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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
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Fragen und Antworten Band 12 - Jahrgang 1927
Mt 12,40 - Wie ist die Unstimmigkeit in Mt 12,40 zu lösen? Der Herr war doch keine vollen drei Tage und drei Nächte in der Erde!Mt 12,40 - Wie ist die Unstimmigkeit in Mt 12,40 zu lösen? Der Herr war doch keine vollen drei Tage und drei Nächte in der Erde!
Frage 11: Wie ist die Unstimmigkeit in Mt 12,40 zu lösen? Der Herr war doch keine vollen drei Tage und drei Nächte in der Erde!
Antwort:
Aus dem Zusammenhang, in dem wir den Ausspruch des Herrn in Mt 12,40 finden, ersehen wir, daß der Herr mit dem „Zeichen Jonas', des Propheten“, Seinen Tod am Kreuze und Seine Auferstehung meint, und wenn wir Jona 2 lesen, sehen wir dieses im Bilde deutlich vor uns: Wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauche des großen Fisches war, in der tiefsten Finsternis, abgeschnitten vom Leben, so hing der Herr am Kreuze in den Stunden der Finsternis und lag Sein Leib dann im Grabe, und wie Jona von dem großen Fische - aus diesem Orte des Todes - an das Land ausgespien wurde und dadurch in das Leben zurückkehrte, so ist der Herr aus den Toten auferstanden.
Das ist leicht zu erkennen, aber schwieriger ist es mit den „drei Tagen und drei Nächten in dem Herzen der Erde“. Wir denken dabei an das Im-Grabe-gewesen-Sein des Herrn, stoßen aber hierbei auf die Schwierigkeit des Fragestellers, nämlich, daß es unmöglich ist, in der Zeit, während welcher der Leib des Herrn im Grabe lag, drei Tage und drei Nächte zu erblicken oder herauszurechnen, wie irgend man auch rechnen und es zu erklären versuchen mag. Der Leib des Herrn wurde am Abend vor dem Sabbat in das Grab gelegt (Mt 27,57-60; Mk 15,42-46; Lk 23,54; Joh 19,31.38-42) und hat offenbar den vollen Sabbat über im Grabe gelegen, aber am Morgen nach dem Sabbat, dem ersten Tage der Woche, war das Grab leer, weil der Herr auferstanden war (Mk 16,1.2ff.; Lk 23,56-24,1ff.; Joh 20,1ff). Es kommt demnach als Zeit, während welcher der Leib des Herrn im Grabe lag, nur in Frage der Schluß des Tages vor dem Sabbat, dann der Sabbat selbst und schließlich noch der Anfang des Tages nach dem Sabbat, also des ersten Wochentages; mehr auf keinen Fall. Das wären also, wenn man den Tag vor dem Sabbat und den Tag nach dem Sabbat als „Tag“ rechnen will - obwohl von beiden nur je ein geringer Bruchteil in Frage kommt und daher eine solche Berechnung nicht recht befriedigend ist -, wohl „drei Tage“, aber ganz ohne Zweifel nur zwei Nächte, nämlich die Nacht vom Tage vor dem Sabbat zum Sabbat und vom Sabbat zum ersten Tage der Woche, dem Auferstehungstage; keinesfalls also drei. Aber auch hinsichtlich der „Tage“ ist die Wirklichkeit anders, denn wenn als Zeitberechnung „Tage und Nächte“ angegeben sind, sind selbstverständlich mit „Tagen“ nicht 24-Stunden-Tage gemeint, sondern nur der von der Sonne erleuchtete Zeitraum (vgl. Joh 11,9), im Gegensatz zu dem finsteren Zeitraum, der Nacht. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet sind es nur zwei „Tage“, denn der
Herr war am ersten Wochentage bereits auferstanden, ehe der „Tag“ anbrach, wie uns Joh 20,1 zeigt, wo uns berichtet wird, daß Maria Magdalena am ersten Wochentage früh, „als es noch finster war“, zur Gruft kam und sah, daß der Stein von der Gruft weggenommen war. Aber wie immer man auch rechnen mag, ist es unmöglich, in der Zeit von der Grablegung bis zur Auferstehung des Herrn „drei Tage und drei Nächte“ zu finden. Es bleibt daher nur der Schluß übrig, daß der Herr die drei Tage und drei Nächte nicht buchstablich, als Zeitangabe, sondern sinnbildlich gemeint hat, und wenn wir Jona 2 lesen, ist es nicht schwer, zu erkennen, daß es tatsächlich so ist. Und dabei wird uns zugleich klar, daß der Herr bei Seinen Worten in Mt 12,40 nicht nur an Seinen Tod und das Grab dachte, sondern auch an die drei Stunden der Finsternis am Kreuze, in denen Er das Gericht für die Sünde und für unsere Sünden erduldete und von Gott verlassen war. Das sehen wir aus dem Gebet Jonas', das er aus dem Bauche des großen Fisches zu Jehova, seinem Gott, betete. Denn in diesem Gebete finden wir Ausdrücke gebraucht, die wir nur auf die drei Stunden der Finsternis am Kreuze beziehen können, unmöglich aber auf die Zeit vorher oder nachher; denn vorher war der Herr ununterbrochen in Gemeinschaft mit dem Vater (Joh 8,29; 16,32), auch noch am Kreuze (Lk 23,34), und nachher ebenso, denn Er ging vom Kreuze ins Paradies (Lk 23,43.46). In den Stunden der Finsternis aber - und nur in diesen - durchlebte Er das, was wir bildlich in Jona 2 in dem Gebet Jonas' ausgedrückt finden: „Ich schrie aus dem Schoße des Scheols“ (V. 3b); „Denn Du hattest mich in die Tiefe, in das Herz der Meere geworfen, und der Strom umschloß mich; alle Deine Wogen und Deine Wellen fuhren über mich hin“ (V. 4); „Und ich sprach: Verstoßen bin ich aus Deinen Augen“ (V. 5a); „Die Wasser umfingen mich bis an die Seele, die Tiefe umschloß mich, das Meergras schlang sich um mein Haupt. Ich fuhr hinab zu den Gründen der Berge; der Erde Siegel waren hinter mir auf ewig“ (V. 6.7a.b). So finden wir in Jona im Bauche des großen Fisches in erster Linie den Herrn in den drei Stunden der Finsternis am Kreuze vorgebildet. Aber damit ist das Bild nicht erschöpft, weil der Mensch durch die Sünde auch dem leiblichen Tode verfallen ist und darum der Herr für die Seinen auch diesen erleiden mußte, Er mußte sterben und in das Grab gelegt werden. Auch das ist in das Bild von Jona im Bauche des großen Fisches mit eingeschlossen. Aber wie Jona nicht im Bauche des großen Fisches blieb, sondern an das Land ausgespien wurde, so ist auch der Herr nicht im Tode geblieben, sondern auferstanden.
Aus dem vorstehend Gesagten, und besonders aus der Betrachtung der drei Stunden der Finsternis in diesem Bilde, wird es uns klar geworden sein, welche sinnbildliche Bedeutung die „drei Tage und drei Nächte“ haben. „Drei“ ist die Zahl der göttlichen Vollkommenheit (und der Auferstehung! Anmerkung des Schriftl). und darum zugleich der Ewigkeit. Die Leiden des
Gerichts der Gottlosen werden ewig sein, wie Gottes Wort uns klar sagt (Mt 25,41.46; 2Thes 1,8.9; Off 14,10.11; 20,10.15; 21,8). Für die Erlösten hat der Herr diese Leiden erduldet. In dem Vorbild durch Jona faßte Gott dieses in die drei Tage und drei Nächte zusammen, die für Jona im Bauche des großen Fisches eine schreckliche Zeit tiefster Finsternis, des Verschlungenseins vom Tode, des Verlorenseins „auf ewig“ (2,7b) waren. Die stellvertretenden, sühnenden Leiden des Herrn am Kreuze waren zusammengefaßt in drei Stunden, in denen der Herr für die Seinen alles erlitt, was sonst sie hätten ewig erleiden müssen; und am dritten Tage ist Er auferstanden. Das ist der Sinn, in welchem der Herr die „drei Tage und drei Nachte“ von Jona auf Sich anwendet. „Im Herzen der Erde“ würde materiell, örtlich, der Mittelpunkt der Erde, also der tiefste Punkt der Erde sein, In diesem Sinne sind diese Worte ebenfalls sinnbildlich zu verstehen. Der Herr ist in die tiefste Tiefe hinabgestiegen - „in die untersten Teile der Erde“ (Eph 4,9) -, als Er für uns im Gericht und im Tode war. Das haben wir schon in Jona 2,1.4.6.7 bildlich gesehen und können wir auch noch aus Ps 63,9 und Hes 31,14.16.18b; 32,18.24 verstehen lernen. Welch eine wunderbare Tatsache ist es doch, daß der Herr „drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde“ war! Und wir wissen: „Der hinabgestiegen ist, ist Derselbe, der auch hinaufgestiegen ist über alle Himmel, auf daß Er alles erfüllte“ (Eph 4,10). Gepriesen sei Er!
Th. K.
Anmerkung des Schriftleiters:
Es macht für diese überaus kostbare Antwort, für die dem Herrn zu danken wir alle Ursache haben, nichts aus, wenn ich der Vollständigkeit halber folgendes hinzufüge:
Auch diejenigen, welche diese sinnbildliche Bedeutung in bezug auf das Kreuz nicht zu erfassen vermögen, haben keinen Grund, in dem nicht mit den drei unvollständigen Tagen (zwischen Christi Tod und Auferstehung) buchstäblich stimmenden Ausdruck eine Schwierigkeit oder gar einen Widerspruch oder Fehler bei den Worten des Herrn zu sehen. Denn es war hebräischer Sprachgebrauch (wie es bisweilen auch deutscher ist)!, angefangene Zeiten rund zu rechnen. Das läßt sich aus dem jüdischem Schrifttum leicht nachweisen, z. B. dem Talmud wie aus den Apokryphen (z. B. Tob. 3,12.13) - die für uns hier nur kulturgeschichtliches Interesse haben! Vor allem sind aber auch in der Schrift dafür Beweise vorhanden! Man lese z. B. Est 4,16 - 5,1; 2Chr 10,5-12 u. a. Was Paulus in 2Kor 11,25 sagt, deutet auf einen ähnlichen Sprachgebrauch im Griechischen hin, wo Paulus nur ein einziges Wort gebraucht, während wir sagen: „einen Tag und eine Nacht''; er sagt eigentlich nur „nachttägig“! Auch die eigentümliche Stelle Mt 27,63.64 zeigt uns ganz klar, daß den Juden in ihrem Sprachgebrauch „nach drei Tagen“ und „am dritten
Tage“ gleichlaufende Begriffe waren und daß sie nicht etwa daran dachten, Pilatus solle für eine Zeit von dreimal 24 Stunden eine Wache bewilligen! In Mk 8,31 sagt auch der Herr: „Nach drei Tagen!“ -
Aus allen diesen Stellen geht m. E. hervor, daß uns der Ausdruck in Mt 12,40 auch dann keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten muß, wenn wir jene kostbare sinnbildliche Auffassung nicht kennen. Und Unbekehrten gegenüber, die diese Stelle als Waffe gegen die Schrift gebrauchen, können wir kaum von jener herrlichen Bedeutung sagen, wir können ihnen aber mit dieser Erklärung auf Grund des Sprachgebrauchs wohl „den Mund stopfen“. Für uns Gläubige aber ist diese sinnbildliche Bedeutung in Verbindung mit dem Gebet Jonas und den Leiden des Herrn am Kreuz usw. die richtigere, weil in der Tiefe der göttlichen Tatsachen liegende, und darum die wichtigere Erklärung der Stelle. Dem Herrn sei Dank für Sein wunderbares sich durch sich selber auslegendes göttliches Wort!
F. K.
Erstellt: 31.03.2024 22:09, bearbeitet: 04.10.2024 17:07