Schriften von Cor Bruins
Kapitel 5 - Der Dienst östlich des Jordan (in Peräa)
Lk 11,1-13 - Der Herr lehrt die Jünger betenLk 11,1-13 - Der Herr lehrt die Jünger beten
Lukas 11,1-13
J. N. Darby bemerkt hierzu: „Der Wunsch nach einer Form des Gebets, die durch den Herrn gegeben worden ist, hat hier zu einer Verfälschung des Textes geführt. Man wollte ihn dem Gebet in Matthäus 6 anpassen“. Hier heißt es: „Vater, geheiligt werde dein Name; dein Reich komme; unser nötiges Brot gib uns täglich; und vergib uns unsere Sünden, denn auch wir selbst vergeben jedem, der uns schuldig ist; und führe uns nicht in Versuchung.“ Es ist sehr angemessen, Jesus Selbst hier im Gebet zu finden (Vers 1) und Ihn zu sehen, wie Er hier in dem Evangelium des vollkommen abhängigen Menschen Seinen Jüngern Belehrungen gibt (Siehe Bemerkung zu Kapitel 1, 5-25 und 4, 42-44).
Im Vergleich mit Matthäus 6,9-13 sehen wir, daß Lukas uns den Anlaß für diese Belehrung mitteilt: die Jünger hatten Jesus gebeten, sie zu belehren.
Bemerkenswert ist auch, daß dies alles vor der Ausgießung des Heiligen Geistes stattfand.
Der Vater war geoffenbart worden, und die Jünger sehen wir hier im Licht dieser Offenbarung, aber sie stehen mit Ihm noch nicht in Beziehung als Söhne, haben noch nicht den Geist der Sohnschaft empfangen, in dem wir rufen dürfen „Abba, Vater“ (Römer 8,14.15). Wir, die wir nach der Ausgießung des Heiligen Geistes leben, haben eine grundsätzlich andere Stellung als die Jünger damals. Der Heilige Geist wohnte noch nicht in ihnen, wie Er jetzt in uns wohnt. Sie kannten den Vater nur insoweit der Herr Jesus Ihn damals offenbart hatte. Nach Pfingsten kamen sie dann in den ganzen Genuß dieses Verhältnisses.
Im Matthäusevangelium trägt dieser Bericht einen typisch jüdischen Charakter. Er steht dort in Zusammenhang mit der Bergpredigt und besonders auch mit dem Königreich. Der Herr zeigte ihnen, daß wenn sie beten wollten, sie dies im Verborgenen tun sollten und Er bringt damit zum Ausdruck, daß es kein öffentliches Gebet sein sollte!
Hier im Lucasevangelium steht alles in einer schönen Harmonie zu dem Vorhergehenden; dem Sitzen der Maria zu Jesu Füßen, um Sein Wort zu hören. Auf das Hören des Wortes des Herrn folgt ganz natürlich das Beten und die Anerkennung der eigenen völligen Abhängigkeit von dem Herrn.
Erst später werden die Jünger unterwiesen, in Jesu Namen zu beten (Johannes 16,23.24).
Wenn der Heilige Geist gekommen sein würde, würden sie nicht länger fortfahren, um Ihn zu bitten (V. 13). Im Matthäusevangelium lesen wir, daß der Vater denen Gutes darreicht, die Ihn darum bitten (7,11), aber hier bei Lukas ist es der Heilige Geist, den der Vater gibt. Im Johannesesangelium wird der Heilige Geist gegeben, weil Christus darum bittet (Johannes 14,16). Jesus forderte sie auf, ihre Herzen auf das Kommen des Heiligen Geistes zu richten und Er belehrt sie, für das Kommen des Heiligen Geistes zu beten, genauso, wie wir heute um das zweite Kommen Christi bitten. Der Heilige Geist konnte auch nicht vor Pfingsten gegeben werden, weil Christus noch nicht verherrlicht war (Johannes 7,39).
Das Gleichnis von dem unverschämten Freund (V. 5-8) wird wieder nur von Lukas berichtet. Der Herr Jesus ermutigt die Seinen hier, im Gebet auszuharren. Es geht nicht darum, daß wir Gott vielleicht durch vieles Bitten nötigen könnten, uns etwas zu geben, was nicht gut für uns ist. Wir wollen uns daran erinnern, daß der „Freund“ in dieser Geschichte sich nicht aus Freundschaft stören lassen wollte, sondern schließlich der Aufdringlichkeit nachgab. Aber Gott handelt niemals so! Gott ist nicht eingeschlafen wie der Mann hier. Wir brauchen Gott nicht erst durch langes Bitten zu bewegen, noch müssen wir erst lange an Seine Tür klopfen. Und Gott wird uns auch nie etwas geben, um uns dadurch los zu werden. Es ist ganz klar, daß dieses einzigartige Gleichnis uns hier von Lukas berichtet wird, um den Gegensatz zwischen Gott und den Menschen deutlich zu machen.