Schriften von Cor Bruins
Mk 15,42-47 Mt 27,57-61 Lk 23,50-56 Joh 19,31-42 - Jesu BegräbnisMk 15,42-47 Mt 27,57-61 Lk 23,50-56 Joh 19,31-42 - Jesu Begräbnis
Markus 15,42-47; Matthäus 27,57-61; Lukas 23,50-56; Johannes 19,31-42
Markus 15,42-47: Sowohl Markus als auch Johannes teilen uns mit, daß der Freitag, an dem Jesus starb, Rüsttag war, „welches der Vorsabbat ist“ (V. 42). Doch im vorliegenden Fall war es zugleich der Sabbat des Passahfestes (s. Johannes 19,31). Wir wollen näher auf diesen „Rüsttag“ eingehen, wenn wir zu Johannes' Bericht kommen.
Alle Evangelien teilen als nächstes mit, daß Joseph von Arimathia kommt, um das Begräbnis Jesu zu besorgen. Keiner der Synoptiker erwähnt jedoch den anderen heimlichen Jünger, der ebenfalls kam Nikodemus (s. Johannes 19,39).
Informiert uns Markus über Josephs soziale Stellung - „ein ehrbarer Ratsherr“, so bezeugt Matthäus, daß dieser „auch selbst ein Jünger Jesu war.“ Markus ergänzt: „der auch selbst das Reich Gottes erwartete“ (V. 43).
Sieh nur, welche Veränderung mit Joseph vorgegangen war! Der Anblick des Kreuzes mit dem Heiland ließ ihn gleichsam mit dem Liederdichter sagen: „Auch jetzt sei Dir mein Leben/und alles hingegeben,/was ich hier hab' und bin!“ Ohne länger auf seinen Ruf Rücksicht zu nehmen und jede Vorsicht außer acht lassend, ging er „kühn zu Pilatus hinein und bat um den Leib Jesu“ (V. 43).
J.N.Darbys Übersetzung gibt in der Fußnote an, daß Joseph um den Leib Jesu (griech. soma) bat und daß Pilatus ihm den Leib (griech. ptoma = Leichnam) schenkte. Beachte den unterschiedlichen Wert, den diese beiden Männer dem kostbaren Leib Jesu beimaßen: für Joseph war er tatsächlich kostbar, das Zelt Gottes auf der Erde; für Pilatus war es nur der Leichnam eines von vielen Toten.
Nachdem er ihn in feine Leinwand gewickelt hatte, legte Joseph den kostbaren Leib Christi in seine eigene Gruft (V. 46). Wie bezeichnend, daß Jesus bei Seinem Eintritt in diese Welt in Windeln gewikkelt wurde (Lukas 2,12) und jetzt bei Seinem Tode in feine Leinwand. Welche Herablassung! Er war in der Tat der demütige Diener. Nur Markus und Matthäus berichten, daß ein Stein an die Tür der Gruft gewälzt und später versiegelt wurde (Matthäus 27,66).
In dem Garten befanden sich Menschen, die beim Begräbnis zusahen: ohne Zweifel die gleichen Frauen, die beim Kreuz gestanden hatten. Aus den verschiedenen Berichten wird ersichtlich, daß es Maria Magdalene sowie Maria, die Mutter Joses', die Matthäus „die andere Maria“ nennt, waren. Es ist aber gut möglich, daß außer diesen beiden Frauen noch weitere zugegen waren, denn Lukas sagt ohne eine Anzahl oder Namen anzugeben - daß die Frauen dabei waren, „welche mit ihm aus Galiläa gekommen waren“. Sie beabsichtigten, sobald der Sabbat vorüber war, erneut hierherzukommen und die Zurichtung zum Begräbnis durch Seine Salbung mit Spezereien zu vervollständigen. Aber das war dann ja nicht mehr nötig (Markus 16,1).
Matthäus 27,57-61: In diesem an die Juden gerichteten Evangelium konnten wir immer wieder sehen, wie Matthäus anhand der Schriftstellen, die sich durch Ihn erfüllten, nachweist, daß Jesus ihr Messias war. Als ob er seinen Landsleuten diese Tatsache immer wieder einhämmern möchte, erinnert er sie daran, daß Joseph aus Arimathia (viell. Rama oder Ramathajim in 1Sam 1,1) ein reicher Mann war und „eine neue Gruft“ besaß (V. 60). Weshalb war das so interessant, daß Joseph reich und Besitzer einer neuen Gruft war? Weil er, der selbst auch ein Jünger Jesu war (V. 57), sich von Gott gebrauchen ließ und Ihm seine Gruft gab. Und so wurde erneut die Schrift erfüllt, jene Stelle, die sagt: „Und man hat sein Grab bei Gesetzlosen bestimmt; aber bei einem Reichen ist er gewesen in seinem Tode, weil er kein Unrecht begangen hat und kein Trug in seinem Munde gewesen ist“ (Jes 53,9).
Selbst wenn alles hoffnungslos aussieht, findet Gott immer Seinen Mann, der Seinen Willen tut!
Lukas 23,50-56: Joseph von Arimathia war nicht nur ein reicher Mann und ein Jünger, ein Ratsherr und angesehen, sondern als Mitglied des Synedriums war er bekannt für seine Güte und seinen Gerechtigkeitssinn. Man wußte, daß er sich von seinen Amtskollegen distanziert hatte, als sie Jesus zum Tode verurteilten.
Lukas nennt mehr Einzelheiten über Joseph als jeder andere Evangelist. Zum Abschluß sagt er von ihm, daß er „auch selbst das Reich Gottes erwartete“ (vgl. Markus 15,43).
Beachte, wie dieser „gerechte Mann“ hier in dem Evangelium von dem vollkommenen Menschen seine Gruft, „wo noch nie jemand gelegen hatte“, zur Verfügung stellt.
Während Lukas anderswo viele Besonderheiten und Details bietet, ist seine Angabe in Vers 55 über die Frauen, „welche mit ihm aus Galiläa gekommen waren“, recht allgemein gehalten. Vers 56 berichtet, daß sie zurückkehrten, um Spezereien und Salben zu bereiten, den Sabbat über jedoch ruhten. Ihre Zuneigung zu Jesus und ihre Wertschätzung für Ihn waren echt, aber sie waren hinsichtlich der göttlichen Ereignisfolge aus dem Tritt geraten - sie kamen zu spät. Sie würden niemals wie Maria von Bethanien das Vorrecht haben, den Leib des Herrn mit dem Zeichen ihrer Wertschätzung zu versehen.
Johannes 19,31-42: Hier bezeugt nicht ein heidnischer Hauptmann die Tatsache: „Dieser Mensch war gerecht“ - das paßt mehr in die Evangelien, die von Seiner Menschheit reden — sondern Gott Selbst bezeugt in diesem Evangelium Jesu Gerechtigkeit.
Jesus erfüllte alles, was über Ihn geschrieben stand. Gott wachte darüber, daß sogar bei Seinem Tod und danach die Schriftstellen Erfüllung fanden, die Ihn betrafen. Johannes — und zwar er allein — berichtet in den Versen 31 bis 37 darüber.
Jesus starb an einem Freitag gegen 15 Uhr. Der Tag darauf war nicht nur der Sabbat, sondern es sollte ein „großer“ Tag sein (V. 31). Mit anderen Worten: an diesem Tag sollte das Passahfest gefeiert werden. Um an dieser Feier teilnehmen zu können, mußte ein Jude im Sinn des Zeremonialgesetzes rein sein, d.h. er mußte für das Fest zugerüstet (vorbereitet) sein. Deshalb wurde dieser Freitagabend hier (wörtl.) „Zurüstung“ (Vorbereitung) genannt.
Mit Sonnenuntergang (also drei Stunden später) würde der Sabbat beginnen, und so blieb nicht viel Zeit für alle ihre Vorkehrungen, aber auch nicht für den Dienst, den Jesu Nachfolger - Joseph und Nikodemus - Ihm erweisen wollten, weil ihnen der Meister teuer war.
Das Gesetz sagte: „Und wenn an einem Mann eine todeswürdige Sünde ist, und er wird getötet, und du hängst ihn an ein Holz, so soll sein Leichnam nicht über Nacht an dem Holze bleiben, sondern du sollst ihn jedenfalls an demselben Tag begraben; denn ein Fluch Gottes ist ein Gehängter; und du sollst dein Land nicht verunreinigen“ (5Mo 21,22.23).
Dies war der Grund, weshalb die Juden um Erlaubnis baten, die drei Gekreuzigten bestatten zu dürfen (V. 31). Für irgendwelche Unregelmäßigkeiten würde man die Soldaten verantwortlich machen, die die Gekreuzigten zu bewachen hatten; sie würden zur Rechenschaft gezogen.
Um daher sicherzugehen, daß Jesus wirklich nicht mehr am Leben war, durchbohrte „einer der Kriegsknechte mit einem Speer seine Seite, und alsbald kam Blut und Wasser heraus“ (V. 34). Der Speer sollte das Herz durchbohren. Es war ein roher Akt, der den Haß und die Verachtung der Menschen Christus gegenüber zum Ausdruck bringt. Das Ende der beiden Räuber wurde durch Brechen der Beine beschleunigt. Dann aber sagte Gott: Bis hierher und nicht weiter! Mit ihrer Entscheidung, Jesus die Beine nicht zu brechen, da Er „schon gestorben war“ (V. 33), erfüllten die Soldaten - unbewußt natürlich - das Schriftwort: „Kein Bein von ihm wird zerbrochen werden“ (vgl. 2Mo 12,46 und Ps 34,20).
Obwohl ja in Wirklichkeit ein heidnischer Soldat die Seite des Herrn durchbohrte, wird Israel als dafür verantwortlich betrachtet, denn in Vers 37 heißt es: „Sie werden den anschauen, welchen sie durchstochen haben“ - ein Zitat der Prophezeiung in Sacharja 12,10.
Aber das ist nicht alles. Das Durchstechen Seiner Seite beweist auch, daß Jesus tatsächlich gestorben ist (die Mohammedaner behaupten, Gott habe Ihn vor Seinem Tod weggeholt) und daß Sein Blut tatsächlich vergossen wurde (vgl. Heb 9,22). Ferner kam nicht nur Blut, sondern auch Wasser heraus. Das Blut mußte fließen als Grundlage für eine rechtmäßige Sühnung; das Wasser spricht von moralischer Reinigung. Heutzutage gestehen manche dem Tod Jesu gern einen moralischen Einfluß auf sich zu, während ihnen der Gedanke, daß dieser Tod und das vergossene Blut die Bezahlung der Sündenschuld und somit das Sühnungsmittel bilden, unsympathisch ist. Doch ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung (Heb 9,22).
Gott antwortet auf die Beleidigung und Verachtung Seines geliebten Sohnes durch die Menschen mit Seinem Zeugnis, das von überströmender Gnade und Rettung spricht. „Das Blut ist es, welches Sühnung tut durch das Leben“ (3Mo 17,11 - rev. engl. Übers.), und Leben wird geschenkt durch die Waschung der Wiedergeburt (Titus 3,5).
Im ersten Johannesbrief (Kap. 5,6-8) wird das Wasser zuerst genannt, weil von Gott aus gesehen das Wasser zuerst kommt; historisch gesehen ist das nicht möglich. Die Sache ist die, daß das ewige Leben nicht in dem ersten, sondern in dem letzten Adam gefunden wird; das bezeugen der Geist, das Wasser und das Blut. Man braucht eine Reinigung, um ewiges Leben haben zu können. Man erhält sie aber nirgends als im Tod, dem Tod Christi aus Gnaden.
Vers 35 ist das Zeugnis eines Augenzeugen, und er appelliert an jeden Leser, wenn er sagt: „auf daß auch ihr glaubet.“ Wir benötigen deshalb hier keine naturwissenschaftliche Erklärung, um glauben zu können; später wird gezeigt, daß es seinem Wesen nach übernatürlich war, wenn Blut und Wasser aus der verwundeten Seite Christi herausfloß. Im 1. Johannesbrief sollten wir die geistliche Bedeutung suchen, die derselbe geliebte Johannes so betont.
J.N.Darby fügt hier hinzu: „Beachte auch, wie günstig die Umstände hier lagen. Hätten sie Jesus vor Seinem Tod durchbohrt, so würde Er nicht Selbst den Geist übergeben haben. Hätten sie Ihn durchbohrt, ohne Ihn zu töten, wäre Sein derart vergossenes Blut nicht mit dem Wert Seines Todes versehen gewesen. Aber Er läßt Sein Leben Selbst, Er ist tot, und der ganze Wert Seines Todes mit seinen beiden Gesichtspunkten Reinigung und Sühnung wurde kundgemacht, als man Seine Seite durchbohrte und Blut und Wasser herauskamen.“
In alledem findet ein Schriftwort nach dem anderen Erfüllung. Gott hat schon den nächsten Mann bereit, um Jesaja 53,9 zu erfüllen, wie wir bereits sahen. Es ist Gottes Zeugnis von der Gerechtigkeit, Sündlosigkeit und Tadellosigkeit Seines Sohnes Jesus Christus. Christi Mörder hatten Ihm das namenlose Grab eines Übeltäters zugedacht. Aber Gott tritt für die Ehre Seines Sohnes ein.
Gottes Männer - denn plötzlich sind zwei zur Stelle - sind Joseph und Nikodemus. Als hervorragendes Mitglied des Synedriums besaß Joseph gewiß einigen Einfluß bei Pilatus. Er geht unmittelbar nach Jesu Tod am späten Freitagnachmittag dorthin und bittet um den Leib Jesu (V. 38). Markus teilt uns Pilatus’ Verwunderung über den raschen Tod Jesu mit.
Johannes erwähnt das nicht, aber was er in den Versen 38 und 39 mitteilt, schreibt sonst niemand. Wir erfahren, daß Nikodemus dem Joseph an Wertschätzung für seinen Meister nicht nachsteht. Er bringt „eine Mischung von Myrrhe und Aloe, bei hundert Pfund“ (Vers 39). „Wie es bei den Juden Sitte ist, zum Begräbnis zuzubereiten“, sagt Johannes dazu.
Johannes teilt auch mit, daß sich die Gruft praktisch am gleichen Platz wie Golgatha befand, wo Christus gekreuzigt worden war (V. 41): „Es war aber an dem Ort, wo er gekreuzigt wurde, ein Garten, und in dem Garten eine neue Gruft, in welche noch nie jemand gelegt worden war.“
Sie mußten sich jedoch beeilen, denn mit Sonnenuntergang würde der Sabbat beginnen. Im Augenblick konnten sie nichts weiter tun, als den Leib zu waschen, ihn auf die Spezereien zu legen, das Haupt in ein weißes Schweißtuch zu hüllen, die verwundeten Glieder mit feiner Leinwand zu umwickeln und den Leib so in die Gruft zu legen (V. 42).