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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
Fragen und Antworten Band 16 - Jahrgang 1931
2Mo 9,31-32 - Enthält die sozusagen eingeschobene Bemerkung in 2. Mose 9,31.32 prophetische Hinweise und Beziehungen auf Israel oder die Nationen (oder beides), und wenn ja, welche?2Mo 9,31-32 - Enthält die sozusagen eingeschobene Bemerkung in 2. Mose 9,31.32 prophetische Hinweise und Beziehungen auf Israel oder die Nationen (oder beides), und wenn ja, welche?
Frage 3: Enthält die sozusagen eingeschobene Bemerkung in 2. Mose 9,31.32 prophetische Hinweise und Beziehungen auf Israel oder die Nationen (oder beides), und wenn ja, welche?
Antwort A:
In den Kapiteln 7-10 des zweiten Buches Mose wird uns von den neun Plagen über die Ägypter berichtet, die der Tötung der Erstgeburt vorangingen. Diese Plagen zerfallen in drei Gruppen, die jeweils durch einen „Morgen“ eingeleitet werden (7,15; 8,20; 9,13). Die ersten beiden Plagen jeder Gruppe kündet Jehova durch Mose dem Pharao an, die dritte, letzte Plage jeder Gruppe bricht ohne Warnung über Ägypten herein. Darin finden wir eine Bestätigung der Worte Elihus, der in Hiob 33,14 sagt: „Doch in einer Weise redet Gott und in zweien, ohne daß man es beachtet“, und in Vers 29: „Siehe, das alles tut Gott zwei-, dreimal mit dem Manne, um seine Seele abzuwenden von der Grube.“
Die erste Gruppe der Plagen, bestehend aus der Verwandlung des Wassers in Blut, dem Heraufkommen der Frösche und dem
Hervorbringen der Stechmücken aus dem Staube, trifft nicht nur Ägypten, die Welt, sondern auch Israel, das auserwählte Volk. Israel und in der Anwendung der Gläubige unserer Tage lernt aus der Verwandlung des Wassers in Blut, daß in allen Lebensquellen der Welt der Tod ist. Das Wasser stellt uns in der Schrift stets die Kraft des Lebens dar, das Blut redet vom Tode. Die Frösche weisen auf die unreinen Einflüsse hin, denen die alte Natur des Menschen ausgesetzt ist (Vgl. Off 16,13). In dem dritten Zeichen entstehen aus dem Staub der Erde Stechmücken, aus dem Tode (1. Mose 3,19; Pred 12,7) entsteht Leben, ein Bild der Auferstehungsmacht, das die Schriftgelehrten zu dem Ausruf veranlaßt: „Das ist Gottes Finger!“ Wie ernst für die Menschen dieser Welt, einmal zum Gericht auferstehen zu müssen (Joh 5,28.29), wie wunderbar andererseits für den Gläubigen, jetzt schon mit Christo auferweckt zu sein! (Kol 3)! Die Erfahrungen, die Israel in diesen drei Zeichen macht, entsprechen in gewissem Sinn den Erfahrungen, die der Gläubige in Röm 6, Röm 7 und Röm 8 macht.
Bevor die zweite Folge von Plagen über Ägypten hereinbricht, wird das Land Gosen, wo Israel wohnt, ausgesondert (Kap. 8,22). Der Stellung nach ist der Gläubige abgesondert von den Dingen, die die Welt in ihrem gegenwärtigen Zustand kennzeichnen. Die Hundsfliegen reden von den kleinen Dingen, die das Leben der Menschen zu einer Plage machen, Neid, Hader, Lästerungen, böse Verdächtigungen, Heuchelei, übles Nachreden (1Tim 6,4; 1Pet 2,1). Die Plage des Viehes erinnert daran, daß der Mensch all seinen Besitz für sich verwendet, infolgedessen eine Wurzel alles Bösen entsteht (1Tim 6,10), während der Gläubige das ihm von Gott anvertraute Gut auch für Gott verwendet (2. Mose 10,26). Die Geschwüre endlich sprechen von dem sittlichen Verderben der „letzten Tage“, in denen wir stehen, von denen der Apostel Paulus in 2Tim 3 eine so ernste Schilderung gibt.
Die dritte Gruppe von Plagen weist prophetisch auf die kommende Zeit der Gerichte hin, die über diejenigen kommen werden, welche auf der Erde wohnen (Off 3,10). Die Vorräte des Hagels sind aufgespart für die Zeit der Bedrängnis, für den Tag des Kampfes und der Schlacht (Hiob 38,22.23). Beim Ertönen der ersten Posaune in Off 8,7 kam Hagel und Feuer, mit Blut vermischt, und wurde auf die Erde geworfen. In 2. Mose 9,23 finden wir den Vorschatten dieser zukünftigen Ereignisse, die Stimmen Jehovas (wie die genaue Übersetzung lautet) Hagel und Feuer. Dennoch fürchteten sich der Pharao und seine Knechte nicht vor Jehova Gott (V. 30) So werden auch dereinst die Menschen, die den dritten Teil der Erde bewohnen und durch die Plagen der ersten sechs Posaunen nicht getötet werden, keineswegs Buße tun von ihren Werken (Off 9,18.20f)., und der Ruf des ewigen Evangeliums, Gott zu fürchten (Off 14,6.7), wird sie nicht erreichen. Gott macht offenbar einen Unterschied zwischen den Erdbewohnern im allgemeinen und denen, die den dritten Teil der Erde bewohnen. Diese letzteren stellen, wie wir annehmen dürfen, die Einwohner des Römischen Reiches dar, mit anderen Worten die bekennende Christenheit, die den Namen hat, daß sie lebe, und ist doch tot, deren sittlicher Zustand in den Sendschreiben an Thyatira, Sardes und Laodicäa zum Ausdruck kommt.
Damit gelangen wir zur eigentlichen Beantwortung unserer Frage. In Off 8,7 verbrennt durch die Plage des Hagels und Feuers der dritte Teil der Erde, und auch die übrigen Gerichte richten sich vornehmlich gegen den dritten Teil der Menschen, gegen die bekennende Christenheit, die das Evangelium der Gnade gehört, aber verworfen hat. In Off 16,21 wird noch einmal eine Plage des Hagels erwähnt, die sehr groß und jedenfalls schwerer ist als die vorher beschriebene. Dann wird das Gericht über Babylon, das ist Rom, geweissagt.
Viele der Menschen aber, die außerhalb der bekennenden Christenheit stehen, Heiden also, die in der Gnadenzeit die frohe Botschaft des Heils in Christo nicht vernommen haben, werden in den Gerichten nicht umkommen, sondern durch die Predigt des Evangeliums des Reiches und die Verkündigung des „ewigen Evangeliums“ gerettet werden und lebend ins Tausendjährige Reich eingehen.
Auf diesen Unterschied deutet m. E. im Vorbild die Stelle in 2. Mose 9,31.32 hin: „Und der Flachs und die Gerste wurden geschlagen. Aber der Weizen und der Spelt wurden nicht geschlagen, weil sie spätzeitig sind.“ Flachs und Gerste kennzeichnen also den dritten Teil der Menschen, die bekennende Christenheit, Weizen und Spelt die übrigen der Nationen, die nicht in den Gerichten umkommen. Weizen und Spelt sind spätzeitig: die Nationen hören das Evangelium des Reiches spät, nachdem das Evangelium der Gnade sein Ende gefunden hat. Und, wie schön: Diese von den Gerichten verschonten Nationen werden im Bilde des Weizen geschaut, der in der Schrift etwas Wertvolles darstellt (vgl. das Feinmehl im Speisopfer und Mt 13,24-30), die dem Gericht verfallenen Namenchristen aber gleichen der Gerste, die der Kennzeichnung menschlicher Ohnmacht dient (Ri 7,13; 2Kön 4,42).6
Mag sich die bekennende Christenheit heute groß in ihrem Fortschritt dünken, in Gottes Augen ist ihre Weisheit Torheit, gleichsam Gerstenbrot.
Zur Abrundung der Antwort sei noch erwähnt, daß auch die letzten beiden Plagen der dritten Gruppe, Heuschrecken und Finsternis, von den kommenden Gerichten reden, die Heuschrecken von der beherrschenden Gewalt böser Grundsätze (Off 9,1-11), die Finsternis von der völligen Entziehung göttlichen Lichts, die darin gipfelt, daß die Menschen das Tier anbeten werden. „Welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit!“ (2Pet 3,11)
Th. Bu.
Antwort des Schriftleiters:
Haben wir nicht allen Grund, uns an der belehrend-erbaulichen Antwort unseres (neu hinzugekommenen) Mitarbeiters zu freuen, und ist durch diese nicht die Berechtigung der Frage (die dem einen oder anderen zunächst überflüssig erscheinen mag) völlig erwiesen?! Jedenfalls bekamen wir durch dieselbe, ganz abgesehen von der etwas knappen Beantwortung der eigentlichen Frage, eine kurze übersichtliche Darstellung der „Plagen“-Geschichte, was jedem forschenden Leser lieb sein muß.
Noch einige Zusätze!
Zunächst gibt die gleichsam „eingeschobene Bemerkung“ der Stelle uns ein ganz klares Bild von dem Ereignis und der Zeit desselben selbst, wie das Urquhart im zweiten Band seiner „Neueren Entdeckungen und die Bibel“ im 22. Kapitel sehr kostbar ausführt. Auch Kinzler in seiner sehr empfehlenswerten „Biblischen Naturgeschichte“ (Calw) sagt (S. 193) bezüglich unserer Stelle: „Der das geschrieben hat, muß die ägyptischen Verhältnisse genau gekannt haben.“ Ja, denn in Ägypten wurde (und wird noch heute) die Gerste im Februar reif, der Weizen erst Ende März oder Anfang April, der Spelt noch später, während die Flachsernte etwa 2-3 Wochen nach der Gerstenernte lag! Jene genauen Angaben der Schrift zeigen also, wie sachlich-richtig das Wort Gottes, von dem unbesonnene Gläubige manchmal sagen, es sei kein Naturkundebuch - es ist natürlich viel mehr als nur das!! -, in den scheinbar geringfügigsten Angaben ist. Scheinbar geringfügig! Denn in Wirklichkeit ist jene Angabe von großer Bedeutung - warum? Weil wir aus ihr ersehen, wieviel Zeit verging bis zu dem Auszuge aus Ägypten, der doch mir dem ersten Passah zusammenfiel, am 15. des 1. Monats (nach der neuen Zeitrechnung, vgl. den Aufsatz „Die Feste Jehovas!“), dem Monat „Abib“ = (später) Nisan (1. Mose 12,2; 13,4). „Abib“ aber heißt „Weizenähre“, somit „Ährenmonat“ - in ihm, d. h. nach dem Passah, begann die Ernte, die Weizenernte! Es war ungefähr die Zeit unseres Monats April. Wir haben also in jener Angabe einen deutlichen Hinweis auf die Zeit und die Zeiteinteilung, in der alles im Blick auf die Zukunft des Volkes Gottes geregelt war.
Und darum glaube ich auch, daß in diesen Angaben mehr liegt als nur - so wichtig dies ist - eine Zeitangabe, und ich meine, die obigen Ausführungen der Antwort darüber, was jene Hinweise prophetisch zu bedeuten haben, zur Annahme empfehlen zu sollen, wenngleich vielleicht auch andere Deutungen möglich sein könnten. Denn bei der allegorischen (bildlichen) und symbolischen (sinnbildlichen) Anwendung von Bibelstellen kann man zu verschiedenen Ergebnissen gelangen, ohne daß man eine unbedingt verpflichtende Lehre darauf aufbauen sollte und dürfte.
Daß die Gerste als das Bild von „menschlicher Ohnmacht“ gedeutet wird, ist bei dieser damals wirtschaftlich als gewöhnlich angesehenen Feldfrucht nach den angegebenen Stellen ganz verständlich. Ich möchte zu den angeführten noch folgende beiden hinzusetzen: Hosea 3,2 und besonders Hes 13,19; auch bei dem „Eifersuchtsopfer“ 4. Mose 5 wurde statt Weizenmehls nur solches von Gerste genommen (V. 15)!. Von dem Wert und der Wichtigkeit des Weizens und Spelts im biblischen Altertum (betr. Spelts vgl. Jes 28,25) brauchen wir nicht weiter zu reden. Der Weizen gehört in die himmlischen Scheunen! (Mt 3,12; 13,30 u. a.;) 5. Mose 32,14; Ps 81,16; 147,14; Lk 22,31 u. a. zeigen uns gleichfalls seine Bedeutung. - Also soweit stimmt die obige bildliche Anwendung vollauf. Gerste für das, was schwach, minderwertig und schließlich verwerflich ist, Weizen (Spelt) für das weit Wertvollere. Aber Flachs? Leinen? Mit Gerste zusammengenannt? Wo doch Flachs den Ägyptern und auch den Juden sehr wertvoll war? Wurden doch die ägyptischen Mumien in kostbare Leinen (Byssos)7 eingewickelt und Prachtkleider aus solchem gefertigt?! (Priestergewänder)! Gerade aus Ägypten wurde damals in viele andere Länder das feinste Leinen ausgeführt, so daß die Vernichtung der Flachsernte für das Land einen außerordentlichen Verlust darstellte! Wenn wir also die obige Deutung der „Gerste“ auch auf den „Flachs“ übertragen wollen, der ja unzweifelhaft mit der Gerste zusammengenannt ist, so dürfte die Parallelität (das Gleichlaufende) vielleicht darin gesehen werden, daß der Flachs (obwohl bezüglich des Gebrauchs wertvoll) doch so allgemein angebaut war - wie es tatsächlich der Fall war -, daß man trotz seiner qualitativen Bedeutung ihn um seiner quantitativen Verbreitung willen als etwas Gewöhnliches (wie die Gerste) angesehen habe; oder aber der Vergleich liegt in der Gebrechlichkeit desselben oder auch darin, daß er in geringerer Qualität auch die Kleidung der Volksmassen ausmachte. Bemerkenswert ist natürlich auch für uns, daß die jüdischen Kundschafter, als sie ins Land kamen, unter „Flachsstengeln“ verborgen wurden (Josua 2,6), was uns zeigt, daß für Gott nichts zu gering ist, als daß Er es nicht zum Nutzen der Seinigen verwerten könnte. Denn etwas Geringes an sich war doch diese Bergungsart, noch dazu in solchem Hause, dem Hause der Hure Rahab!
Nach obiger Deutung gehören also die nicht „christlichen“ Nationen zum Weizen (oder Spelt); für sie gibt es ein „Später“, eine Zukunft, eine herrliche Erntezeit - ein Eingeerntetwerden in die himmlischen Scheunen! Oder gehört einer unserer Leser nur zum Flachs, zur Gerste? D. h. also (im Bilde) zu der nur „bekennenden“, nicht wahrhaft das Leben habenden Christenheit, die reif fürs Gericht ist? Eine ernste Frage! Was nützen alle Äußerlichkeiten, was auch das äußerlich liebliche Aussehen der blauen Flachsblume, wenn das Gericht über ihr schwebt? „Du“ - du Christenheit! - „du hast den Namen, daß du lebest und bist tot!“ (Sardes, Off 3,2, Protestantismus, schließlich bekennende Christenheit im allgemeinen: Laodicäa, Off 3)! „Sei nun eifrig und tue Buße!“ (V. 19).
Wir Gläubigen der Jetztzeit, die wir vor den Gerichten der antichristlichen Periode bewahrt bleiben (Off 3,10; 1Thes 1,10), haben die ernste Aufgabe, die abtrünnige, dem Gericht entgegeneilende Christenheit zu warnen, ob aus ihr noch der eine und andere sich herausretten läßt auf den „Felsen des Heils“, um dem Verderben zu entgehen! („Philadelphia!“) - Seien wir treu in diesem Dienste!
Der Herr gebe uns Gnade, aus obigen verschiedenen Ausführungen für uns geistlichen Nutzen zu ziehen zu Seiner Ehre! „Sein Wort ist lebendig!“ (Heb 4,12)
F. K.
Zu Frage 3 (2. Lief. d. J).: „Enthält die sozusagen eingeschobene Bemerkung 2. Mose 9,31.32 prophetische Hinweise und Beziehungen auf Israel oder die Nationen (oder beides), und wenn ja, welche?“
Obwohl es nicht unsere Gepflogenheit ist, eine beantwortete Frage gleich noch einmal aufzurollen, so fühlen wir uns doch aus bestimmten Gründen veranlaßt, hiermit diesmal - wie vor fünf Jahren bei Frage 4 im 11. Jahrbuch - eine Ausnahme zu machen und eine nachträglich eingegangene (schöne) Antwort noch zu veröffentlichen. Verfasser derselben möchte ungenannt bleiben und bittet, seine Arbeit nur mit dem Wort Amicus zu unterzeichnen; das Wort bedeutet ja „Ein Freund“! Möge diese Antwort als die eines wahren Freundes recht gewürdigt werden und allen Lesern durch des Herrn Gnade zum Segen dienen! Apg 17,11!
Die Schriftleitung (Fragenteil) F. K.
Antwort B:
Die Schrift macht in den Propheten darauf aufmerksam, daß die Heimführung Israels aus der Fremde derjenigen gleichen werde, die es erfuhr, als Jehova sie aus Ägypten führte; ja, die letzte Heimführung würde die erste an Großartigkeit der Handlungen übertreffen. Die Zeichnung ist in ihren großen Linienführungen dieselbe. Hier Ägypten in seinem blühenden Zustande, mit der Herrscherkaste der oberen Zehntausend und der Masse der Ausgebeuteten; dort die Welt, ein Ägypten größten Ausmaßes, mit genau demselben Zustande. Hier der Pharao, der Gott gegenüber unbotmäßige Fürst, der Zwingherr mit dem ihm zu Gebote stehenden Heer von Treibern; dort der Fürst dieser Welt, Satan, mit seinen gefügigen, von ihm inspirierten und gleichzeitig von ihm düpierten Helfern und Helfershelfern, den regierenden politischen Machthabern, die gegen das Ende hin ihre offensichtlichste Aufsummierung in den beiden Tieren von Offenbarung 13 finden. Und als Drittes: Hier als Sklaven die Nachkommen Abrahams, dem für sich und seine Nachkommen verheißen war, daß er sowohl selber gesegnet sein würde, als auch daß er zum Segen für alle Nationen gesetzt sei; dort die gehetzten, verfolgten, dem Geiste, nicht nur dem Fleische nach wahren Nachkommen Abrahams der Endzeit, der getreue Überrest, die, soweit sie durch die Verfolgung nicht umkommen, die Heimkehr erleben werden, um für immer das Land zu besitzen. Dann auch: Hier Plagen über Plagen, in verschiedenen Arten und zunehmender Schärfe bis zum Tode der Erstgeburt und zum Untergang des Herrschers und seiner Heeresmacht; dort genau dasselbe Bild in der Endzeit. Ferner noch: Aufforderung zum Ablassen von der Unbotmäßigkeit; Warnungen vor weiterer Herzensverhärtung; Pausen zwischen den einzelnen Schlägen, die Zeit lassen zur Buße; scheinbare Ansätze zur Unterwerfung, die aber immer in ärgere Widersetzlichkeit auslaufen. Dort ebenfalls dasselbe. (Siehe die Offenbarung)!
Da fällt nun auf, daß die tatsächlich als eingeschoben anzusprechende Bemerkung hier, 2. Mose 9,31.32, ihre Gegenstücke in der Beschreibung der Gerichte der Endzeit hat. Was der Hagel anrichtete, wird schon im 25. Vers gesagt: Alles was auf dem Felde war, schlug er: Mensch und Vieh, alles Kraut, alle Bäume. Warum ist Flachs und Gerste nicht auch gleich genannt? Warum wird verschwiegen bis später, daß Weizen und Spelt verschont blieben, weil sie spätzeitig sind? Man sucht unwillkürlich einen Grund dafür. Sechs Plagen waren vorhergegangen; mitten hinein zwischen die scheinbare Buße des Pharao und die Fürbitte Moses um Aufhören des Hagels findet sich die besondere Mitteilung gesetzt: Flachs und Gerste wurden geschlagen, Weizen und Spelt nicht, und der in der Natur der Dinge liegende Grund wird angegeben. In der Offenbarung finden wir nach dem sechsten Siegel die Einschaltung von der Versiegelung der 144000 aus allen Stämmen Israels und die Vorführung der großen Volksmenge aus jeder Nation, welche, beide Teile, als für das Reich auf Erden bewahrt, durch die Gerichte hindurch erhalten bleiben, welche Gerichte nach Eröffnung des siebenten Siegels und der halben Stunde Schweigen im Himmel folgen.
Nach der sechsten Posaune folgt ebenfalls eine Einschaltung, in der wir unter anderem wieder von Bewahrungen, und auch von Geschlagenwerden hören auf das hin, was in der siebenten Posaune beschlossen liegt. Denn wenn mit dieser siebenten Posaune der Abschluß kommt, das Reich (11,15-18), so ist erwiesen, daß die ohne Einschaltung aufeinander folgenden sieben Zornesschalen von Kapitel 16 samt allem weiteren in die Zeit der siebenten Posaune hineinzusetzen sind, so daß die weiteren Bewahrungen ebenfalls in die siebente Posaune hineingehören:12,6 und 14-17: die des Weibes, d. i. Israels, wie es nach den Gedanken Gottes gesehen wird, verkörpert zu jener Zeit in dem treuen Überrest, dem „Samen“ von Vers 17; die der 144000 von Kapitel 14, welche wohl diejenigen des Überrestes aus den Juden darstellen, die in der großen Drangsal ihre Treue beweisen und hindurchgerettet werden und dann auch besonderer Ehre mit dem Lamme auf dem Berge Zion teilhaftig werden. Vorher in Kap. 11,1.2 schon werden die wahren jüdischen Gottesfürchtigen unterschieden von denen, die nur dem Namen nach Juden sind. Auch andere, die das Gericht trifft, werden in der Einschaltung genannt: Kap. 13,10; 14,10ff.; 20.
Es ist doch auffallend, daß soviel Übereinstimmung besteht zwischen den betreffenden Abschnitten im 2. Buch Mose und denen der Offenbarung. Drängt es sich da nicht geradezu auf, in dem Flachs und der Gerste einen Hinweis, zusammenfassend gedacht, auf das und die zu sehen, die zur Zeit der kommenden Auseinandersetzung zwischen Gott und dem Fürsten dieser Welt durch die Gerichte Gottes umkommen, und in dem Weizen und dem Spelt einen Hinweis auf die, die nach Vorkenntnis und Vorbestimmung Gottes nicht umkommen?
Der stark betriebene Flachsanbau war mit eine Quelle des Reichtums im alten Ägypten durch die Ausfuhr der feinen Gespinste und Zeuge, die unübertrefflich waren. Natürlich wurde auch im eigenen Lande Luxus damit getrieben. Es liegt also nahe, die Parallele zu ziehen auf die kommende Krisis hin, in deren Mittelpunkt Kanaan und Israel stehen, daß in den Gerichten der Offenbarung die Welt in ihrem Luxus und ihrem Erwerb daraus getroffen wird, ob es nun die Nationen seien oder die von ihrem Gott abfallende Judenheit. Die Gerste wurde ebenfalls stark angebaut; sie ist dem Weizen gegenüber die minderwertigere Getreideart, gab den niederen Volksklassen ihr Brot, wurde auch dem Vieh gefüttert (1Kön 4,28). Wenn wir auch hier eine Parallele ziehen wollen, so werden wir, in Frageform gekleidet, sagen dürfen: Wird in der kommenden Gerichtszeit die Menschheit, die den großen Haufen bildet, das sogenannte Proletariat, das luxus- und besitzlose, besser wegkommen, wird die Bedürftigkeit sie zu Gott treiben, zur Buße führen, so daß sie dem Gericht entrinnen möchten? Leider nicht. Denn sie sind gerade wie die Reichen dabei, vor Gott sich zu verbergen, statt Ihm Ehre zu geben und um Gnade zu flehen, Off 6,15; lassen sich geradeso das Malzeichen des Tieres geben wie die Großen und Reichen (13,16), trotzdem die Warnung ausgegeben wird, es nicht zu tun (14,9-11).
Weizen und Spelt, die wertvolleren Getreidearten, sind spätzeitig, heißt es; deswegen seien sie nicht geschlagen worden, während Gerste und Flachs schon in vorgeschrittenem Wachstum waren. Das ist freilich naturhaft, ist also für das hier berichtete Geschichtliche selbstverständlich. Aber drängt sich nicht wiederum die Parallele auf: Reift auch im Menschen das Gott nicht Gefällige, das, was dem fleischlichen Menschen liegt und ihn ins Gericht Gottes bringt, nicht viel, viel rascher als das, was Gott wirkt im Menschen, was Bestand hat, was die Prüfungen übersteht und schließlich als etwas für Gott Wertvolles dasteht? So können wir die Linie vom Weizen und Spelt hinüberziehen zu den Gottesfürchtigen aus Juda und Israel und aus den Nationen, welche auf die dann noch sich vernehmenlassende Stimme Gottes hören und, soweit sie nicht Märtyrer werden, heranreifen zu einer guten und Gott wohlgefälligen Frucht in Seinem Reiche.
Amicus.
6 Ein ähnliches Bild gebraucht der Prophet Jesaja von Israel in Kap. 28,23-29. Dort wird dem Überrest, der unter der Zuchtrute Jehovas steht, die tröstliche Verheißung zuteil, daß das „Brotkorn“ trotz der ernsten Gerichte durch den König des Nordens nicht zermalmt wird. Die verschiedenen genannten Früchte weisen wohl auf den verschiedenen sittlichen Zustand im Volke hin. Der Verfasser.↩︎
7 Manche freilich glauben (vergl. Zeller „Bibl. Handwörterbuch“), daß Byssos aus Baumwolle sei, dem ich mich nach der Schrift durchaus nicht anschließen kann. Der obenerwähnte Kinzler schreibt auch, daß Byssos aus Leinen sei. F. K.↩︎