Die Seraphim gehören einer weiteren Ordnung hoher, himmlischer Würdenträger an. Sie werden nur in Jes 6 genannt. Seraphim heißt „die Brennenden, die Leuchtenden“. Sie brennen in Ehrfurcht zu ihrem Schöpfer und Herrn, aber auch in Unerträglichkeit der Sünde, wie das gerade Vers 6 zeigt. Sie sind den Cherubim sehr ähnlich.
Die Stellung der Seraphim. Sie ist eine ganz bevorzugte. Nach Vers 2 stehen oder schweben sie ü b e r dem Thron. Cherubim stehen u m den Thron und Seraphim ü b e r dem Thron Gottes. Welch ein Anblick! Wir können uns niemals vorstellen, was wir dereinst noch alles sehen werden. Der Thron, den die Seraphim umgeben, ist der Thron des Gottes der Heerscharen; der Thron, vor dem nach Off 4 und 5 alles niederfällt und anbetet; der Thron der göttlichen Regierung. Wir kennen diesen Thron aber auch als Thron der Gnade, zu welchem Menschen, im Blute Christi gewaschen, mit Freimütigkeit hinzutreten dürfen (Heb 10,19 ff.).
Ihre Tätigkeit. Darüber lesen wir wenig oder nichts. Ihr persönliches Verhalten. In ehrfurchtsvoller Scheu vor der heiligen Majestät Gottes bedecken sie ihre weniger geachteten Glieder (1Kor 12,23) und auch ihre Angesichter. Mit diesem Bedecken geben sie Gott die Ehre und ihrer Unwürde Ausdruck. Durch dieses ihr Verhalten bekunden sie trotz aller Nähe Gottes ihren bestimmten Abstand von dem dreimal Heiligen. Wenn diese himmlischen Wesen, die nie gesündigt haben, so voller Ehrfurcht vor Gott sind, wie viel mehr sollten wir es sein, die tief gefallen, aber durch die Gnade wiederhergestellt worden sind. Wie sollten wir täglich der Sünde als abgestorben und Gott lebend dastehen. Mit zwei Flügeln fliegen sie. Ihr Dienst wird also zuletzt genannt. Ehrfurcht und Anbetung stehen droben an erster Stelle. Gott ist Geist und muss vor allem im Geiste und in der Wahrheit angebetet werden; das begehrt der Vater (Joh 4,23.24).
Ihr Verhalten zu Gott. Sie rufen ihm ihr Heilig, Heilig, Heilig zu. Dasselbe, was wir in Off 4,8 hören. Sie tun es allezeit dem Gott der da ist, der da war und der da kommt. Diejenigen, die vor Ihm stehen, loben Ihn ständig (Ps 84,4). Zweimal rühmen sie Seine Macht und dreimal Seine Heiligkeit. Vor Ihm wird sich dereinst alles beugen (Ps 72,11; Phil. z. 10).
Die Wirkung dieser „Heilig, Heilig, Heilig“ Rufe.
Es erbebten die Grundfesten der Schwellen (Vers 4). Als der eine Heilige auf Golgatha starb, zitterte der Hügel und Menschen schlugen tief gebeugt an ihre Brust (Mt 27,51; Lk 23,48). Und als Paulus und Silas im Gefängnis Gott verherrlichten, bebte das Gefängnis (Apg 16,26). Hier aber beben die Grundfesten der Schwellen. Müssen wir uns da nicht sehr schämen, wenn auf unser scheinbares Beten so wenig geschieht?
Das Haus wurde voll Rauch. Im Allerheiligsten Israels schwang der Hohepriester das Weihrauchfaß, um lieblichen Wohlgeruch zu verbreiten. Droben sehen wir die Seraphim mit goldenen Weihrauchschalen, und sie erquicken Gott wo und wie sie nur können und halten Ihm nichts zurück. Sind wir ihre Nachahmer geworden?
Besonders auffallend für uns Menschen ist die Wirkung auf Jesaja. Er sah das große Gesicht, den Thron, und hörte diese ständigen Heilig‑Rufe, ohne den Ansprüchen des Thrones gewachsen zu sein. Das Gesetz sagt dem Menschen, was er tun soll, aber sein Gewissen verklagt ihn, weil er gefehlt hat. Die Herrlichkeit Gottes jedoch bringt Jesaja zum völligen Zusammenbruch und legt ihn in den Staub (Dan 10,9; Hes 1,28; Off 1,17). Diese niederschmetternde Erfahrung wurde den Besten des Herrn zuteil, man denke an Hiob, Paulus, Petrus u. a. Es ist das göttliche, alles durchdringende Licht, das alles an den Tag bringt (Heb 4,13). Bruder, Schwester, was werden wir vor dem Richterstuhl Christi erleben? Möge uns der Herr schon jetzt diese Jesajaerfahrung schenken!
Ein großes Bekenntnis. Die Heiligrufe der Seraphime hatten die ganze Unreinheit des Propheten aufgedeckt. „Wehe mir, ich bin unreiner Lippen“. Unreine Lippen aber kommen nur aus einem unreinen Herzen. Vielleicht hatte auch Jesaja Israel gegenüber geschwiegen, da er hätte reden sollen? Jesaja ist hier kaum mit besonderen Sünden als vielmehr mit seinem Zustand beschäftigt, mit jenem, wie ihn Paulus in Röm 7 beschreibt.
Ein neuer Seraphsdienst. Plötzlich wird ein bis dahin ungenannter Gegenstand, der „Altar“ erwähnt. Er ist das Bild der Sühnung. Jesaja soll Gottes Sprecher sein, kann es aber nicht; unreine Lippen hindern ihn daran, so muss erst die Entsündigung vorgenommen werden. Wie aber geschieht sie? Ein Seraph nimmt mit einer Zange eine Kohle, vom heiligen Gottesfeuer durchglüht, von der Stätte, da Gott in Huld und Gnade in Verkehr mit Menschen tritt (3. Mose 9,24). Das verzehrende Gottesfeuer tilgte die Unreinheit des Propheten und befähigte ihn zu einem neuen Zeugnis. Damit wird eine weitere Aufgabe der Seraphim offenbar. Sie sollen jegliche Unreinheit vom Throne Gottes fernhalten, dessen Grundfesten Heiligkeit sind.
Die Stimme Gottes (Vers 8). Wer hört sie? Menschen wie Jesaja, die rein sind, wurden zerbrochen und haben Wiederherstellung zum Dienst erfahren. Gott aber befahl Jesaja nicht zu gehen, sondern zeigte dem Unreinen nur seine große Not und Gottes Liebesverlangen, Menschen das Heil zu bringen. Nur der mit der Kohle vom Altar Berührte ist bereit und darf sagen: „Sende mich!“ Der Altar (Kreuz), da wir gereinigt wurden, drängt uns in den Dienst (2Kor 5,14). Wir können nichts zur Erlösung tun, aber wir dürfen viel für den Erlöser wirken. Möge dieses „Sende mich“ von uns allen erklingen.