Schriften von Georg R. Brinke
1. Mose 31,22-55 - JAKOBS HEIMREISE1. Mose 31,22-55 - JAKOBS HEIMREISE
Jakob hatte seine Rückreise sorgfältig vorbereitet und geschickt begonnen. Gott selbst hatte ihm den Befehl gegeben heimzukehren. Jakob handelte also nach Gottes Willen.
Labans Erschrecken. Laban erfuhr von der heimlichen Abreise Jakobs. Er war bei der Schafschur, die zugleich ein Fest war, etwa ähnlich unserem Entedankfest. Plötzlich hörte er von der Flucht Jakobs. Sofort machte er sich auf und jagte Jakob nach. Er mußte wirklich eilen, denn er war ja drei Tagereisen von daheim fort gewesen. Bis er die Nachricht erhielt, vergingen auch mehrere Tage. Jakob selbst wird auch nicht gesäumt haben, und so erreichte Laban ihn erst auf dem Gebirge Gilead. Laban hatte schlimme Absicht Jakob gegenüber. Das erkennen wir besonders aus dem göttlichen Eingreifen im Traume. Jakob hingegen durfte wiederum aufs neue die Treue des Gottes von Bethel erfahren, der ihm damals gesagt hatte: „Ich will dich zurückbringen.“ Ganz anders aber redet der Herr im Traum mit Laban. Zu ihm sagt Gott drohend: „Hüte dich, daß du mit Jakob weder Gutes noch Böses redest“. Aus Vers 43 erfahren wir von Labans Gesinnung und Absicht gegen Jakob und seine Familie. Zu Laban sagt der Herr: „Hüte dich“ und zu Jakob: „Ich will mit dir sein.“
David sagt in Psalm 18,27: „Gegen den Reinen erzeigst Du Dich rein und gegen den Verkehrten erzeigst Du Dich entgegenstreitend.“ (Elb.) Dem Volke Israel gab die Feuersäule beim Auszug aus Ägypten Licht, die Ägypter aber blieben in der Finsternis. Dem einen ist unser Gott ein Geruch vom Tode zum Tode, dem andern aber ein Geruch vom Leben zum Leben (2Kor 2,16). Gott schützt die Seinen. Er gibt sie nicht in die Hand der Gottlosen. Laban muß sogar Jakob bekennen, daß Gott ihm gewehrt habe. Böses gegen Jakob zu unternehmen! „Der Herr wird für euch streiten, ihr aber werdet stille sein.“ Dieses Wort aus 2. Mose 14,14 durfte auch Jakob erfahren. Die Worte Labans (Vers 27,28) sind wohl kaum ernst zu nehmen, denn nicht mit Musik und Gesang wollte er Jakob verabschieden, sondern vielmehr ihn zurückhalten. Hätte Laban an den Seinen Liebe üben wollen, so hätte er früher reichlich Gelegenheit dazu gehabt. Zu spät erwiesene Liebe gleicht oft den Blumen auf Gräbern, die den Verstorbenen nicht mehr erfreuen. Streu Blumen der Liebe bei Lebenszeit, das ist das einzig rechte Tun auf diesem Gebiet. Jakob wußte all den Reden Labans geschickt zu antworten.
Er forderte von Laban Beweise für dessen Anklagen, denn bei Jakob und seinen Leuten befand sich nichts, was Laban gehört hätte (Vers 37). Jakob durfte das Gegenteil behaupten, er durfte auch auf die vielen Jahre treuen, unbezahlt gebliebenen Dienstes hinweisen, die Laban Reichtum eingebracht hatten, für Jakob aber schwere Leidensjahre gewesen waren (Vers 40). Jakob sagte seinem Onkel ins Gesicht, daß, wenn nicht Gottes Güte so groß gewesen wäre, er ihn leer hätte heimziehen lassen (Vers 40). Undank war schon damals der Welt Lohn.
Ein schwerer Vorwurf. Laban beklagt sich bei Jakob, daß
dieser ihm die Götter gestohlen habe. Es erging Laban ähnlich wie später
Micha (Ri 18,24). Laban wollte gewiß vor der Verfolgung Jakobs seine
Götter anrufen, daß sie ihm Glück bringen sollten, und fand sie nicht.
Labans Götzendienst hatte auch seine Kinder verseucht, denn Rahel
glaubte offenbar an die Hilfe durch die Götzen, sonst hätte sie sie
nicht gestohlen (Vers 34). Ihre Tat zeigt zugleich, welch geringen
Einfluß Jakob bisher auf seine Familie ausgeübt hatte, so daß sogar sein
Lieblingsweib noch an den Götzen hing. Wir lesen auch nie etwas von
einem Altar im Hause Jakobs. So lernten die Seinen auch nicht den Gott
von Bethel recht kennen. Es ist immer schmerzlich, wenn Gläubige ihrer
Umgebung kein Zeugnis sind. Rahel hing noch längere Zeit den Götzen an,
das werden wir in Kap. 35 sehen. Abgrundtief sitzen oft Un- und
Aberglauben in den Herzen der Menschen! Aber Jakob sah diese Not später
ein und reinigte seine Familie gründlich davon (Kap. 35). Johannes
ermahnt die Gläubigen ernstlich, sich vor Götzen zu hüten (
Ein glücklicher Ausgang. Die Beschuldigungen Labans gegen Jakob waren grundlos, doch wir vermissen bei ihm das sich entschuldigende Wort: „Es tut mir leid!“ Das zu sagen fällt vielen schwer. Jakob hingegen zeigt sich versöhnlich. Friede und Liebe sind köstlicher als Edelsteine. Vor dem Auseinandergehen machen die zwei Männer einen Bund, der, mit kurzen Worten gesagt, folgenden Inhalt hat: Jakob soll versprechen seinen Frauen, den Töchtern Labans, ein guter Gatte zu sein. Er soll deshalb auch keine weiteren Frauen hinzuheiraten (Vers 50), und es sollen keinerlei Streitigkeiten zwischen den beiden Häusern mehr bestehen. Dieser Bund wurde bestätigt: Durch ein Denkmal, das Jakob und Laban gemeinsam errichteten (Vers 45), durch ein Friedensopfer (Vers 54) und durch ein Liebesmahl (Vers 46). Gott aber sollte Schiedsrichter sein (Vers 49,53).
Nach dem Liebesmahl verbrachte man noch eine Nacht gemeinsam, und dann gingen die beiden Männer in Frieden auseinander. Eine Trennung in dieser Art hatte freilich Laban sich nicht vorgestellt und wohl auch gar nicht beabsichtigt. Aber sie beweist uns aufs neue, wie wunderbar Gott die Herzen der Menschen zu lenken vermag, um Seine Pläne auszuführen und Seinen geliebten Kindern den Segensweg zu bereiten, den Er ihnen zugesagt hat.