Schriften von Samuel Ridout
Vorträge über die Stiftshütte (1-20)
2Mo 36,8-13 - Vorträge über die Stiftshütte - Die Teppiche aus gezwirntem Byssus und ihre Farben
Scharlach– durch Leiden und Tod zum Herrscher der WeltScharlach– durch Leiden und Tod zum Herrscher der Welt
Damit kommen wir zur letzten Farbe, Scharlach. Wie schon gesagt wurde, gibt es vieles, was mit dem Purpur übereinstimmt, aber wir werden sehen, ob wir in der Schrift unterscheidende Merkmale finden können.
In seiner Klage über Saul ruft David die Töchter Israels auf, um einen zu weinen, der sie in Scharlach kleidete (2Sam 1,24), und die „tüchtige Frau“ in Sprüche 31,21 kleidete ihr Haus ebenso. In 4. Mose 19, im bekannten Typus der roten jungen Kuh, haben wir einen ähnlichen Gebrauch des Wortes Scharlach. Nachdem die junge Kuh geschlachtet und das Blut vergossen war, wurde sie außerhalb des Lagers verbrannt, und als sie brannte, wurden „Zedernholz und Ysop und Scharlach“ in das Feuer geworfen (4Mo 19,6). Die Zeder und der Ysop sind beide Extreme in der Pflanzenwelt: Salomo „redete über die Bäume, von der Zeder, die auf dem Libanon ist, bis zum Ysop, der aus der Mauer herauswächst“ (1Kön 5,13). Sie stehen daher für das Höchste und Niedrigste in der Welt, während Scharlach für die Pracht der Welt steht, für ihre Herrlichkeit.
Wir haben einen bezeichnenden Gebrauch der Farbe im Buch der Offenbarung, wo die Frau auf dem scharlachroten Tier sitzt. Sie ist auch mit Purpur und Scharlach bekleidet (Off 17,3.4). Sie verkörpert die falsche Kirche, nicht die „keusche Jungfrau“, die himmlische Braut, die Christus versprochen ist; sie reißt ihren Namen an sich, ist aber in Wirklichkeit von der Erde und voll von allen Abscheulichkeiten. Sie ist mit den herrlichen Farbtönen irdischer Pracht bekleidet, während die wahre Kirche in bescheidenem Gewand umhergeht, häufig in Sacktuch, und auf ihre prächtige Kleidung wartet, bis der Bräutigam kommen wird.
Diese Schriftstellen geben uns eine Anwendung der Farbe – den Prunk und Glanz der Erde. Aber es gibt einen anderen und ziemlich gegensätzlichen Gebrauch des Wortes, obwohl mit diesem verwandt: „Wenn eure Sünden wie Scharlach sind, wie Schnee sollen sie weiß werden“ (Jes 1,18). Das ganze Wort für Scharlach ist Tolaath shani, „Scharlachwurm“. Es kann sein, dass shani, Scharlach, „doppelt“ bedeutet und auf die doppelte Färbung hinweist, aus der Scharlach hervorgeht. Es deutet stark darauf hin, dass der Stolz und die Herrlichkeit des Menschen eng mit der doppelten Färbung der Sünde verbunden sind.
Aber es sind andere Gedanken mit dem Wort „Wurm“ verbunden. Die scharlachrote Farbe wird aus Coccus cacti, aus der Cochenille gewonnen. In Psalm 22 sagt unser heiliger Herr inmitten seiner Pein als Sündopfer am Kreuz: „Ich aber bin ein Wurm und kein Mann“ (Ps 22,7). Dies ist das Wort, das in Zusammenhang mit Scharlach gebraucht wird, wie wir gesehen haben. Also wurde unser Herr, „der Sünde nicht kannte“, „für uns zur Sünde gemacht“ (oder zum Sündopfer; s. 2Kor 5,21); Er nahm den Platz ein, den wir verdienten; Er nahm den Platz eines Wurmes ein, ging in den Tod, zertreten unter Zorn und Gericht Gottes; sein kostbares Blut wurde vergossen, um unsere scharlachroten Sünden hinwegzutun.
Aber durch ebendieses Leiden bis in den Tod hat Er einen Platz höchster Herrlichkeit gewonnen und Ihm gehören die Königreiche und die Herrlichkeit der Welt. Wo Sünde und Selbstsucht herrschten, hat Er das Recht und die Macht erworben, zu regieren. Wo Ihm im Glauben Ehre erwiesen wird, nimmt Er seine Wohnung im einzelnen Gläubigen und regiert – unterwirft, herrscht, leitet. Der Glaube sieht Ihn nun „mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ (Heb 2,9). Eines Tages wird diese Erde der Schauplatz seiner Herrlichkeit sein. Der scharlachrote Mantel wird auf Ihm sein, dessen Recht er ist, nicht auf einer abgefallenen Kirche noch auf einer gottlosen Weltmacht, sondern vom Vater in dessen Hände gegeben, der sie erkauft hat.
Wie wir im ersten Teil von Psalm 22 sein Leiden bis in den Tod für die Sünde haben – die scharlachrote Farbe –, so haben wir am Schluss den Scharlach auf Ihm: königliche Herrschaft und Pracht. „Alle Enden der Erde“ – nicht nur Israel – „werden sich erinnern und zu dem Herrn umkehren; und vor dir werden niederfallen alle Geschlechter der Nationen“ (Ps 22,28). Dies, so glauben wir, gibt uns die Ansicht der Schrift über Scharlach.
Es gibt eine andere und ernste Bedeutung dieser Pracht des Scharlachs. Wenn der Sohn des Menschen mit den himmlischen Heeren erscheint, wird Er „bekleidet sein mit einem in Blut getauchten Gewand“ (Off 19,13). Der Scharlach ist die ernste Zusicherung, dass Er seine Feinde richten muss und wird. „Doch diese meine Feinde, die nicht wollten, dass ich über sie herrschen sollte, bringt her und erschlagt sie vor mir“ (Lk 19,27). Ebenso in Jesaja: Wir sehen den Sieger, wie Er in Triumph zurückkehrt vom Gericht über seine Feinde: „prächtig in seinem Gewand, der einherzieht in der Größe seiner Kraft“ (Jes 63,1). Aber sogar dort sieht man das Gericht als sein „befremdendes Werk“ (Jes 28,21) und Er spricht von sich selbst als „mächtig zu retten“.
Scharlach im Markusevangelium
Unsere nächste Frage ist: Stellt eines der Evangelien unseren Herrn entsprechend der Gedanken vor, die wir mit Scharlach verbunden haben? Markus ist das einzige verbleibende Evangelium, aber entspricht es dieser Farbe? Es ist bekannt als das Evangelium des vollkommenen Knechts, so wie Matthäus das Evangelium vom König ist. Wir sehen Ihn im Markusevangelium die Stellung des Knechts einnehmen, dienend in der Not, die sich überall an sein Mitleid und seine Liebe wandte. Er kommt hinunter an den niedrigsten Ort und wird dann zum höchsten Ort erhöht. Am Schluss von Markus 8 und am Anfang von Markus 9 haben wir die beiden Gedanken seines Leidens und seiner Herrlichkeit miteinander vermengt: „Und er begann sie zu lehren, dass der Sohn des Menschen vieles leiden und verworfen werden müsse von den Ältesten und den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten und dass er getötet werden … müsse“ (Mk 8,31). Er wird abgelehnt, verachtet und unterdrückt: „Ich aber bin ein Wurm und kein Mann“ (Ps 22,7). Schauen wir nun Vers 38 an: „Denn wer irgend sich meiner und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht“ – die stolze religiöse Welt, die sich in Scharlach kleidet –, „dessen wird sich auch der Sohn des Menschen schämen, wenn er kommt in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln“ (Mt 8,38). Hier wird der Scharlach von dem getragen, dessen Recht er ist.
Wir finden eine Darstellung der Herrlichkeit des Herrn im nächsten Kapitel: „Wahrlich, ich sage euch: Unter denen, die hier stehen, sind einige, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie das Reich Gottes, in Macht gekommen, gesehen haben“ (Mk 9,1). Dann kommt die Verklärung, seine kommende Herrlichkeit wird offenbart als eine Zusicherung an seine Jünger, dass sich all diese Dinge erfüllen werden.
In Markus 10 haben wir wieder die Vorhersage seiner Verwerfung und seines Todes. In unmittelbarer Verbindung damit haben wir die Bitte der Söhne des Zebedäus, Ehrenplätze in seinem Königreich zu bekommen. Es ist leider bedeutsam, dass sie, als Er von seinen Leiden sprach, mit ihrer eigenen Würde in Verbindung mit seiner Herrlichkeit beschäftigt waren. Sie schienen die Notwendigkeit des Kreuzes vor der Herrlichkeit bis nach der Auferstehung nicht zu verstehen. Das wurde zuletzt ein schwerer Schock für sie. Sogar unter dem Schatten des Kreuzes, beim letzten Abendmahl, gab es unter ihnen eine Auseinandersetzung, wer von ihnen der Größte sein sollte. Lasst uns daran denken, dass dies für uns nur natürlich ist, wenn der Glaube nicht wirksam ist.
Die Söhne des Zebedäus begehren den Scharlach, in Pracht und Würde der Macht bekleidet zu sein – aber unser Herr würde ihnen Scharlach in einer Weise geben, dass ihr Stolz nicht gefördert wird. Sie würden von seinem Kelch trinken und mit seiner Taufe getauft werden; sie würden teilhaben an seinen Leiden und seiner Verwerfung – natürlich nicht an den sühnenden Leiden. Dies war alles, was Er ihnen hier versprechen konnte, und es würde ihre Ehre und Herrlichkeit sein (wie sie es auch später einschätzten), um seinetwillen zu leiden. Als die anderen Jünger über diese beiden unwillig werden, eifersüchtig auf das, was auch sie als spezielle Ehre ansahen, sagt unser Herr zu ihnen: „Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45).
Wir beobachten also, dass der Pfad des Herrn und der seiner Diener zuerst Leiden und Ablehnung ist und danach Herrlichkeit. Die Idee der Welt von Scharlach ist Herrlichkeit ohne Leiden, gerade das Gegenteil derjenigen unseres Herrn. Seine prophetische Rede hebt die gleiche Wahrheit hervor.
Wenn wir zu seinem Tod kommen, ist das kennzeichnende Merkmal seines Leidens, dass Er von Gott verlassen ist. Wir sehen den Heiligen zur Sünde gemacht – „ein Wurm und kein Mann“ –, damit diejenigen, die schlechter als Würmer waren, in die Schönheit des Herrn gekleidet werden könnten.
Seine Auferstehung ist die göttliche Antwort darauf, dass Er verlassen worden war. „Der Herr nun wurde … in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes“ (Mk 16,19).
Also ist Er in seine Herrlichkeit eingegangen, und der niedere Knecht und Sündenträger ist, wie die Welt eines Tages sehen wird, in die Herrlichkeit gekleidet, die Ihm rechtmäßig zusteht, die Er, außer als Erwerb seines Kreuzes, ablehnte, damit auch wir sie mit Ihm teilen könnten.
Wenn wir diese Gedanken nochmals kurz überblicken, haben wir Folgendes.
Das feine Leinen spricht von seiner heiligen, fleckenlosen Menschheit, dargestellt im Lukasevangelium.
Das Blau spricht von seinem göttlichen und himmlischen Wesen, so wie wir es in Johannes finden.
Der Purpur zeigt sein königliches Wesen, so wie in Matthäus dargestellt. Und der Scharlach erinnert uns an seine Erniedrigung und die nachfolgende Herrlichkeit, wie wir in Markus gesehen haben.
Diese verschiedenen Materialien wurden in „Kunstweberarbeit“ zusammengefügt, wörtlich im „Werk eines Denkers“. Die Cherubim wurden aus den vier Materialien, die wir gesehen haben, gearbeitet, gestickt oder gewoben, gemäß einen festgelegten Plan. Das Leben unseres Herrn, das der vollkommene Ausdruck seiner Person war, war ein wunderschönes, einheitliches, vollkommenes Ganzes. Sein Leben war das Werk eines „Denkers“ – dessen ganzer Gedanke und ganze Absicht es war, Gott zu verherrlichen und sein Wesen darzulegen. So haben wir auch in der Aufzeichnung dieses Wesens und Lebens das vollkommene Werk des Heiligen Geistes. Die vier Farben, alle miteinander verwoben und vermischt, wie wir es in den vier Evangelien sehen, sind sein Werk. Jedes davon ist vollkommen geplant, und dies offenbart gleichzeitig den Herrn und die göttliche Fähigkeit des Heiligen Geistes, der Ihn dargestellt hat. Welche Zurückhaltung des menschlichen Werkzeuges sollte da sein, sogar beim Sprechen über diese Dinge, damit nichts das „Muster“ stört, das so vollkommen erdacht und ausgeführt ist.
Welche Themen sind dies, die das Herz zu Anbetung und Lob zu bewegen vermögen. Mögen unsere Seelen beherrscht und gefüllt davon sein und unsere Herzen von der vom Geist gegebenen Liebe und Freude brennen.