Schriften von Samuel Ridout
Vorträge über die Stiftshütte (1-20)
2Mo 37,17-24 - Vorträge über die Stiftshütte - Der Leuchter
Das Licht des Leuchters – der Heilige Geist zeugt von ChristusDas Licht des Leuchters – der Heilige Geist zeugt von Christus
Der Leuchter war ganz aus Gold. Wir erinnern uns sicher, dass es immer das Werk des Geistes ist, Christus zu verherrlichen (Joh 16,14). Wie das Licht auf den Leuchter fallen sollte (2Mo 25,37), so zeigt der Geist die Herrlichkeiten und Vollkommenheiten des Herrn Jesus. Es war durch das Licht des Leuchters, dass man den Tisch mit den Schaubroten sehen konnte. Und so ist es durch den Heiligen Geist, dass die Vollkommenheiten Christi als des Brotes Gottes, das sein Volk in der Gemeinschaft erhält, offenbart werden. Nur durch Ihn können wir wohlgefällige Anbetung bringen, und nur durch Ihn können wir folglich das Wesen und die Vollkommenheiten Christi erfassen, der den Geist herabgesandt hat. Es ist nicht der Dienst des Geistes, uns mit Ihm selbst zu beschäftigen – auch wenn Er als göttliches Wesen eins ist mit dem Vater und dem Sohn –, sondern mit dem Herrn Jesus Christus. So erbringen wir den Beweis unserer Neugeburt auch nicht, indem wir in uns hinein auf das Werk des Geistes in unserer Seele schauen, sondern indem wir zu Ihm blicken, der „für Gottlose gestorben“ sowie „unserer Übertretungen wegen hingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist“ (Röm 5,6; 4,25). Früchte der Gnade sind für das Auge Gottes bestimmt, nicht für das eigene Ich. Die Früchte, auf die wir schauen sollen, sind jene wunderbaren Knospen, Blüten und Mandelfrüchte des auferstandenen Herrn. Er ist der fruchtbringende Baum, und das volle Licht des Geistes ergießt sich über all seine Vollkommenheiten.
Daher ist Heiligung nicht eine gewisse Kultivierung des Fleisches, sondern die Fähigkeit, zur Freude des Herzens zu erfassen, wer Christus ist, und wahre Unterwürfigkeit Ihm gegenüber. Der Geist sagt einem Gläubigen nicht, dass er irgendetwas in sich selbst erreicht hat, sondern wendet seinen Blick auf den Einen, der das Herz Gottes mit Freude füllt. Das allein bringt wahre Heiligkeit hervor. „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn, den Geist“ (2Kor 3,18). Für den Sünder heißt es: „Sieh!“, und für den Heiligen heißt es immer noch: „Sieh!“
Wenn wir zu dem bereits auszugsweise angeführten Abschnitt zurückkehren (Joh 16,7-15), sehen wir den vollkommenen Charakter des Lichtes, das von dem goldenen Leuchter ausstrahlt: „Es ist euch nützlich, dass ich weggehe, denn wenn ich nicht weggehe, wird der Sachwalter nicht zu euch kommen; wenn ich aber hingehe, werde ich ihn zu euch senden“ (Joh 16,7). Der Herr muss in unendlicher Gnade die Welt auf dem Weg über das Kreuz verlassen, damit Er den Heiligen Geist senden kann. Christus ist so, als aus den Toten auferstanden und in seine Herrlichkeit eingegangen, der Spender des Lichts. Der Heilige Geist ist gekommen, und wir haben das Wesen seines Lichts erstens in Beziehung zur Welt, zweitens in Beziehung zu den Heiligen und drittens auch in Beziehung zum Herrn selbst. Sein Zeugnis in Bezug auf die Welt ist dreifach: „Und wenn er gekommen ist, wird er die Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht“ (Joh 16,8). Das Licht muss alles bloßstellen und offenlegen, was Ihm entgegensteht. So haben wir eine dreifache Überführung: die volle Offenbarung der Sünde, ihr Gegenteil und das darauf zu erwartende Gericht.
Das Zeugnis des Geistes gegenüber der Welt
Aber wir sehen, dass dieses Licht des Geistes in der Welt mit Christus verbunden ist: „Von Sünde, weil sie nicht an mich glauben“ (Joh 16,9). Die Welt ist voll von Sünde in jeder Form und in jedem Charakter – von den tiefgreifenden schrecklichen Verbrechen, die das Herz mit Entsetzen packen, bis hin zu den „kleinen Sünden“, von denen die Menschen so leichtfertig sprechen (vor den Augen Gottes gibt es so etwas nicht). Aber der Heilige Geist ist nicht nur damit beschäftigt, auf all diese Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen Licht zu werfen, Er wirft seine Strahlen auch auf die Vollkommenheiten Christi und prüft die Welt auf diese Weise. So werden alle gleichermaßen überführt – ob reich oder arm, tugendhaft oder kriminell, intelligent oder ungebildet. In einem sind sie alle gleich: Sie glauben nicht an den Herrn Jesus Christus. Der vergnügungssuchende Weltbürger, der in seinem Handel aufgehende Geschäftsmann, der zügellose Lebemann und der Mann mit Blut an seinen Händen – sie alle haben das gemein. Die Ursache aller Sünde ist die Loslösung von Gott, Unabhängigkeit von Ihm. Und was der Heilige Geist gegen die Welt bezeugt, ist ihre Verwerfung des Heilmittels, das göttliche Gnade bereitgestellt hat.
So zeugt der Geist auch von Gerechtigkeit: „Von Gerechtigkeit aber, weil ich zum Vater hingehe und ihr mich nicht mehr seht“ (Joh 16,10). Das Gesetz war eine Erklärung der Gerechtigkeit, die Gott gerechtermaßen vom Menschen forderte. Wenn wir es untersuchen, müssen wir anerkennen, dass seine Forderungen gerecht sind. Aber der Mensch ist gefallen und das Gesetz kann nur seine Ungerechtigkeit erweisen. Ach! Wäre er nur willig gewesen, seine Ungerechtigkeit einzugestehen, und hätte er mit dem Zöllner ausgerufen: „O Gott, sei mir, dem Sünder, gnädig!“ (Lk 18,13), dann hätte er keine Sünde, denn der Sohn Gottes ist gekommen zur Abschaffung der Sünde durch sein Opfer (Heb 9,26). Stattdessen hat der Mensch den fleckenlosen Sohn Gottes vor ein Gericht gestellt und Ihn auf lästerliche Weise angeklagt. Daher bleibt die Sünde auf ihm. Hier war Einer, der allezeit das seinem Vater Wohlgefällige tat (Joh 8,29), den keiner der Sünde überführen konnte, und doch verurteilten Ihn Sünder wie einen Mörder zum Kreuz! Und Gott schwieg. Er ließ dem Menschen freien Lauf. Zuletzt versiegelte der Mensch noch den großen Stein vor der Graböffnung.
Sollte solche Bosheit gelingen? Was ist das Zeugnis des Heiligen Geistes zu dieser Sache? Er bezeugt Gottes Gerechtigkeit in der Tatsache, „dass Gott ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt“ (Apg 2,36). Gott ist nicht ungerecht, dass Er den Gerechten dem Vorwurf der Sünde ausgesetzt lassen würde. Er setzt Ihn auf den Thron der Herrlichkeit: Der höchste Platz im Himmel ist seine Antwort an die Welt auf das, was sie getan hat. Und wieder sehen wir, wie jedes Zeugnis von Gerechtigkeit ein Zeugnis von Christus ist.
Der Geist zeugt darüber hinaus auch von Gericht: „Von Gericht aber, weil der Fürst dieser Welt gerichtet ist“ (Joh 16,11). Das Kreuz unseres Herrn Jesus Christus war nur scheinbar der Triumph Satans. Es war „eure Stunde und die Gewalt der Finsternis“ (Lk 22,53). Aber eine Lüge kann nie letztgültig über die Wahrheit triumphieren noch der Lügner über den, der die Wahrheit ist. Satans Bosheit wendet sich zu seinem eigenen Verderben, und seine unsagbare Auflehnung gegen Gott, worin er die menschliche Rasse hinter sich vereinte, ging in gerade jener Tat dem Untergang entgegen, die ihm scheinbar die ganze Welt beschaffte. Es ist das Kreuz, der Tod Christi, wodurch Er „den zunichtemachte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel“ (Heb 2,14). Satan ist gerichtet und sein selbstgewählter Platz steht für alle Ewigkeit fest.
Aber damit ist die Frage für die Welt abschließend beantwortet. Sie steht nicht länger unter Erprobung. Es besteht keine Frage mehr, was ihre Schuld und den Charakter ihres Gerichts betrifft. Ihr Fürst ist gerichtet und damit ist auch das Gericht über sein Reich ausgesprochen. Der Geist gibt so Zeugnis von Gericht in Verbindung mit Christus und seinem Kreuz.
In seiner eigenen Gnade, die Ausdruck seiner wunderbaren Liebe ist, hat Gott dieses Zeugnis des Geistes gegenüber der Welt mit der Gnade des Evangeliums des Heils verbunden. Wenn die Welt schuldig ist, weil sie nicht an Christus geglaubt hat, dann soll der Mensch nun an Ihn glauben und ewiges Leben bekommen. Die von einem verherrlichten Herrn bezeugte Gerechtigkeit verkündet, dass Gott gerecht ist, wenn Er den rechtfertigt, der des Glaubens an Jesus ist (Röm 3,26). Satans Gericht wird niemals den erreichen, der – verloren und hilflos, wie er ist – sich auf den Heiland wirft. Einem solchen, der glaubt, bezeugt der Geist, dass er ein Kind Gottes ist.
Das Zeugnis des Geistes gegenüber den Gläubigen
Das lässt uns erkennen, von welcher Natur das Zeugnis des Geistes für den Glaubenden ist. Gegenüber der Welt zeugt Er von Christus; für den Heiligen gilt dasselbe. „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht von sich selbst aus reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen“ (Joh 16,12.13). Vor seiner Verherrlichung hatte der Herr gegenüber seinen Jüngern manches zurückgehalten, das sie noch nicht verstehen konnten. Obwohl Er ihnen oftmals erklärte, dass Er verworfen werden und auferstehen würde, verstanden sie selbst das nicht. Aber alles änderte sich, als Er auferstand und in den Himmel auffuhr. Wenn wir die Worte von Petrus am Pfingsttag lesen, hören wir keinen „undeutlichen Ton“ über die Schuld des Menschen, die Vergebung und das Heil. Das Zeugnis darüber geschah in Erweisungen des Geistes und der Kraft. Und alles drehte sich um die Person unseres Herrn, seinen Tod, seine Auferstehung und Herrlichkeit sowie sein Wiederkommen. Ja, die „zerteilten Zungen wie von Feuer“ (Apg 2,3) waren das Symbol der Gegenwart des Geistes als das Licht des Zeugnisses – das allein auf Christus schien.
Und Pfingsten war bloß der Beginn dieser Haushaltung des Geistes, in der wir nun leben. Sie ist geprägt worden durch die Gegenwart, Macht und Offenbarung des Geistes, dessen Werk es war, Christus zu verherrlichen. Zuerst war da die volle Offenbarung der Wahrheit: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten“ (Joh 16,13). Christus ist die Wahrheit. Er allein hat gezeigt, wer Gott ist und was der Mensch ist. Wir haben gesehen, was das Zeugnis des Geistes gegenüber der Welt ist. Sein Zeugnis gegenüber den Heiligen ist, sie in eine Kenntnis der Fülle des Christus zu leiten. Das sehen wir geschichtlich in der Apostelgeschichte, wo der auferstandene und aufgefahrene Herr die Quelle aller Macht und allen Zeugnisses ist und die Kirche Schritt für Schritt aus dem Judentum in die Fülle der christlichen Freiheit führt. Und was für unausforschliche Schätze der Wahrheit entfalten uns die Briefe, besonders die des Paulus: „den unergründlichen Reichtum des Christus“ (Eph 3,8)! Dieses „auserwählte Gefäß“ wurde, so können wir sagen, durch das Licht des goldenen Leuchters berufen. Er sah „ein Licht, das den Glanz der Sonne übertraf“ (Apg 26,13), und dieses Licht offenbarte Jesus, den er verachtet und gehasst hatte, den demütigen Nazaräer, auf dem Thron der Herrlichkeit. In diesem Licht erkannte Paulus sich selbst als einen verlorenen Sünder, all seinen „Gewinn“ im Judentum als ein unflätiges Kleid. Der Gegenstand, der seine Seele völlig in Beschlag nahm, war Christus (Phil 3,4-8). Gott hatte ihm seinen Sohn offenbart (Gal 1,16), und seine Augen wurden blind für alles Übrige. So hatte schon sein erstes Zeugnis in Damaskus die Gottheit Christi zum Thema: „Und sogleich predigte er in den Synagogen Jesus, dass dieser der Sohn Gottes ist“ (Apg 9,20). Hier geschah sowohl eine Offenbarung der Herrlichkeiten des goldenen Leuchters als auch ein Zeugnis darüber.
Genügt es nicht, auf die Briefe des Paulus zu verweisen, um zu zeigen, wie dieses eine Thema, die Herrlichkeiten Christi, seinen ganzen Dienst bestimmte? Im Römerbrief ist es die Rechtfertigung durch den Glauben an Christus; im Galaterbrief die Befreiung vom Gesetz durch Christus; im Epheserbrief zeigt er uns Christus in den himmlischen Örtern; im Kolosserbrief die Herrlichkeiten des auferstandenen Herrn; und im Philipperbrief ist Christus uns Leben, Vorbild, Motivation und Kraft – einfach alles. Das volle Licht des Geistes fiel auf den goldenen Leuchter, zeigte all seine Schönheit: „Er wird mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen“ (Joh 16,14).
Die Schriften von Petrus, Jakobus, Johannes und Judas sind das Licht des Geistes zur Verherrlichung Christi. Selbst wo das Thema ein anderes ist, wird man finden, dass es dem Zweck dient, die Heiligen in Christus einzuschließen. Entsprechend ist die Offenbarung, dieses Buch der Gerichte, das Licht der sieben Leuchter vor dem Thron, und sie zeigt, wie Christus herrschen muss, bis Er alle Feinde seinen Füßen unterworfen hat. Alles Böse ist abgeschafft, all seine beständigen Feinde sind für immer eingeschlossen mit dem, den sie anstelle von Christus gewählt haben. Und für den himmlischen Tag der Ewigkeit gibt es dann kein Bedürfnis der Sonne oder des Mondes mehr für Licht noch gibt es dort Nacht, „denn die Herrlichkeit Gottes hat sie erleuchtet, und ihre Lampe ist das Lamm“ (Off 21,23).