Schriften von Cor Bruins
Kapitel 5 - Der Dienst östlich des Jordan (in Peräa)
Mk 10,35-45 Mt 20,20-28 - Der Wunsch, der Erste zu seinMk 10,35-45 Mt 20,20-28 - Der Wunsch, der Erste zu sein
Markus 10,35-45; Matthäus 20,20-28
Markus 10,35-45: Jakobus und Johannes werden von Markus mit Namen genannt. Vergleiche dies mit Matthäus, wo die Mutter dieser beiden erwähnt wird.
Sie verstanden in der Tat nichts von dem, was Jesus ihnen gerade von Seinem Tod und Seiner Auferstehung gesagt hatte. Ihre Gedanken waren immer noch mit der herrlichen Aussicht beschäftigt, auf zwölf Thronen zu sitzen. Aber wo genau würden sie sitzen — auf welchen Thronen? Wer waren die wichtigsten Jünger? Gewiß würden doch sie die bedeutendsten Throne einnehmen, einer von ihnen rechts und der andere links von dem Thron Jesu! (Niemand dachte an den Bruder Petrus - sondern jeder nur an sich selbst!) Die Eigenliebe wird durch unseren Evangelist besonders hervorgehoben, und er allein hat auch ihre Worte für uns aufgezeichnet. „Wir wollen, daß du uns tuest, um was irgend wir dich bitten werden.“ Stellen wir uns das vor: sie wollten, daß Christus ihnen wie bei einem Blankoscheck versprechen sollte zu tun, was sie auch wollten - ohne vorher zu hören, um was es sich handelt! Schämten sie sich vielleicht ein wenig über ihre Forderung? Kann es sein, daß sie deshalb ihre Mutter benutzten, diese Bitte vorzubringen?
Christus war allwissend. Doch gerade in diesem Evangelium stellt Er viele Fragen, als ob Er nötig hatte, daß Ihm die Dinge berichtet werden. Er ist hier wahrhaft der Diener. So fragt Er sie: „Was wollt ihr, daß ich euch tun soll?“ Mochten sie es Vorbringen: vielleicht würde es sie überführen und zurechtweisen!
In Vers 37 teilt uns Markus mit, daß ihr Wunsch die Herrlichkeit betraf: „daß wir ... sitzen mögen in deiner Herrlichkeit.“ Der Herr Jesus antwortet ihnen mit einer Wiederholung Seiner Worte aus dem vorherigen Abschnitt: ohne Leiden und das Kreuz kann es keine Herrlichkeit geben.
Wieder nur Markus teilt uns die Worte in Vers 38 mit: „oder mit der Taufe getauft werden, mit der ich getauft werde.“ Und nachdem sie versichert hatten, daß sie Seinen Kelch trinken und mit Seiner Taufe getauft werden könnten, schreibt wiederum Markus: „und mit der Taufe, mit der ich getauft werde, werdet ihr getauft werden“ (V. 39).
In Verbindung mit dem Kelch und der Taufe hat jemand unterschieden zwischen „zwei verschiedenen Arten von Leiden: der Kelch weist auf die inneren Leiden hin und die Taufe auf die äußeren Bedrängnisse.“ Diese beiden vereinigen jede Art von Erprobung in sich.
Beachte, daß hier in Matthäus 20,23 und Markus 10,39, nachdem sie beteuert hatten, in der Lage zu sein, den Kelch zu trinken, den Er zu trinken hatte — wie wenig kannten sie sich doch selbst! — Jesus nicht sagt, „Ja, ihr könnt ihn tatsächlich trinken“, sondern „ihr werdet ... trinken“ — ihr werdet mit mir leiden! Sie konnten niemals diesen selben Kelch der sühnenden Leiden trinken, den Er trinken würde, aber sie würden mit Ihm leiden.
Wenn manche über die Worte Jesu in Vers 40 stolpern: „Aber das Sitzen zu meiner Rechten oder Linken steht nicht bei mir zu vergeben, sondern ist für die, welchen es bereitet ist“ (Matthäus fügt hinzu „von meinem Vater“), so mag man daran denken, daß der Sohn Gottes in diesem Evangelium als der unabhängige und gehorsame Diener gesehen wird. In dieser Stellung nimmt Er den Platz der Niedrigkeit und Abhängigkeit ein und hat nur über das Kenntnis, was der Vater Ihm mitteilt. Er tut nichts, ohne dem Willen des Vaters zu entsprechen.
Zu der Unwilligkeit der Zehn in Vers 41 bemerkt ein Ausleger: „Wie oft offenbart unser Herz die eigenen Gedanken, nicht nur durch das, um was wir bitten, sondern auch in unserem deplacierten Verhalten anderen Menschen und ihren Fehlem gegenüber.“
Die Bedeutung von Vers 42 und 43 scheint die zu sein, daß in einer weltlichen Regierung die Obrigkeit alle ihre Untergebenen unter ihrer Gewalt hält. Unter denen, die Christus lieben, trifft nun gerade das Gegenteil zu: derjenige, der den niedrigsten Platz einnimmt und damit seinen Brüdern dient, ist sowohl geistlich als auch moralisch ihr „Erster“.
Matthäus 20,20-28. In diesem Evangelium ist von der Mutter des Jakobus und Johannes die Rede. Diese Erwähnung entspricht ganz dem Charakter dieses Evangeliums, das die Beziehungen dem Fleische nach betont. Es ist eine Lektion für uns, niemals die Verwandtschaftsbeziehungen mit den Dingen Gottes zu vermengen! Gerade in diesem Evangelium des Königs nimmt Er, nachdem Er als solcher verworfen war, Seinen Platz als der abhängige Sohn des Menschen ein (V. 28). Dieser Gedanke wird schon vorher in diesem Evangelium deutlich, wenn Jesus in Vers 23 sagt: „aber das Sitzen ... steht nicht bei mir zu vergeben, sondern ist für die, welchen es von meinem Vater bereitet ist.“