Schriften von Samuel Ridout
Vorträge über die Stiftshütte (1-20)
3Mo 16,1-22 - Vorträge über die Stiftshütte - Der Weg, um Gott zu nahen
Der Brandopferaltar – sein Opfer, die Grundlage des FriedensDer Brandopferaltar – sein Opfer, die Grundlage des Friedens
Jetzt aber, wo wir im Vorhof sind, besteht die erste große Lektion auf dem Weg, Gott praktischerweise zu nahen, in der Lektion des Brandopferaltars. Hier lernen wir die Grundlage des Friedens kennen, wie es sein kann, dass wir bei Gott durch Christus willkommen sind. Wir lernen dort, dass das, was uns draußen vor dem Tor so großzügig angeboten wurde, innen am Altar so vollkommen bezahlt wurde. Draußen ging es um einen armen Sünder, der willkommen war hereinzukommen. Drinnen finden wir das Zeugnis des Preises, der bezahlt wurde und das Tor weit öffnete. Das ist die große Wahrheit des Altars, die Wahrheit des Kreuzes Christi. Wir könnten uns an dieser Stelle ausführlich mit den verschiedenen Aspekten beschäftigen, wie sie in Verbindung mit den verschiedenen Opfern vorgestellt werden. Es muss uns hier jedoch genügen, zu bemerken, dass es das Kreuz war, wo unser Herr Jesus Sühnung für die Sünde tat.
Jemand, der zu Christus gekommen ist, könnte die Frage stellen: Wie ist es möglich, dass meine Sünden vergeben werden konnten? Die göttliche Antwort darauf finden wir hier am Altar: dadurch, dass unsere Ungerechtigkeiten auf Gottes heiliges Lamm gelegt wurden; dadurch, dass Er „selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat“ (1Pet 2,24a); dadurch, dass Gott in Gerechtigkeit mit Ihm handelte, indem Er das Gericht, das wir verdient hatten, über Ihn ausgoss. Wie es unser Lied ausdrückt:
O Christus, welche Last hat Dein Haupt gebeugt!
Unsere Last wurde auf Dich gelegt.
Du nahmst die Stelle des Sünders ein, um jede Schlechtigkeit zu tragen.
Durch Dein Opfer und Dein Blut, ist meine Last nun weg und wurde alles gut.73
Wenn die Seele in die Wahrheit des Kreuzes Christi eintritt, hat sie festen, gesicherten Frieden, der sich nicht auf Erfahrungen, Errungenschaften oder Kenntnis gründet. Vielmehr ist es ein Friede, der auf dem vollbrachten Werk Christi am Kreuz beruht. Eine Berührung im Glauben wird retten (vgl. Lk 8,44). Aber ach, auf welch festem Grund können wir stehen, wenn wir die Wahrheit des Brandopferaltars kennen, des Platzes, wo Christus jede Frage geklärt hat, die zwischen Gott und dem Sünder stand!
Es gibt einen wunderbaren Ausspruch in Sacharja 6: „Der Rat des Friedens wird zwischen ihnen beiden sein“ (Sach 6,13). Die „beiden“ dort sind Gott und Christus, und der Rat des Friedens, die Friedensbedingungen, wurden zwischen den beiden vertragschließenden Parteien vereinbart: Gott auf der einen Seite mit all seinen heiligen, gerechten Forderungen und auf der anderen Seite der Bürge, der Vertreter seines sündigen Volkes. „Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm“ (Jes 53,5). Gott allein kannte alles, was seine Heiligkeit forderte. Er wusste, welche Hürde zwischen unseren Seelen und Ihm selbst bestand. Er selbst war es, der die vollen und gerechten Anforderungen seiner Heiligkeit unserem gelobten Stellvertreter zumaß. Aber wir haben auch die darauf bezugnehmenden Worte unseres Herrn: „Es ist vollbracht!“ (Joh 19,30). Alles, was nötig war, um einen schuldigen Sünder in die Gegenwart eines heiligen Gottes zu bringen, ist vollbracht: Ihm ist vergeben, er ist gereinigt und passend für den Himmel.
Ich möchte eure Aufmerksamkeit auf eine bemerkenswerte Verbindung zwischen den Wahrheiten des Altars und des Sühndeckels lenken. Wir gehen nun sozusagen direkt vom Brandopferaltar, der vom Kreuz spricht, in die unmittelbare Gegenwart Gottes am Sühndeckel im inneren Heiligtum. Eine Stelle in den Evangelien stellt uns das sehr deutlich vor (Mt 27,46.50.51), denn hier haben wir das Zerreißen des Scheidevorhangs, also dessen, was Gott vom Menschen trennte, verbunden mit der Hingabe des Lebens unseres Herrn am Kreuz (dem Brandopferaltar). Der Scheidevorhang stellt das Fleisch Christi dar, das, wie wir wissen, in seiner fleckenlosen Reinheit und Vollkommenheit ein Zeuge der Entfernung aller Menschen von Gott war. Wenn wir die Menschen mit Ihm vergleichen, sehen wir, wie weit sie von Gott entfernt waren. Ihr werdet euch daran erinnern, dass auf diesem inneren Vorhang Cherubim abgebildet waren, die von Gottes Gerechtigkeit und Gericht sprachen und den Weg in seine Gegenwart versperrten. Solange Christus hier im Fleisch war, war Er praktisch der Vorhang des Gerichts zwischen den Menschen und Gott. Hier war einer, der Zutritt zur Gegenwart Gottes hatte, der in der Freude dieser Gegenwart lebte, ein Zeuge davon, dass die Menschen von Gott entfernt waren und kein Recht hatten, in seine göttliche Gegenwart einzutreten. Das Leben, die Worte und die Taten unseres Herrn bewiesen, wie jeder andere Mensch in einer unendlichen Entfernung von Gott war.
Wie ändert sich das alles, wenn wir nach Golgatha kommen. Dort sehen wir Einen, der, selbst sündlos, „für uns zur Sünde gemacht“ (2Kor 5,21) wurde, als unsere Übertretungen auf Ihn gelegt wurden. Gott behandelte seinen heiligen Sohn so, wie Er den unheiligen, schuldigen Sünder behandeln müsste. Als die göttliche Gerechtigkeit unseren Stellvertreter so behandelte, brachte Er diesen angstvollen Schmerzensschrei hervor, der von diesem Tag an bis heute widerhallt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46b). Beachtet, dass dieser Ruf direkt zum Thron Gottes gelangte, denn „der Vorhang des Tempels zerriss von oben bis unten in zwei Stücke“ (Mt 27,51). Die göttliche Heiligkeit und Gerechtigkeit wurden völlig befriedigt. Die Trennung zwischen Mensch und Gott – Gott in seiner unendlichen Heiligkeit, der Mensch in seiner Unwürdigkeit – ist beseitigt. Der Weg in die Gegenwart Gottes wurde so offenbar. Durch den zerrissenen Vorhang hin können wir in seine Gegenwart treten. Deshalb haben wir vom Kreuz und dem zerrissenen Vorhang in engstem Zusammenhang gesprochen. Der Thron des Gerichts, der den Menschen für immer in die äußerste Finsternis verbannt hätte, wird durch das Blut, das auf und vor den Sühndeckel gesprengt wird, zur Zufluchtsstätte des Sünders, indem es zeigt, dass durch das Werk des geliebten Sohnes Gottes am Kreuz sowohl Gottes Anspruch als auch dem Bedürfnis des Sünders völlig entsprochen wurde. An welch einen Ort der Nähe zu Gott hat uns das Kreuz gebracht! Die Linie reicht so von dem Platz des armen Sünders draußen direkt bis zum Herzen Gottes auf seinem Thron. Christus hat den Weg geöffnet, so wie Hebräer 10,19-22 deutlich verkündet: Der Vorhang ist zerrissen, das Heiligtum steht uns offen.
Vergleichen wir das mit dem, was wir in 3. Mose 16 haben. Erinnern wir uns daran, wie Nadab und Abihu das Gericht Gottes auf sich zogen, nachdem sie es gewagt hatten, Ihm fremdes Feuer zu opfern und sich auf eine Weise zu nahen, die Er nicht vorgesehen hatte. Im Anschluss an dieses Gericht hatte Gott Aaron gewarnt und ihm gesagt, dass er Ihm nur ein Mal im Jahr innerhalb des Scheidevorhangs nahen durfte, und das auch nur für eine kurze Zeit. Das zeigte vorbildlich, wie die Sünde den Menschen in eine Ferne von Gott gebracht hatte und dass „der Weg zum Heiligtum noch nicht offenbart“ war (Heb 9,8). Beachtet außerdem, auf welche Weise er nahen sollte. Alles in diesem Bild deutet auf Christus hin (mit Ausnahme der Dinge, die in diesem Schatten einen Gegensatz bilden).74 Der Priester, der seine Kleider zur Herrlichkeit und zum Schmuck beiseitegelegt hatte, mit Wasser gewaschen und von Kopf bis Fuß in fleckenloses Leinen gekleidet war – sinnbildlich für die Reinheit Christi –, verstärkt den Gedanken, dass derjenige, der Gott naht, fleckenlos rein sein muss. Dann tritt er mit einer Wolke des Räucherwerks ein und es wird immer wieder in Verbindung mit diesen Dingen wiederholt: „damit er nicht sterbe“ (2Mo 28,35; 3Mo 16,2.13). Gott auf einem anderen Weg zu nahen, hätte den sicheren Tod bedeutet: Die Wolke des Räucherwerks bedeckte ihn sozusagen, während Gott auf das Räucherwerk sah. So riecht Gott den süßen Wohlgeruch der unendlichen Kostbarkeit Christi, während wir nahen.
So war der Priester ein Bild von Christus in seiner fleckenlosen Reinheit, der nicht ein Mal im Jahr, sondern ein für alle Mal ins Heiligtum eingetreten ist. Es war das Blut des Sündopfers, das der Priester innerhalb des Vorhangs mitnahm und siebenmal vor den Sühndeckel und einmal darauf sprengte – für die Majestät Gottes reicht die einmalige Besprengung, während es für uns durch das gesprengte Blut vor dem Thron eine siebenfache Vollkommenheit unserer Stellung gibt.
Der Priester ist hineingegangen und hat das Blut in der Gegenwart Gottes gesprengt. Nun tritt er heraus und tut nach den Worten der Schrift Sühnung für alles, was in Verbindung mit dem schuldigen Volk gestanden hat. All diese Dinge zeigen symbolisch, wie das Werk Christi nahebringt (Eph 2,13) und das Wohnen Gottes bei seinem Volk ermöglicht.
73 Anm. d. Übers.: Siehe Lied 138 „O Christ, what burdens bowed Thy head“ von Anne Ross Cousin (1824–1906) in Spiritual Songs (1. Strophe): O Christ, what burdens bowed Thy head! | Our load was laid on Thee;| Thou stoodest in the sinner’s stead – | To bear all ill for me.| A victim led, Thy blood was shed; | Now there’s no load for me.↩︎
74 Aaron, der für sich selbst ein Sündopfer darbringen musste, versagt in diesem Punkt, ein Vorausbild auf Christus zu sein, es sei denn als Gegensatz. Christus hatte es nicht nötig, für sich selbst zu opfern, denn Er war fleckenlos und heilig. Aaron und alle anderen Menschen mussten hingegen ein Opfer darbringen, bevor sie es wagten, sich auch nur in einer äußerlichen, vorbildlichen Weise zu nahen.↩︎