selbst. Die Art, wie er Lot die Trennung vorschlug, beweist es. Dazu kam die große Sorge um Lot und die Seinen, denn Abram wird längst gemerkt haben, daß Lots Frömmigkeit mehr ein Mitmachen als eine Herzenssache war. Abram muß Lots Wahl tief betrübt haben. Aber er trug ihm nichts nach. Glücklich sind die Menschen, die nicht nachtragen. Gehörst du auch zu ihnen?
Der Zeitpunkt der Offenbarung. Wir Menschen sind meistens sehr ungeduldig. Wir wollen aber aus Gottes Wort und aus der Menschheitsgeschichte lernen, daß Gott stets zur rechten Zeit eingreift. Man denke beispielsweise an die Auferweckung des Jünglings zu Nain (Lk 7) und des Lazarus (Joh 11). Nach menschlichem Ermessen war es in beiden Fällen die allerhöchste Zeit, ja zu spät, als Er kam. In Wirklichkeit aber war es gerade die rechte Zeit, als Jesus eingriff. So trifft hier bei Abram die neue Offenbarung im entscheidenden Augenblick ein. Wann war das?
Nach dem Streit unter den Hirten. Abram war aus dem Streit als Sieger hervorgegangen, und das gerade wegen seiner Selbstlosigkeit. Er hatte als ein wahrer Gottes‑ und Glaubensmann gehandelt, indem er um der gefährdeten Ehre Gottes willen ein großes Opfer brachte. Gott belohnte ihn zunächst durch himmlischen Frieden und weiterhin durch neue irdische Segnungen.
Nach demütigem Verzicht. Wie werden die Hirten Abrams den Kopf geschüttelt haben, daß ihr Herr die besten Weideplätze fahren ließ zugunsten des Jüngeren. Sie werden sein Verhalten als töricht bezeichnet haben, als selbstschädigend. Aber dieser Fall beweist, wie recht Paulus hat, wenn er schreibt: „Dieser Welt Weisheit ist Torheit bei Gott“ (1Kor 3,19) und „die göttliche Torheit ist weiser als die Menschen sind“ (1Kor 1,25).
Nach dem Verzicht auf Freundschaft, die das Verhältnis zu Gott störte. Je mehr der Gläubige um seiner Heiligung willen Freundschaften aufgibt, um so mehr wird er in den Stand eines Abram gelangen, der ein Freund Gottes genannt wurde. Kann es überhaupt noch Größeres geben? (Joh 15,14.15).
Der Ort der göttlichen Offenbarung. Es werden zwei Orte von höchster Bedeutung genannt: Hebron und Mamre.
Hebron bedeutet Gemeinschaft. Dieses Wort hatte gerade jetzt für Abram eine tröstliche Bedeutung, da er nun den letzten Schnitt vollzogen hatte zwischen sich und seiner Verwandtschaft, aus der er nach Gottes Befehl ganz am Anfang hätte ausgehen sollen. Nun durfte Abram umsomehr die Nähe seines Gottes erfahren und eine neue große Verheißung empfangen. Hebron, das ist, symbolisch gesprochen, die Stätte, da jedes Gotteskind wohnen sollte, in der Gemeinschaft mit Gott. In der späteren Geschichte Israels wurde Hebron eine der sechs Zufluchtstädte, dahin Israels Geängstigte flohen, wo sie eine neue Heimat und sichere Zuflucht fanden (Jos 21,13). Doch wo wohnte, nebenbei gefragt, Lot? In Sodom, in der Welt ohne Altar, wo er nach 2Pet 2,8 sehr litt und gequält wurde.
Mamre bedeutet Fettigkeit. Mamre sollte für Abram ein vollwertiger Ersatz für die fruchtbare und fette Ebene Sodoms werden, die sich Lot erwählt hatte.
Der Inhalt der Offenbarung bzw. Verheißung. Er war ein doppelter.
Er bestand zunächst in der Verheißung des Landes Kanaan. Gott hatte ja Abram schon früher das Land verheißen. Da sich nun aber Lot in seiner maßlosen Selbstsucht so viel davon angeeignet hatte, wiederholt Gott Sein Versprechen. Abram sah das ganze Land vor sich, ähnlich wie später Mose, der von der Spitze des Pisga das ganze herrliche Erbe Israels überblicken durfte. Es ist, als sage ihm der Herr: Schaue von dem Orte, da du stehst und wo du von Lot übervorteilt wurdest, auf das Land, das dir und deinen Nachkommen gehören soll. Hier sehen wir wieder einmal deutlich den Segen des Nachgebens.
Uns sind heute geistlicherweise die überschwenglichen Segnungen gezeigt: „Die Breite, die Länge, die Tiefe und die Höhe der alles übersteigenden Gottesliebe“ (Eph 3,18). Das irdische Kanaan, das Land der Ruhe, in dem Milch und Honig fließt, ist ein Abbild des himmlischen Landes, das unser harrt. Achten wir noch auf die verschiedene Stellung der beiden Männer: „Lot schaute hinab“; Abram blickte hinauf. Lot kommt immer tiefer hinab, Abram aber immer höher hinauf, er wächst hinan zum vollkommenen Mannesalter in Christo. Er befindet sich immer inniger in der Gemeinschaft mit seinem reichen Gott, der alles zu geben vermag. Je mehr der Gläubige um Jesu willen daran gibt, um so mehr gibt ihm der Herr zurück.
Die Offenbarung bestand ferner in der Verheißung eines Samens. Hier ist zunächst an seinen irdischen Samen, an das Volk Israel gedacht. Abrams Häuflein wurde scheinbar immer kleiner. Tharah und andere Verwandte waren nicht mehr, Lot und die Seinen waren auch fort, dazu war Sarai unfruchtbar, schien da nicht Abrams Lage ganz aussichtslos zu sein? Aber was ihm die Umstände und die Natur vorenthielten, sicherte ihm Gott zu, und an diese Zusage glaubte er. Er sah auch schon im Geiste die unzählbare Schar seiner Nachkommen. Echter Glaube rechnet mit Wundern Gottes, und das tat Abram. Er und sein Weib wurden immer älter; jetzt noch auf einen Sohn hoffen bedeutete, einen Glauben haben, der Berge versetzt, und den hatte Abram. Warum nicht auch wir?
Die Annahme der Verheißung. In V. 17 befiehlt der Herr Abram, das Land zu durchziehen, um es gründlich kennenzulernen und sich von dem Reichtum und der Schönheit des ihm verheißenen Landes zu überzeugen. Und was tat Abram? Er brach sein Zelt ab und zog weiter. Das erste aber, was er bei dem ersten Halt wiederum tat, war: Er baute den Altar, um Gott zu loben und anzubeten und auch hierin ein Zeuge Gottes in seiner Umgebung zu sein. Anbeter Gottes inmitten eines ehebrecherischen Geschlechtes zu sein, von Ihm zu zeugen, sich durch einen heiligen Wandel zu unterscheiden, das ist unser aller Bestimmung. Wollen wir nicht auch wie Abram im Geiste das große Land der himmlischen Segnungen durchziehen, das unbefleckte, unverwesliche und unverwelkliche Erbteil, das uns droben aufbewahrt ist, betrachten (Kol 3,1.2)? Solchen sagen Sodoms Güter nichts mehr. Steigen wir mutig im Geiste hinauf wie Johannes, dann werden auch wir Herrlichkeiten sehen und himmlischen Lobgreis hören (Off 4,1).
Bei dem Auszug des Gläubigen aus dieser Welt in das Land des Glaubens, der Gemeinschaft mit Gott, zeigt Gott den Seinen ein weit schöneres und reicheres Land als Kanaan, das Gott dem Abraham gab. Das ist eine offene Bibel. Sie stellt einen unerschöpflichen Reichtum dar und genügt für jede Lebenslage, so daß wir nie mehr nötig haben, irdische Schätze zu suchen. Hast du, lieber Leser, dieses reiche Land, die Bibel, durchzogen wie Abram das Land Kanaan? Kennst du ihre Breite, Länge, Tiefe und Höhe, die alles übersteigende Liebe des Christus, die darin gezeigt wird? Kennst du ihre zahllosen Verheißungen, die für jede Lebenslage genügen, dem Pilger Trost und Aufmunterung geben, das Herz mit überströmender Freude erfüllen? Eile, durchziehe dieses reiche Land und freue dich an Seinen Verheißungen. Im kommenden Königreich Jesu Christi, also im Tausendjährigen Reich, wird Abrams Nachkommenschaft das hier erwähnte Land und weit darüber hinaus besitzen und mit Abram, Isaak und Jakob den König des Reiches anbeten (Mt 8,11). Dann wird die große Verheißung an Abram restlos in Erfüllung Rehen: „Durch dich und durch deinen Samen sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet werden.“