Schriften von Samuel Ridout
Vorträge über die Stiftshütte (1-20)
Die Bedeutung des Fells – Christus, unsere GerechtigkeitDie Bedeutung des Fells – Christus, unsere Gerechtigkeit
Die Bedeutung des Fells, die wir nun näher betrachten wollen, haben wir bereits angedeutet. Es ist sehr auffällig, dass die erste Andeutung der Erlösung durch Stellvertretung in der Bekleidung von Adam und Eva mit „Kleidern aus Fell“ gesehen werden kann (1Mo 3,21). Die allererste Verheißung ist, dass der Same der Frau der Schlange den Kopf zertreten würde. Darin sehen wir den Sieg Christi über Satan, indem Er durch den Tod den besiegte, der die Macht des Todes hatte. Doch in der Kleidung aus Fell finden wir die Anwendung des Segens, der für sein Volk in diesem Tod zu finden ist.
Wie treffend ist das alles! Die Unwissenheit über die Unschuld war für immer vergangen. Der Mensch erkannte die schreckliche Tatsache, dass er nackt war. Ungehorsam gegenüber Gott hatte die Schönheit der ersten Schöpfung zerstört, und die Schande eines gefallenen Lebens rückte an seine Stelle. Es ist nun ein verdorbenes Leben, das mit dem Tod verbunden ist. So muss er sich verstecken, sogar vor seinem vertrautesten Freund – und wie viel mehr, als die Stimme unendlicher Heiligkeit gehört wurde. Für sie selbst mögen die Schurze aus Feigenblättern – selbstgemachte Kleidung – gereicht haben, doch vor dem alles durchdringenden Auge der göttlichen Wahrheit konnten sie nicht standhalten.
Blätter sprechen von Bekenntnis ohne Frucht und sie sind bestenfalls vorübergehend. „Wir sind allesamt wie ein Unreiner geworden, und alle unsere Gerechtigkeiten wie ein unflätiges Kleid; und wir verwelkten allesamt wie ein Blatt“ (Jes 64,5). Der Mensch mag die besten und strahlendsten Blätter menschlicher Würde und Gerechtigkeit sammeln, er mag sie geschickt verarbeiten und so Religiöses, Soziales, Moralisches oder Intellektuelles miteinander vernähen – doch das alles lässt ihn nackt dastehen, wenn sich der lebendige Gott nähert. Keine von Menschen erdachte Bedeckung kann in der Gegenwart eines heiligen Gottes auch nur einen Augenblick lang Freimütigkeit verleihen. In dieser herzerforschenden Gegenwart tritt seine Schande zutage.
Doch Dank sei Ihm, der die Liebe ist. Er hat eine Bedeckung bereitgestellt, die zu Ihm passt und die den glaubenden Sünder tatsächlich bedeckt und Frieden und Ruhe des Gewissens angesichts des göttlichen Gerichts bringt. Gott macht Kleider aus Fell und bekleidet sie damit. Ein Leben musste hingegeben werden, um diese Felle zur Verfügung stellen zu können. So hören wir aus Eden das Evangelium verkündet: „Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an“ (Lk 15,22). Das beste, kostbarste Gewand erhielten wir durch den Herrn Jesus Christus, der sein Leben hingab. Dadurch sind Gläubige „in Christus“, eingehüllt in Christus, von dem sie sagen können: „Der Herr ist unsere Gerechtigkeit“ (Jer 23,6; 1Kor 1,30).
Im dritten Buch Mose sehen wir, dass die Haut des Opfers dem Priester gehörte. Es gibt jedoch einen besonderen Ausnahmefall, und zwar beim Sündopfer am großen Sühnungstag (3Mo 16,27), an dem die Haut zusammen mit dem gesamten Fleisch des Tieres außerhalb des Lagers verbrannt werden sollte. Dies geschah, um die Tiefe des Gerichts zu betonen, das über die Sünde kommen muss. Doch die Folge davon war, dass das Blut ins Allerheiligste gebracht und auf den Sühndeckel gesprengt wurde, womit es dem Gläubigen „Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu“ gab (Heb 10,19). Demnach wird dieselbe Wahrheit aus einer anderen Perspektive verdeutlicht.
Laut den Anweisungen für das Brandopfer sollte das Tier gehäutet werden. Dann wurde es in seine Teile zerlegt (3Mo 1,6) und auf dem Altar verbrannt. Die Haut sollte dem Priester gehören, der das Opfer darbrachte (3Mo 7,8). Auf diese Weise hat Christus, indem Er sich selbst am Kreuz opferte, eine Bekleidung für sein geliebtes Volk erwirkt. Dies wird – dürfen wir das nicht sagen? – in dem nahtlosen Gewand unseres Herrn angedeutet, über das nach göttlicher Vorsehung das Los geworfen wurde. Es ist ein vollkommenes, einheitliches Ganzes, das nicht zerrissen werden kann. Derjenige, dem Gott es zuteilt, kann es nur ganz oder gar nicht haben (Joh 19,23.24). In Gottes souveräner Gnade ist dieses Gewand der vollkommenen Gerechtigkeit für jeden vorgesehen, der es empfangen will. Dieses Gewand ist Christus selbst. In der Weisheit Gottes ist Er unsere „Gerechtigkeit“ geworden (1Kor 1,30), Gerechtigkeit, die aus Gott ist durch den Glauben (Phil 3,9).
Hier müssen wir uns vor einem Gedanken hüten, der sich bei vielen durchgesetzt hat, nämlich dass der aktive Gehorsam Christi in seinem Leben dem Gläubigen zugerechnet wird. Nach dieser Lehre könne der Mensch, der dem Gesetz vollkommenen Gehorsam schuldete, nicht in den Himmel kommen, ohne das Wort „Tu dies und du wirst leben“ (Lk 10,28) erfüllt zu haben. Da er darin völlig versagt habe, werde ihm die Gesetzestreue Christi zugerechnet, so dass Gott den Gehorsam Christi anstelle des Gehorsams des Sünders annehme. Wenn wir nun sehen, dass es die Haut des Tieres ist, die als Bedeckung gegeben wird, dann wird der Gedanke, dass bloßer Gehorsam im Leben zugerechnet wird, beiseitegelegt. Das Leben musste gegeben werden, der Tod musste eintreten. Auf diese Weise wurde das vollkommene Gewand der Gerechtigkeit erworben – nämlich Christus selbst –, das seinen vollkommenen Gehorsam während seines Lebens, seinen Tod und das, was Er jetzt ist, als Maßstab für die Annahme des Gläubigen und seine Stellung vor Gott beinhaltet.
Wir weisen noch auf einen weiteren Gedanken hin, der mit dem Fell in Verbindung steht. Beim Brandopfer wurde alles in die entsprechenden Teile zerlegt: Beine, Schulter, Kopf, Eingeweide. Was vor den Blicken verborgen war, wurde durch das Abziehen der Haut freigelegt. Der Mensch konnte nur das Äußere des Lebens Christi sehen, aber in seinem Tod wurden die verborgenen Quellen und Motive offenbar – in gewissem Maße sogar für das Auge des Menschen, aber in welch vollkommener Weise für Gott, dem alles als ein lieblicher Geruch dargebracht wurde.
Wie wir bereits in einem anderen Zusammenhang gesehen haben, wurden der Schenkel der Stärke, die Brust der Liebe, die inneren Motive oder Gedanken seines Herzens als absolut Gott geweiht angesehen. Im Tod hauchte Er sein ganzes Wesen für Gott aus – alles wurde auf dem Altar geopfert. Jede Einzelheit war in sich selbst vollkommen: Die Haut konnte entfernt werden.