Schriften von Cor Bruins
Kapitel 6 - Die Leidenswoche Sonntag
Mk 11,1-11 Mt 21,1-11 Lk 19,29-44 Joh 12,12-19 - Der triumphale Einzug in JerusalemMk 11,1-11 Mt 21,1-11 Lk 19,29-44 Joh 12,12-19 - Der triumphale Einzug in Jerusalem
Markus 11,1-11; Matthäus 21,1-11; Lukas 19,29-44; Johannes 12,12-19
Markus 11,1-11: Dieses Ereignis wird von allen vier Evangelisten berichtet. Markus teilt uns mit, daß Jesus sich nun in der Nähe von Jerusalem, Bethphage, Bethanien und dem Ölberg befand. Matthäus läßt Bethanien aus, Lukas Jerusalem; Johannes erwähnt Bethanien, aber nicht in Verbindung damit, daß Jesus Seine Jünger schickte, um die Eselin und das Füllen zu holen.
Den Jüngern wird gesagt, daß sie gehen und ein Füllen holen sollten - ein Füllen, von dem uns sowohl Markus als Lukas mitteilen, daß auf ihm „kein Mensch je gesessen hat“. Markus allein berichtet uns auch (und wiederum sehen wir die Schönheit göttlicher Inspiration, denn Markus war zwar kein Augenzeuge; der Heilige Geist aber war anwesend!), wo sie dieses Füllen finden würden: „angebunden an der Tür draußen auf dem Wege“ (V. 4).
Nachdem die Jünger den Eigentümern geantwortet hatten, „wie Jesus gesagt hatte“, fügt Markus diese kurze Anmerkung hinzu: „Und sie ließen sie“ (V. 6).
Nun wurden Kleider ausgebreitet auf das Füllen (Markus/Lukas), auf die Eselin (Matthäus/Johannes) und auf den Weg (Matthäus/Markus/Lukas). Markus berichtet uns, daß die Leute „Zweige von den Bäumen (Urtext: „Feldern“) hieben und auf den Weg streuten.“ Während viele ihre Oberkleider auf den Weg legten, breiteten andere, die keine Oberkleider hatten oder sie nicht in dieser Weise verwenden wollten, Zweige zu einem Teppich aus. Johannes sagt, daß es sich dabei um Palmzweige handelte (V. 13); bei Lukas dagegen fehlt die Erwähnung der Zweige völlig.
In allen vier Evangelien ruft das Volk: „Hosianna“, und Matthäus fügt - natürlich - noch hinzu: „... dem Sohne Davids!“ Markus ist allgemeiner und schreibt: „Gepriesen sei das kommende Reich unseres Vaters David!“ Auf einige Besonderheiten bei Lukas kommen wir später noch zu sprechen.
Weder Markus noch Lukas erwähnen die Prophezeiung Sacharias, wohl aber Matthäus und Johannes. Von Markus allein erfahren wir hier von einem ersten Besuch Jesu im Tempel in dieser Woche vor dem Passah (V. 11). Er blickt dort nur still umher. Matthäus schließt hier die Tempelreinigung an, ein Ereignis, das tatsächlich erst am nächsten Tag stattfand. Ein Schreiber bemerkt dazu: „Man hat Markus hier einen Widerspruch vorgeworfen. Matthäus aber ging es mehr um den gedanklichen Zusammenhang, als um die zeitliche Reihenfolge. So etwas ist in der Schrift nicht selten.“ Markus zeigt uns mehr die Geduld Christi und Gottes. Es ist, als ob der Herr erst mit eigenen Augen sehen will, was dort im Tempelhof geschieht, bevor Er dagegen auftritt. Bei Matthäus dagegen, wo uns Seine Majestät gezeigt wird, betritt der Herr nur einmal den Tempel und handelt sofort mit richterlicher Gewalt, indem Er den Tempel reinigt.
Matthäus 21,1-11: Matthäus erwähnt als einziger „... sitzend auf einer Eselin, und (zwar) auf einem Füllen, des Lasttiers Jungen“, gemäß Sacharia 9,9. Die drei anderen Evangelisten schreiben nur von einem Füllen. Hier in Matthäus werden auf diese Weise das alte Israel und die erneuerte Nation so in einem Bild miteinander verbunden. Der Herr hält Seinen Einzug in Jerusalem auf einem „Füllen, einem Jungen der Eselin“: das erneuerte Israel wird Ihn mit „Hosianna“ empfangen. Wie wir in einem früheren Abschnitt von zwei blinden Männern gelesen haben, so werden hier zwei Tiere genannt. Von der Bedeutung dieser Zahl im Matthäusevmgelmm war bereits die Rede.
Wieder haben wir hier in Matthäus den Gedanken der Haushaltungen vor uns: Nach dem Gesetz war der Esel ein unreines Tier, jedoch sein Junges konnte gelöst werden (vgl. Hiob 11,12;
2. Mose 13,13; 34,20 ).Matthäus schreibt ja für jüdische Leser, von denen erwartet werden konnte, daß sie die alttestamentlichen Schriften kannten. Daher ist er immer sorgfältig bemüht zu beweisen, wie durch Jesus Christus alles erfüllt wurde, was durch die Propheten geschrieben worden war. In den Versen 4 und 5 zitiert er Sacharia 9,9; Johannes zitiert einen Teil dieser Prophezeiung, während sie bei Markus und Lukas ganz fehlt - möglicherweise deshalb, weil ihre Evangelien sich an Nationen richten, die die Schriften nicht kennen und für die diese Prophezeiung deshalb auch weniger bedeutete.
Es ist beeindruckend, wie Matthäus, der ja den König und Seine Majestät beschreibt, als einziger auch die Sanftmut des Herrn hervorhebt, mit der Er in Jerusalem einzieht: „sanftmütig, und reitend auf einer Eselin Obwohl Er der Sanftmütige ist, wird Er Seine Autorität wenig später bei der Tempelreinigung offenbaren. Sie kommt auch schon darin zum Ausdruck, wie Er Seine Jünger anweist, den Eigentümern des Tieres zu antworten: „Der Herr bedarf ihrer“ (V. 3).
Die „Hosiannas“ sind hier an den Sohn Davids gerichtet, den rechtmäßigen Erben ihres Vaters David (Markus), denn Er ist König (Lukas 19,39), und zwar König Israels (Johannes 12,15)!
In Vers 10 steht, daß die ganze Stadt in Bewegung kam und sprach: Wer ist dieser? Nicht einmal Sein eigenes Volk kennt Ihn wirklich! Nur das Ator/wnsevangelium verzeichnet diese merkwürdige Frage. Alles, was sie über Ihn sagen konnten, bezog sich auf Seine verachtete Herkunft: „von Nazareth“ und „von Galiläa“. Doch wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden, wird Gott dies nicht einfach so hingehen lassen.
Lukas 19,29-44 enthält viel von dem, was wir auch schon bei Markus und Matthäus gefunden haben. Lukas berichtet, daß die Jünger Jesus auf das Füllen „setzten“ (V. 35). Während er, wie auch Markus, die Prophezeiung Sacharias übergeht, wiederholt er (Verse 29.37) daß der Herr in die Nähe des Ölbergs kam. Als einziger erwähnt er die abgeschnittenen Zweige nicht, schreibt aber dafür, daß „die ganze Menge der Jünger begann, mit lauter Stimme freudig Gott zu loben über alle die Wunderwerke, die sie gesehen hatten“, und nur bei Lukas heißt es: „Friede im Himmel und Herrlichkeit in der Höhe!“ (V. 38). Das ist bezeichnend. Dasselbe hatten bei Jesu Geburt Engel verkündet. Aber von den Menschen auf der Erde war Er verworfen worden. Tatsächlich gibt es bis jetzt weder im Himmel noch auf der Erde Frieden! Der Friede liegt noch in der Zukunft. Erst während der Regierung Christi wird auf der Erde tausend Jahre lang Friede sein, und am Ende, wenn Satan (Lukas 10,18) und der Tod und die Hölle gerichtet sind, dann wird auch Friede im Himmel sein. Jetzt aber ist Frieden ausschließlich in Jesus Christus zu finden (Rom 5,1; Phil 4,7), welcher Selbst „das Reich Gottes“ ist. Beachte auch, daß es in diesem Evangelium nicht um den Sohn Davids geht, sondern um den kommenden König. Die Jünger freilich konnten das noch nicht voll verstehen; wie richtet es aber doch unsere Blicke auf die Zukunft!
Solange die Rechte Christi auf der Erde mit Füßen getreten werden, kann es keinen Frieden geben. In dieser Hinsicht hatten die Jünger recht. Es ist schön, zu sehen, daß es trotz allem solche gab, die auch in dieser Zeit Seiner Verwerfung Seine Rechte anerkannten: die Besitzer des Füllens, das Füllen selbst, die Jünger und - ob bewußt oder unbewußt - die Massen. Aber Jerusalem und die religiösen Führer verwarfen Ihn. Jene Steine (V. 40) erzählen heute ihre Geschichte!
In den Versen 39-44 berichtet Lukas etwas, das wir nur bei ihm finden: „... weinte er“ (V. 41). Wir finden nur dreimal im Neuen Testament, daß der Herr weinte:
im Mitgefühl für eine Familie (Johannes 11,35)
über eine Stadt (Lukas 19,41)
über die Welt (Heb 5,7).
In diesem Evangelium des „Menschen“ Christus sehen wir oft, wie Er den Schmerz von Menschen mitempfindet - doch als der allmächtige Gott ist Er in der Lage, unseren Kummer und unsere Tränen zu stillen. Warum weinte der Herr Jesus hier? Weil Er alle diese Ereignisse voraussah, die in den Versen 43 und 44 beschrieben sind.
Johannes 12,12-19: Wir kommen nun zu Johannes' Bericht. Hier steht diese Begebenheit in direktem Zusammenhang mit der Auferweckung des Lazarus und mit Ihm als dem Sohn Gottes. In den anderen Evangelien sind diese Dinge mehr mit Seinem Titel als Herr verbunden und wir erfahren Einzelheiten darüber, wie die Jünger dem Herrn Jesus das Eselsfüllen besorgten. In den drei anderen Evangelien stehen die Jünger mehr oder weniger im Vordergrund, hier aber bei Johannes ist es mehr das Volk, das bewegt war von dem, was es über Lazarus gehört hatte (V. 17.18).
Es ist sehr bemerkenswert, wenn wir das Zitat aus Sacharia in Matthäus und Johannes vergleichen, daß Johannes das Wort „sanftmütig“ als charakteristisch für Jesus wegläßt, obwohl Er „sitzend auf einem Eselsfüllen“ - die Tatsache durchaus hervorhebt. Und beide, Matthäus und Johannes, übergehen die Bezugnahme des Propheten auf Israels Befreiung!
Die Verse 16-19 sind typisch für Johannes. Jesus wußte immer, was Er tun wollte (vgl. Kap. 6,6), aber Seine armen Jünger nahmen an allem teil, ohne wirklich zu wissen, was sie eigentlich taten. Kann es auch uns so gehen?
Schließlich teilt uns Johannes den Grund für diese gewaltige Begeisterung des Volkes mit: Die Leute waren so von dem Wunder beeindruckt, daß Lazarus von den Toten auferstanden war!