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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
Fragen und Antworten Band 19 - Jahrgang 1934
Phil 1,6 - Worauf bezieht sich der Ausdruck „ein gutes Werk in euch angefangen“ in Phil 1,6?Phil 1,6 - Worauf bezieht sich der Ausdruck „ein gutes Werk in euch angefangen“ in Phil 1,6?
Frage 21: Worauf bezieht sich der Ausdruck „ein gutes Werk in euch angefangen“ in Phil 1,6?
Antwort:
Wenn wir die dem V. 6 vorangehenden Verse und den Vers nachher sorgfältig lesen, sehen wir, daß das „gute Werk“, welches der Apostel V. 6 im Auge hat, nicht das den Philippern zuteil gewordene Heil, nicht ihre Errettung, ist, sondern die von ihnen bewiesene „Teilnahme an dem Evangelium“ - das Interesse, welches sie für das Werk des Herrn hatten und betätigten. Sie waren Christen, die sich nicht damit begnügten, sich selbst errettet zu wissen, sondern wünschten, daß auch ihre Mitmenschen diese Errettung erfahren möchten, und darum an der Verbreitung des Herrlichen Evangeliums mithalfen, soviel und wie irgend sie konnten. Diese Mithilfe übten sie auch darin mit aus, daß sie für die Bedürfnisse derer, die das Evangelium verkündigten, mit Sorge trugen. Auf diese Weise hatten sie auch dem Apostel ihre „Teilnahme an dem Evangelium“ bewiesen „im Anfang des Evangeliums“ und auch später (s. Kap. 4,15.16) und auch jetzt wieder (s. Kap. 4,10.18). Sie machten sich dadurch eins mit dem Apostel in seinem Dienst und seinen Umständen - sowohl in seinen „Banden“ (er befand sich im Gefängnis) als auch „in der Verantwortung und Bestätigung des Evangeliums“- und wurden so seine „Mitteilnehmer der Gnade“, die in ihm so mächtig wirkte (1,7). Diese von den Philippern von Anfang ihrer Bekehrung an bewiesene „Teilnahme an dem Evangelium“ war etwas, was das Herz des Apostels erfreute und wofür er Gott dankte, weil ja doch die Philipper dieses Gute nicht aus sich selbst hatten, sondern Gott es in ihnen gewirkt hatte. Es war
Sein Werk in ihnen; Er hatte dieses „gute Werk“ in ihnen angefangen, und Paulus war „eben dessen in guter Zuversicht“, daß Er es auch „vollführen“, d. h. Weiterführen, „zur Vollendung führen“ werde, und zwar „bis auf den Tag Jesu Christi“: bis zu dem Augenblick, wo der „Tag Jesu Christi“ beginnen wird, von dem Gesichtspunkte aus betrachtet, daß sie noch hier leben würden, wenn Er aus den Himmeln kommen wird, um Seine Erlösten heimzuholen, wie seine Worte Kap. 3,20.21 bekunden: „Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit ...“ Das „bis auf“ bedeutet „bis an“, „bis zu“, wie z. B. Luther und Wiese und an anderen Stellen auch die „Elberfelder“. das betreffende griechische Wort übersetzt haben (Vgl. Mt 24,38; Lk 17,27; Apg 1,3; 3,21 u. a. m). Der mit dem Kommen des Herrn für die Seinen beginnende „Tag Jesu Christi“ würde ihrem Pilgerlauf ein Ende setzen, und bis dahin würde Gott in ihnen dieses „gute Werk“ fortsetzen und vollenden. Wenn nun auch die Philipper den „Tag Jesu Christi“ nicht hier erlebt haben, war dennoch der Gedanke des Apostels vollkommen richtig, denn der „Tag Jesu Christi“ bildet die Fortsetzung ihres hier im Leibe der Niedrigkeit gelebten Lebens in einem neuen, Seinem Leibe der Herrlichkeit gleichförmigen Leibe genau so wie bei denen, die jenen Herrlichen Augenblick Seines Kommens hier auf Erden erleben werden. Daher hat das Wort Phil 1,6 für alle, in denen Gott „ein gutes Werk angefangen hat“ (dieses „gute Werk“ kann das sein, was wir bei den Philippern gesehen haben oder was sonst es auch sei - das worin wir unser Leben unserem Gott zur Verfügung stellen: Gebet und Fürbitte, Sorge um das geistliche oder leibliche Wohl der Seelen [oder beides] -, jeder wahre, geistgewirkte Dienst für den Herrn) - zu jeder Zeit Geltung gehabt und weiterhin Geltung zu ihrer Ermunterung, bis der Herr kommt. Gegenwärtig sind wir es, die gemäß Phil 3,20.21 Ihn erwarten und uns auf Sein Kommen freuen. Möchten wir auch alle solche sein, in denen Gott „ein gutes Werk angefangen hat“ und in denen Er es auch „vollführen“ kann „bis auf den Tag Jesu Christi“ - bis Er kommt und uns heimholt in Seine Herrlichkeit! -
Das in Phil 1,6 Gesagte wird manchmal als ein Trostwort zur Stärkung schwacher, verzagter Seelen benutzt im Blick auf ihr Heil, ihre Errettung, um sie zu ermuntern und zu befestigen, indem man ihnen mit diesem Worte zeigen will, daß Gott treu ist und dafür sorgen werde, daß der in ihnen gewirkte Glaube und das, was durch diesen in ihnen ist, nicht aufhören, sondern ihnen erhalten bleiben werde bis ans Ende. Eine solche Anwendung dieses Wortes ist nichts Unrechtes, obwohl das nicht der Gedanke dieser Schriftstelle ist, wie wir nach dem oben Ausgeführten gesehen haben. Aber wenn jemand diese Schriftstelle in ebenerwähnter Auslegung als Ruhekissen für das Fleisch benützt, indem er sagt: „Der Herr hat ja ein gutes Werk in mir angefangen“ - seine Errettung meinend - „und wird es auch vollenden, gleichviel wie ich in meiner Schwachheit wandle“, so ist das ein verderblicher Irrtum und ein Mißbrauch dieser Schriftstelle, vor dem nicht eindringlich und entschieden genug gewarnt werden kann. Wohl ist die ewige Errettung der Kinder Gottes eine Herrliche Tatsache, die wir schon oft betont haben, aber sie ist uns nicht dazu im Worte Gottes bezeugt, daß wir in bezug auf unseren Wandel gleichgültig sein sollen, sondern dazu, uns die Herrlichkeit der Person Christi und Seines Werkes und die Größe der Gnade Gottes zu zeigen und gerade dadurch uns anzuspornen, auch einen dem entsprechenden Wandel zu führen. Die ebenerwähnte irrige und mißbräuchliche Anwendung vorlegender Schriftstelle offenbart einen Herzenszustand, der äußerst beklagenswert ist und es ausgeschlossen erscheinen läßt, daß Gott in einem solchen Christen - wenn er ein Christ und nicht etwa nur ein Mensch ist, der nur „die Erkenntnis der Wahrheit empfangen“ (Heb 10,26), aber nicht den Herrn Jesus in sein Herz aufgenommen und darum auch kein Leben aus Gott hat - „ein gutes Werk angefangen hat“, da ihm die unerläßliche Voraussetzung hierfür: Aufrichtigkeit und Hingabe des Herzens, fehlt. Möchte ein solcher seinen Irrtum erkennen und aufrichtig und gründlich Buße tun! „Ein gutes Werk in euch“ - von Gott! - welch eine kostbare Sache ist das für unser Herz, wenn es von dem Verlangen erfüllt ist, Ihm, unserem Gott, Ihm, unserem Herrn, zu leben, und es darum auch - im Bewußtsein unserer Schwachheit - sich dessen getrösten darf, daß Er, der dieses „gute Werk“ in uns angefangen hat, es auch fortführen wird, bis wir diesen Schauplatz verlassen, um ewig bei dem Herrn zu sein! Preis und Dank sei Ihm dafür!
Th. K.
Zusätze des Schriftleiters:
Diese belangreiche Antwort wird vielen dienen, sie wird die Wichtigkeit der „Gemeinschaft mit dem Evangelium“ (oder „der Teilnahme an dem E.“) denen gegenüber groß machen, die sich zu leicht auf das „nur selig“ stützen, und sie wird ebenso denen den Grund unter den Füßen ins Wanken bringen, die da sich zu fest darauf verlassen, daß der Wandel gleichgültig sei, wenn nur Gott „das gute Werk in ihnen angefangen“ habe. Alles dies ist ungemein ernst und verdient unser aller eingehendste Beachtung, denn bekanntlich liegt dem Feind stets daran, die Herzen der Gläubigen in falsche Sicherheit zu wiegen. Und wenn die „Handreichungen“ auch stets mit größter Gewißheit bezeugt haben, daß echte Kinder Gottes nimmermehr verlorengehen können, so liegt uns Schriftleitern wie ebenso den Mitarbeitern doch nicht weniger daran, zu betonen, daß der Wandel der Gläubigen unsagbar wichtig ist, ja daß die Tatsache wahren Christseins erst durch den treuen Wandel so recht bezeugt werden kann. Das sei am Ende des Jahrbuchs noch einmal klar ausgesprochen!
Worauf stützen sich solche Gläubige leicht? Daß Er, der „das gute Werk“ in ihnen angefangen habe, es auch vollführen werde. Sicher, das wird Er tun, aber hier in unserer Stelle handelt es sich nicht um „das gute Werk“! Wenn solches dastünde, so wäre wohl nur zu denken an den Glauben bzw. an das Glaubenkönnen, das Gott jedem aufrichtig Wollenden gibt (Eph 2,8-10). Aber das steht nun einmal nicht da, sondern es heißt: „ein gutes Werk“, darum ist es ganz richtig, wenn unser Mitarbeiter aus dem Zusammenhang danach sucht, welches Wert gemeint sein könnte. Und der Zusammenhang redet deutlich, wie denn überhaupt von dem „Evangelium“ im Philipperbrief neunmal die Rede ist, aber stets in einer Weise, die sozusagen vor allem schon gläubig Gewordene betrifft. Man lese die Stellen im Zusammenhang nach: 1,5.7.12.16.27(2x); 2,22; 4,3.15. Das Evangelium ist eben nicht nur die Frohbotschaft für Sünder, sondern auch das Lebenselement für Kinder (Gottes). Laßt uns das nicht vergessen, sonderlich nicht am Ende eines Jahres! Wir wachsen nie aus dem Evangelium heraus oder - wir wachsen überhaupt nicht! Vergleiche übrigens das Evangelium im Epheserbrief, z. B. 3,6 und 6,15.19, oder siehe Röm 1,15 verglichen mit V. 16 und 2,16 usw.!
Natürlich gehört zur Teilnahme am Evangelium das Gläubigwerden oder vielmehr: es kann keine Teilnahme am E. geben ohne das demselben gläubig Gewordensein. Das wissen wir und werden wir auch nicht vergessen. Unbekehrte Menschen können ja auch eine gewisse Teilnahme am Evangelium zu zeigen versuchen, etwa durch Gaben oder z. B. durch Gastfreundschaft (wie bei Konferenzen)!, aber - wenn auch der Herr das Herz ansieht und demgemäß uns in Apg 10 (V. 4.31)! eine wunderschöne Belehrung in besonderer Hinsicht gibt27, so kann nach der Schrift doch erst dann von „Gemeinschaft mit dem Evangelium“ geredet werden, wenn letzteres angenommen und erfahren ist und dann auf dem Boden solcher Tatsache nun die Beteiligten ihre Teilhaberschaft mit Christo oder mit Seinem Wort und Evangelium praktisch betätigen. Denn erst dann stehen die sich - so oder so - Beteiligenden auf einem Grunde (1Kor 1,9; Apg 2,42; 1Joh 1,3 u. a)., während sie vorher durch die Grenzlinie zwischen Leben und Tod (Joh 5,24) geschieden waren (Vgl. auch 2Kor 6,14.15)!. Es ist aber kein Raum, um näher hierauf einzugehen.
Die Bekehrung, das Gläubigwerden der Philipper bietet uns köstliche Darstellungen davon, was echte Bekehrung ist. Sowohl in der ersten Anfangsgeschichte des Evangeliums in Philippi wie auch in der darauffolgenden, gleichfalls der Periode des Anfangs angehörenden Begebenheit finden wir ein derart radikales Annehmen des Evangeliums, daß sofort die Früchte des angenommenen und in den Glaubenden wirkenden Wortes (vgl. 1Thes 2,13)! wunderbar klar in Erscheinung treten, nämlich die Gemeinschaft mit dem Evangelium, die Teilnahme an demselben. Man lese nur Apg 16,13-15 und 30-34 darüber nach! Hier nur kurz einige Punkte: Nachdem ihr der Herr das Herz aufgetan hatte und sie wahrhaft errettet war, diese Errettung auch durch schriftgemäße Taufe bezeugt hatte, stellt sich die Lydia unter das Urteil der Brüder bez. ihres Gläubigseins - macht sie also Gemeinschaft mit dem alles beurteilenden geistlichen Sinn des Apostels und seiner Mitarbeiter (1Kor 2,15) und bittet um so weitgehende Gemeinschaft mit ihr, daß sie ihr Haus der jungen Gemeinde des Herrn zur Verfügung stellen darf, d. h. sie beweist das, was Paulus später an den Philippern rühmt: ihre „Teilnahme an dem Evangelium“ in hervorragender Weise. Wer hatte solch „gutes Werk“ in ihr angefangen? Es kann nicht anders sein: nur der Herr, der ihr Herz auftat und sie das Wort fassen ließ. Wochen später („viele Tage“, V. 18) sehen wir Paulus und Silas um ihres Glaubens und der Tat des Glaubens an der armen Magd willen ins Gefängnis geworfen und dort den Herrn verHerrlichen. Und Gott wirkt ein wunderbares Werk, wodurch alle berührt werden und der Kerkermeister gründlich zerbrochen am Boden liegt. Seine Herzensfrage von V. 30 wird ihm mit V. 31 beantwortet (Evangelium! Frohbotschaft)!. Das verkündete Wort hat seine lebendigmachende Wirkung, der arme Knecht der Sünde wird zu glücklichem Gotteskinde und mit ihm sein ganzes Haus. Aber woran sieht man das, was kann seinen Glauben so schnell bezeugen, daß ein jeder ihn sieht und daß Paulus in Phil 1,6.10-11 Jahre später auch an den Kerkermeister denken mag mit überströmendem Dank: „der, welcher ein gutes Werk in euch angefangen, wird's auch vollführen ...!“? Was? O das rasch folgende „Und - und“ zeigt es klar: Es ist die köstliche Teilnahme am Evangelium, die er nach seiner Annahme desselben offenbart: Er machte sofort Gemeinschaft mit seinen Brüdern Paulus und Silas: Er nahm sie zu sich, er machte Gemeinschaft mit ihren ihnen vor der Welt (nämlich von ihm selber einige Stunden zuvor) zugefügten Leiden: Er wusch ihnen die Striemen ab, dann ließ er sich mit seinen ebenfalls gläubig gewordenen Hausgenossen (biblisch) taufen, dann aber machte er Hausgemeinschaft mit Paulus und Silas und schließlich Tischgemeinschaft - so nahm er in frohlockender Freude „an den Bedürfnissen der Heiligen teil“ (Röm 12,13)! als einer, der jetzt zu den „Heiligen“ zählte, und sicher: Er wird dies Werk weitergeübt haben, und am Tage Christi, den auch wir noch erwarten, wird auch er als „Mitteilnehmer der Gnade“ (V. 7 am Schluß) seinen Lohn empfangen (nach 4,17)!. Wie lieblich ist doch Gottes Wort!
Schätzen wir solche „Teilnahme am Evangelium“, Geliebte? Das Jahr geht still zu Ende, und der Herr fragt uns mit dieser Frage, ob auch wir Gemeinschaft mit dem Evangelium beweisen. Denn daß Er auch in unseren Herzen ein Werk in dieser Hinsicht angefangen hat, ist ohne Frage, hat Er doch uns „Seine Liebe“ ins Herz ausgegossen (Röm 5,5). Wie aber handeln wir, wie antworten wir auf Sein Wirken des Geistes in uns, das uns veranlassen möchte, mit Leib, Seele und Geist „mit dem Evangelium teilzuhaben“, Gemeinschaft zu haben? (1Kor 9,23)
Der Herr gebe uns Gnade, mit geöffneten Augen unser Vorrecht und unsere Verantwortung auf diesem Gebiet zu erkennen und im Lichte des Tages Christi in jeder Hinsicht, und so auch in der besprochenen, „würdig zu wandeln des Evangeliums des Christus“ und, feststehend in einem Geiste, „mit einer Seele mitzukämpfen mit dem Glauben des Evangeliums“, bis der Herr kommt! „Amen, komm, Herr Jesus!“ (Off 22,20b)
F. K.
27 Wobei aber nie übersehen werden darf, daß Cornelius sich dennoch bekehren mußte, worunter er sich auch bereitwilligst beugte und was er auch wahrhaft gründlich tat - und dann gab es echte Gemeinschaft zwischen Ihm und den Gläubigen (V. 44-48)! F. K.↩︎
Erstellt: 16.05.2024 22:02, bearbeitet: 24.10.2024 17:49