Schriften von Georg R. Brinke
1. Mose 27 - SCHLIMME A U S W Ü C H S E I M LEBEN DER HEILIGEN1. Mose 27 - SCHLIMME A U S W Ü C H S E I M LEBEN DER HEILIGEN
In dem jetzt vorliegenden Kapitel müssen wir leider viel Ungöttliches beobachten. Wie der Heilige Geist in Kapitel 26 über die reichen Segnungen berichtet, so deckt Er hier schonungslos die Sünden der Seinen auf. Alle in diesem Kapitel genannten Personen stehen in einem düsteren Licht vor uns. Hier wird uns wieder einmal bewußt, wohin selbst Erzväter, Gottesmänner, Träger größter Verheißungen kommen können, wenn sie nicht allen fleischlichen Trieben entsagen (2Kor 7,1). Schon in Kapitel 25, Vers 28 lesen wir von Isaak, wie er mit Vorliebe Wildbret aß, mit dem Esau ihn versorgte; aus diesem Grunde scheint dieser sein Liebling gewesen zu sein. Essen und Trinken können den Gläubigen sehr nachteilig beeinflussen (Spr 23,3; Röm 13,13). Paulus schreibt von solchen, denen der Bauch ihr Gott ist (Phil 3,19). Die Söhne Elis zogen sich durch ihre Gier im Essen selbst das Gericht zu (1Sam 2,12-17.29 ff). Unsere alte Natur ist gar schnell zum Unguten beeinflußbar. Aus dem Grunde verbot der Herr den Priestern, die ins Heiligtum eintreten wollten, den Alkoholgenuß (3. Mose 10,8-11). Samuel nahm kein Geschenk vom Volke an, damit er keine falschen Urteile fälle. Das Gotteskind muß seine alte Natur völlig in den Tod geben; es muß mit Paulus sprechen: „Ich sterbe täglich“ (1Kor 15,31). Nu zu leicht verfallen wir der Macht der alten Natur wie Isaak und handeln wiederum wie er nach dem Fleisch. Zu unserer eigenen Warnung und Bewahrung sollen uns einige Einzelheiten dienen.
Isaaks hohes Alter. Er war 137 Jahre alt und offenbar recht
gebrechlich geworden und meinte, sterben zu müssen; er erholte sich aber
wieder und lebte noch weitere vierzig Jahre. Isaak wurde blind und
hilflos und war so ganz und gar auf seine Umgebung angewiesen. Leider
betrog diese ihn in schmählicher Weise, wie wir bald noch sehen werden.
Das Gegenteil von dem geschah, was die Schrift befiehlt, nämlich das
Alter zu ehren (3. Mose 19,32; Mal 1,6). Ehren wir das Alter oder
vergessen wir unsere Alten, z. B. unsere alten Eltern in ihrer Notdurft?
Wer sich den Nöten der Alten und Schwachen entzieht, der geht reicher
Segnungen verlustig. Es steht geschrieben: „Ehre Vater und Mutter, auf
daß es dir wohl gehe und du lange lebest auf Erden“ (
Eine wichtige Handlung. Da Isaak meinte, daß sein Ende nahte, bestellte er sein Haus. Das war sehr klug gehandelt und von ihm sollten viele lernen. Viele Familiennöte blieben erspart, wenn Eltern so handelten wie Isaak, indem sie ein Testament machten, um auch in dieser Hinsicht Ordnung zu hinterlassen, wenn sie aus dem Leben scheiden. Isaak hatte sehr viel zu vererben. Auf ihm ruhte die Verheißung des Landes Kanaan, des Landes, darinnen Milch und Honig floß. Diese Verheißung sollte auf den Erstgeborenen übergehen. Wem sollte nun das reiche Erbe, der Segen Abrahams, zufließen? Gottes Wille darüber mußte Isaak klar sein nach dem Worte des Herrn an Rebekka (Kap. 25, 23). Auch wußte er, daß Esau sein Erstgeburtsrecht an seinen Bruder Jakob mit einem Eide verkauft hatte. In diesem Falle sollte ihm also die Entscheidung nicht schwer fallen.
Ein folgenschwerer verkehrter Schritt (Vers 1-3). Knechte
Gottes können wie Isaak zu Hohem berufen sein und doch untreu mit dem
anvertrauten Gut umgehen. Das geschieht wohl meistens in Zeiten inneren
Abweichens, in Tagen ohne Gebetsgemeinschaft. Das scheint auch hier bei
Isaak der Fall gewesen zu sein. Obwohl er Gottes Gedanken und Seinen
Willen kennen mußte, nach dem Jakob zu segnen war, wollte er doch seinen
Liebling Esau vorziehen. Diesen Anlaß wollte Isaak zu einem Festtag
machen. Er bat Esau, ein Wildbret zu erjagen und es ihm zuzurichten.
Nach der festlichen Mahlzeit wollte Isaak dann seinen Sohn Esau segnen.
War eine gute Mahlzeit wohl das Beste für einen sterbenden Mann? Soll
der Gläubige seinen natürlichen Gelüsten noch auf dem Sterbebett
nachgehen? Gibt es da wirklich nichts Wichtigeres zu tun? Hatte nicht
Isaak vielmehr Ursache, nicht nur sein Haus, sondern vor allem sein Herz
zu bestellen? Er scheint zu diesem Zeitpunkt in jeder Hinsicht, also
nicht nur leiblich, sondern auch geistlich blind gewesen zu sein; aber
so ist es bei jedem, der „nicht allem absagt“ (Lk 14,33). In einem
ganz anderen Lichte stehen Männer wie Moses oder Paulus vor uns, die bis
zuletzt einen klaren Blick behielten, weil sie allem Irdischen abgesagt
hatten und auf das Ende schauten (vgl. 5. Mose 33; 34,7 mit
Hinter den Kulissen. Während Isaak mit Esau sprach, lauschte Rebekka vor der Tür wie einst Sara im Zelt Abrahams, als der Herr mit diesem sprach. Damals lachte Sara (1. Mose 18). Hier erfuhr Rebekka ihres Mannes Gedanken und seine Absicht, Esau zu segnen, und beschloß, diesen Plan zu durchkreuzen. Zwei Wege lagen vor ihr, der Weg des Glaubens und der der menschlichen Vernunft. Sie entschied sich für letzteren, weil das immer am einfachsten zu sein scheint. Sie hätte ja die ganze Familie zusammenrufen und ihrem Mann den Plan Gottes vorlegen müssen (Kap. 25, 23). Esau hätte sie als Mutter sagen können, daß er das Erstgeburtsrecht mit einem Eide seinem Bruder verkauft und gar kein Anrecht mehr darauf habe. Zu alledem kannte sie Gottes wunderbares Eingreifen, als Abraham den Isaak opferte und Gott sichtbar das Leben Isaaks erhielt. Hätte nicht Gott so ein „Isaak, Isaak" rufen können, wie Er damals „Abraham, Abraham“ rief? Nein, sie verließ den Weg des Glaubens!
Rebekka meinte, eilen zu müssen, weil alles auf dem Spiel stand. Auf diesem fleischlichen Wege verlor sie das Vorrecht, wie ihre Schwiegermutter Sara unter den Glaubenshelden von Heb 11 genannt zu werden. Durch Warten, durch geduldiges Ausharren gewinnen wir die Krone, aber nicht durch ungläubiges Eilen und Eingreifen in Gottes Handeln. Es ist stets schwer, untätig zuzuschauen, wenn Großes auf dem Spiele steht.
Rebekka ließ nun schnell Jakob rufen, um ihm den Plan des Vaters
vorzulegen. Mit allen Mitteln beeinflußte sie ihren Sohn, wie das die
Verse 8-11 zeigen, und machte ihm ihre Vorschläge. Rebekka hatte wohl
Weisheit, aber es war nicht die Weisheit von oben (Jak 3,15-17).
Rebekka war wohl klug wie die Schlangen, aber nicht ohne Falsch wie die
Tauben (Mt 10,16). Gottes Werk mit unheiligen Mitteln treiben
wollen, das endet immer mit einem Fiasko. Man darf zwar wohl annehmen,
daß Rebekka mit ihrem Plan Gottes Verheißung im Auge hatte, aber sie
handelte ohne Glauben, und alles, was nicht aus dem Glauben kommt, ist
Sünde (Röm 14,23). Rebekka meinte, Gott helfen zu müssen, etwa wie
späterhin Usa, der da meinte, er müsse die Bundeslade vor dem Sturz vom
Wagen schützen. Er stürzte dabei aber selbst und starb (
Beide, Isaak und Rebekka, handelten in Eile. Isaak, um Esau zu segnen, und Rebekka, um Jakob zu diesem Segen zu verhelfen, und alles endete in schwerer Familiennot. Ähnlich wollte einst Sara ihrem Gott zu Hilfe kommen, als sie Abraham vorschlug, ihre Magd Hagar zum Weibe zu nehmen. Was daraus erwuchs, ist uns zur Genüge bekannt. Nur zu schnell vergessen wir das Wort: „Ich bin der Allmächtige, wandle vor Mir“ (1. Mose 17,1). Oft behandeln wir den Allmächtigen wie einen Ohnmächtigen, dem man nachhelfen muß.
Die Ausführung des ungöttlichen Planes. Was Rebekka durchdacht hatte, sollte Jakob nun ausführen. Aber zunächst widerstand er ihrem Plan. Allerdings leitete ihn dabei nur die Furcht, er könnte mißlingen. Doch überzeugt durch die Mutter und aus falscher Sohnesliebe gehorcht er. Die Mutter mag zu allem gesagt haben, daß der Wille Gottes durchgeführt werden müsse und nicht der Wille des Vaters. Alle Einwände der Mutter befreiten Jakob aber nicht von seiner Furcht, und sehr bald mußte er es am eigenen Leibe erfahren, daß seine Bedenken nur allzu berechtigt gewesen waren.
Trotz aller Befürchtungen machten sich die beiden doch an die Durchführung des Planes: Jakob, indem er zur Herde eilte, die Böcklein zu holen und zu schlachten, und die Mutter, indem sie diese sorgfältig zu einem schmackhaften Essen zubereitete, so wie es ihr Mann liebte. Sie legte Jakob die Kleider Esaus an, und damit Jakob nicht erkannt werde, band sie ihm Felle um seine Arme, Hände und um den Hals. So erschien er haarig wie Esau. Klopfenden Herzens mag Jakob das Gemach betreten haben. Er mag sich gefragt haben: Wie komme ich wieder heraus, mit einem Segen oder aber mit einem Fluch, falls mein Vater mich trotz aller List doch erkennen sollte? Wie alle Vorbereitungen schon auf Lug und Trug beruhten, so folgte auch jetzt Lüge auf Lüge, während Jakob vor seinem Vater stand. Zweimal gab er sich als Esau aus. Sogar den Namen Gottes mißbrauchte er. Der Vater fragte ihn: „Wie hast du so schnell ein Wildbret gefunden?" Jakob antwortete dreist, der Herr habe es ihm geschenkt. Er überwand also spielend alle Hindernisse, um nur gar zu bald die Wahrheit in Spr 13,15 zu erfahren: „Der Treulosen Weg ist hart“. Wie ganz anders wären gewiß die Folgen der Segnung gewesen, wenn Jakob im Glauben an die Verheißung gehandelt hätte.
Nun setzte sich Isaak mit Wohlbehagen an sein Lieblingsmahl. Der Geruch des schmackhaften Mahles überwand den schwachen Greis wohl zum letzten Male.
Die wichtige Handlung. Endlich war Isaak so weit, seinen Sohn zu segnen. Der blinde Vater konnte ihn nicht erkennen. Voll Verdacht sagte er zu sich: „Die Hände sind Esaus Hände, aber die Stimme ist Jakobs Stimme“. Er wollte sich also nochmals Gewißheit verschaffen darüber, welchen Sohn er vor sich habe, ehe er segnete. Aus dieser Darstellung geht eindeutig hervor: Isaak war fest entschlossen, Esau zu segnen und damit gegen den offenbaren Willen Gottes zu handeln. Welch eine furchtbare Verblendung: Schließlich küßt Isaak seinen Sohn, beglückwünscht und segnet ihn (Vers 26). Jakob ist und bleibt nun Träger des Erstgeburtssegens, obwohl er diesen durch List erwarb.