Schriften von Cor Bruins
Joh 21,15-25 - Jesus, die Quelle jedes wahren DienstesJoh 21,15-25 - Jesus, die Quelle jedes wahren Dienstes
Johannes 21,15-25
Wie wunderbar ist die Gnade, die den gefallenen Diener aufrichtet und wiederherstellt! Alle hatten sie den Meister im Stich gelassen, aber die Sache mit dem armen Simon Petrus hatte insofern mehr Aufsehen hervorgerufen, als er sich mehr als irgendein anderer gerühmt hatte, der Treueste, Hingebungsvollste und Eifrigste zu sein; folglich war er tiefer als alle anderen gefallen.
Die Ausführung eines Dienstes für den Herrn ist nicht möglich, solange nicht alles Hinderliche aus unserem Leben entfernt ist. Ehe Petrus wieder ein wirklicher Diener sein konnte, mußte er wiederhergestellt und erneut beauftragt werden. Wie tröstlich ist dieser Abschnitt des Wortes Gottes für alle, die dem Herrn gern dienen möchten und in irgendeiner Form Ihm gegenüber gefehlt haben. - Der Herr beschäftigt Sich nun zuerst mit Seinem Diener und danach mit dessen Dienst.
A. Die Wiederherstellung
Vieles in dem Geschehen hier mußte Petrus irgendwie bekannt Vorkommen und weckte zweifellos Erinnerungen an Vergangenes. Da ist dieser gewaltige Fischfang, der ihn an sein Bekenntnis in Lukas 5,8 erinnert: „Gehe von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr.“ Dann brennt dort dieses Kohlenfeuer. Das läßt sein Herz von neuem schmerzen, denn noch war die Wunde nicht verheilt. Der furchtbare Kompromiß, die schrecklichen Lügen, der schreckliche Fluch — das alles läßt ihn erneut schaudern. Würde sein geliebter Meister bereit sein, Ihm zu vergeben?
Und dann kommen jene drei Fragen; sie erinnern ihn daran, daß er seinen Herrn dreimal so gemein verleugnet hat (Matthäus 26,75). Schließlich sieht Petrus auch Brot und Fisch, und das erinnert ihn an das wunderbare Mitgefühl und die gnädige Fürsorge seines Herrn (Johannes 6,911).
So ist es ein ziemlich zerknirschter und überführter Petrus, der sich auf die Einladung seines Meisters am Seeufer niedersetzt. Während der Mahlzeit wurde wahrscheinlich kein Wort gesprochen. Petrus' Herz befindet sich in Aufruhr. Am liebsten würde er hervorstoßen: Ach Meister, ich liebe dich wirklich! Aber das wagt er diesmal nicht. Der Herr weiß alles, was in seinem Herzen vorgeht und führt nun Seinen Dienst der Wiederherstellung aus.
Jeder Schriftforscher ist zweifellos mit den unterschiedlichen griechischen Ausdrücken vertraut, die der Herr und Petrus hier für „lieben“ benutzen:
In Vers 15 benutzt der Herr Jesus das Zeitwort „agapao“, das außerhalb des Neuen Testaments nirgends für „lieben“ gebraucht wird. Es ist ein sehr starker Ausdruck für göttliche Liebe, wie sie Gott Seinem Sohn gegenüber empfindet (Johannes 17,26) oder wie sie der Natur Gottes wesenseigen ist (l.Joh 4,8).
Petrus hatte sich tatsächlich gerühmt, eine so starke Liebe und Hingabe zu Christus zu besitzen, daß er bereit sei, für Ihn zu sterben. Deshalb durchforscht der Herr das Herz des Petrus. Um ihn daran zu erinnern, was er von Natur war, gebraucht Er den Namen „Simon“ mit dem Zusatz „Sohn Jonas“'. Dann fragt Er ihn gewissermaßen: „Liebst du Mich mehr als Johannes, Jakobus und deine übrigen Mitjünger mich lieben? Liebst du Mich mehr als du Johannes, Jakobus oder deine Familie liebst? Liebst du Mich mehr als du deine Fischemetze liebst?“
Petrus läßt in seiner Antwort Selbstgericht erkennen. Er hat seine Lektion gelernt und behauptet nicht mehr von sich, Jesus so sehr zu lieben, wie es das Wort „agapao“ ausdrückt. Er gebraucht vielmehr ein anderes Wort - phileo -, das (je nach Zusammenhang) „lieb oder gern haben, (freundschaftlich) verbunden oder zugeneigt sein, an jemand oder etwas hängen, eine Neigung zu etwas verspüren oder etwas gern tun“ bedeutet. Petrus benutzt durchweg dieses Wort (in der Bedeutung „lieb haben“) bei seinen Antworten auf die drei Fragen Jesu.
Jesus benutzt das Wort „agapao“ zweimal: in den Versen 15 und 16. Aber beim dritten Mal, in Vers 17, benutzt Er das gleiche Wort wie Petrus - phileo. „Simon, Sohn Jonas', hast du mich lieb?“ Konnte Petrus eigentlich von sich behaupten, Jesus auch nur liebzuhaben, da er sogar bestritten hatte, Jesus auch nur zu kennen oder irgend etwas mit Ihm zu tun zu haben? Jesus läßt Petrus hier einen leisen Zweifel spüren, um ihn bis auf den tiefsten Herzensgrund zu erforschen.
Petrus hatte selbst freundschaftliche Verbundenheit abgestritten! Was soll er jetzt noch antworten? Kennt er sich denn wirklich selbst? Völlig zerbrochen und niedergebeugt klammert er sich nur noch daran, daß Jesus ihn und sein Herz kennt: „Herr, du weißt alles; du erkennst, daß ich dich lieb habe“ (V. 17).
Auf dieses Bekenntnis hin ist nicht nur die Gemeinschaft des Petrus mit dem Herrn, sondern auch sein Ansehen bei den Mitjüngem wiederhergestellt, denn das alles fand vor ihnen allen statt. Daher hören nun auch alle, wie der Herr Petrus wieder in Seinen Dienst stellt.
B. Die Wiederbeauftragung
Nach seinem ersten Bekenntnis erhält Petrus vom Herrn den Auftrag: „Weide meine Lämmlein“. Christus hat sowohl Lämmer als auch Schafe, und alle benötigen die rechte Weide (vgl. Jes 40,11). Die Kindlein im Glauben haben ganz besonders zärtliche Fürsorge nötig - nur ein erfahrener, mildherziger und geduldiger Gläubiger, der Selbstgericht geübt hat und dessen Herz zerbrochen ist, ist zu solcher Fürsorge fähig. Ebenso verlangt der Umgang mit den „Schafen“, den gereifteren Gläubigen, viel Weisheit und Geduld. Das kommt in dem zweiten Auftrag zum Ausdruck:
„Hüte meine Schafe“. Hüten bedeutet ein gewisses Maß an Autorität, Anleitung, Führung und Schutz auszuüben. Wieder kann nur ein reifer, unterwiesener und demütiger Gläubiger diesen Dienst tun. Ein solcher wird nicht über die Herde Gottes herrschen. Es gibt leider solche, die gern bestimmen. Aber nur einen geistlichen Mann, der sowohl Lämmer als auch Schafe recht weidet, werden seine Brüder anerkennen. Ja, es geht hier um das Weiden:
„Weide meine Schafe“, sagt Jesus beim dritten Mal (V. 17). Beachte: es sind Seine Schafe, sie gehören Ihm allein. Wir haben also zweimal „weiden“ und einmal „hüten“ hier. Das zeigt uns, was wichtiger ist und vom Herrn mehr geschätzt wird - nicht über die Brüder zu herrschen, sondern ihnen die rechte Speise auszuteilen.
Nachdem nun Petrus wiederhergestellt ist und einen neuen Auftrag bekommen hat, gibt es für ihn nur noch einen sicheren Weg - und das gilt für alle, die in der Versammlung Verantwortung tragen: Jesus nachzufolgen, und nicht umherschauen, was „Soundso“ tut!
Der Fehler des Petrus hatte ja in dem Versuch bestanden, Jesus im Selbstvertrauen nachzufolgen. Deshalb hatte er versagt. Jetzt, nachdem er seine völlige Nichtigkeit und Schwachheit kennengelemt hat, wird ihm gesagt, daß es ihm geschenkt sein würde, Jesus in der Kraft, die Er darreicht, bis in den Tod zu folgen. Die Verse 18 und 19 scheinen die Art des Todes anzudeuten, den Petras erleiden sollte: den Märtyrertod, vermutlich Kreuzigung. „Folge mir nach“ war eine Berufung, auf dem Pfad des Dienstes und Zeugnisses zu leiden.
Die Verse 20-23 sind so zu verstehen, daß es darin nicht um die betreffenden Personen selbst geht, sondern um den Charakter ihres Dienstes nicht einmal um dessen Dauer. Ganz am Anfang, als Jesus sie offiziell berief (Markus 1,16-20; Matthäus 4,18-22; Lukas 5,1-11), war jeder der beiden Apostel gerade bei einer anderen Tätigkeit:
Petras warf ein Netz hin und her,
Johannes besserte Netze aus.
Ihr zukünftiger Dienst für Christus innerhalb der Versammlung sollte dann in seinem Charakter der Art ihrer Beschäftigung im Augenblick ihrer Berufung entsprechen.
Der Dienst des Petrus würde im Auswerfen des Netzes des Evangeliums und dem Einholen einer Menge „Fische“ bestehen, wie es zu Pfingsten in Jerusalem und dann in Samaria und Cäsarea sichtbar wurde. Er begann diesen wunderbaren Dienst und sein Tod beendete ihn nicht (von seinem besonderen Dienst unter der Beschneidung, der mit der Zerstörung Jerusalems aufhörte, einmal abgesehen), sondern andere nach ihm haben ihn bis auf den heutigen Tag fortgesetzt.
Der Dienst des Johannes dagegen wurde durch das Ausbessem der Netze vorgebildet. Diese Tätigkeit sieht man deutlich in seinem Evangelium, seinen Briefen und in der Offenbarung. Sie wurden alle zu einer Zeit verfaßt, als die Grundlagen des Glaubens, die mit der Person des Herrn in Verbindung stehen, angegriffen wurden: die Gottheit Christi, Seine ewige Sohnschaft, Seine wahre Menschheit usw. Antichristliche Geister waren am Werk. Daher betonen die Schriften des Johannes den bleibenden Charakter der Dinge, die von Anfang waren - die Offenbarung Gottes in Christo, die keiner Veränderung unterliegt. In diesem Sinn muß Vers 22 verstanden werden, wo Jesus sagt: „Wenn ich will, daß er bleibe, bis ich komme.“ Johannes „blieb“ wirklich in seinen Schriften und in seinem Dienst. Als der letzte der Apostel sah er den Herrn in Seiner herrlichen Majestät im Buch der Offenbarung. Durch den Engel empfing er umfangreiche Offenbarungen über kommende Dinge und über den kommenden Herrn. So wird Johannes hier dem Grundsatz nach bis ans Ende zeugend gesehen, sogar bis zum Kommen Christi auf diese Erde zum Gericht.
Jesus sagte nicht, daß Johannes selbst nicht sterben werde. Allerdings war die Möglichkeit, bis zum Kommen des Herrn zu bleiben, bei Johannes ebenso gegeben wie bei uns allen während unserer Lebenszeit auf dieser Erde.