Schriften von Samuel Ridout
Vorträge über die Stiftshütte (1-20)
Die rote Färbung – ein Zeichen des TodesDie rote Färbung – ein Zeichen des Todes
Es ist kaum nötig, nun auf die Bedeutung der roten Farbe der Widderfelle einzugehen, denn wir haben bereits immer wieder betont, dass der Gedanke hier die Hingabe des Herrnbis in den Tod ist, welcher in der blutroten Farbe zum Ausdruck kommt. Das Gesetz der roten jungen Kuh in 4. Mose 19 legt dasselbe nahe.
Das ganze Leben unseres Herrn war in der Tat eine Vorschattung seines Todes. Um die Krippe herum waren die Schatten des Kreuzes, denn wie die Krippe Nahrung für die Tiere enthielt, Nahrung aus abgeschnittenen Pflanzen, die geopfert wurden, um Leben für andere zu werden, so wurde unser Herr „abgeschnitten aus dem Land der Lebendigen“ (Jes 53,8), damit Er die Nahrung für sein Volk sein konnte. Immer und immer wieder fielen die Schatten des Kreuzes auf seinen Weg und zweifellos war es in seinen Gedanken beständig vor Ihm.
In Jesaja 63 kommt unser Herr aus dem Gericht über seine Feinde „von Bozra in hochroten Kleidern“ (Jes 63,1). Derselbe Gedanke wird in dem roten Pferd des zweiten Siegels angedeutet: Tod und Gemetzel (Off 6,4). Demnach scheint das Rot in der vor uns liegenden Decke eindeutig vom Tod unseres Herrn zu sprechen.
So haben wir in drei zusammenlaufenden Linien die Bedeutung dieser dritten Decke aus rot gefärbten Widderfellen gefunden. Wir sehen darin Christus in der ganzen Energie eines vollkommenen Lebens, das Er in vollkommener Hingabe an Gott in den Tod gibt, und das kennzeichnete seinen ganzen Wandel hier auf der Erde.
Erinnern wir uns an ein paar bekannte Schriftstellen, die diese Wahrheit verdeutlichen. „Es geschah aber, als sich die Tage seiner Aufnahme erfüllten, dass er sein Angesicht feststellte, nach Jerusalem zu gehen“ (Lk 9,51). Er sollte in die Herrlichkeit aufgenommen werden, Er ging zu seinem Vater – aber wie ging Er hin? Was die äußerliche Herrlichkeit betraf, so schien Er dem Himmel auf dem Berg der Verklärung am nächsten zu sein. Doch wir wissen, dass Er auf eben diesem Berg nicht über die Herrlichkeit sprach, der Er so nahegekommen war, sondern über „seinen Ausgang, den er in Jerusalem erfüllen sollte“ (Lk 9,31). Er würde über das Kreuz in die Herrlichkeit zurückkehren. Im Licht dieser Wahrheit können wir die bekannte Stelle in Johannes 14 erklären: „Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten“ (Joh 14,2). Wäre Er in diesem Augenblick gegangen, so könnten wir in Ehrfurcht sagen, dass Er die Stätte nicht für uns bereitet hätte. Oh, wie viel Bedeutung lag in diesen zwei kurzen Worten „Ich gehe“. Sie bedeuteten Gethsemane und Golgatha – zuerst das Gericht Gottes und dann die Herrlichkeit. So wurde der Ort vorbereitet. Er, der um unserer Sünden willen von der Gegenwart Gottes abgeschnitten war, hat den Anspruch errungen, in die ewige Herrlichkeit einzugehen und sie für jeden Sünder zu beanspruchen, der auf Ihn vertraut.
Doch dieser Platz in der Herrlichkeit wurde in vollkommenem Gehorsam gegenüber dem Willen seines Vaters erworben. Als die Menge in Gethsemane kam, um Ihn zu greifen, benutzte Er nicht seine göttliche Macht, um seine Feinde zu vernichten, sondern gab sich ruhig in ihre Hände und sagte: „Den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?“ (Joh 18,11). So war der Tod am Kreuz, der den Lohn unserer Sünde und unseres Ungehorsams in seinem vollsten Ausmaß offenbarte, die Krönung eines Lebens in vollkommenem Gehorsam. Darauf wird in den Lehrbriefen eingegangen: „Denn so wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden“ (Röm 5,19). Das war nicht, wie viele meinen, die Gesetzestreue unseres Herrn während seines Lebens, sondern sein Gehorsam „bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,8).
In Hebräer 10 finden wir das bekannte Zitat aus Psalm 40. Der Psalmist spricht prophetisch von und für unseren Herrn Jesus und sagt: „Schlachtopfer und Speisopfer hast du nicht gewollt, einen Leib aber hast du mir bereitet; an Brandopfern und Opfern für die Sünde hast du kein Wohlgefallen gefunden. Da sprach ich: ,Siehe, ich komme (in der Rolle des Buches steht von mir geschrieben), um deinen Willen, o Gott, zu tun.‘… (Er nimmt das Erste [die Opfer unter dem Gesetz] weg, damit Er das Zweite [sein eigenes Werk, in dem Er den Willen Gottes erfüllt hat] aufrichte.) Durch diesen Willen sind wir geheiligt durch das ein für alle Mal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi“ (Heb 10,5-10). Hier finden wir also die Hingabe, von der wir gesprochen haben – das, was alle Opfer vorschatteten. In seinem Tod, der eintrat, um den Willen des Vaters zu erfüllen, sehen wir, woran Gott bei dieser Decke aus rot gefärbten Widderfellen dachte.
Und wie wir gesehen haben, kennzeichnete diese Hingabe sein ganzes Leben. Er geht in den Tempel, der für Ihn das Haus seines Vaters ist, findet ihn jedoch verunreinigt durch Menschen, die unter dem Vorwand, sich um Gottes Angelegenheiten zu kümmern, in Wirklichkeit ihre eigenen Interessen verfolgen. Unser Herr treibt sie mit einer Geißel aus Stricken hinaus und wirft ihre ganzen Waren hinaus. „Macht nicht das Haus meines Vaters zu einem Kaufhaus!“ (Joh 2,16), sagt Er, und seine Jünger erinnern sich an die Worte aus Psalm 69 – einem der Opferpsalmen –: „Der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt“ (Ps 69,10).
Genau dieser Eifer und diese Hingabe an die Herrlichkeit seines Vaters waren das Unterpfand seines Todes. Als die Pharisäer Ihn also fragten, in welcher Vollmacht Er diese Dinge tat, zeigt seine Antwort, dass Er sehr wohl wusste, wohin dieser Eifer Ihn führen würde: „Brecht diesen Tempel ab“ – nehmt mein Leben – „und in drei Tagen werde Ich ihn aufrichten“ (Joh 2,13-22).
Welch ein Segen liegt in der Beschäftigung mit dieser Hingabe! Stellen wir sie auch dem in unserer Praxis gegenüber, dessen wir uns wohl schämen, es genauso zu bezeichnen. „Ich habe aber eine Taufe, womit ich getauft werden muss, und wie bin ich beengt, bis sie vollbracht ist!“ (Lk 12,50). Seine Schritte wurden schneller, je näher Er der Stunde kam, in der Er seinen letzten Atemzug für seinen Vater tat. Müssen wir nicht davon ausgehen, ja könnten wir auch nur einen Moment lang daran zweifeln, dass das Auge des Vaters während des ganzen Lebens unseres Herrn auf die Färbung der Widderfelle gerichtet war? Dass sein Auge in jeder Tat und jedem Wort darauf gerichtet war, in all seinen Gebeten und Wundern, in seinen Gedanken und innersten Wünschen – in der Energie von jemandem, dessen einziges Ziel es war, den Willen des Vaters zu tun, und dessen ganzes vollkommenes Leben in glühendem Verlangen darauf hinauslief, sich selbst auf den Altar zu legen? Ein vollständiges Geschenk der Liebe an den Vater, der Ihn zu einem solchen Dienst gesandt hatte.
Wir kehren zurück zu dem Vers: „Durch diesen Willen sind wir geheiligt“ (Heb 10,10). Gepriesen sei Gott, all unser mangelhafter Gehorsam wird zugedeckt, verschlungen in diesem Gehorsam, in dessen Wert wir für Gott abgesondert und ebenso vollkommen zu Gegenständen seines Wohlgefallens gemacht werden wie der Eine, der es für uns und für Gott getan hat! Während wir uns also unserer selbst schämen, schämen wir uns nicht vor Ihm. Diese Bekleidung ist für uns das „beste Gewand“ (Lk 15,22), so wie es für Ihn das Kennzeichen dessen war, was nur das Herz des Vaters in seiner ganzen Fülle ermessen kann.