Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
Fragen und Antworten Band 11 - Jahrgang 1926
Kol 4,17 - Ist Kol 4,17: „Saget dem Archippus: Siehe auf den Dienst, den du vom Herrn empfangen hast, damit du ihn erfüllest!“ als Tadel aufzufassen? Was haben wir aus dieser Stelle zu lernen?Kol 4,17 - Ist Kol 4,17: „Saget dem Archippus: Siehe auf den Dienst, den du vom Herrn empfangen hast, damit du ihn erfüllest!“ als Tadel aufzufassen? Was haben wir aus dieser Stelle zu lernen?
Frage 11: Ist Kol 4,17: „Saget dem Archippus: Siehe auf den Dienst, den du vom Herrn empfangen hast, damit du ihn erfüllest!“ als Tadel aufzufassen? Was haben wir aus dieser Stelle zu lernen?
Antwort:
Ich möchte nicht annehmen, daß es sich um einen Tadel handelt, vor allem deswegen nicht, weil Paulus den Archippus in dem zu gleicher Zeit nach Kolossä gesandten Philemon-Brief seinen „Mitkämpfer“ nennt (Philem. V. 2). Außerdem bekam Timotheus ähnliche Ermahnungen, wie z. B. 1Tim 4,11-16 und 5,22; 2Tim 4,5 „vollführe deinen Dienst!“ u.a.m. Wem käme es wohl in den Sinn, in solchen Ermahnungen einen Tadel zu sehen?! Freilich kann aus dem Ausdruck „siehe auf ...“ ein leiser Unterton herausgehört werden, als ob Archippus es an der nötigen Sorgfalt habe mangeln lassen, wie wenn ihm nicht genügend daran gelegen habe, seinen im Herrn überkommenen Dienst treulich zu erfüllen, aber es muß nicht herausgehört werden! Es läßt sich vielmehr vermuten, daß Archippus in Abwesenheit des sonst um die Gemeinde besorgten Epaphras, der mit Paulus in Rom gefangen war (vgl. Kol 1,7.8 und 4,12.13 mit Philem. V. 23)!, einen derart schweren Dienst innerhalb der Gemeinde unter der Autorität des Herrn bekommen hatte, daß er einer ebenso ernsten wie liebevollen Ermahnung bedurfte, um seine Aufgabe überhaupt erfüllen zu können, ohne mutlos zu werden. Vielleicht deutet der Ausdruck „Mitkämpfer“ in Philem. V. 2 darauf hin, daß er seinen Mann zu stehen wußte in solchen Kämpfen, wie sie in des Apostels Leben so reichlich vorhanden waren: in Kämpfen gegen Irrlehrer um der Wahrheit willen (vgl. z. B. Kol 2). (Der Ausdruck „Mitstreiter, Mitkämpfer“ wird sonst nur noch im Blick auf Epaphroditus, Phil 2,25, gebraucht; vgl. Phil 1,27-30)!
Die Ermahnung selber sollte aber von der Gemeinde ausgehen, an die dieser Brief gerichtet war, d. h. von den „heiligen und treuen Brüdern in Christo, die in Kolossä sind“ (1,2), so daß, wenn diese den Auftrag des Apostels ausgeführt hatten an Archippus und wenn dieser den Brief selbst gelesen hatte, er sich auf doppelte Weise ermahnt und gestärkt fühlen mußte zu seinem Dienst. Der Ton der Ermahnung liegt auf dem „Siehe auf ...“, „Achte auf ...“. Dadurch bekam der Empfänger derselben einen Wink, wie er den überkommenen Dienst würde erfüllen können: durch besondere Sorgfalt, durch Achthaben auf alle Umstände, durch Treue im Beachten der Erfordernisse gerade dieser Aufgaben, die ihm geworden waren. Mit anderen Worten: Wenn du auf alle Umstände dieses Dienstes treulich achtest, so wirst du imstande sein, ihn völlig und ganz zu erfüllen! - Ob wohl Archippus diese freundlich-ernste doppelte Ermunterung seitens der „heiligen und treuen Brüder“ wie vor allem seitens des Apostels
Paulus, der ihn ja in dem anderen nach Kolossä gehenden Briefe „unseren Mitstreiter“ nennt, mißverstanden haben kann, als wenn man ihn öffentlich getadelt, bloßgestellt habe? Ich denke nicht! Vielmehr wird er „das Wort der Ermahnung“ ertragen haben (Heb 13,22), und es wird ihm eine Stärkung gewesen sein, zu sehen, wie der Apostel seinen Dienft würdigte und die Brüder gleichsam aufforderte, dasselbe zu tun. Paulus verstand es in Nachahmung des Herrn (1Kor 11,1 u. a)., das rechte Wort am rechten Platz zu sagen, und er „ermahnte durch die Sanftmut und Gelindigkeit des Christus“ (2Kor 10,1) - es war nichts weniger als ein Vorwurf, von ihm ermahnt zu werden, eher Anerkennung.
Was wir aus dieser Stelle zu lernen haben? Nun, einiges ist oben schon angedeutet, z. B. die richtige Art des Ermahnens: zart und doch entschieden und bestimmt, anerkennend - aber auch aufmunternd! Dann auch, daß es Dienste im Herrn, in Seiner Autorität gibt innerhalb der Gemeinde, die nur wir, d. h. der einzelne tun kann, dem der Herr sie aufgetragen hat; mit anderen Worten: die Schrift kennt nicht die heute vielfach geübte Praxis, daß einer alles zu tun habe und in allen Gemeindefragen und Angelegenheiten zuständig sei. „Derselbe Herr“ - aber „Verschiedenheiten von Diensten“! (1Kor 12,5). Wie wichtig ist das doch, und wie sehr wird der Gemeinde Gottes geschadet, wenn alle Angelegenheiten in einer Person vereinigt sind! - Dann auch ist es bezeichnend, daß aus dieser Stelle in Verbindung mit der letztgenannten hervorgeht, wie die Inhaber der verschiedenen Dienste einander zu achten und anzuerkennen hatten. Fehlt es daran heuten nicht auch oft?
Auf eines, was wir hier lernen können, möchte ich noch besonders hinweisen!
Wie eben gesagt: nur Archippus hatte diesen Dienst, worin er auch bestanden haben mag, bekommen, und nur er konnte ihn erfüllen - aber er war auch verantwortlich, ihn zu erfüllen! Kein anderer! Wie ernst ist dies doch! Erfüllt werden mußte der Dienst (das liegt schon in dem „damit“, „auf daß“) - wer sollte, wer konnte ihn tun, wenn nicht Archippus, der ihn im Herrn empfangen hatte! Ob er nun träge war - so wäre es vielleicht gewesen, wenn man in dieser Stelle einen Tadel sehen müßte (was ich, wie gesagt, nicht tue), oder mutlos - einerlei: der Dienst mußte getan werden, und zwar durch ihn - und darum die Ermahnung des Paulus und der Brüder. Wieviel lehrt uns dies doch! Wie leicht wird einmal ein Arbeiter (nicht träge - davon laßt uns hier absehen, denn wir sehen es, meine ich, eben nicht in Archippus)! in dem kostbaren Werke des Herrn mutlos und darum säumig! (Röm 12,11, vgl. Frage 8 dieses Jahrganges). Wie leicht setzt sich ein sonst tatkräftiger Mann Gottes „unter den Ginsterstrauch“ wie Elias (1Kön 19,4.5), weil ihn die vermeintliche Erfolglosigkeit seines treuen Dienstes niederdrückt, wie leicht verzagt das Herz, werden die Hände laß im Kampf, wenn der Blick gerichtet ist auf den mächtigen Feind, auf Enttäuschungen der Arbeit, auf Mißverstehen seitens der Mitarbeiter, auf inneres Vereinsamtsein, auf Unvollkommenheiten des eigenen Tuns trotz besten Wollens, auf Trübungen und Trennungen unter Gottes Volk usw., usw.! Was ist zu tun? Wie ist dem abzuhelfen? Wie ist den daraus entstehenden Schäden zu steuern? Unsere Stelle gibt uns ein sehr einfaches Heilmittel. Nur du, Archippus - nur du, Bruder, kannst und sollst diesen Dienst, den du vom Herrn bekamest (es sei denn, du hättest ihn von Menschen, nicht vom Herrn!)!, erfüllen, also siehe auf ihn, siehe auf den Dienst, achte auf den Dienst! Siehe ihn an, siehe, beachte seine Herrlichkeit - seinen Umfang - seine Schönheit - seine Zweckmäßigkeit - seinen Nutzen für des Herrn Sache, in Seinen Augen - sein Ziel - seine Erfordernisse zwecks Durchführbarkeit und Überwindung aller Schwierigkeiten, welche sich auch bilden mögen - seine Gelegenheiten wie seine Beschränkungen, die er dir, deiner Kraft, deiner Zeit auferlegt usw. - sieh dir deinen vom Herrn dir und nur dir übertragenen Dienst an - mit der Gründlichkeit eines „Facharbeiters“ (nicht mit der Ungenauigkeit eines „Gelegenheitsarbeiters“)!, mit der Sorgfalt eines „Kenners“, mit der hingebenden Liebe und Treue eines „Bevorzugten“ (nämlich vom Herrn)!, mit der heiligen Furcht eines göttlich-bevollmächtigten „Vertrauten“, der sich seiner Würde bewußt ist, mit der eisernen Willensenergie des für diesen Dienst allein in Betracht Kommenden, der gleichsam vom Herrn das Monopol dieses Dienstes bekam - und du wirst keine Zeit, keine Kraft übrig haben für den Blick auf Dinge, die der Feind dir in den Gesichtskreis rückt, um dir das Erfüllen deines einzigartigen, dir allein anvertrauten Dienstes unmöglich zu machen!
(Vgl. die Männer in Lk 5,18-20)! Mutlosigkeit, welche Säumigkeit gebiert, ist nicht am Platze, wo es sich um den Dienst im Herrn handelt, den Er uns aufgetragen hat! Er Selber, unser geliebter Herr, ist uns das erhabenste Vorbild (und Ihm nach Sein Apostel Paulus)!, in welcher Weise ein Dienst erfüllt werden muß und kann, selbst unter den allererschwerendsten Umständen bis hin zu dem: „Es ist vollbracht“ von Joh 19,30. Laßt uns „ Ihn betrachten“ in Seinem Dienst und in Seinem Dienen, in Seinem Ernst, Seiner Treue, Liebe und Hingabe, dann lernen wir für unseren Dienst alle Mutlosigkeit zu vergessen (Heb 12,1-3) und treu zu sein im Kleinen und über das Wenige, das Er in Seiner Gnade und Weisheit uns anvertraut hat! (Mt 25,21.23; Lk 12,42; 16,10; 1Kor 4,1.2; Jer 5,3a usw).
Sicher hat Archippus die treue Ermahnung verstanden und beherzigt - und wir? Der Herr gebe auch uns Gnade, uns sagen zu lassen und zu lernen, was Er uns mit dieser Stelle sagen will - Ihm allein zur Ehre!
D. Schriftl. F. K.
Erstellt: 31.03.2024 20:41, bearbeitet: 29.10.2024 14:32
Quelle: www.clv.de.