Schriften von Samuel Ridout
Vorträge über die Stiftshütte (1-20)
2Mo 37,17-24 - Vorträge über die Stiftshütte - Der Leuchter
Das Zurichten der Lampen – die Gläubigen werden als Dochte vom Priester gepflegtDas Zurichten der Lampen – die Gläubigen werden als Dochte vom Priester gepflegt
Der letzte Gedanke, den wir in Verbindung mit dem Leuchter erwähnen möchten, betrifft das Zurichten der Lampen. Wir haben gesehen, dass Öl und Licht vom Heiligen Geist sprechen, während der wunderbare Leuchter die Herrlichkeiten unseres göttlichen Herrn und Heilands vorstellt. Aber damit es wirklich Licht gibt – ob in der Welt oder unter dem Volk Gottes –, werden menschliche Werkzeuge genutzt. Das ist wirklich Gnade. Und darin sehen wir sein Volk, nicht in der ganzen Vollkommenheit Christi vor Gott, sondern als Dochte, die nicht einmal explizit genannt werden. Wenn ein Docht von Nutzen sein soll, so muss er verbrannt werden, und wenn er verbrannt ist, dann muss er getrimmt werden. Darin liegen wertvolle und eindrückliche Lektionen.
Das Trimmen oder Zurichten war die Aufgabe des Priesters. Keine andere Hand als die seine konnte die verbrannten Dochtstücke entfernen, um die Lampe wieder hell leuchten zu lassen. Und so kann auch keine andere Hand als die unseres Herrn Jesus das Licht seines Volkes hell und klar leuchten lassen. Wen auch immer Er gebrauchen mag – wenn nicht Er selbst es ist, der letztlich das Werk tut, so kann es nicht wirksam sein. Das entlastet die priesterliche Familie nicht von ihrer Verantwortung. Wir sind „schuldig, einander die Füße zu waschen“ (Joh 13,14). Aber wie sorgsam müssen wir sein, dass Er uns leitet, wenn wir als seine Knechte einander zu dienen haben. Wir müssen zuerst den Balken aus unserem eigenen Auge herausziehen, ehe wir auch nur einen einzigen Splitter aus dem Auge unseres Bruder ziehen können (Mt 7,3-5).
Dass eine Lampe zugerichtet werden musste, heißt nicht, dass sie kein Licht mehr gegeben hat. Der Priester würde es nie so weit kommen lassen, sondern hat den verschmorten Teil des Dochts entfernt, damit das Öl ungehindert ein neues Stück des Dochts durchziehen konnte, um das Licht der Lampe zu nähren. Der Docht war nicht das Öl, sondern der Kanal für das Öl, wenn er auch durch den unmittelbaren Kontakt mit der Flamme verzehrt wurde. So ist es mit dem Kind Gottes: Es ist der Kanal, durch den der Geist fließt, um das Licht auszugießen, das Christus verherrlicht. Aber wie vieles steht leider diesem Ausstrahlen sowohl in der Welt als auch im Haus Gottes entgegen. Zu denken, die fehlende Strahlkraft sei in irgendeinem Mangel seitens des göttlichen Geistes begründet, wäre Lästerung. Uns, und uns allein, trifft die Schuld, dass wir nicht völlig der priesterlichen Hand dessen ergeben sind, der uns in Liebe „zurichten“ möchte. Er möchte den glimmenden Docht unseres Zeugnisses nicht auslöschen, sondern will, dass ein unbetrübter Geist die heiligen Strahlen seiner Wahrheit hervorbringen kann.
Wir haben nicht nötig, in die Einzelheiten dieser Zurichtung der Lampen zu gehen. Er, der die Notwendigkeit sieht, kann allein das Werk tun. Und Er gebraucht dazu die Werkzeuge, die Er selbst als nützlich ansieht. Das Werk dieser „Dochtscheren“ ist so vollkommen göttlich, dass sie ganz aus Gold sein mussten. Das menschliche Werkzeug steht überhaupt nicht im Blickfeld.
Ein Gedanke ist noch sehr vielsagend: Das entfernte Stück des Dochts war das, wodurch die Lampe Licht ausgestrahlt hatte. So ist es, dass der Lebensabschnitt eines Glaubenden, der gerade noch durch die Kraft des Geistes so hell geleuchtet hat, jedes weitere Leuchten verhindern kann, wenn er darin schwelgt, sich dessen rühmt, sich darauf ausruht. Vergangene Erfahrungen – in Dienst, Gemeinschaft und Anbetung – sind bloß ein abgebrannter Docht. Sie können kein Kanal für neues Feuer sein. Sich damit zu beschäftigen hieße, auf einen versengten Docht zu starren statt auf die Herrlichkeiten und Schönheiten des Leuchters – Christus selbst. Es heißt für uns immer: „Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist“ (Phil 3,13). Die selbstgefällige Beschäftigung mit etwas in uns, auch wenn es die Früchte des Geistes sind, ist eine gefährliche Schlinge, an der die strahlendste Dienstbarkeit Schaden nimmt. Deshalb rühmte sich Paulus nicht all seines treuen Dienstes und Leidens, worin der Herr ihn benutzt hatte. Wenn er gezwungen war, davon zu reden, tat er es mit etwas Beschämung: „Ich bin ein Tor geworden; ihr habt mich dazu gezwungen“ (2Kor 12,11). Er hatte einen besseren Gegenstand und rühmte sich allein als „ein Mensch in Christus“ (2Kor 12,2). So unterwarf auch er sich gern dem Trimmen des Dochts, weil er den kannte, der es tat. Mochten die äußeren Umstände auch Engel Satans sein – er sah die Hand des Priesters und die goldenen Dochtscheren: „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2Kor 12,9).
Und doch wird eine Zeit kommen, da die Aufzeichnungen über all diese Treue betrachtet werden können und zu nichts als nur zum Lobe Gottes Anlass geben. Der Apostel wusste: „An jenem Tag“, an den er so gern dachte, würde er eine „Krone der Gerechtigkeit“ empfangen, das „Wohl, du guter und treuer Knecht!“ seines Meisters (2Tim 4,8; Mt 25,23), und auf jenen Tag wartete er geduldig – mochte er jetzt auch noch so leiden und unverstanden und verachtet sein. Dort würde kein Schmerz vergessen sein. Alle Striemen und Misshandlungen, die er erdulden musste, sowie all sein Wachen und Fasten, Kälte und Blöße: Oh, der Herr hat sie aufgesammelt und in die goldenen „Löschnäpfe“ getan, wo sie wirksam vor allen Blicken verborgen sind in seiner eigenen Herrlichkeit, um „an jenem Tag“ als seine Herrlichkeit dargestellt zu werden. Dann können wir all den Dienst und die Leiden betrachten, seien sie groß oder klein, und werden sie allein als die Frucht seiner Gnade erkennen. Im Himmel wird es keine Selbstgefälligkeit geben, denn „das Fleisch“ wird für immer der Vergangenheit angehören. Am Richterstuhl Christi werden alle offenbar werden. Wir werden die Fertigkeit und Fürsorge des großen Hohenpriesters sehen und „dann wird einem jeden sein Lob werden von Gott“ (1Kor 4,5). Es wird Kronen geben, aber nicht, um sie im Stolz zu tragen, sondern um sie zu den Füßen dessen niederzuwerfen, der allein würdig ist.
Zu den Maßen des Leuchters haben wir keine Angaben. Die ganze Aufmerksamkeit gilt Materialien, Form und Verwendung. Alles war vollkommen. An Zahlen – mit denen ja gewöhnlich Maße angeben werden – haben wir hier nur die vollkommene Zahl, die Sieben. So zeugt der Geist von einem verherrlichten Christus: Er ist göttlich vollkommen. Christus ist alles.