Schriften von Samuel Ridout
Vorträge über die Stiftshütte (1-20)
2Mo 36,14-18 - Vorträge über die Stiftshütte - Die Teppiche aus Ziegenhaar
Die Maße der Teppiche – übernommene Verantwortung und der Sieg über die SündeDie Maße der Teppiche – übernommene Verantwortung und der Sieg über die Sünde
Wir kommen nun zu den Maßen der Teppiche. Wie wir gesehen haben, gab es elf Teppiche, die in zwei Felder von fünf bzw. sechs unterteilt waren. Die Breite jedes Teppichs betrug 4 Ellen, was der Breite eines Teppichs der untersten Teppichlage (der „Wohnung“) entsprach. Die Länge der Teppichlage aus Ziegenhaar unterschied sich jedoch und betrug 30 Ellen im Gegensatz zu den 28 Ellen der untersten Lage. Vier ist, wie wir gesehen haben, die Zahl, die von der Erde, der Schöpfung, Schwäche, Abhängigkeit und Prüfung spricht. In Verbindung mit unserem Herrn verweist sie auf seine menschliche Natur in Schwachheit und Abhängigkeit. Er wurde vollkommen erprobt, und seine Vollkommenheit kam völlig zum Vorschein, wie es die 28 Ellen der untersten Teppichlage nahelegen.15 Aber hier betrug die Länge 30 Ellen, was zweifellos auch eine Bedeutung hat. Finden wir nicht einen Hinweis darauf in der Anzahl der Ziegenhaarteppiche? Es waren elf Teppiche, aufgeteilt in zwei Felder von fünf und sechs Teppichen, den Faktoren der Zahl Dreißig.
Die Zahl Fünf
Fünf ist dabei, wie wir bereits gesehen haben, die Zahl der Verantwortung. Das passt an dieser Stelle gut und deutet auf unseren Herrn hin, wie Er die volle Verantwortung übernahm, dem Menschen seine Sünde aufzuzeigen. Der ganze Prophetendienst des Herrn betonte dies. Und wie wunderbar ist sein Sündopfer unserer Verantwortung begegnet, indem Er die Folgen unserer Sünden auf sich genommen und sie am Kreuz zu unserer Erlösung getragen hat. Wie wir später sehen werden, spricht die Zahl Fünf zudem von „Gott mit uns“ (Mt 1,23), das heißt von seiner Menschwerdung.
Die Zahl Sechs
Die Bedeutung der Zahl Sechs ergibt sich aus ihrer Verwendung in der Heiligen Schrift. Die sechs Tage sprechen von Mühsal, gleichzeitig aber auch von der Beschränkung dieser Mühsal: „Sechs Tage sollst du arbeiten“ (2Mo 20,9). Sie deuten zudem die Herrschaft des Menschen über die Schöpfung an, da er dazu am sechsten Tag erschaffen wurde. Die Zahl steht häufig in Verbindung mit dem Bemühen des Menschen, von Gott unabhängig zu sein. So finden wir, dass Goliath, der Widersacher Israels, 6 Ellen groß war und das Gewicht der Spitze seines Speeres 600 Sekel Eisen betrug (1Sam 17,4-7). Sechs ist außerdem ein Faktor in dem von Nebukadnezar aufgestellten Götzenbild (Dan 3,1), sowohl was die Breite (6 Ellen) als auch was die Höhe (60 Ellen) betrifft. Dies war ein Vorbild auf das Tier, das alle Großen der Menschheit um sich scharen wird, um sich Gott zu widersetzen. Die Zahl des Tieres ist eines Menschen Zahl und beträgt 666 (Off 13,18). Aber Goliath wurde im Namen des lebendigen Gottes von David besiegt und getötet (1Sam 17,41-54). Das große Standbild Nebukadnezars wurde von Glaubensmännern verachtet, die lieber in den feurigen Ofen gingen, als es anzubeten (Dan 3,13-18). Und das Tier wird in den Feuersee geworfen werden (Off 19,20). So hat Gott dem Tag des Menschen seine Grenze gesetzt und wird über ihn triumphieren, wenn er seinen Höhepunkt erreicht hat.
Der sechste Abschnitt des Propheten Jesaja16 enthält das wunderbare Kapitel 53, das sowohl das Böse des natürlichen Herzens zum Vorschein bringt als auch Gottes Sieg über dasselbe im Tod des Herrn Jesus: nicht nur ein Sieg in Gnade über Seelen, die sich vor Ihm beugen und Ihn im Glauben annehmen (so gesegnet und herrlich dieser Triumph ist), sondern zugleich eine Verheißung in Bezug auf den vollen und endgültigen Triumph über alles Böse. „Du hast alles seinen Füßen unterworfen …, damit er durch den Tod den zunichtemachte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel“ (Heb 2,8.14), „damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge“ (Phil 2,10). Dieser Triumph kommt im Tausendjährigen Reich, dem sechsten Zeitalter bzw. der sechsten Haushaltung der Wege Gottes mit den Menschen. Die Himmel sind durch dieses wunderbare Opfer gereinigt worden (Heb 9,23) und werden bald durch die Macht dessen gereinigt, der sich durch seinen Gehorsam bis zum Tod das Recht erworben hat, zu regieren und sich alle Dinge zu unterwerfen. So wird Satan aus dem Himmel geworfen werden (Off 12,9), und er und alle, die sich für ihn entscheiden, werden ewig in dem Feuersee gepeinigt werden (Off 20,10). Das Lamm wird dieses Gericht ausführen. Die Erlösung, die Er durch seinen Tod gewirkt hat, verleiht Ihm diesen Platz des Siegers über alles Böse. Auf der Grundlage seines Todes nimmt Er das mit sieben Siegeln versehene Buch des Gerichts und des göttlichen Ratschlusses und öffnet es: „Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft, durch dein Blut“ (Off 5,9).
Aber vergessen wir nicht, dass das Gericht sein „befremdendes Werk“ ist (Jes 28,21) und sein Sieg am Kreuz in erster Linie die Erlösung jedes Glaubenden (Röm 1,16) im Blick hat. Dafür ist Er auf diese Erde gekommen: „nicht …, damit er die Welt richte, sondern damit die Welt durch ihn errettet werde“ (Joh 3,17). So spricht die Anzahl Sechs bei den Teppichen vom Sieg dessen, der kam, um das Sündopfer zu stellen.
Wir wenden den Faktor Sechs auch auf das Leben des Herr Jesus hier auf der Erde als Prophet Gottes an. Das Böse begegnete Ihm auf Schritt und Tritt, überwand Ihn jedoch keinen einzigen Augenblick. Dabei geht es weniger um seine persönliche Makellosigkeit, die nicht beschmutzt werden konnte, als vielmehr um die Bemühungen der Menschen, Ihn zu Fall zu bringen. Vergeblich versuchten sie, Ihn in seiner Rede zu fangen (Mt 22,15), Ihn dazu zu bringen, die Ansprüche des Kaisers auf die Steuern zu leugnen oder die unendlich höheren Ansprüche Gottes auf das Herz (Mt 22,21). Weder in Bezug auf die göttliche Heiligkeit noch auf die göttliche Liebe finden wir bei Ihm Kompromisse. Er ließ sich weder durch Schmeicheleien beeinflussen noch durch Drohungen unter Druck setzen noch ließ Er sich auch nur für einen Augenblick von seinem Zeugnis und dem Ziel seines Auftrags abbringen. Und all dies geschah im Geist der Abhängigkeit und des Gehorsams. Die Breite des Teppichs – 4 Ellen, die Zahl der Schwäche und des Menschseins – fand sich stets in Ihm, gleichermaßen jedoch auch das Zeichen des Sieges über das Böse. Wir sehen bei Ihm keine Stunden der Entmutigung oder des Murrens. Er konnte die Städte, die seine Botschaft verachteten und ignorierten, schelten und tat dies auch, doch bestand seine Hilfsquelle darin, sich an seinen Vater zu wenden (Mt 11,20-24), und aus dieser Gegenwart wiederum gingen die wärmsten Worte der Liebe und Barmherzigkeit als Einladung aus, die durch die Gnade in den Herzen der unzähligen Erretteten wertgeschätzt werden.
Wir wollen dieses vollkommene Leben und Werk des Propheten hervorheben, indem wir es dem seines Volkes gegenüberstellen – aus dem niemand dem vollkommenen Maßstab jemals gerecht werden kann. Was die Zahl Vier bedeutet, erkennen wir nur allzu deutlich in uns selbst. Denn in den Situationen der Abhängigkeit und der Prüfung, in denen wir uns befinden, stehen auch wir allzu oft im Gegensatz zu dem Unfehlbaren. Wir haben auch die Zahl Fünf, die an unsere Verantwortung erinnert, absoluten Gehorsam zu leisten. Aber wo sehen wir bei uns den anderen Faktor, der von Sieg in diesem Verantwortungsbereich spricht? Wir finden es bei uns nur dort und nur in dem Maß, wie wir vom Herrn aufrechtgehalten und geführt werden.
Aber unser Herr hat den Sieg für sein geliebtes Volk errungen – am Kreuz, „in seinem Sieg getötet“, wie es in einem unserer Lieder heißt17. Er hat über die Sünde, über Satan und seine Macht triumphiert. Der „Starke“ wurde gebunden und seiner Waffenrüstung und seiner Beute beraubt (Lk 11,21.22). Die Sünde wurde ihrer Herrschaft beraubt und – o Wunder aller Wunder – die harten, rebellischen Herzen der gläubigen Sünder wurden gewonnen, erobert durch göttliche Liebe. Was sind das für kostbare Themen! Welch ein Anlass zum Jubel und zur Anbetung, wenn wir über sie nachdenken!
Der sechste Teppich aus Ziegenhaar
Der sechste Teppich aus Ziegenhaar stellte sicher, dass die vielfarbigen Teppiche der untersten Lage vollständig bedeckt waren. Das eine Teppichfeld hing über dem hinteren Teil der Stiftshütte und das andere wurde doppelt gelegt bzw. nach vorne hin umgedreht (2Mo 26,9.12). Man hat angenommen, dass es auf diese Weise mehr ins Auge fiel und für alle sichtbar war, die sich der Stiftshütte näherten. Diese Gedanken scheinen mit der Bedeutung des Teppichs in der Tat wunderbar übereinzustimmen. Dieser Teppich wirkte so als ein Hinweisschild oder Erkennungszeichen für das ganze Haus Gottes. Er diente dazu, das wunderbare Ziel deutlich zu machen, für das Gott einen Wohnort bei den Menschen errichtet hatte. Warf der arme, müde und sündenbeladene Israelit seinen Blick auf die Stiftshütte, sah er nicht den Glanz des Goldes oder die prächtigen Farben darin, sondern das Ziegenhaar, das ihn daran erinnerte, dass derjenige, der seine Sünden kannte, auch bereit war, diese zu vergeben.
Und wenn wir die Evangelien lesen, seien es die Wunder unseres heiligen Herrn, seine Lehren oder seine Wege, sehen wir dann nicht diesen sechsten Teppich, der vom Sieg über die Sünde für sündige, verlorene Seelen spricht? Wenn wir Ihn sehen, wie Er Aussätzige reinigt, Kranke heilt und Tote auferweckt, oder wenn wir die Worte der Gnade und Wahrheit aus seinem Mund hören, wie sie nie ein Mensch geredet hat (Joh 7,46), sehen wir über all diesem den wunderbaren Schriftzug: „Dieser nimmt Sünder auf“ (Lk 15,2). Wir hören Ihn sagen: „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben“ (Mt 11,28). Damit niemand seine Sünden zu groß oder zu zahlreich findet, um auf Vergebung oder Gnade von Gott zu hoffen, weht dieses Abzeichen des Sündenträgers wie ein Banner des Sieges über das Böse. Es winkt allen, zu kommen und die gesegneten Worte hören: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen“ (Joh 6,37).
Ist diese Gnade nicht anziehend? Können Menschen vor jemand zurückschrecken, der zwar die Sünde verurteilt, aber zugleich auch das Heilmittel zur Verfügung stellt? Können wir vor der Hand zurückweichen, die für unsere Sünden durchbohrt wurde? Können wir vor Durst umkommen, wenn Er ruft: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke!“ (Joh 7,37)?
15 Anm. d. Übers.: 28 = 4 ∙ 7. Sieben ist die Zahl der Vollkommenheit, daher zeugen die 28 Ellen davon, dass seine Vollkommenheit in seiner Menschheit völlig zum Vorschein kam.↩︎
16Anm. d. Übers.: Samuel Ridout teilt den Propheten Jesaja in sieben Abschnitte ein (vgl. den dritten Vortrag seines Buches: „From Genesis to Revelation“): (1) Kapitel 1–12; (2) Kapitel 13–26; (3) Kapitel 27–35; (4) Kapitel 36–39; (5) Kapitel 40–48; (6) Kapitel 49–59; (7) Kapitel 60–66.
↩︎ 17„Slain in His victory“, Lied 24 der Spiritual Songs.