Schriften von Samuel Ridout
Vorträge über die Stiftshütte (1-20)
2Mo 30,22-33 - Vorträge über die Stiftshütte - Das Salböl
Würziger Zimt – unveränderliche Hingabe und Liebe bis in den TodWürziger Zimt – unveränderliche Hingabe und Liebe bis in den Tod
Die einzigen anderen Stellen, wo dieses Wort gebraucht wird, sind der gerade erwähnte traurige Abschnitt (Spr 7,17) und einer, der in gesegnetem Kontrast dazu steht; dort wird die wahre Braut beschrieben, wie sie all diese wohlriechenden Düfte trägt – gewiss allein aus Gnade (Hld 4,14). Die allgemeine Bedeutung wird damit bestätigt, aber wir wollen nachforschen, was die spezielle Bedeutung von Zimt ist.
Es scheint allgemein anerkannt zu sein, dass es hier um dasselbe Gewürz geht, das uns unter diesem Namen bekannt ist. Es ist die Rinde eines kleinen immergrünen Baumes der Familie der Lorbeergewächse. Ein weiterer Baum derselben Familie ist der duftende Kampferbaum. Zimt ist von süßem Geruch und hat einen angenehmen Geschmack. Er wird hauptsächlich zur Würzung verwendet. Aus der Rinde kann ein wertvolles ätherisches Öl extrahiert werden, worin diese Eigenschaften nochmals intensiviert sind. Zimt wird vor allem auf Sri Lanka gewonnen und wurde in der Zeit des zweiten Buches Mose wahrscheinlich aus Indien importiert. Die Rinde nimmt man von den Jungtrieben. Als Medizin hat sie eine stimulierende und herzstärkende Wirkung.
Wenn wir in der Etymologie des Wortes Licht suchen über die geistliche Bedeutung, begegnet uns viel Ungewissheit. Eine Quelle leitet es von einer „zweifelhaften und veralteten“ Wurzel ab. Es ist fast dieselbe wie die des Würzrohrs, zu dem wir als Nächstes kommen. Die Hauptbedeutung dieser Wurzel ist „aufrecht stehen“. Diese Bedeutung kann man vielleicht dadurch rechtfertigen, dass es das Rohr oder die schilfähnlichen Triebe waren, von denen die Rinde genommen wurde.59 Die aufrechten Ruten dieser Jungtriebe deuten dann auf die ganze Tatkraft, Energie und Aufrichtigkeit unseres Herrn hin. Die abgelöste Rinde erinnert an das Abziehen von Tierhäuten, deren äußerer Bedeckung. Wenn man einem Baum seine Rinde nimmt, dann nimmt man ihm sein Leben. Es muss uns nicht überraschen, bei jedem dieser Gewürze einen Hinweis auf den Tod zu finden. Das Kreuz war die große Notwendigkeit göttlicher Liebe, wenn Christus den Vater wahrhaft offenbaren wollte.
Der Zimt wird als „würzig“ bezeichnet. Dieses Wort hat eine Wurzel, die mit unserem Wort „Balsam“ verwandt ist und „Duft“ bedeutet. Das legt eine doppelte Betonung auf dieses duftende Gewürz. Vielleicht deutet die Erwähnung des „Balsams“ an, dass die Essenz der Rinde extrahiert und verwendet wurde. Darauf gehen wir später noch ein.
Wir erinnern uns, dass der Zimtbaum immergrün war. Er hatte keine Zeiten der Trägheit. So war auch die Hingabe unseres Herrn unveränderlich. Weder Dürre noch Kälte konnten seine Blätter welken lassen. Inmitten der öden Wüste des Unglaubens – etwa in Chorazin, Bethsaida und Kapernaum – zeigte Er keine Spur von Ermattung. „Ich preise dich, Vater“, waren dort und stets seine Worte.
Auch das ist „Medizin“ für uns, eine geistliche Erfrischung, ein Stärkungsmittel für ermattete Herzen. Die unveränderliche Liebe und Hingabe unseres Herrn ist nicht nur das größtmögliche Vorbild für uns. In seiner Gnade dient sie auch dazu, sein geliebtes Volk, das zu ermatten droht, aufzumuntern und zu stärken. Wenn alles dazu angetan ist, die Hände erschlafft niedersinken zu lassen, dürfen wir als seine Heiligen reichlich an seiner Liebe teilhaben – einer Liebe, die Ihn verzehrte. Es war eine Liebe für seinen Vater, für seine Herrlichkeit – aber ebendeshalb auch für all die Seinen.
59Der Schreiber nennt eine mögliche Ableitung aus zwei gut bekannten Hebräischen Wörtern: kinna („Eifer“, von einer Wurzel, die „glühen“, „brennen“ oder „eifern“ bedeutet) und min („Gestalt“ oder „Erscheinung“) – die „Erscheinung des Eifers“. Es muss nicht betont werden, welch glühender Eifer das ganze Leben unseres Herrn prägte: „Der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt“ (Joh 2,17). Und das erwies sich in heiliger Eifersucht: Er vertrieb die fleischliche Geschäftemacherei, die in diesem Haus Eingang gefunden hatte. „Die Liebe ist gewaltsam wie der Tod, hart wie der Scheol ihr Eifer; ihre Gluten sind Feuergluten, eine Flamme Jahs“ (Hld 8,6). Darin liegt jedenfalls eine schöne und wichtige Bedeutung, die mit dem Wesen unseres Herrn übereinstimmt: eine Liebe, die für Gottes Herrlichkeit eiferte und für „den Wohnort deiner Herrlichkeit“ (Ps 26,8). Aus Liebe dafür ließ Er seinen eigenen Tempel, seinen heiligen Leib, im Tod abbrechen. Das war ein Eifer von gänzlich unbekannter Art – ein Eifer für Gott allein und ohne jede Spur des Eigenwillens. Grausam war der Eifer nur in dem Sinn, dass unser Herr lieber Grausamkeit ertrug, als auch nur die kleinste Beschmutzung der Herrlichkeit Gottes zuzulassen – die Liebe brannte als „eine Flamme Jahs“.