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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
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Fragen und Antworten Band 23 - Jahrgang 1938
Apg 20,7; 2,46; 1Kor 11,20-21 - Ist es in der Schrift begründet, das Mahl des Herrn am ersten Tag der Woche zu halten, oder ist jeder andere Tag der Woche ebenso gut? Hat es etwas für sich, es abends zu tun?Apg 20,7; 2,46; 1Kor 11,20-21 - Ist es in der Schrift begründet, das Mahl des Herrn am ersten Tag der Woche zu halten, oder ist jeder andere Tag der Woche ebenso gut? Hat es etwas für sich, es abends zu tun?
Frage 20: Ist es in der Schrift begründet, das Mahl des Herrn am ersten Tag der Woche zu halten, oder ist jeder andere Tag der Woche ebenso gut? Hat es etwas für sich, es abends zu tun?
Antwort:
Als etwas strikt zu Befolgendes ist es nicht mit der Schrift zu belegen, nur am ersten Tag der Woche das Mahl des Herrn zu halten. Jeder andere Tag kann ebensogut dazu genommen werden. Die zur Bejahung der Frage oft angeführte Stelle Apg 20,7: „Am ersten Tage der Woche aber, als wir versammelt waren, um Brot zu brechen“, kann nicht als durchaus stichhaltig zum Beleg gebraucht werden.
Es abends zu tun, hat insofern etwas für sich, als die Passahfeier mit der anschließenden Einsetzung des Mahles nach der Verordnung des Gesetzes über das Passah abends stattfand. Bei den Christen aus den Juden wurde dieser Brauch gewohnheitsmäßig beibehalten. Dazu kann noch gesagt werden: Wenn die ersten Gläubigen nach Apg 2,46 täglich (Tag für Tag) in den Tempelhallen „verharrten“, so blieb eigentlich nur noch der Abend zum Brotbrechen in den Häusern (zu Hause, hausgemäß); es wurde wohl auch mit der Hauptmahlzeit des Tages verbunden, die allgemein abends eingenommen wurde. Ist nicht darum die Erwähnung des Speisenehmens mit dem Bericht über das Brotbrechen verbunden? Kommt nicht auch daher in 1Kor 11,20.21 die Verbindung eines gemeinsamen Mahles mit „des Herrn Mahl“ (dem „auf den Herrn sich beziehenden Mahl“ oder „den Herrn betreffenden Mahl“), indem so die Gemeinschaft untereinander als die Familie Gottes ausgedrückt würde, wie auch die Gemeinschaft mit dem „HErrn“, der die Familie durch Seinen Tod erkauft hat?
Die Frage taucht auf: Mußte nicht im Laufe der Zeit, von innen heraus, veranlaßt durch die so verschiedenen Lebensverhältnisse, der Wunsch entstehen, zwanglos doch eine gewisse Norm für das Zusammenkommen zu schaffen? Da nun das Gedächtnismahl des gestorbenen und auferstandenen Herrn der Hauptfaktor und Mittelpunkt alles Zusammenkommens war und ist, konnte naturgemäß und folgerichtig der erste Tag der Woche, der Tag Seiner Auferstehung, das Übergewicht über die anderen Tage erlangen20. In diesem Licht wird Apg 20,7 zu werten sein. Aber auch hier wurde noch der Abend als die - wie heute auch - für alle Teilnehmer freieste Zeit für die Feier des HErrenmahls genommen.
Ein Gegenstück: Wie ist die Zusammenstellung der 27 Bücher des Neuen Testamentes zustande gekommen? Niemand vermag es aufs Haar genau zu sagen. Und doch erkennen wir die leitende Hand in der vorliegenden Tatsache.
Sollte es sich nicht ebenso zwangsläufig, doch ohne Vorschrift, ergeben haben, daß nach und nach allgemein der erste Tag der Woche der Tag wurde, an dem des Herrn Mahl gehalten wurde? Das wird aus Apg 20,7 geschlossen werden dürfen.
Konnte und mußte sich mit der Zeit nicht ebenso folgerichtig ergeben, daß dieses Mahl von der gewöhnlichen Mahlzeit losgelöst wurde, weil es, wie in Korinth geschehen, dem Entheiligtwerden ausgesetzt war? Läge nicht etwas derartiges in den Worten des Apostels an die Korinther, daß daheim essen solle, wer Hunger habe, und: „Das übrige aber will ich anordnen, sobald ich komme“?
In der Haushaltung der Gnade gibt es keine Gesetzesvorschriften. Ist es da verwunderlich, daß sich im weiteren Verlauf der Zeiten und der Ausbreitung der Christusbotschaft über die Länder und Völker der Erde hin auch andere Normen herausgebildet haben? - Um bei unserer Zeit zu bleiben: Die Arbeits-, Sozial- und Familienverhältnisse lassen es als das angemessenste erscheinen, den ersten Tag der Woche zum Brotbrechen und zu dem damit verbundenen Gottesdienst (Dank und Anbetung dem Vater und dem Sohne darzubringen) zu benutzen, wie es schon immer war. Auch daß am Vormittag, ehe die Sinne von anderen Dingen in Anspruch genommen worden sind, die geistliche Sammlung am meisten konzentriert ist, wird zugegeben werden. Ich z. B. mache grundsätzlich am Sonntagvormittag vor dem Zur-Versammlung-Gehen die gekommene Post nicht auf. Ich warte bis nachher.
Wenn aus irgendwelchen praktischen Erwägungen heraus, z. B. weil in ländlichen Gegenden für das Zusammenkommen aus weit auseinanderliegenden Orten zu einem Mittelpunkt hin der Vormittag sich nicht gut eignet, der Nachmittag gewählt wird: warum nicht? Oder wenn andere Umstände den Abend praktischer erscheinen lassen: warum nicht? „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“
Oder wenn aus Herzensbedürfnis und gegebenen Umständen heraus auch in der Woche des Herrn Mahl gehalten wird, z. B. bei einer Konferenz: warum soll das nicht sein dürfen? Der Herr wird Sich nur freuen, wenn Er Herzen sieht, die so nach Ihm verlangen.
Selbstverständliche Voraussetzung ist immer: Es geschieht in Einfalt des Herzens und in dem Gedanken und unter dem Gesichtspunkt: Die Zahl, die beisammen ist, ob zwei oder hundert, begeht das Mahl des Herrn in der Verbundenheit des einen Leibes, der alle Gläubigen auf der Erde zu jedem Zeitpunkt sind. -
Adelphos
20 Auch 1Kor 16,1.2 zeigt dies letztere.↩︎
Erstellt: 25.05.2024 15:42, bearbeitet: 21.10.2024 02:07