Schriften von Cor Bruins
Kapitel 2 - Das Wirken in Judäa
Mk 1,12-13 Mt 4,1-11 Lk 4,1-13 - Die Versuchung in der WüsteMk 1,12-13 Mt 4,1-11 Lk 4,1-13 - Die Versuchung in der Wüste
Markus 1,12-13; Matthäus 4,1-11; Lukas 4,1-13
I. Markus (1, 12-13) berichtet uns die Versuchungsgeschichte in zwei Versen gegenüber elf bei Matthäus und dreizehn bei Lukas. Ihm geht es in erster Linie darum, daß Jesus der Mittelpunkt des Universums ist: Die gefallenen Wesen (Satan), die irdischen Wesen (wilde Tiere) und die himmlischen Wesen (dienende Engel), alle bekunden ihr Interesse an diesem Sohn des Menschen.
Nur Markus benutzt das Wort „treiben“ und nicht „führen“, wie wir es bei Matthäus und Lukas haben. Jesu heilige menschliche Seele schreckte davor zurück, dem Fürsten der Gewalt der Finsternis zu begegnen. In Markus und Lukas lesen wir, daß Jesus volle vierzig Tage lang in der Wüste versucht wurde. Und wieder nur Markus fügt hinzu, daß Jesus unter den wilden Tieren war. In diesen beiden Versen haben wir eine kurze Zusammenfassung davon, wie groß dieser niedrige Diener in Wirklichkeit war: Er ist der Herr der Erde und des Himmels und der Hölle.
Wir möchten ergänzen, daß die Versuchung während der vierzig Tage, von der sowohl Markus als auch Lukas sprechen, die besondere „übermenschliche“ Versuchung unseres Herrn ist und nicht die, der wir Menschen gewöhnlich ausgesetzt sind. Wir werden nicht für vierzig Tage in die Wüste getrieben. Wohl können wir in Umstände geraten, die uns am Ende der vierzig Tage vorgestellt werden!
Matthäus beschreibt das, was dem Menschen gewöhnlich widerfährt: Nach den vierzig Tagen, als Ihn hungerte, kam Satan, um Ihn zu versuchen.
Matthäus 4,1-11: Hier scheint die Versuchung aus tatsächlichen Umständen heraus zu erwachsen, aus solchen, wie sie ein wirklicher Mensch erfahren mag - nachdem Jesus vierzig Tage gefastet hatte, war Er hungrig. Die anderen Schreiber sagen uns, daß die Versuchung die ganze Zeit andauerte, die unser Herr in der Wüste war. Tatsächlich können wir noch mehr sagen: Wir finden hier in Matthäus, daß unser Herr nicht nur durch die gesamten vierzig Tage hindurchging, sondern besonders durch das, was sie am Ende krönte, was uns hier im einzelnen aufgezeichnet ist!
Jesus fastete vierzig Tage, um Satan zu begegnen; Moses und Elias fasteten, um Gott zu begegnen! Nun zur tatsächlichen Reihenfolge der Versuchung: Matthäus gibt uns die zeitliche und haushaltungsmäßige Reihenfolge, während Lukas uns die moralische Reihenfolge vorstellt. Daher haben wir:
Die erste Versuchung: Sie betrifft die persönlichen und körperlichen Bedürfnisse. Jesus bestätigt hier selbst, daß Er Mensch ist, wenn Er antwortet: „Nicht von Brot allein soll der Mensch leben“ Dieser Appell Satans an das natürliche Verlangen sollte Ihn dazu bringen, den Platz der Abhängigkeit als wahrer Mensch zu verlassen, wenn Er eine Macht dazu benutzt hätte, die dem Menschen nicht gegeben ist! Deshalb zeigt uns Jesus mit Seiner Antwort, was Gehorsam, Abhängigkeit und Gemeinschaft ist.
Die zweite Versuchung können wir eine geistlich-religiöse Versuchung nennen, die sich an das geistliche Empfinden richtet.
Hier folgt Matthäus der geschichtlichen Reihenfolge; dies kann aus der Benutzung des Wortes „dann“ geschlossen werden, mit dem die zweite Versuchung in Vers 5 beginnt. Die dritte Versuchung wird durch das Wort „wiederum“ (Vers 8) eingeleitet und endet mit dem abschließenden Befehl des Herrn: „Geh hinweg, Satan!“, bei dem Satan weichen muß!
Aber wir wollen zu der tatsächlichen Beschreibung zurückkehren. Satan zitiert hier eine Bibelstelle falsch (vgl. Psalm 91,11), die sich auf den Messias bezieht. Der Herr Jesus leugnet nicht, daß Er der Messias ist.
Bei Lukas ist dies die dritte Versuchung, was wir später zu erklären versuchen werden. Tatsächlich gibt Lukas sie in der Reihenfolge ihrer Größe wieder, ansteigend von der natürlichen Versuchung zur weltlichen und schließlich zur religiösen.
Jemand hat hierzu bemerkt: „Eine geistliche Versuchung ist für einen Heiligen weitaus subtiler und tiefer als irgendetwas, das mit Bedürfnissen oder Wünschen in Bezug auf die Welt in Verbindung steht.“
Die dritte Versuchung richtet sich an die seelischen Empfindungen, indem sie versucht, „weltliche Lüste“ in einem sündigen Menschen zu wecken! Wie verblendet ist Satan, daß er sich mit einer solchen Versuchung an eine heilige Person wendet! Diese Versuchung richtet sich nicht an Jesus Christus als den Messias, sondern an Ihn als einfachen Menschen! Aber Er ist mehr als ein einfacher Mensch: Er ist der Sohn Gottes, und als solcher wird Er über alle Königreiche dieser Welt herrschen jedoch zu Seines Vaters Zeit und nicht zu Satans!
Jesus war hier auf der Erde zur Verherrlichung Gottes. Er war der abhängige Mensch und wollte das Königreich nur aus Gottes Hand empfangen.
Danach gebietet Jesus dem Satan: „Geh hinweg, Satan!“ Satan mußte natürlich weichen, nachdem er von dem Herrn, der ihn geschaffen hatte, dazu aufgefordert wurde (Matthäus 4,11). Satan kann seine Stellung nicht halten und die Versuchung fortsetzen. Nur Matthäus und Markus berichten uns, daß nach den Versuchungen Engel herzukamen und Ihm dienten.
Lukas 4,1-13: Wie bereits bemerkt, folgt Lukas eher der sittlichen Reihenfolge als der geschichtlichen, wie wir sie bei Matthäus finden. Demzufolge gruppiert er die Versuchungen in aufsteigender Reihenfolge: natürlich, weltlich und geistlich.
Die erste Versuchung bedarf keines weiteren Kommentars, denn sie wird hier genauso beschrieben wie bei Matthäus.
Die zweite Versuchung hier ist bei Matthäus die dritte. Der Grund dafür ist, so denken wir, daß Lukas die sittliche Reihenfolge der Versuchungen herauszuheben sucht.
Hier haben wir an zweiter Stelle die Versuchung zu weltlicher Lust. Wiedemm brauchen wir die Bedeutung der Versuchung nicht zu kommentieren (wir taten dies in Matthäus' Bericht), aber wir wollen im folgenden versuchen, etwas zu dem Platz zu sagen, an dem sie hier steht.
In Matthäus finden wir das Wort „Geh hinweg, Satan!“ am Ende dieser Versuchung.
Die dritte Versuchung ist die Versuchung durch das Wort Gottes selbst und kommt hier an letzter Stelle. Die tatsächlichen Worte, wie Matthäus sie wiedergibt, lauten: „Geh hinweg, Satan!“ - nicht: „Geh hinter mich, Satan!“ Hinweg: an den Platz, der für dich bereitet ist, die Hölle. (Vgl. Jesu Worte zu Petrus: „Geh hinter mich, Satan!“ Jesus wollte nicht, daß Petrus in das ewige Verderben gehen sollte! Satan war die Quelle des in den Worten des Petrus ausgedrückten Gedankens.)
In der Tat: Wie hätte Satan seine Stellung halten können, nachdem ihm gesagt worden war, er solle gehen? Wie hätte ihm dennoch erlaubt werden können, Christus dadurch noch weiter zu versuchen, daß er Ihn nach Jerusalem führte?
Wenn Satan Christus nicht dazu verleiten konnte, vom Wort Gottes abzuweichen, wie sich in der zweiten Versuchung herausstellte, dann versucht er Ihn zu verleiten, indem er das Wort Gottes benutzt. Welche blinde Unwissenheit seitens Satans!
Satan will Ungeduld bewirken, Gottes Zeit abzuwarten, und ein Mißtrauen gegenüber Seiner Weisheit durch das Suchen eines leichteren Weges als des Seinigen. Christus wollte das Königreich erst nach dem Kreuz in Empfang nehmen!
So sehen wir die unübertroffene Weisheit des Heiligen Geistes, der Lukas inspirierte, die zweite Versuchung an die letzte Stelle zu setzen, obwohl die tatsächliche, geschichtliche Reihenfolge die bei Matthäus ist. Aber es ist hier die Absicht des Geistes, daß durch alle vier Evangelisten und durch ihr Zusammenspiel in völlig wahrheitsgetreuer Übereinstimmung die Vortrefflichkeiten des Sohnes Gottes völlig und deutlich hervortreten.
Es ist die Tendenz, solche „Unterschiede“ zu beseitigen, die solch übermäßiges Unheil gebracht hat, und nicht nur bei den Abschreibern, sondern auch bei unserem eigenen nachlässigen Lesen der Evangelien. Wir müssen alles aufsammeln, denn alles ist es wert, um uns an jedem Gedanken zu erfreuen, den der Geist Gottes dem Schatz hinzugefügt hat - jeden Wohlgeruch (um es so auszudrücken), den Er für uns von den Wegen Jesu aufbewahrt hat. Und das ist in der Tat unsere Absicht, während wir unsere Betrachtungen weiter verfolgen mit diesen - wir bekennen es - unzulänglichen Notizen über Gottes Absicht in den unterschiedlichen Darstellungen der vier Evangelien.