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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
Fragen und Antworten Band 18 - Jahrgang 1933
Joh 20,20.25.27; Lk 24,39; Off 1,7; Phil 3,20-21; Off 21,5 - Trägt der Herr Jesus noch – also in der Herrlichkeit – Seine Nägelmale und das Speermal? (Joh 20,20.25.27; Lk 24,39; Off 1,7). Wenn ja – wie ist es dann möglich, dass wir, die wir doch einen dem Seinen gleichförmigen „Leib der Herrlichkeit“ tragen sollen (Phil 3,20.21), in demselben von unseren hienieden empfangenen leiblichen Mängeln und Gebrechen befreit sein können und doch auch sein müssen, wenn unsere Herrlichkeit vollkommen sein soll?! Denn Er sagt doch: „Siehe, ich mache alles neu!“ (Off 21,5).Joh 20,20.25.27; Lk 24,39; Off 1,7; Phil 3,20-21; Off 21,5 - Trägt der Herr Jesus noch – also in der Herrlichkeit – Seine Nägelmale und das Speermal? (Joh 20,20.25.27; Lk 24,39; Off 1,7). Wenn ja – wie ist es dann möglich, dass wir, die wir doch einen dem Seinen gleichförmigen „Leib der Herrlichkeit“ tragen sollen (Phil 3,20.21), in demselben von unseren hienieden empfangenen leiblichen Mängeln und Gebrechen befreit sein können und doch auch sein müssen, wenn unsere Herrlichkeit vollkommen sein soll?! Denn Er sagt doch: „Siehe, ich mache alles neu!“ (Off 21,5).
Frage 8: Trägt der Herr Jesus noch – also in der Herrlichkeit – Seine Nägelmale und das Speermal? (Joh 20,20.25.27; Lk 24,39; Off 1,7). Wenn ja – wie ist es dann möglich, dass wir, die wir doch einen dem Seinen gleichförmigen „Leib der Herrlichkeit“ tragen sollen (Phil 3,20.21), in demselben von unseren hienieden empfangenen leiblichen Mängeln und Gebrechen befreit sein können und doch auch sein müssen, wenn unsere Herrlichkeit vollkommen sein soll?! Denn Er sagt doch: „Siehe, ich mache alles neu!“ (Off 21,5).
Antwort A:
Die Erhabenheit der Person des Herrn legt uns ehrerbietige Zurückhaltung auf, wenn wir es unternehmen, auf diese Fragen zu antworten. Auch der Leser möge das nicht aus dem Auge lassen!
Die aus Johannes und Lukas angeführten Stellen sind der entsprechende Beweis, daß der auferstandene, aber noch nicht verherrlichte Herr dieselbe Person war, die am Kreuze gehangen hatte und tot in die Gruft gelegt worden war. Sie liefern den Beweis von der Erfüllung von Ps 16,9 und 10. Diese Beweislieferung dauerte 40 Tage hindurch nach Apg 1,3. Die unmittelbare Anreihung des Berichts über Seine Himmelfahrt an die in Lk 24,36ff. und Apg 1,3ff. mitgeteilten Unterredungen läßt keinen Zweifel zu, daß der Herr da etwa die Wundenmale nicht mehr gehabt hätte. Hätte Er sie nun nach Seinem Eingang in die Herrlichkeit verloren? Dürfen wir aus den Worten der beiden Engel (Apg 1,11) nicht entnehmen, daß Er sie noch haben wird, wenn Er „kommt also, wie ihr Ihn gen Himmel habt auffahren sehen“? Nicht, daß damit gesagt sein soll, die Wundenmale seien speziell mit dem „also, wie“ gemeint. Nein; die Art und Weise überhaupt ist gemeint. Aber die Engel sagen bezeichnenderweise: „Dieser Jesus.“ Womit sie augenscheinlich sagen wollen: Der euch vertraute Jesus, wie ihr Ihn bis zu diesem Augenblick gekannt habt. Und Der hatte die Wundenmale. Liegt nicht auf derselben Linie Off 1,7? Wozu wir Sach 12,10 nehmen. Sollten die beiden Stellen nur die Handlung des Durchbohrens (welche ja der römische Soldat vollzogen hatte) hervorheben wollen und nicht zugleich die Tatsache, daß Er noch die Male der Durchbohrung trägt? Wenn das auch nicht ausdrücklich dasteht, so scheint doch das Wehklagen über Ihn sich darauf zu beziehen, daß sie die Wundenmale sehen und sich schmerzlich bewußt werden, daß sie Ihm dieselben verursacht haben. Auch Jes 53,5 liegt auf dieser Linie der wehklagenden Selbstbezichtigung in der kommenden Zeit, wenn sie Ihn kennenlernen werden; nach Sach 12 und Jes 53 zunächst in ihrem Geiste durch die Übungen in der Drangsal; dann aber auch, wenn sie Ihn sehen werden nach Off 1. Auch
Sach 13,6 scheint nahelegen zu wollen: Seine Hände werden, wenn Er kommt, die Wundenmale tragen, die Er bei Seinem früheren Dasein empfangen hat. Wie könnte sonst gefragt werden: „Was sind das für Wunden in Deinen Händen?“18, wenn auch selbstverständlich nicht an eine buchstäblich von einem Menschen an Ihn gerichtete Frage zu denken ist. Der ganze zusammenhängende letzte Abschnitt im Propheten von Kap. 13,1 bis Kap. 14,21 handelt ja von der Zeit, da Er wiederkommt, wie der Inhalt und das fünfzehnmal wiederkehrende „an jenem Tage“ beweisen. Es ist der Tag der Gerichte und der Wiederherstellung Israels.
So weit, nämlich für die Zeit seit dem Kreuze bis zur Himmelfahrt und zu Seinem Kommen in Herrlichkeit, können wir uns auf die Schrift berufen, wenn wir sagen: Der Herr Jesus trägt noch in der Herrlichkeit Seine Wundenmale.
Wie aber ist es weiterhin für die Dauer des Reiches und für die Ewigkeit? Gibt uns die Schrift auch Unterlagen, um bestimmt „ja“ oder „nein“ sagen zu können? - Meines Wissens gibt sie keine. Wir sind darauf angewiesen, aus Bekanntem Schlüsse zu ziehen aufs Unbekannte, wenn die Frage uns nun einmal interessiert. Und wie sollte Seine Person uns nicht interessieren?
Die Tatsache, daß die Schrift über den in Frage kommenden Punkt wie über vieles andere Schweigen bewahrt, mahnt uns zur Vorsicht.
Markus 18,12 gibt uns einen Fingerzeig. „... Er offenbarte Sich zweien aus ihnen in einer anderen Gestalt ...“ Vorher heißt es (V. 9): „... Er erschien zuerst der Maria Magdalene ...“ Wie war Er da, daß sie Ihn nicht erkannte, sondern für den Gärtner hielt? (Joh 20) Waren nur „ihre Augen gehalten“ wie bei den Emmausjüngern und nachher „aufgetan“? (Lk 24,16 und 31) Seine Stimme mußte zuerst doch auch einen anderen Klang haben, daß sie Ihn nicht daran erkannten. Und Er hatte doch gesagt, daß Seine Schafe Seine Stimme kennen. Als Er es wollte, als Er die Maria mit Namen rief, da erkannte sie Ihn. Hatten die beiden und die eine die Male in Seinen Händen nicht in acht genommen? Wir können keine Antwort darauf geben, weil die Schritt schweigt. Aber die Mitteilung in Mk 16,12: „Er offenbarte Sich in einer anderen Gestalt“, wird uns zu der Feststellung berechtigen: Er wird fürderhin bei irgendwelchen Gelegenheiten Sich auf eine Weise und in einer Gestalt zeigen, die Er für den Zweck als entsprechend erachtet. So tat Er schon vor Seiner Menschwerdung, angefangen vom Garten in Eden. Er erschien in Menschen- und Engelsgestalt; erschien dem Propheten Jesaja in nicht näher beschriebener Gestalt (Jes 6 und Joh 12,37-41). Seit Seinem Weilen im Himmel als Mensch erschien Er mehrmals dem Saulus - Paulus von Tarsus. Ob es in einer oder in welcher Gestalt war, teilt uns dieser nicht mit; er sagt nur wie Jesaja: „Ich sah Ihn.“ (Apg 22,18; 1Kor 9,1) Die Erscheinungen des Herrn, von denen die Offenbarung berichtet (1,13-16; 5,6; 19,12.13), haben symbolischen Charakter; sie können daher nicht übermitteln, wie der Herr für uns tatsächlich ist. Dies aber werden wir sagen dürfen zu Kap. 5,6: Das Symbol: „ein Lamm wie geschlachtet“ ist doch gewiß das Entsprechende für das, daß Er die Wundenmale droben noch an Sich hat, nachdem Er als sie habend gen Himmel gefahren ist. Wenn Er dann bei Seinem Offenbarwerden vom Himmel her nicht immer in einer Gestalt vorgeführt wird in der Schrift, die auf Sein Verwundetwordensein hinweist, so ist das eben nach dem Worte: „sich offenbaren in einer anderen Gestalt“, so oder so, je nachdem Er gekennzeichnet sein soll. In Off 1,5 und 7 wird Er den sieben Versammlungen, und damit uns, vorgestellt als der getreue Zeuge, der Erstgeborene der Toten, der Fürst der Könige der Erde, und als der, der uns gewaschen hat in Seinem Blute; darum: mit den Wolken kommend und, wie eindrucksvoll der hehre Gegensatz: den Beweis Seiner früheren Erniedrigung an sich tragend: die Wundenmale! Ähnlich Jes 52,13ff.: Der Knecht, der Verachtete, der Gemarterte wird Könige aufbeben machen vor Verwunderung über Seine Erhabenheit. Von letzterer nur ist die Rede in Jes 33,17; Ps 45,2.3.4.8, weil stellvertretendes Leiden nicht in Frage kommt: Er ist einfach „der König in Seiner Schönheit“. Wiederum in anderer Gestalt durfte Ihn Daniel in Gesichtern der Nacht sehen, Dan 7,13.14: einfach „wie eines Menschen Sohn“, ohne nähere Beschreibung. Diese Stelle führt über zu Seinen eigenen Worten in Joh 5,22.27: Das ganze Gericht ist dem Sohne gegeben ... Er hat Gewalt empfangen, Gericht zu halten, weil Er des Menschen Sohn ist. Vor dem Empfang dieser Gewalt mußte aber der Sohn des Menschen sterben, damit man Ihn, den Getöteten, esse, d. i. im Glauben als solchen ins Herz aufnehme (Joh 6,53-57 oder 48-59). Diese zusammenhängenden Gedankengänge lassen es als ausgeschlossen erscheinen, daß der Sohn des Menschen, der auch das letzte Gericht ausüben wird, wenn die Erde und der Himmel vor Seinem Angesicht entfliehen werden (Off 20,11ff)., nicht da auch noch die Male der empfangenen Wunden an sich trage. Und dieweil uns gar kein Fingerzeig gegeben ist, daß Er sie nach dem „Ende“ (1Kor 15,20-28) nicht mehr hätte, wollen wir dabei bleiben: Er wird sie immer haben. Wäre Er denn sonst Der, als welcher Er uns über alles teuer geworden ist? Können wir uns vorstellen, daß es einmal anders sein könnte als so, wie wir heute in heißer Be- und Verwunderung mit dem Dichter fragen: „Wie wird uns sein ..., wenn wir ...
Die Augen seh'n, die einst von Tränen flossen
Um Menschennot und Herzenshärtigkeit,
Die Wunden, die das teure Blut vergossen,
Das uns vom ew'gen Fluche hat befreit?“
(Ph. Spitta).
Wir können's uns nicht vorstellen.
Und nun, wie es möglich ist, daß unser Leib Seinem Leib der Herrlichkeit gleich sein kann, ledig der Gebrechen, die er an sich hat? Das macht Schwierigkeit nur, weil Er die Wundenmale im Leibe der Herrlichkeit hat? Aber bitte! unsere jetzigen leiblichen Gebrechen und Seine Wundenmale können gar nicht verglichen werden! Seine Wundenmale sind wie Orden und Ehrenzeichen, die erworben sind! Erworben in Seinem sündlosen, heiligen Leib, der nach diesem getätigten Erwerb die Verwesung nicht sah, also mitsamt den Malen blieb, wie er war, nur daß er nicht von dieser Schöpfung war, sondern an Stelle dessen ein „himmlischer“, ein „geistiger“ wurde; siehe 1Kor 15,35-54 (40.44.45). Wir erwerben nichts in unserem natürlichen Leibe, das mit uns gehen könnte bei der Verwandlung oder Auferstehung. Unser Leib mit seinen Gebrechen ist der Verwesung unterworfen. Das ist ja das göttlich Große, daß Er dem ein Ende zu machen vermag, um das, was Er gibt, an die Stelle zu setzen. Die Wundenmale sind ein Bestandteil Seiner Person. Wir können und werden Ihm gleichförmig sein, ohne daß etwas denselben Entsprechendes in oder an uns sein müßte. Man erwäge die diesbezüglichen Ausdrücke der Schrift: Wir werden Sein Bild tragen (1Kor 15). Ein Bild stellt dar; es ist nicht das Wesen der Person. Er ist Gott. Wir sind das nicht. Wir werden Ihm gleich oder ähnlich sein (1Joh 3,2); das Bild, das wir tragen werden, deckt sich also mit dem Original, welches Er ist. Deswegen sind wir aber nicht „Er“. Ebenso Röm 8,29: als Zuvorerkannte sind wir zuvorbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein. Nicht werden wir werden, wer und was Er in Sich Selber ist. Und wie gesagt, zu Seinem Selbst als verherrlichter Mensch gehören Seine Wundenmale.
Wir können uns absolut keinen Begriff von Seinem und unserem Leibe der Herrlichkeit machen. Eine Ahnung nur davon kann uns aufgehen, wenn wir in den Evangelien von Seiner Verklärung lesen. Paulus sagt uns von seinem Entrücktsein ins Paradies, in den dritten Himmel, d. h. in die unmittelbare Gegenwart Gottes, daß es unbefugt sei, davon zu reden; eben weil das dort Vernommene nicht mit unserer Welt harmoniert, nicht zu unserem Begriffsvermögen paßt.
In bezug auf „Siehe, ich mache alles neu“ ist zu fragen: Was hat das mit uns zu tun? Sind wir bei diesem Neumachen nicht schon seit tausend Jahren dem Herrn gleich in dem Leibe der Herrlichkeit? Bezieht es sich nicht einfach auf die Gesamtheit der alten Schöpfung, die der neuen, ewigen Platz macht, wie die Verse 1-6, Off 21, es zeigen? - Diese Worte haben nicht auf uns Bezug. Wir sind jetzt schon eine neue Schöpfung: „Wenn jemand in Christo ist, da ist eine neue Schöpfung; das
Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.“ (2Kor 5,17) Das Empfangen des Leibes der Herrlichkeit ist nur die Besiegelung dieser Tatsache.
F. Kpp.
Antwort des Schriftleiters:
Diese Antwort wird jeder aufmerksame Leser gleich mir „kostbar“ nennen, und durch dieselbe wird er auch die Berechtigung der ihn vielleicht sonderbar anmutenden Frage anerkennen. Wenn nun aber die Beantwortung umfassend genug erscheint, so seien doch einige Zusätze gestattet, die den Gegenstand vielleicht noch ein wenig mehr klären mögen, um möglichst jedes Mißverstehen in der Sache zu beseitigen.
Zunächst einen Hinweis zu der Fußnote a! Zu dieser Stelle aus Sach 13 haben wir in Jahrb. 15 unter Frage 17 eine sehr gründliche, auch kostbare Arbeit aus der Feder unseres vor nunmehr 1½ Jahren entschlafenen teuren Mitarbeiters K. O. St. (Br. Steinert, einst in Leipzig)!, auf die ich nachdrücklichst aufmerksam mache. Überhaupt sollten die Antworten von K. O. St. in den alten Jahrbüchern öfter nachgelesen werden, sie vermitteln ungeahnte Segnungen dem, der aufrichtig forscht. Und da die wunderbare uns unersetzlich scheinende „Stimme“ jenes Werkzeugs Gottes in dieser Welt für immer schweigt, so sollte das einzige, was von ihm gedruckt ist, eben jene (fast) 70 Antworten in den „Handreichungen“, allgemein mehr durchforscht werden; welchen Nutzen haben doch schon manche davon gehabt, denn von ihm gilt wirklich: „Wiewohl er gestorben ist, redet er noch!“
Was die Frage anbelangt, so habe ich sie schon vor Eintreffen obiger Antwort der Hauptsache nach in gleichem Sinne dem Fragenden persönlich beantwortet: daß des Herrn Jesu Wundenmale gleichsam „Auszeichnungen“ seien, die Er behielte, während unsere Gebrechen als Folgeerscheinungen der Sünde in der Welt in dem Leibe der Herrlichkeit nicht mehr sein könnten. Und dazu noch einige Ausführungen!
Wenn schon unter gewöhnlichen Umständen das Erkennen von Personen sehr oft von dem Vorhandensein „besonderer Kennzeichen“ abhängig ist, so war es bei dem Wiedersehen nach Seiner Auferstehung zwischen dem Herrn und den Seinen vorzüglich nötig, daß sie gänzlich ohne Zweifel blieben über Seine Person. Darum die Betonung von „Jesus Selbst“ in Lk 24!, man vgl. V. 15.36.39! Daß dabei die Male der Nägel eine besondere Rolle gespielt haben müssen, geht aus dem Verhalten und den Worten des Thomas und aus dem gütigen Sich-Herniederneigen des Herrn zu dem zu anderen Zeiten unverständlichen, glaubenslosen Begehren des Thomas hervor (Joh 20,24-29). Es wäre wohl nicht zu dem gewaltigen Bekenntnis des Thomas (V. 28)! gekommen, wenn ihm der Herr nicht so und geradeso begegnet wäre! Und zwar ist es so wichtig, daß die Jünger (ohne Thomas) in Ihm auf Grund dieser Zeichen in den Händen und der Seite „den Herrn“ sehen - und Thomas Ihn mit „Mein Herr und mein Gott“ anredet. Aus dem allen, d. h. aus Lk 24 und Joh 20, ersehen wir, wieviel Mühe der
Herr Sich gegeben hat, jeden, aber auch jeden auch nur erdenkbare Zweifel an der Tatsächlichkeit nicht nur Seiner leiblichen Auferstehung, sondern Seiner Sich gleichgebliebenen (identischen) Person zu zerstreuen. Das erscheint doch sonnenklar!
Was aber sollte nun Ihn veranlassen können, jene „Orden und Ehrenreichen“, wie Antwort A sie nennt, die Er Sich im heißen Kampfe um uns erworben hat, abzulegen? So gut wie - wir reden und vergleichen menschlich! - die „besonderen Kennzeichen“ am Körper den Menschen im allgemeinen nicht verlassen, solange er lebt, so gut wie die „Orden und Ehrenzeichen“, die er sich im Kriege erworben, ihm bis ans Lebensende verbleiben, so gut, denke auch ich (wie Antw. A), werden sie Ihm in Seiner Gestalt als verherrlichter Mensch - der Er ebenso gut immer bleibt wie „der Sohn“ usw. - nie genommen. Wer sollte sie Ihm auch nehmen? - Und warum sollte Er sie eben in dieser Seiner verherrlichten Menschheit ablegen? - Wenn wir Ihn sehen werden, wenn, wie es in einem schönen Liede heißt, aus jedem Munde ertönen wird: „Er ist's!“, dann werden es auch die Nägelmale sein, die wir an Ihm sehen, woran wir Ihn gleichsam „erkennen“, weswegen wir - wie Thomas - staunend und anbetend ausrufen werden: „Unser Herr und unser Gott!“ Das erscheint mir nicht zweifelhaft, und eher glaube ich, daß es uns Erlösten eine „Enttäuschung“ sein könnte, wenn wir Ihn, den Geliebten, nicht zu sehen bekämen, „so wie“ Ihn die Seinen damals sehen durften, als Er auferstanden war und als Er von ihnen schied! (Joh 20 und Apg 1,11) Warum wir nicht, die wir doch mit jenen Jüngern in genau dem gleichen Segenslose sind, dem der Gemeinde, der Brautgemeinde des Herrn?!
Gewiß also, wir werden - als Ihm gleichgemacht - Ihn sehen, wie Er ist! (1Joh 3,1-3)!
Aber - und das ist nun die eigentliche Frage, die dem Einsender Schwierigkeiten macht - wenn wir Ihm gleichgemacht werden, wenn unser Leib gleichförmig gemacht werden soll dem Seinen in Herrlichkeit (Phil 3,20), dann müßten doch unsere Gebrechen des Körpers genau so mit uns gehen, wie jene Nägelmale usw. mit Ihm in den Herrlichkeitsleib übergingen?!
Die Antwort unseres lieben Mitarbeiters ist ja so deutlich und einleuchtend, daß sie unbedingt überzeugend wirken muß. Nur möchte ich sie gleichsam noch ein wenig bestätigen.
Die Schwierigkeit des Fragenden hat ihren Grund, m. E., in dem noch etwas mangelnden Verständnis dessen, was es (lehrhaft) bedeutet, daß unser Leib umgestaltet werden wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit. Bei solchen falschen Folgerungen, wie sie die Frage enthält, könnte man sogar dahinkommen zu sagen, unser Leib müßte dann sogar auch Nägelmale usw. tragen 19, weil der Seine sie in der Herrlichkeit trüge. Aber, geliebte Geschwister, es ist schon so, wie in obiger Antwort ausgeführt: es kommt auf das Wesen der Sache an, nicht auf das Äußere! Und um das uns ein wenig klarer zu machen, wenn Gott will, möchte ich verweisen auf des Herrn Jesu Menschwerdung. Die Schrift sagt Heb 2,17: „Darum mußte Er in allem den Brüdern gleich werden ...“ (Nur beiläufig: daß sich dies Gleich gewordenen nicht auf die Sünde bezieht, als hätte Er sündigen können, beweist u. a. Kap. 4,15)! Und noch eine Stelle: „... Er nahm Knechtsgestalt an, indem Er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und in Seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden ...“ (Phil 2,7.8), und noch eine: „... in Gleichgestalt (oder Gleichheit) des Fleisches der Sünde sandte Gott Seinen eigenen Sohn ...“ (Röm 8,3) Das ist uns längst bekannt, nicht wahr?, wenn wir die Tiefen dessen auch nicht ausschöpfen können! Aber wem fiele es nun wohl ein zu denken oder gar zu sagen: „Also, weil Er uns so in allem gleich geworden ist, ja, weil Er Seiner Gestalt nach wie irgendein Mensch geworden ist, deswegen ist Er's auch dem Wesen nach?“ Wer würde wagen, so etwas zu behaupten? Es käme ja dem gleich, was ich oben in der Klammer ablehnte: daß Er dann auch hätte sündigen können, was, wenn und wo es gesagt wird, weiter nichts als eine böse Irrlehre ist! - Er war Mensch, äußerlich jedermann so sehr erkennbar als solcher, daß die Juden Ihm auf Sein geheimnisvolles Wort von Seinem Gesehenhaben Abrahams entgegenwerfen konnten: „Wie, Du bist noch nicht 50 Jahre alt und hast Abraham gesehen?!“ (Joh 9,57) Er war so völlig Mensch, daß Er leiden, bluten und sterben konnte - und doch auch dies tat Er höchst geheimnisvoll ganz und nur freiwillig? (Joh 10,17.18) Er war Mensch, wenigstens äußerlich, wie wir? - nein, selbst das nicht einmal - denn sage: War Er je krank? Könntest du Ihn dir krank denken? Nimmermehr - nun also, so war Er auch nicht einmal dem Leibe nach Mensch wie ich und du! Hatte doch nie in Seinem Leben die Sünde ihr Wesen gehabt, wie konnte dann Krankheit drin wohnen? Wohl aber konnte Er „unsere Krankheit auf Sich laden“ (Jes 53; Mt 8,17). Das können wir nicht! Nicht die liebendste Mutter kann ihrem leidenden Liebling das rasende Fieber abnehmen, so gern sie's täte!
Nun - was will ich mit dem allen sagen?
Wir verstehen doch auch nicht Seine wunderbare Knechtsgestalt, Sein „in Seiner Gestalt als ein Mensch Erfundensein“, Sein „uns Gleichgewordensein in Seiner Menschheit“ usw. Wir staunen es an, wir beten bewundernd, überwältigt zu Seinen Füßen an, aber wir bekennen: „Kenntnis, zu wunderbar für mich!“ (Ps 139, der von uns Menschen handelt, wieviel mehr, wenn wir an den Sohn des Menschen denken! Falle nieder, du, der du dies jetzt liesest und bete Ihn an, wie ich es jetzt tue)! O wie groß ist Seine verhüllte Herrlichkeit in Seiner Menschheit! Nun - und wie erst wird Seine offenbare Herrlichkeit droben sein! Was kein Auge gesehen hat, das werden wir dann schauen, verherrlicht wie Er, verherrlicht in Ihm! - Was ich nun hiermit zeigen wollte, ist dies: Der Herr war Mensch, aussehend wie wir, mit einer Menschengeschichte, wie wir sie in etlichen Punkten auch haben - und doch war Er so ganz anders als wir, nicht einmal Sein äußeres Äußere trug unser Gepräge, unsere Züge, hinter denen die Sünde lauert oder doch lauerte, wenn wir sie jetzt auch durch Glauben im Tode halten (können). Er war uns gleich und doch so ganz anders! Nichts wird uns aber die Tatsache streitig machen können, daß Er wahrer Mensch war und ist: Er, der Mensch Gottes, der „letzte Adam, der zweite Mensch“ (1Kor 15), der einst in unsere Welt eintrat, und um das zu können, den „Leib der Niedrigkeit“ annahm (vgl. Heb 2,14), um fähig zu werden zum Leiden und Sterben. Aber ebenso werden wir in Seine Welt eintreten und den dazu passenden Leib der Herrlichkeit, gleich dem Seinen, bekommen, in dem nichts mehr von der alten Natur schlummern wird, und werden doch nicht, wie Antwort A zeigt, „Er Selbst“ sein. Uns wird Seine Natur verliehen, wir werden Teilhaber der göttlichen Natur werden in tieferem Sinne als schon hienieden (2. Petrus 1,3ff)., Er aber hat diese Natur wesenhaft in Sich! Gepriesen sei Sein Name voller Herrlichkeit! Und da nun zu diesem Seinem wesenhaften Eigentum, zu Seinem innersten Wesensbesitz Seine „Orden und Ehrenzeichen“ - genau wie Seine erworbenen Titel, z. B. „der große Hohepriester“! -, also Seine Wundenmale, gehören, so werden sie unsere staunende Anbetung stets neu hervorrufen, die wir - und das ist das Wunder der Wunder in dieser Hinsicht! - gerade durch sie unsere „Wunden und Striemen und Eiterbeulen“, unsere Sünden mit allen ihren Folgen, für immer verloren haben. Was für uns Schande war, ist für Ihn bleibende Ehre! Ja, aus unserer Schande ward für Ihn ewige Ehre, indem Er „unsere Krankheiten trug und unsere Schmerzen auf Sich lud“, um sie für ewig zu beseitigen. Dafür sei Ihm ewig und immerdar Dank, Preis und Ehre aus unser aller ob Seiner Liebe und Seines Opfers, das Ihm diese „Orden und Ehrenzeichen“ eintrug, bewundernd-anbetenden Herzen! Amen.
F. K. „Das Wort ward Fleisch und zeltete unter uns (und wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater) voller Gnade und Wahrheit; - aus Seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade!“ (Joh 1,14.16)
18 Vers 5 steht nur in losem, nicht in direktem Zusammenhang mit den vorangehenden Versen. Die urplötzliche Zwischenschaltung von anderen Persönlichkeiten, die als bekannt voraussetzt werden, ist nichts Seltenes in den Propheten. Z. B. „der König“, der Antichrist, erscheint plötzlich, ohne vorher genannt zu sein, in Jes 30,33; 57,9; Dan 11,36. Oder „der Knecht Jehovas“, zunächst Israel, dann aber ohne Überleitung der Messias in Jes 49,1ff. So „der Hirte“, Sach 11,4ff. Kap 13,7 weist auf Ihn, den Hirten aus Kap. 11, zurück. Es soll aber in Verbindung mit dem Wehklagen über Ihn, mit der Reinigung des Landes von Götzen und falschem Prophetentum hervorgehoben werden, daß Er allen üblen Folgen des durch den Sündenfall verhängten Fluches über die Erde begegnet ist, indem Er, bildlich ausgedrückt, dem Menschen zum Sklaven geworden ist. Im Hebräischen ist nämlich Ackerbauer: Diener, Knecht des Erdbodens (1. Mose 2,15; 3,23; 4,2 und weiterhin). Weil eben von Propheten, Kündern der Gedanken Gottes (wenn auch von falschen Kündern) die Rede war, so wird Er anläßlich dieser Tatsache durch das Bekenntnis eingeführt: nicht einmal das bin ich (obwohl Er es war)!, sondern nur Platzeinnehmer des dem verfluchten Erdboden versklavten Menschen: „Erdbodens Knecht ich“; in verständlichem Deutsch ausgedrückt: „ein Mann, der das Land bebaut“. Und weil Er Wunden, hebräisch „Schläge“, an den Händen hat, fragt eine Stimme verwundert: wo hast du die her? Er gibt die Antwort, und Jehova gibt sie auch V. 7.
F. Kpp.↩︎
19 Die „Konnersreuther Stigmatisierungen“ der Wunden des Gekreuzigten beruhen, wie jetzt von Dr. Lechler nachgewiesen ist, auf Selbstsuggestion der kath.-frommen Therese Neumann. F. K.↩︎