Schriften von Samuel Ridout
Vorträge über die Stiftshütte (1-20)
2Mo 38,9-20 - Vorträge über die Stiftshütte - Der Vorhof
Die Umhänge– Trennung zwischen Heiligem und der WeltDie Umhänge– Trennung zwischen Heiligem und der Welt
Richten wir nun unsere Aufmerksamkeit auf die geistliche Bedeutung dieser Dinge. Der Vorhof bildete eine Umzäunung für das Haus Gottes und trennte seinen Wohnort dadurch von der Außenwelt. Ich denke, dass wir keine Schwierigkeiten damit haben sollten, zu erkennen, dass diese Umgebung durch das Volk des Herrn gebildet wird, das praktisch die Trennungslinie in dieser Welt bildet zwischen allem, was von Gott ist, und dem, was nicht von Ihm ist. Schauen wir uns zuerst das Material der Umhänge an, den gezwirnten Byssus. Wir haben seine Bedeutung bereits bei der Beschreibung der innersten Teppichlage der Stiftshütte gesehen. Daher müssen wir hier nicht mehr ins Detail gehen. Es genügt, wenn wir uns daran erinnern, dass das Leinen von der fleckenlosen Reinheit des Lebens redet, was sowohl Gedanken als auch Taten und Worte einschließt.
Ihre Länge – der Maßstab Gottes für praktische Heiligkeit
Die Länge der Umhänge war identisch mit der der innersten Teppichlage der Stiftshütte. Dort waren es zehn Teppiche von je 28 Ellen Länge, insgesamt also 280 Ellen. Das erinnert uns daran, dass Gottes Maßstab für praktische Heiligkeit immer gleich ist. Er hat nicht zwei verschiedene Standards, wie es bei uns oft der Fall ist – einen für uns und vielleicht einen weiteren für die anderen. Gott verabscheut verschiedene Gewichtssteine und Maße (Spr 20,10.23). Wenn Er menschliche Gerechtigkeit bemisst, tut Er das nach einem einzigen Maßstab, dem der absoluten Vollkommenheit, die wir in den zehn Geboten ausgedrückt finden – eine Zahl, die auch in der Beschreibung des Vorhofs häufig vorkommt. Zehn ist die Zahl der Verantwortlichkeit sowohl Gott als auch den Menschen gegenüber. Wer hat solch einer Verantwortung entsprochen?
In Offenbarung 19,8 lesen wir, dass die feine Leinwand die Gerechtigkeiten der Heiligen sind – ihre gerechten Taten. Das Leinen spricht dementsprechend von einer vollkommenen, fleckenlosen menschlichen Gerechtigkeit. Danken wir Gott, dass die Zeit kommt, wo seine Heiligen vollkommen und tadellos in fleckenlosem Leinen offenbar werden. Ihre Taten des Glaubens und der Liebe, die Frucht der göttlichen Gnade, werden in Herrlichkeit offenbar werden und sie werden Christus gleich sein (1Joh 3,2). Wenn wir aber über uns sprechen, über unsere Gerechtigkeit sogar als erretteten Menschen, ist es dann wie eben von mir beschrieben tatsächlich so, dass es dem Standard der göttlichen Forderung völlig entspricht? Jesaja sagte im Blick auf das gesamte Volk und sich persönlich: „Du kommst dem entgegen, der Freude daran hat, Gerechtigkeit zu üben, denen, die sich auf deinen Wegen an dich erinnern.“ Das bedeutet, dass Gott dem Menschen begegnen kann, wenn er in der Lage ist, Ihm in Gerechtigkeit gegenüberzutreten. „Siehe, du ergrimmtest, und wir haben gesündigt.“ Das zeigt, wie Er den Menschen vorfindet. „Und wir sind allesamt wie ein Unreiner geworden, und alle unsere Gerechtigkeiten wie ein unflätiges Kleid; und wir verwelkten allesamt wie ein Blatt, und unsere Ungerechtigkeiten rafften uns dahin wie der Wind“ (Jes 64,4.5). Hier haben wir ein Bekenntnis dessen, was der Mensch in sich selbst ist, ein Bekenntnis, in das jeder von uns völlig einstimmen könnte, wenn wir sehen, was wir ohne Christus sind. Selbst das Allerbeste, das wir haben, ist unpassend für die Gegenwart Gottes.
Wenn wir uns dagegen von uns selbst weg- und zu Ihm hinwenden, finden wir in unserem Herrn das volle Maß von Gottes Maßstab der Gerechtigkeit. In 1. Johannes 3,5 lesen wir: „Und ihr wisst, dass Er offenbart worden ist, damit Er unsere Sünden wegnehme; und Sünde ist nicht in Ihm.“ Es ist sehr auffällig, dass diese beiden Dinge nebeneinandergestellt werden. Die Verse, die wir aus Jesaja gelesen haben, geben Zeugnis von unserer Sünde: Unser Bestes ist vor Gott wie ein unflätiges Kleid. So gleichen wir dem Hohepriester Josua, der in seinen schmutzigen Kleidern für den Priesterdienst in der Gegenwart Gottes ungeeignet war (Sach 3,3). Hier ist jedoch Einer, der offenbart wurde, um unsere Sünden wegzunehmen und in dem keine Sünde ist. Das ist die erste große Wahrheit, die uns diese Umhänge zeigen – die fleckenlose, absolute Heiligkeit unseres Herrn. Das ist das feine Leinen von 280 Ellen Länge (7 ∙ 40, Vollkommenheit erwiesen durch Erprobung), das dem vollen Maß der Anforderungen Gottes entspricht. Dies bildet das wirksamste Zeugnis und die vollkommene Trennung zwischen all der Sünde der Welt und der heiligen Umgebung, in der sich Gott offenbart.
Ihre Reinheit – wie Er rein ist
Es gibt aber noch etwas, was darüber hinausgeht. Gerechtigkeit ist Gottes Maßstab für seine Heiligen, und gerade in diesem Brief des Johannes gehen wir von der fleckenlosen Reinheit Christi weiter und sehen, was bei der Neugeburt ebenfalls verliehen wird: „dass, wie Er ist, auch wir sind in dieser Welt“ (1Joh 4,17). Das wird manchmal als vollständige Annahme in Christus als unserem Stellvertreter angesehen, aber es ist mehr als das. Der erste Johannesbrief beschäftigt sich nicht so sehr mit dem Werk Christi für uns, sondern mehr mit dem Werk der Gnade durch die Neugeburt in uns, das eine sittliche Übereinstimmung mit Christus hervorbringt. Wir, die wir seine Liebe kennen, an sie glauben und sie empfangen haben, sind aus Gott geboren, und so wird das Wesen, die Heiligkeit Christi selbst, in uns durch die Kraft des Heiligen Geistes gewirkt: „dass, wie er ist, auch wir sind in dieser Welt“.
In 1. Johannes 3,2 haben wir ohne Frage die Zukunft: „Wir wissen, dass wir, wenn es offenbar werden wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ Wir können nicht erwarten, Ihn sehen zu können, ohne dafür moralisch passend zu sein. So lesen wir im Johannesevangelium: „Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen“ (Joh 3,3). Wenn wir Gott sehen möchten, muss es eine sittliche Übereinstimmung mit Ihm geben. Entsprechend heißt es in Hebräer 12,14: „Jagt dem Frieden nach … und der Heiligkeit, ohne die niemand den Herrn schauen wird.“ – „Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen! Und wir sind es“ (1Joh 3,1). Das ist es, was wir in dieser Welt sind: Kinder Gottes. Das sind wir bereits jetzt, obwohl es noch nicht offenbar ist, was wir sein werden. Erst wenn Christus in all der fleckenlosen Reinheit seiner menschlichen Natur in Herrlichkeit offenbart ist, „werden wir ihm gleich sein, denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ (1Joh 3,2).
Beachten wir, was damit im dritten Vers direkt verbunden wird: „Und jeder, der diese Hoffnung zu ihm hat, reinigt sich selbst, wie er rein ist“ (1Joh 3,3). Wir blicken auf die fleckenlosen, leinenen Umhänge und sagen: „Sünde ist nicht in ihm“ (1Joh 3,5). Dann sprechen wir aus: „dass, wie er ist, auch wir sind in dieser Welt“. Wir haben eine Natur, die schon hier zur Heiligkeit fähig ist. Wir schauen weiter und sehen, dass die Zeit kommt, wenn wir, die wir jetzt Kinder Gottes sind, Ihm gleich sein werden, „denn wir werden ihn sehen, wie er ist“. Wenn wir diese Hoffnung in Christus haben, wird sie letztendlich praktische Gerechtigkeit bewirken – wir trachten danach, unsere Kleider im jetzigen Leben von der Welt unbefleckt zu halten.
Derselbe Brief stellt uns das Ausmaß dieser gegenwärtigen Wirkung vor: „Wer sagt, dass er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt ist“ (1Joh 2,6). Wie oft sagen Menschen: „Ich weiß, dass wir heilig sein sollen, aber ihr könnt nicht von uns erwarten, dass wir vollkommen heilig sind.“ Wenn beispielsweise folgender Vers zitiert wird: „Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt“ (Phil 4,13), folgt die Entgegnung: „Aber das war Paulus“, so als ob wir unmöglich erwarten könnten, Paulus zu gleichen. Diese Schriftstelle geht sogar noch weiter. Wir sollen nicht nur so wie Paulus sein, sondern wir sind hier zurückgelassen, um so wie Christus selbst zu sein. Und wenn ihr diesen Vers anschaut, werdet ihr sehen, dass in Bezug darauf keinerlei Einschränkung gemacht wird. Der Maßstab für unser Leben ist das, was Christus hier war. Gott verabscheut unterschiedliche Maßstäbe. Er bemisst nicht den Wandel seines Sohnes mit einem Maß und den seines Volkes mit einem anderen. Er hat Mitleid und Erbarmen mit uns. Er hat Gnade, um unsere Sünden zu vergeben, und Barmherzigkeit, um uns in unserer Schwachheit beizustehen. Seine Heiligkeit erlaubt es Ihm jedoch nicht, das volle Maß des vollkommenen Maßstabs der Heiligkeit, der für uns durch den Wandel unseres wunderbaren Herrn Jesus festgelegt wurde, um ein Jota zu verringern.
Wirkt das schwer? Entsetzt es uns? Schrecken wir davor zurück? Würdet ihr es wagen, irgendeinen niedrigeren Standard als diesen haben zu wünschen; dass Gott für uns einen Standard festlegen sollte, damit wir weniger heilig, weniger hingegeben wandeln als Christus? Würdet ihr euch wünschen, dass ein gewisses Maß an Sünde, an Egoismus verbleiben könnte? Wenn ihr einer Aussage begegnetet, die als von Gott kommend gebracht würde und wie folgt lautete (und so redet der Unglaube im Herzen oft): „Es macht doch eigentlich keinen großen Unterschied, nicht völlig heilig zu sein“, würde das nicht tief in euch einen Schock auslösen? Würdet ihr nicht sagen: „Das ist ganz sicher das Werk des Feindes, der ein böses Gift mitten in die göttliche Wahrheit sät“? Wir wissen, dass es nur einen Maßstab geben kann: Christus. Und Er hat uns ein Beispiel hinterlassen, damit wir seinen Fußspuren nachfolgen (1Pet 2,21) oder wie wir es hier haben: „Wer sagt, dass er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt ist.“ So wird das volle Maß der Umhänge für uns an Christus gemessen, denn Er ist Gottes einziger Maßstab.
Wir haben uns die Länge der Umhänge angeschaut. Angenommen, Gott hätte ein geringeres Maß als 280 Ellen vorgegeben, was wäre das Ergebnis gewesen? Ein Vorhof ohne ausreichenden Schutz. Es hätte Lücken gegeben und Gottes heilige Gegenwart wäre nicht von der umgebenden Welt abgegrenzt gewesen. So auch heute. Gäbe es nicht diesen vollständigen Maßstab der vollkommenen Heiligkeit Gottes, wie sie in Christus gesehen und in seinem Volk entfaltet wird, würde man über Gott denken, dass Er weniger heilig und abgesondert vom sündigen Menschen sei. Dieselbe Wahrheit wird in der Höhe der Umhänge zum Ausdruck gebracht. Sie waren 5 Ellen hoch – die Zahl der Verantwortlichkeit, besonders in Bezug auf den Menschen. Wir sehen Christus, der die Anforderungen Gottes an den Menschen völlig erfüllte und damit gleichzeitig den Maßstab für uns setzte.
Nachdem wir – ich hoffe zu unserer vollen Überzeugung – die Tatsache vor uns hatten, dass wir, wenn wir Gottes Gedanken entsprechen wollen, in unserem Wandel das haben müssen, was dem Wandel Christi entspricht, möchten wir nun einige Schriftstellen betrachten, die die Heiligkeit in dem Gläubigen hervorheben.
Ergänzende Schriftstellen
In Daniel 6 sehen wir ihn inmitten eines feindlichen Hofes von Personen umgeben, die, neidisch auf seine Stellung, seine Person vor dem König in den Schmutz ziehen und ihn so in Ungnade bringen wollen. Hier sehen wir gewissermaßen den Umhang aus fleckenlosem Leinen, die Charakterzüge Gottes, die in Daniel zum Ausdruck kommen. Gegen ihn stellt sich eine Welt, die mit Gott in Feindschaft ist. Sie wollen ihn in Misskredit bringen. Wie gehen sie nun dabei vor? Unehrlichkeit, Ungerechtigkeit oder Pflichtverletzung kommen als Anklagegründe nicht in Frage gegen den Mann, der in seinem weißen, fleckenlosen Zeugnis herausragte. Ja, er ist das Ziel ihrer Feindschaft, doch geht sie zweifellos gepaart mit einer stillen Bewunderung des Neides einher, der keinen Anlass zum Tadel in ihm finden kann. So wenden sie sich dem Gesetz seines Gottes zu, das dem Willen des Königs entgegensteht, als dem einzigen Weg, einen Anklagegrund gegen ihn finden zu können. Oh, dass es bei uns genauso wahr wäre wie bei Daniel, dass es unmöglich ist, den Finger auf eine einzige Ungereimtheit in unserem Lebensweg zu legen; dass die einzigen Punkte, die zu einem Konflikt mit der Welt führen, unsere Treue und Hingabe gegenüber Christus sind, die Feindschaft im Herzen derer erregen, die nicht mit Gott versöhnt sind.
Bei Daniel sehen wir also Gottes Maßstab, der gewissermaßen zwischen der Außenwelt und einem tadellosen und fleckenlosen Leben hängt. Die Seite nach außen hin finden wir in Philipper 2,14-16, das heißt ein Zeugnis vor der Welt, dem man nicht widersprechen kann. Wie gut ist es, wenn die Welt nichts als weißes Leinen sehen kann, wenn sie auf Kinder Gottes schaut – und so das Bild Christi im Alltagsleben der Gläubigen reflektiert sieht.
Wir haben einen weiteren Gedanken dazu in Jakobus 1,27. Dort geht es nicht nur darum, was das feine Leinen in sich selbst ist, sondern dass es uns vor Verunreinigung schützt. Wir stehen mit der Welt in äußerlichen Verbindungen. Unsere unterschiedlichen Verpflichtungen und unsere Arbeit bringen uns in Kontakt mit ihr und wir sollen unsere Kleider von ihr unbefleckt halten, wie es Judas in seinem Brief sagt: „indem ihr auch das vom Fleisch befleckte Kleid hasst“ (Jud 23), und wie es uns im Prediger empfohlen wird: „Deine Kleider seien weiß zu aller Zeit“ (Pred 9,8). Auch an Sardes, wo im Allgemeinen Trägheit vorherrschte, lautete das Wort des Herrn: „Aber du hast einige wenige Namen in Sardes, die ihre Kleider nicht besudelt haben; und sie werden mit mir einhergehen in weißen Kleidern, denn sie sind es wert“ (Off 3,4).
Weißes Leinen soll also das Kennzeichen unseres Wandels in Beziehung zur Welt sein. Manchmal wird gesagt, es sei ein gutes Zeichen, wenn Menschen Böses über einen sagen. Der Herr Jesus sagte: „Glückselig seid ihr, wenn sie … alles Böse gegen euch reden.“ Ja, aber das tat Er mit dem Zusatz: „lügnerisch … um meinetwillen“ (Mt 5,11). Wenn sie es um des Herrn willen und lügnerisch tun, können wir Gott dafür danken. Lasst uns aber achthaben, dass es nicht daran liegt, dass unser Kleid durch das Fleisch befleckt ist, denn das wäre zu unserer Schande und würde unseren geliebten Herrn völlig falsch darstellen. Wie sollten wir vor dem Gedanken zurückschrecken, Ihn in einer Welt, die Ihn bereits so sehr hasst, falsch darzustellen.
In die gleiche Richtung geht auch 1. Petrus 4,14: „Wenn ihr im Namen Christi geschmäht werdet, glückselig seid ihr! Denn der Geist der Herrlichkeit und der Geist Gottes ruht auf euch. Bei ihnen freilich wird er verlästert, bei euch aber wird er verherrlicht.“ Wie gut ist es, wenn Christen so beschrieben werden können. Gott wird von seinen Feinden verlästert, aber durch den Wandel und das Reden seines Volkes verherrlicht. Der nächste Vers zeigt, dass es keinen Schmutz auf der Kleidung geben darf: „Dass doch niemand von euch leide als Mörder oder Dieb oder Übeltäter oder als einer, der sich in fremde Sachen mischt“ (1Pet 4,15). Den vollkommenen Maßstab der Heiligkeit hat Christus in seinem Leben für uns gesetzt. Lasst uns keinen anderen Maßstab suchen. Es vergeht sicher kein Tag, an dem wir nicht im Bekenntnis vor unseren Gott gehen und uns am Waschbecken reinigen müssten, dennoch darf nichts den Standard heruntersetzen. Lasst uns nicht Vorsorge für das Fleisch treffen, damit es seine Begierden befriedigt (Röm 13,14). Unser Maßstab ist Christus! Lasst uns seinen Fußstapfen nachfolgen.