Schriften von Cor Bruins
Mk 14,43-52 Mt 26,47-56 Lk 22,47-53 Joh 18,2-12 - Verrat und Verhaftung JesuMk 14,43-52 Mt 26,47-56 Lk 22,47-53 Joh 18,2-12 - Verrat und Verhaftung Jesu
Markus 14,43-52; Matthäus 26,47-56; Lukas 22,47-53; Johannes 18,2-12
Markus 14,43-52 Der bunt zusammengewürfelte, von dem Verräter Judas angeführte Haufen umfaßte „eine große Volksmenge“ - wohl eine gemischte Gesellschaft vom Pöbel - sowie Hohepriester, Schriftgelehrte, Tempelhauptleute und Älteste (Lukas 22,52); er wurde verstärkt durch eine Schar oder Kohorte römischer Soldaten von Pilatus (Johannes 18,3). Mit Schwertern und Stöcken bewaffnet brechen sie jetzt in die friedliche Szene ein!
Judas hatte mit der Menge als Zeichen vereinbart, daß er vortreten und den Rabbi küssen werde. Und wirklich, Judas „küßte ihn sehr“ (V. 45). Welch eine empörende Heuchelei!
Die Formulierung in Vers 44 „und führet ihn sicher fort“ findet sich nur hier. Rechnete Judas damit, daß sich die Jünger Jesu zur Verteidigung ihres Meisters aufraffen würden? Fordert er deshalb die Menge so nachdrücklich auf, Jesus ja sicher abzuführen?
Judas hatte richtig vermutet. Petrus versuchte, seinen Meister zu verteidigen. In den synoptischen Berichten wird sein Name nicht angegeben; er steht aber in Johannes 18,10. Zuvor unfähig, zu wachen und zu beten, erliegt er jetzt der Versuchung, voreilig und entgegen der Gesinnung seines Meisters zu handeln. Welch eine Lektion für uns alle!
Das Abschlagen des Ohres des Knechtes wird hier erwähnt (V. 47), nicht aber die anschließende Heilung. Wir erinnern uns, daß der Herr Jesus hier einfach der leidende Sohn des Menschen und der verworfene Prophet Israels ist.
Wir lesen in diesem Abschnitt nichts davon, daß Jesus die unüberlegte Handlung des Petrus (wie in Matthäus 26,52-54) oder die feige Tat des Judas (Matthäus 26,50; Lukas 22,48) tadelt. Wir finden jedoch in den Versen 48 und 49, daß Jesus Seine Feinde, die religiösen Führer, zurechtweist. „Und Jesus hob an und sprach zu ihnen (zu allen, die in Vers 43 aufgeführt sind): Seid ihr ausgezogen wie gegen einen Räuber, mit Schwertern und Stöcken, mich zu fangen?“ Ja, die Anstifter der ganzen Sache waren die Hohepriester, Schriftgelehrten und Ältesten. Das vergrößert die Abscheulichkeit dieses Verbrechens noch; es trug keinen privaten, sondern nationalen Charakter, denn hier waren Vertreter der zivilen und religiösen Gremien zugegen.
Der Herr macht Seinen Feinden bewußt, daß sie in Wirklichkeit die Schrift erfüllten (V. 49). Auch Matthäus erwähnt das in Kap. 26,56. Er macht ihnen deutlich, daß sie Ihn vorher nicht festnehmen konnten, obwohl Er Sich doch täglich unter ihnen aufgehalten hatte, weil „Seine Stunde“ noch nicht gekommen war. Doch jetzt erlaubte Gott Seine Festnahme, weil die Schriften erfüllt werden mußten. Nicht sie griffen Ihn, sondern Er gab sich in ihre Hände. In diesem Evangelium ist Er allerdings der unterwürfige und gehorsame Knecht. Bei Johannes werden wir die Dinge ganz anders dargestellt finden.
Die Tatsache in Vers 50, daß alle Jünger flohen, berichtet auch Matthäus (Kap. 26,56). Doch Markus allein erzählt uns von dem Jüngling, der Jesus folgte, ergriffen wurde, sein Gewand fahren ließ und nackt floh (V. 51 und 52). Manche haben gemeint, daß Markus, der Schreiber des Evangeliums, dieser Jüngling war und deshalb als einziger diesen Vorfall erwähnt. Doch das kann niemand mit Sicherheit behaupten.
Matthäus 26,47-56: Nachdem der Herr Jesus alles aus der Hand des Vaters angenommen und es Seinem Willen übergeben hat, sehen wir Ihn völlig ruhig dem Feind entgegengehen. Er ist Sich Seiner Macht bewußt (V. 53), wollte sie aber nicht für Sich Selbst gebrauchen. Die Schrift mußte in jedem Seiner Schritte und Worte buchstäblich zur Erfüllung kommen.
Bis Vers 50 ähnelt der Bericht denen der anderen synoptischen Evangelisten. Dort haben wir dann einen auffallenden, bewegenden Unterschied in der Weise, in der Jesus den verräterischen Judas anspricht: „Freund, wozu bist du gekommen?“ Der Herr fragt nicht aus Unkenntnis. Judas hätte sich diese Frage besser selbst stellen sollen - war er sich bewußt, was er tat?
Judas war mit den Trägem der behördlichen Gewalt erschienen. Dies wird aus den Ausdrücken „Schwerter“ und „Stöcke“ (oder Keulen) ersichtlich, die die Bewaffnung der jüdischen Tempelwache bildeten. Statt eines scharfen Tadels vernehmen wir die sanfte, werbende Stimme des Heilands, die das Herz des Judas gewissermaßen auf die Probe stellt. Der Meister redet ihn persönlich an: „Freund“. Ja, Jesus ist der Freund der Sünder - aber Judas zog Satan und die Sünde vor. Lukas hebt seine Treulosigkeit hervor, indem er dort mit Namen angeredet wird: „Judas, überlieferst du den Sohn des Menschen mit einem Kuß?“
Der Herr Jesus gibt Sich nun widerstandslos gefangen. Hatte Er nicht Seinen Jüngern einst gesagt: „Ich aber sage euch: Widerstehet nicht dem Bösen“ (Matthäus 5,39)? Für Jesus war es der bestimmte Ratschluß Gottes. Allein deshalb ließ Er Sich gefangen nehmen. Andernfalls hätte niemand Hand an Ihn legen können. Darum haben wir auch nur in diesem Evangelium den Tadel Jesu über die Tat des Petrus (V. 52-54). War Er wirklich auf das Schwert in der Hand eines zitternden, ängstlichen Menschenkindes angewiesen, wenn Er in Seiner absoluten Macht und Gewalt durch ein Wort mehr als zwölf Legionen Engel hätte herbeirufen können?
Wie Er es gerade Seinem Jünger Petrus zum Bewußtsein gebracht hatte, daß sie ohne die Zulassung des Vaters nichts hätten tun können, so macht Er es auch diesem Pöbelhaufen bewußt, indem Er ihnen sagt, daß sich jetzt die Schrift erfüllte (V. 56). Somit gereichte auch hier der Grimm des Menschen nur zum Preise Gottes (vgl. Ps 76,10)!
Ja, sogar als die Jünger wie eine zerstreute Schafherde flohen, wurde die Schrift erfüllt (Sach 13,7)!
Lukas 22,47-53: Die unbekümmerte Dreistigkeit des von Satan beherrschten Judas Iskariot wird in diesem Bericht sehr plastisch durch die Worte herausgestellt: „Judas ..., einer der Zwölfe, ging vor ihnen her“ (V. 47). Einst ein Nachfolger Jesu, geht er jetzt anderen in satanischer Feindseligkeit gegen seinen Schöpfer voran. Wie schrecklich ist doch Abfall!
Die erschreckende Empfindungslosigkeit, die sich in Judas Verrat ausdrückt, macht Vers 48 deutlich: ,Judas, überlieferst du den Sohn des Menschen mit einem Kuß?“ Wie furchtbar ernst! Einst wird Judas diesem Sohn des Menschen aufs neue begegnen müssen, dann aber als dem Richter, dem das ganze Gericht übergeben ist (Johannes 5,22).
Gewissermaßen als Kontrast zu der feigen Tat dieses einen Jüngers teilt uns Lukas die empörte und spontane Reaktion der restlichen Jünger mit: „Herr, sollen wir mit dem Schwerte dreinschlagen?“ (Vers 49) Sie haben die Situation nicht erfaßt. Andererseits zeugt ihre Frage doch von echter Zuneigung angesichts der furchtbaren Entfaltung satanischen Hasses. In Matthäus 26,52 antwortet der Herr auf ihr Frage: „Alle, die das Schwert nehmen, werden durchs Schwert umkommen.“ Hier aber streckt Er Seine Hand aus, um zu heilen!
In seiner charakteristischen Vorliebe für lebendige Schilderung und die Erwähnung von Details läßt uns Lukas in Vers 50 wissen, daß dem Knecht das rechte Ohr abgeschlagen wurde. Petrus hatte aber wohl beabsichtigt, dem unglücklichen Opfer den Kopf zu spalten! Das Verwunderliche ist, daß Lukas diese Einzelheit bringt, der doch gar kein Augenzeuge des Geschehens gewesen ist. Wunderbare göttliche Inspiration!
Obwohl Lukas die Sache mit dem rechten Ohr hinzufügt, läßt er Johannes' Mitteilung unerwähnt, daß der Knecht Malchus hieß. Manche haben gemeint, daß dieser später vielleicht errettet wurde und unter den ersten Christen namentlich bekannt war! Ebenso berichtet allein Lukas von der Heilung des abgetrennten Ohres in V. 51. Wie typisch ist das für einen Arzt! Wie herrlich aber ist Er, der Sohn des Menschen!
Jesus hatte in Johannes 17,1 gesagt: „Die Stunde ist gekommen.“ Hier in Vers 53 sehen wir, was dieser Ausdruck bedeutet. Es ist jetzt ihre Stunde, die Stunde, in der Jesus Sich Selbst in ihre gottlosen, mörderischen Hände gibt: „Dies ist eure Stunde und die Gewalt der Finsternis“ (V. 53).
Johannes 18,2-12: Die Szene wird hier völlig durch den Sohn Gottes beherrscht. Er, der Allwissende, hätte nicht nötig gehabt, an diesem gefahrvollen Ort zu bleiben! Nicht Judas und der Pöbel überraschen Jesus, sondern Er überrascht sie und setzt sie in Erstaunen! Er hat hier die Oberhand. Judas hat hier nicht nötig, Ihn durch geheuchelte Zuneigung kenntlich zu machen. Judas führt hier den Pöbelhaufen auch nicht an, sondern hält sich im Gegenteil sozusagen versteckt, indem er bei ihnen steht (V. 5).
Es ist Jesus, der hinausgeht (V. 4) und Sich wie schützend vor Seine Jünger stellt. Ist Er nicht der gute Hirte? Es ist Jesus, der die Initiative ergreift, indem Er sie fragt: „Wen suchet ihr?“ (V. 4). Judas hatte gewußt, daß er Jesus hier antreffen würde (V. 1), weil Er Sich oft in diesem Garten zum Gebet aufhielt.
So stand nun Jesus dieser Schar gegenüber. Falls Er gewollt hätte, hätte Er ebenso wie früher schon ungehindert durch ihre Mitte fortgehen können (Lukas 4,29-30). Doch Er, dem alle Macht in die Hände gegeben war (Johannes 13,3), wollte sie hier nicht gebrauchen. Ja, Er erinnert sie nicht einmal daran - wie in den anderen Evangelien - daß Er in diesem Augenblick mehr als zwölf Legionen Engel zu Seiner Verteidigung herbeirufen könnte (Er wird es im geeigneten Moment später vor Pilatus sagen!).
Die Verse 2 und 4-9 hat nur dieses Evangelium. Zweimal fragt der Herr den Pöbel: „Wen suchet ihr?“ (V. 4 und 7). Zweimal antworten sie: „Jesus, den Nazaräer“ (V. 5 und 8). Zweimal antwortet Jesus: „Ich bins“ (V. 6 und 8). Er gebraucht hier dieselben Worte wie in Johannes 8,58. Auf Seine erste Antwort hin - wir wissen, daß „Ich bin“ „Jahwe“ bedeutet - wird die Schar von ehrfürchtiger Scheu ergriffen. Dank der Barmherzigkeit Gottes fielen sie lediglich zu Boden. Andere vor ihnen hatte die Erde verschlungen, als sie sich nur gegen einen Knecht Dessen, der hier vor ihnen stand, aufgelehnt hatten (4Mo 16,31.32). Aber der Herr war nicht gekommen, um die Welt zu richten. Nein, Er war gekommen, um zu erretten.
Als Jesus zum zweiten Mal spricht: „Ich bin's“, tritt Er für Seine armen, zitternden Jünger ein: „Wenn ihr nun mich sucht, so laßt diese gehen“ (V. 9). Wir erkennen darin den Grundsatz des stellvertretenden Todes - greift mich, laßt diese gehen! Anbetungswürdiger Herr! Er wird stellvertretend sterben, damit diese verschont bleiben. Wieder mußte die Schrift erfüllt werden (V. 9); das Wort, das Er in Johannes 17,12 gesprochen hatte.
Doch Petrus schlägt „das rechte Ohr“ des Malchus ab (V. 10), als sie die Mörderhände an Ihn legen. Johannes gibt als Augenzeuge die genaueste Beschreibung dieser traurigen Augenblicke im Leben des Petrus.
Schließlich stehen die Worte in Vers 11 „Den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?“ -nur in diesem Evangelium. An anderer Stelle hatte Er gesagt: „Lasset es so weit“ (Lukas 22,51).