Schriften von Samuel Ridout
Vorträge über die Stiftshütte (1-20)
Der Vorhang am Eingang des Zeltes und seine fünf Säulen –das Zeugnis des Herrn über sichDer Vorhang am Eingang des Zeltes und seine fünf Säulen –das Zeugnis des Herrn über sich
Wir kommen als Nächstes zu dem Vorhang am Eingang der Stiftshütte und seinen fünf Säulen. Wir brauchen uns dabei nicht lange aufzuhalten, da wir bereits die Bedeutung der meisten Materialien kennengelernt haben und es dieselben wie beim Scheidevorhang sind. Die beiden Vorhänge hatten jedoch ganz unterschiedliche und in gewissem Sinn gegensätzliche Funktionen. Der Scheidevorhang versperrte den Weg in die Gegenwart Gottes, während der Vorhang am Eingang dem ständigen Zutritt der Priester ins Heiligtum diente.
Die fünf Säulen waren aus Akazienholz, mit Gold überzogen, hatten goldene Haken sowie Köpfe und mit Gold überzogene Bindestäbe. Sie ruhten jedoch auf Füßen aus Kupfer und nicht aus Silber. Kupfer ist, wie wir bei der Betrachtung des Vorhofs noch genauer sehen werden, ein Sinnbild sowohl für das unveränderliche Wort Gottes als auch des unnachgiebigen Gerichts. Da die Säulen nicht auf Silber ruhen, weisen sie nicht auf Gläubige hin. Die Anzahl der Säulen, fünf, weist auf Verantwortlichkeit hin. Sie sprechen von dem, von dem auch das Akazienholz und das Gold sprechen, der allein Gott und Mensch war. Er allein hat dieser Verantwortung entsprochen, indem Er fest auf dem Boden des unwandelbaren Wort Gottes stand.
Die fünf Säulen und ihr Vorhang sind also eng miteinander verbunden. Beides weist auf die Person unseres Herrn hin. Wenn wir bei dem inneren Vorhang, dem Scheidevorhang, das Zeugnis der Versammlung über den Herrn sehen, so spricht der äußere Vorhang von seinem eigenen Zeugnis darüber, was Er ist. Der äußere Vorhang besteht aus den gleichen vier Farben, sie sind allerdings nicht wie bei dem Scheidevorhang in Form von Cherubim gestickt, da Er von außen die Menschen einlädt, hereinzukommen: Christus ist „nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um die Welt zu erretten“ (Joh 12,47). „Gott war in Christus, die Welt mit sich selbst versöhnend“ (2Kor 5,19). Doch auch wenn die Cherubim des Gerichts nicht vorhanden waren, so beruhte doch alles auf der Tatsache, dass Gott alle Dinge durch sein Wort richtet, und davon wich unser Herr nicht einen Augenblick ab. Nie schwächte Er die Wahrheit ab, um den Menschen entgegenzukommen. Er begegnete dem Menschen in unendlicher Liebe, aber nicht auf Kosten der Wahrheit, sondern auf Kosten seiner selbst, indem Er sich selbst opferte.
So sagt Er: „Denkt nicht, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen“ (Mt 5,17). Er verlieh dem, was sie gelehrt hatten, größtmöglichen Nachdruck: „Denn wahrlich, ich sage euch: Bis der Himmel und die Erde vergehen, soll nicht ein Jota oder ein Strichlein vom dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist“ (Mt 5,18). Dann fährt Er fort, das Gesetz in seiner ganzen geistlichen Tragweite anzuwenden, indem Er in die Herzen der Schriftgelehrten und Pharisäer hineinschaut und ihre Schuldigkeit offenbart. Er verherrlichte das Gesetz, aber indem Er das tat, bewies Er, dass alle unter der Sünde sind. Dann ging Er in unendlicher Liebe ans Kreuz und trug die Strafe für das gebrochene Gesetz für alle, die an Ihn glauben.
Wer die Bibel aufmerksam liest, wird davon beeindruckt sein, wie der Herr während seines gesamten Lebens absolut von dem ganzen Wort Gottes abhängig war. Sogar in den Umständen seiner Geburt geschah alles, „damit erfüllt würde, was von dem Herrn geredet ist“ (Mt 1,22), und bei seinem Tod war es dasselbe. Wir würden vergeblich nach dem geringsten Zweifel seinerseits in Bezug auf die Wahrheit und die Autorität der Schrift suchen. Für Ihn ging es immer und ausschließlich um das Wort Gottes. „Die Schrift kann nicht aufgelöst werden“ (Joh 10,35). Mose schrieb von Ihm und David sagte durch den Heiligen Geist seine Herrlichkeit voraus. Wie kann der schreckliche Unglaube der Menschen, die behaupten, seine Jünger zu sein, daneben bestehen? Es ist, als ob unser Herr deutlich macht, dass Er mit dem Wort Gottes steht und fällt. Dass, wenn das Wort nicht wahr wäre, Er es auch nicht wäre. Und so muss es in der Tat sein. Er, der heilig und wahrhaftig ist, bestätigte, dass die ganze Heilige Schrift wahr ist. Mit der Schrift entgegnete Er Satan und widerstand ihm (Lk 4,1-12). Auf die Schrift berief Er sich, wenn Er lehrte. Aus der Schrift zitierte Er ständig in all den Auseinandersetzungen mit den ungläubigen Pharisäern und anderen. Die geschichtlichen Bücher der Bibel, die Psalmen und die Propheten werden von dem Herrn Jesus als das Wort Gottes bestätigt (Lk 24,27). Die Wahrheit der Geschichte von Jona steht und fällt mit der Wahrheit seines eigenen Todes und seiner Auferstehung: Das eine zu leugnen, bedeutet, auch das andere zu leugnen (Mt 12,39.40). Die ganze Schrift weist auf Ihn selbst hin, und Er legte sie auch so aus (Lk 24,27.44). So machte sich unser Herr vollständig und vollkommen eins mit dem Wort Gottes.
Christus ist also „nach der Schrift“ die Tür, der einzige Weg, um Gott zu nahen: „Niemand kommt zum Vater als nur durch mich“ (Joh 14,6). Er hat Gottes Wort vollständig „groß gemacht“ (vgl. Ps 138,2) und jede Bestimmung und jede Forderung erfüllt. Das heilige Wort, das uns für immer verdammt hätte, ist für uns jetzt das Mittel der göttlichen und ewigen Liebe in Christus. Wie der Vorhang am Eingang der Stiftshütte ist der Herr Jesus die Eingangstür zu Gott, und Er ermuntert jede Seele, in der Gewissheit eines göttlichen und dauerhaften Empfangs, einzutreten: „Ich bin die Tür, wenn jemand durch mich eingeht, so wird er errettet werden“ (Joh 10,9).
Wir wollen nicht versäumen, kurz auf die Köpfe der fünf Säulen am Eingang der Stiftshütte einzugehen. Sie waren aus Gold, was sich auf die wunderbare Tatsache zu beziehen scheint, dass unser Herr, nachdem Er sein herrliches Werk vollendet hat, nun mit göttlicher Herrlichkeit gekrönt ist: „Wir sehen aber Jesus … mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ (Heb 2,9). Und ist es nicht passend, dass die kupfernen Füße so mit den goldenen Köpfen verbunden werden? „Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“ (Lk 24,26). Wie zwischen dem Kupfer am Fuß und dem Gold am Kopf der Eingangsvorhang hing, so hängt nun zwischen den Leiden Christi und der Herrlichkeit, die bald folgen wird, das kostbare Evangelium der Gnade und der Liebe durch Ihn: „He, ihr Durstigen alle, kommt zu den Wassern! Und die ihr kein Geld habt, kommt, kauft ein und esst! Ja, kommt, kauft ohne Geld und ohne Kaufpreis Wein und Milch!“ (Jes 55,1).