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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
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Fragen und Antworten Band 19 - Jahrgang 1934
Lk 17,22 - Was ist gemeint mit „einem der Tage des Sohnes des Menschen“ in Lk 17,22? Gibt es mehrere und welche?Lk 17,22 - Was ist gemeint mit „einem der Tage des Sohnes des Menschen“ in Lk 17,22? Gibt es mehrere und welche?
Frage 2: Was ist gemeint mit „einem der Tage des Sohnes des Menschen“ in Lk 17,22 ? Gibt es mehrere und welche?
Antwort:
Im Worte Gottes ist das Wort „Tag“ viele Male in rein bildlichem Sinne gebraucht, um eine gewisse Zeit mit einem gewissen Charakter zu bezeichnen, wie z. B. Ps 110,3.5; 1Kor 1,8. Wenn dieses geschieht, ist es immer in der Einzahl. Hierfür einige Beispiele, von den vielen Stellen nur einige herausgegriffen: Jes 2,11.12; 11,10.11 usw.; Hes 30,2.3; Joel 1,15; 2,1.2 usw.: Sach 12,3 usw.; Mal 4,1-3; Apg 2,20; 2Kor 6,2; Phil 1,6; 1Thes 5,2; 2Pet 3,10.12. - Wird aber das Wort „Tag“ in der Mehrzahl gebraucht, dann handelt es sich nie um eine solche bildliche Anwendung, sondern immer nur um Tage oder eine Zeitbezeichnung im gewöhnlichen Sinne.
Diesen Grundsatz finden wir auch in Lk 17.
Die Pharisäer hatten den Herrn gefragt, wann das „Reich Gottes“ komme. Sie meinten das im Alten Testament angekündigte messianische Reich, also das Reich Gottes in sichtbarer Gestalt. Das lag (und liegt noch) in der Zukunft. Der Herr sucht ihren Blick von dem Zukünftigen weg auf das Gegenwärtige zu lenken, indem Er ihnen sagt, daß das Reich Gottes bereits da sei, mitten unter ihnen, doch in unsichtbarer Gestalt (V. 20.21). Das war das, was die Pharisäer erkennen sollten. Seinen Jüngern aber sagte Er mehr. Sie betrachtete Er - wie noch an anderen Stellen, z. B. Mt 10,23; 24,4ff. usw. - als Vertreter des gläubigen Überrestes Seines irdischen Volkes in der Endzeit, der durch die große Drangsal gehen und in dieser mit Sehnsucht nach Ihm als dem verheißenen Messias ausschauen wird, dem Erretter aus all ihrer schrecklichen Not und dem Bringer der von den Propheten angekündigten Segnungen, und ihnen gibt Er eine Belehrung in bezug auf das Kommen des Reiches Gottes nach den alttestamentlichen Verheißungen, in seiner sichtbaren Gestalt (V. 22-36). „Es werden Tage kommen“ - Tage der Drangsal, in denen sie sich nach Seiner Gegenwart sehnen würden. Seine Gegenwart bedeutet Errettung, Geborgensein und Segnungen. Die Jünger, die bei Ihm waren, hatten den Segen Seiner Gegenwart genossen. Aber Er konnte nicht bei ihnen bleiben, sondern es würden Tage kommen, da Er nicht mehr sichtbar bei ihnen sein würde und sie nicht mehr jene mit Seiner leiblichen Gegenwart verbundenen äußeren Segnungen, sondern Kampf und Schwierigkeiten haben würden. Dann würden sie „begehren, einen der Tage des Sohnes des Menschen zu sehen“ - einen jener Tage, als Er bei ihnen war. Um diese Tage - die Tage Seines Erdenlebens - handelt es sich hier (V. 22): im Blick auf die Jünger, zu denen Er redete, buchstäblich; im Blick auf den durch die Jünger dargestellten Überrest in der großen Drangsal nicht buchstäblich, sondern im Sinne von Seiner Gegenwart auf der Erde; diese (der Überrest) werden sie (Seine Gegenwart) „begehren“, mit Sehnsucht nach Ihm ausschauend. Damit wird aber eine Gefahr verbunden sein: Dieses Ausschauen nach dem sichtbar gegenwärtigen Messias wird von Betrügern benützt werden, die wartenden Gläubigen irrezuführen zu suchen, indem sie vorgeben werden, der erwartete Messias zu sein (V. 23). Davor warnt der Herr die Seinen, und zugleich gibt Er ihnen ein untrügliches Kennzeichen, auf das sie nur zu achten brauchen, um vor solcher Irreführung bewahrt zu bleiben: Er sagt ihnen, wie Er sein wird „an Seinem Tage“ „Gleichwie der Blitz blitzend leuchtet von einem Ende unter dem Himmel bis zum anderen Ende unter dem Himmel.“ (V. 24) So kann nur Er sein, kein anderer, so daß jeder, welcher vorgeben wird, der Messias zu sein, infolge Mangelns dieses Kennzeichens ohne weiteres von den wartenden Seinen als Betrüger erkannt werden kann. Wenn Er so kommen wird - „mit Macht und großer Herrlichkeit“, wie es an anderer Stelle heißt -, dann ist „Sein Tag“ angebrochen. Dieses Sein Kommen ist der Beginn dieses „Seines Tages“, dessen Dauer sich erstreckt bis „die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brande werden aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr werden verbrannt werden“. (2Pet 3,10)
Es gibt nur einen „Tag des Herrn“, nicht mehrere, verschiedene. Wir finden noch die Bezeichnung „Tag unseres Herrn Jesus Christus“, „Tag Jesu Christi“, „Tag Christi“ (1Kor 1,8; Phil 1,6.10), doch ist dies derselbe „Tag“, nur daß hierbei die besondere Beziehung zu den die Versammlung bildenden Gläubigen der jetzigen Zeit in den Vordergrund gerückt ist und der Beginn früher, in dem Augenblick der Entrückung, liegt, während der „Tag des Herrn“ die Seite der Verantwortung hervorkehrt, das Offenbarwerden, Gericht und Herrschaft (Apg 2,20; 1Thes 5,2.3; 2Thes 2,1-12). Als „Tag Christi“ beginnt dieser „Tag“ mit dem Kommen des Herrn als der „glänzende
Morgenstern“ (Off 22,16) für die in der gegenwärtigen Zeit auf Ihn wartenden Seinen; als „Tag des Herrn“ aber beginnt er mit Seinem Erscheinen als „Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal 4,2) für Sein irdisches Volk und für die Welt. Von dem, was in der Bezeichnung „Tag Christi“ Ausdruck findet, weiß das Alte Testament nichts, da dieses zu jener Zeit nicht geoffenbart war, das ist rein neutestamentlich. Dagegen finden wir im Alten Testament viel von dem, was die Bezeichnung „Tag des Herrn“ in sich schließt. Dort wird in verschiedenen Ausdrücken von diesem „Tag“ gesprochen: als „Tag Seiner Macht“, „Tag Seines Zornes“ (Ps 110), „jenem Tage“ (sehr viele Male - z. B. Jes 11,10.11.16; 27,1.2.12.13 usw)., „Tag Jehovas“ (Hes 30,3; Joel 1,15; 2,1), und wir finden damit verbunden die Gedanken an Zorn, Gericht, Drangsal, aber auch an Errettung, Reinigung, Heiligkeit, Leben, Gerechtigkeit, Frieden, Freude und Wonne, Macht und Herrlichkeit und Fülle von Segen (unter Seiner Herrschaft auf der Erde). Die Beschreibungen dieses „Tages“ im Alten Testament gehen nicht über das messianische Reich hinaus. Im Neuen Testament sehen wir aber, daß derselbe auch noch die Auflösung der jetzigen Himmel und Erde im Feuer und das Endgericht (vor dem großen weißen Thron, Off 20,11-15) in sich schließt (2Pet 3,7.10). -
In Joh 8,56 sagt der Herr Jesus: „Abraham, euer Vater, frohlockte, daß er Meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich.“ Dies sagte Er in Seiner Antwort auf die Frage der Juden: „Bist Du etwa größer als unser Vater Abraham ...?“ - also, um ihnen zu zeigen, daß Er größer ist. Er spricht daher von „Seinem Tage“, an dem Er als der Größere offenbar sein wird - dem „Tage“ Seiner Macht und Herrlichkeit, von dem nach Abraham die Propheten soviel geredet haben. Dem Abraham aber war bereits von Gott Licht darüber gegeben worden, vielleicht im Blick auf das ihm und seinem Samen verheißene Land (1Mo 13,15), welches einst der Mittelpunkt Seiner KönigsHerrschaft sein wird, und so „sah“ Abraham im Geiste diesen „Tag“ des Herrn, und was er so im Geiste sah, erfüllte ihn mit Freude. Es ist derselbe „Tag“, von dem der Herr Lk 17,24 spricht. -
In unserem Kapitel (Lk 17) wird V. 26 noch einmal von „Tagen des Sohnes des Menschen“ gesprochen, und zwar als zukünftig, und in Verbindung damit V. 30 von „dem Tage, da der Sohn des Menschen geoffenbart wird“. An beiden Stellen handelt es sich nur um Tage im gewöhnlichen Sinne. Wir reden von „Tagen“ an Stelle von „zur Zeit“ („in den Tagen Luthers“ = „zur Zeit Luthers“) und von einem gewissen Tage als einem gewissen Zeitpunkt. Um diese beiden Begriffe handelt es sich hier. Der Herr hat V. 22 von einer Zeit Seiner Abwesenheit gesprochen und V. 24 von „Seinem Tage“ als etwas Zukünftigem, woraus sich also der Gedanke an ein einstiges Wiederkommen ergibt; V. 25 erklärt er den Grund dafür, daß es so geschehen muß: die Notwendigkeit Seines Leidens sowie Seine Verwerfung seitens „dieses Geschlechts“, und V. 26-30 zeigt Er ihnen, in welchem Zustande dieses Geschlecht zu der Zeit sein wird, da Er wiederkommen wird, indem Er es mit dem
Menschengeschlecht in den Tagen Noahs vor der Flut und in den Tagen Lots in Sodom vergleicht. Wie die Menschen sich in jenen Tagen verhielten, verhalten sie sich in der gegenwärtigen Zeit - leben nur sich selbst und wollen nichts von Ihm wissen - verwerfen Ihn, und so wird es zu der Zeit Seines Wiederkommens - „in den Tagen des Sohnes des Menschen“ - sein. Und wie es damals, an dem Tage, da die Flut hereinbrach, und an dem Tage, da Lot aus Sodom ging, für die Menschen keine Rettung mehr gab, sondern nur Verderben, so wird es auch für die Menschen, die für den Herrn keine Zeit hatten und Ihn verworfen haben, an dem Tage sein, da Er geoffenbart wird. -
In 2Pet 3,12 lesen wir auch noch von einem „Tage“ - dem „Tage Gottes“. Da heißt es aber nicht, daß „an“ diesem Tage „die Himmel, in Feuer geraten, werden aufgelöst und die Elemente im Brande zerschmelzen werden“, sondern daß dieses „wegen“ desselben geschehen wird, es also ihm voraus geht, damit er in Erscheinung treten kann. Daraus ergibt sich, daß der „Tag Gottes“ sich an den „Tag des Herrn“ (V. 10) anschließt, also nicht mit letzterem identisch ist, sondern das bildlich bedeutet, was auf den „Tag des Herrn“ folgt, und das ist die Ewigkeit. -
Wir haben auch 2Kor 6,2 mit angeführt, wo von dem „Tag des Heils“ geredet ist. Die Erklärung finden wir gleich in dem Verse selbst. Es heißt dort: „... jetzt ist der Tag des Heils.“ Daraus ersieht man, daß damit bildlich die Zeit gemeint ist, während welcher den Menschen das Heil in Christo angeboten wird. -
Die bildliche Anwendung des Wortes „Tag“ ist mit vorstehenden Ausführungen durchaus nicht erschöpfend behandelt, aber wir hoffen, daß sie zur Klarstellung der uns vorliegenden Frage genügen.
Wir stellen noch einmal fest: Lk 17,22 handelt es sich um die Tage des Erdenlebens des Herrn. Es gibt nur einen „Tag des Herrn“, nicht mehrere.
Th. K.
Erstellt: 16.05.2024 22:02, bearbeitet: 24.10.2024 17:37