Schriften von Samuel Ridout
Vorträge über die Stiftshütte (1-20)
2Mo 36,8-13 - Vorträge über die Stiftshütte - Die Teppiche aus gezwirntem Byssus und ihre Farben
Byssos – das vollkommen reine Leben des HerrnByssos – das vollkommen reine Leben des Herrn
Wir werden zuerst die Lehren der Bibel über die Bedeutung des feinen Leinens sammeln (Das Wort für feines Leinen ist shesh, abgeleitet von einer Wurzel, die „weiß“ oder „strahlend sein“ bedeutet. Es war der „Byssus“ von Ägypten, weiß, fein und kostspielig, getragen durch Männer von Rang [1Mo 41,42] und ein Massenprodukt des Handels.). Am großen Versöhnungstag legte der Hohepriester seine gewöhnliche Kleidung von Pracht und Schönheit beiseite und trug nur fleckenloses Weiß. Er ging als der Träger des Sühnungsblutes in die Gegenwart Gottes, und dieser eine Gedanke, der im Sinn der Menschen hervorgehoben werden sollte, war die absolute Notwendigkeit von fleckenloser Reinheit in dieser heiligen Gegenwart (3Mo 16,4).
Als Gott im Begriff war, sein abtrünniges Volk zu richten – in den Tagen Hesekiels, als Er nicht länger mit ihrer Bosheit weitergehen konnte –, sandte Er, wie der Prophet in seinem Gesicht sah, einen Mann, gekleidet in weißes Leinen, mit dem Tintenhorn durch Jerusalem, um jeden zu kennzeichnen, der über die Gräuel, die verübt worden waren, seufzte und weinte (Hes 9,3.4). Die Bedeutung des Leinens in einer solchen Umgebung war offensichtlich. Wir finden dies durch das ganze Alte Testament hindurch zutreffend.
Im Neuen Testament haben wir in der Verklärung eine sehr eindrucksvolle Darstellung der Bedeutung dieser weißen Bekleidung. Die Herrlichkeit unseres gesegneten Herrn, sein wirkliches Wesen, sollte auf diesem heiligen Berg hervorleuchten, nicht als Er im bescheidenen Gewand von Dachsfellen durch das Land ging, in dem für das Auge des Unglaubens keine Gestalt oder Ansehnlichkeit war – aber die äußeren Decken von Gottes Wohnstätte wurden gleichsam entfernt und die persönliche, moralische Herrlichkeit dieses Heiligen leuchtete hinaus. „Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne“ (Mt 17,2); „Seine Kleider wurden glänzend, sehr weiß, wie kein Walker auf der Erde weiß machen kann“ (Mk 9,3), die grundlegende und vollkommene Reinheit seines Wesens vorzeigend.
Die Bedeutung des Leinens wird vielleicht am deutlichsten in Offenbarung 19 gezeigt. Von der Braut, der Frau des Lammes, wird gesagt: „Und es wurde ihr gegeben, dass sie sich kleide in feine Leinwand, glänzend und rein; denn die feine Leinwand sind die Gerechtigkeiten der Heiligen“ (Off 19,8). Dieses feine Leinen darf nicht mit dem „besten Gewand“ verwechselt werden, das Christus, unsere Gerechtigkeit, ist (Lk 15,22). Dieses wird dem Sünder in dem Augenblick angezogen, wenn er sich in wahrer Buße und wahrem Glauben Gott zuwendet. Aber das „feine Leinen“ ist die persönliche Heiligkeit im gegenwärtigen Leben, bewirkt durch die Macht des Heiligen Geistes im Leben der Heiligen Gottes.
Daher ist die Bedeutung dieses feinen Leinens in den Vorhängen keine Frage. Es erzählt uns von der fleckenlosen Heiligkeit, Reinheit, Gerechtigkeit des Herrn Jesus, offenbart in jeder Handlung, jedem Wort und jedem Gedanken seines täglichen Lebens.
Wir haben schon eine Übereinstimmung zwischen den vier Arten der Cherubim und jedem der vier Evangelien bemerkt und werden jetzt in jedem Evangelium die Ähnlichkeit mit einer der vier Farben in den Vorhängen verfolgen. Gewiss sind Eigenschaften von all diesen Farben in jedem Evangelium vorhanden, aber können wir nicht eine vorherrschende Eigenschaft in jedem finden? Wo etwa sollten wir die Menschheit unseres Herrn, ihre fleckenlose Reinheit, betont und auf unverkennbare Weise hervorgehoben finden, ausgenommen den Gedanken der öffentlichen Stellung?
Byssus im Lukasevangelium
Sehen wir uns das Lukasevangelium an.
Im ersten Kapitel wird die Geburt unseres Herrn vorhergesagt. Es ist nicht diejenige einer gewöhnlichen Person, sondern des fleischgewordenen Wortes: „Darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden“ (Lk 1,35). Seine Menschheit an sich war heilig, ohne den geringsten Flecken von Sünde. David musste bekennen: „Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde hat mich meine Mutter empfangen“ (Ps 51,7). Davids Herr war „das Heilige“!
Im zweiten Kapitel hat das Kind Jesus ein Alter von zwölf Jahren erreicht – ein Lebensabschnitt, der bei umsichtigen Eltern besondere Sorge hervorruft, wenn der Wille des Knaben sich in deutlicherer Weise durchzusetzen beginnt; Einschränkung durch elterliche Autorität ist ärgerlich und Gemeinschaft außerhalb seines Zuhauses ist gefragt. Es ist das Alter besonderer Versuchungen und Gefahren, und die unübertreffliche Gnade Gottes ist vonnöten, um aufrechtzubleiben auf den „rutschigen Pfaden der Jugend“. Sieh auf das Kind Jesus in diesem Alter. Er ist nach Jerusalem mitgenommen worden, und als Joseph und Maria nach Nazareth zurückkehren, verlieren sie Ihn für drei Tage aus den Augen. In welcher Gesellschaft ist Er? Sie finden Ihn im Tempel, inmitten der Lehrer, und als Antwort auf die besorgte Frage seiner Mutter entgegnet Er: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“ (Lk 2,49). Sein einziges Interesse war, um die Dinge seines Vaters besorgt zu sein. Gab es je ein solches Kind, dem Gott in einer solchen Weise Vater war, dass Er seine Seele ganz in Anspruch nahm?
Folge Ihm ein wenig weiter und wir sehen mehr von dem feinen Leinen. Er geht zurück nach Nazareth und ist seinen Eltern – denn so bezeichnet die Schrift sowohl Joseph als auch Maria – untertan, den Platz der Verantwortlichkeit anerkennend, den Er innehatte. Da war Vertieftsein in seines himmlischen Vaters Angelegenheiten und Unterwerfung unter diejenigen, die in der Stellung irdischer Verantwortung waren. Da war nichts ungewöhnlich Frühreifes – wie die törichten Geschichten der apokryphen Evangelien –, nur vollkommene Reinheit in jeder Beziehung. „Und Jesus nahm zu an Weisheit und an Größe und an Gunst bei Gott und Menschen“ (Lk 2,52). Da wird der Stoff von fleckenlosem Leinen vor dem Auge Gottes gewoben.
Folge Ihm durch das Evangelium hindurch und du siehst überall den vollkommenen Menschen. In Nazareth, in der Synagoge, mögen sie über seine bescheidene Verwandtschaft stolpern, sind aber gezwungen, die gütigen Worte der Liebe und der Wahrheit, die aus seinem Mund hervorgehen, anzuerkennen (Lk 4,16-22).
Schaue ein wenig nach vorn und sieh Ihn im Haus des Pharisäers, wo alles außer feines Leinen Ihn umgibt. Da ist der Pharisäer, aufgebläht von Stolz und Selbstgerechtigkeit; und niedergeworfen zu den Füßen unseres Herrn ist ein armes Kind der Schande mit beschmutzten Kleidern. Aber wenn der Stolz des Pharisäers und die „Frau, die eine Sünderin war“, den Zustand der Menschheit in ihren zwei Extremen von Selbstgerechtigkeit und Elend aufzeigen – was sollen wir von dem Vollkommenen am Tisch sagen, der sich des Kindes der Schande mit Frieden und Vergebung annimmt, und zum einfachen Tadel an den Pharisäer? Wie die fleckenlose Reinheit hervorstrahlt! Die Vorwürfe seiner Feinde unterstreichen dies nur. „Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen“ (Lk 15,2). Sie werden Ihn bei diesen einordnen und seine weißen Kleider, wenn möglich, beschmutzen. Oh, bringt Ihn in engsten Kontakt mit dem Bösen, lasst Ihn sich Seite an Seite neben den armen Sünder setzen, und was geschieht? Hinterlässt es einen Flecken an Ihm – irgendetwas, auf das Gott nicht mit Freude sehen kann? Nein; es hebt durch den Kontrast nur seine Fleckenlosigkeit heraus. Hier ist ein Mensch, in dem eine so vollkommene Reinheit ist, dass ihr Glanz nur durch die Schwärze der Selbstgerechtigkeit des Pharisäers oder die schmutzigen Kleider der Sünde in seiner Ausprägung deutlich wird. Wie es Gottes Herz erfrischt haben muss, auf diese fleckenlose Weißheit zu blicken! Er hatte jahrhundertelang suchend auf diese sündenverfluchte Erde hinuntergeschaut auf etwas, auf dem sein Auge bleiben konnte: etwas von Gehorsam und Hingabe. Sogar bei den Treuesten, einem Abraham oder einem David, war das Gewand in gewissem Maß „vom Fleisch befleckt“ (Jud 23). Aber da war Einer, an dessen Kleidern sich keine Verunreinigung ansammelte, als Er durch diese Welt der Sünde ging.
Sieh Ihn im Gebet, wieder und wieder durch dieses Evangelium hindurch – sich abwendend vom Beifall derjenigen, die seine Wunder bestaunten und von ihnen Nutzen hatten, um wegzugehen und mit Gott allein zu sein und Ihm seine Seele auszuschütten; sein fehlerloses Leben unterstrichen durch diese beständige Abhängigkeit und diesen beständigen Gehorsam.
Bei seinem Tod sehen wir das fleckenlose Weiß in all seiner Reinheit strahlen. Die Welt stellt Ihn zwischen zwei Diebe. Satan sagt: Ich will endlich seine Weißheit beschmutzen; ich will Ihn mit Übeltätern in Verbindung bringen und den Pöbel gegen Ihn loslassen, fluchend und Staub aufwirbelnd; ich werde sehen, was aus seiner Fleckenlosigkeit wird; ja, lasst uns sehen, was aus seiner Fleckenlosigkeit wird! Gott macht sie in ihrer Ausprägung nur deutlicher inmitten der Schwärze von menschlicher und satanischer Bosheit. Pilatus erklärt, er finde keinen Fehler an Ihm. Sogar der Dieb an seiner Seite ist gezwungen, seine Sündlosigkeit anzuerkennen: „Auch du fürchtest Gott nicht, da du in demselben Gericht bist? Und wir zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind“ – unsere Kleider sind beschmutzt –, „dieser aber hat nichts Ungeziemendes getan“ (Lk 23,40.41). Der Hauptmann, der bei der Kreuzigung den Vorsitz hatte, erklärte Ihn ebenfalls zu einem gerechten Menschen.
Dies und vielerlei mehr entnehmen wir dem Lukasevangelium. Dem Evangelium des – könnten wir es nicht so nennen? – feinen, weißen Leinens.