Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
Fragen und Antworten Band 2 -Jahrgang 1914
Jos 10,13 - Wie ist das zu verstehen, wo von Stillestehen der Sonne die Rede ist?Jos 10,13 - Wie ist das zu verstehen, wo von Stillestehen der Sonne die Rede ist?
Frage 51: Wie ist Josua 10,13 , wo von Stillestehen der Sonne die Rede ist, zuverstehen?
Antwort A:
Für den, der an die Allmacht des Gottes glaubt, der Wunder tut, liegt in diesem Bericht durchaus keine Schwierigkeit vor, ebensowenig wie in der redenden Eselin Bileams oder dem Fische Jonas oder in der Tatsache, daß an der Sonnenuhr Ahas (in der Geschichte Hiskias) der Schatten des Zeigers rückwärts ging. Es ist zwecklos, darüber Betrachtungen anzustellen, ob der Schatten an der Sonnenuhr infolge einer Rückwärtsbewegung der Erde oder einer solchen der Sonne erfolgte, oder ob diese Erscheinung auf eine außerordentliche Lichtwirkung zurückzuführen ist. So kann man auch aus Josua 10,13 nichts beweisen für oder gegen des Kopernikus' Lehre vom Sonnensystem. Es ist töricht, sich auszumalen, welche Katastrophen überall auf der Erde entstehen müßten, falls ein großer Weltkörper stille stände. Der Gott, der ein solches Wunder tut, kann und wird auch jede Katastrophe verhindern.
Darum ist es nicht nötig, dieses Wunder durch eine verlängerte Strahlenbrechung, durch eine Refraktion der Sonne, eine Erscheinung des Sonnenbildes über dem Horizont zu erklären. (S. Urquhart III, S. 253). Noch viel weniger geht es an, in dem ganzen Bericht nur eine dichterische Ausdrucksweise zu sehen, wie etwa Richter 5,20, die da schildert, daß bei dem Sonnenlicht des Tages und bei dem Mondlicht der Nacht das Werk der Vertilgung des Feindes vollendet sei. Trotz aller Erklärungen wird immer ein Wunder übrig bleiben, so daß die Bemerkung der alten Berleburger Bibel (1728) zu dieser Stelle wohl am Platze ist: „O, steh' still, atheistische Vernunft, und beuge dich!“ „Es war kein Tag diesem gleich, weder vor ihm noch nach ihm, daß Jehova auf die Stimme eines Menschen gehört hätte; denn Jehova stritt für Israel“ (V. 14).
So erklärt die Schrift selbst dieses auffällige Wunder. Es ist ein Eingreifen Gottes mit dem bestimmten sittlichen Zweck, Seine Macht über die Götter der Kanaaniter, die Sonne und den Mond, zu beweisen, die keine Götter sind, sondern Schöpfungen Dessen, der Himmel und Erde gemacht hat. Von Ihm sagt Asaph (Ps 74,16): „Dein ist der Tag und auch die Nacht, den Mond und die Sonne hast Du bereitet.“ Der Gott, der sie bereitete, regiert sie auch. Er kann auch Zeichen geben an Sonne, Mond und Sternen (Lk 21,25; Mt 24,29; Mk 13,24). „Unser Gott ist in den Himmeln; alles was Er will, tut Er“ (Ps 115,3). Er steht über allen Naturgesetzen.
J. W.
Antwort B:
Die Sonne stand still.
Ebenso blieb der Mond stehen. - Die Heilige Schrift ist einerseits kein Buch, in dem wir unsere Kenntnisse über die Vorgänge in der Natur bereichern könnten; andererseits ist aber jedes Wort, was sie über diese sagt, Wahrheit, weil von Gott eingegeben (2Tim 3,16), und wir haben alle Lehren moderner Wissenschaft abzuweisen, die mit ihr nicht übereinstimmen. Sonne und Mond standen still, so belehrt uns die Schrift. Vielleicht auch die Erde und das ganze Weltsystem, wenn es wahr ist, wie die Wissenschaft behauptet (wer kann es beweisen?)!, daß das ganze Weltsystem mit allen seinen Himmelskörpern in gegenseitiger Abhängigkeit verbunden ist. Für Gott, der Himmel und Erde schuf und erhält, auf dessen Wort einst alles dieses aufgelöst werden wird, ist das ein Kleines. Lernen wir doch aus Jos 10,13, statt auf moderne Wissenschaft und Bibelkritik zu horchen, mit dem Gott Himmels und der Erde zu rechnen als mit Dem, der Seine Macht zum Besten Seiner geliebten Kinder ausübt und auf ihr Flehen hört!
O. v. Br.
Antwort C:
Es gibt schon im alltäglichen Leben und in der Natur Vorgänge, die sich unserem Verständnis entziehen, die wir einfach glauben müssen. So auch hier bei dem in Frage stehenden Wunder. Dieses einfache Wunder, welches durch die Macht und das Eingreifen Gottes bewirkt wurde, war schon für viele ein Stein des Anstoßes. Wir sehen die fünf Könige verfolgt und ihre Heere nicht bloß von dem Schwerte Israels, sondern auch von dem Hagel Gottes vernichtet (vgl. 2. Mose 9,24.25). Hier fleht nun Josua zu dem Herrnund ruft: „Sonne, stehe still zu Gibeon, und Mond, im Tale Ajjalon!“ Die Antwort Gottes war zunächst ein Erhören der Bitte Josuas. „Und die Sonne stand still, und der Mond blieb stehen, bis die Nation sich an ihren Feinden gerächt hatte.“ Zunächst will die Schrift hier nicht etwa astronomische Lehrsätze aufstellen. - Hierzu sei bemerkt, daß das von der Welt meist ohne nähere Prüfung als unumstößliche Wahrheit angenommene Copernikanische System doch nur eine scharfsinnig durchgeführte Hypothese (Annahme) ist, für die es wohl Wahrscheinlichkeitsgründe, aber noch keinen zwingenden Beweis gibt, und gegen die in alter und neuerer Zeit Bedenken erhoben wurden (z. B. von Goethe), ebenso auch von großen Forschern (A. v. Humboldt, K. v. Raumer, Gauß, Brandes u. a). Die Genannten sollen ernste Zweifel an diesem System gehegt haben, wenn sie dieselben auch aus Furcht vor der öffentlichen Meinung nicht zu äußern wagten. Aber dies nur nebenbei, es ist ohne Einfluß auf obiges Wunder. Wer näheres darüber lesen will, der sei auf das Buch von „Schöpfer, Die Widersprüche in der Astronomie“ (1869) verwiesen!
Da die Feinde dem südwestlich von Gibeon gelegenen Ajjalon zu flohen, so befand sich Josua, als er jenen Ausspruch tat, ohne Zweifel westlich von Gibeon und konnte die über Gibeon stehende Sonne gegen Osten und den über dem Tale Ajjalon stehenden Mond im fernen Westen zugleich sehen. Ob es sich nun um eine allgemeine plötzliche Veränderung und Störung des Sonnensystems handelte oder nicht, das ist nebensächlich, wir können dem Worte in seiner vollen Bedeutung glauben und dabei auch an ein lokales Wunder denken. Das, was Josua bittet, ist nur das, daß es so lange Tag bleiben und die Nacht und der Mond so lange abgehalten werden möge, bis er seinen Zweck erreicht habe. Und dies wurde Josua gewährt. Die Sonne blieb fast einen ganzen Tag länger am Himmel stehen, und es blieb soviel länger hell in jenen Gegenden. Der, welcher von Anfang sprach: „Es werde Licht!“ und von Dem es heißt: „Dein ist der Tag, Dein auch die Nacht, den Mond und die Sonne hast Du bereitet“, der konnte auch für einige Stunden an einem bestimmten Orte Licht schaffen für besondere wichtige Zwecke, ohne daß dadurch die ganze Ordnung des Sonnensystems und die allgemeinen Gesetze der Himmelskörper aufgehoben werden. Wie durch den Hagel die Menschen, so wurden durch das Hellbleiben des Tages die Götter der Feinde gerichtet, es war ein Sieg des lebendigen Gottes über heidnische Abgötterei. Die Heiden sollten daraus erkennen, daß der Gott Israels imstande ist, die ganze Kreatur gegen Seine Feinde zu bewaffnen, und Israel, das schon einmal in den Dienst des Baal Peor versunken war (4. Mose 25,3), und dem auch später die Götter Kanaans so oft zum Fallstrick wurden (Ri 2,3), sollte vor diesem Aberglauben gewarnt werden. Das war die tiefe Bedeutung und der heilige Zweck dieses Wunders, welches aber nicht einmal vereinzelt in der Schrift dasteht. Eine Parallele dazu haben wir an dem Rückwärtsgehen des Schattens am Zeiger der Sonnenuhr des Königs Ahas um 10 Stufen auf das Gebet Jesajas (2Kön 20,9-11). Ferner sind zu vergleichen der Stern der Weisen vom Morgenlande, die dreistündige Finsternis, während der Herr Jesus am Kreuze hing, sowie noch die für die Endzeit geweissagten Wunderzeichen am Himmel. Wenn wir das Wunder aller Wunder, Christus, für uns erlebt haben, wird uns auch das Wunderwirken Seines Gottes und Vaters immer natürlicher, wir sehen in den tausend kleinen Begegnissen, wo die blinde Welt nur Naturgesetze und Zufall sieht, immer die Hand des zum Wohle der Seinen wirkenden Gottes und Vaters, bei dem kein Ding unmöglich ist.
Ph. W.
Antwort D:
Dieser Vers war von jeher für viele Bibelleser ein Stein des Anstoßes. Man glaubte die Erzählung „verständlicher“ machen zu müssen, indem man Josua und seinen Zeitgenossen entweder eine Sinnestäuschung zuschrieb oder sie nur als eine bildliche, dichterische Umschreibung aufgefaßt wissen wollte. Beides ist aber falsch. Für den Bibelchristen steht unerschütterlich fest, daß auf das gläubige Gebet Josuas: „Sonne, stehe still zu Gibeon; und du Mond, im Tale Ajjalon!“ Gott die Antwort gab, „indem die Sonne mitten am Himmel stehen blieb und nicht zum Untergang eilte, ungefähr einen ganzen Tag.“ Gewiß ist das ein Wunder, aber kein größeres als die Erschaffung der Himmelskörper oder eines Menschen. Wie sollte der Schöpfer der Welt nicht auch imstande sein, in die „Naturgesetze“ einzugreifen! Der Prophet Jesaja erlebte später ähnliches an der Sonnenuhr des Ahas (Jes 38,8).
Der Vorgang muß auf die Zeitgenossen und auch die später Lebenden einen gewaltigen Eindruck gemacht haben. Im Buche Jaschar (des Rechtschaffenen) ist er erzählt, und 1000 Jahre später bezeugt ihn der jüdische Schriftsteller Jesus Sirach (Kap. 46,5-8).
Wie nun der Vorgang zu „verstehen“ ist? Das kann kein Mensch sagen. Die Bibel berichtet uns einfach die unzweifelhafte Tatsache. Die Schrift sagt ausdrücklich: „Und es war kein Tag wie dieser, vor ihm und nach ihm, daß Jehova auf die Stimme eines Menschen gehört hätte; denn Jehova stritt für Israel.“
Nach unserer heutigen von Copernikus übernommenen Auffassung dreht sich die Erde um die Sonne. Das spricht nicht gegen die Ausdrucksweise der Schrift, die keine astronomischen Belehrungen geben will, sondern zu den Menschen in einer ihnen verständlichen Sprache spricht. Wenn wir uns deshalb ans „Verstehen“ geben wollen, müssen wir annehmen, daß Gott die Rotation (Drehung) der Erde unterbrochen oder verlangsamt habe. Und warum sollte das nicht möglich sein? Der berühmte Astronom Newton hat darauf hingewiesen, daß die Umdrehung der Erde sehr schnell verlangsamt werden kann, ohne daß ihre Bewohner etwas davon zu spüren bekommen. Professor Totten in Amerika hat durch scharfsinnige Berechnungen nachgewiesen, daß tatsächlich jener Tag zu Gibeon und Ajjalon ein voller Tag von 24 Stunden gewesen sein müsse; zu ähnlichen Schlüssen kam auch der Astronom Maunders von der Sternwarte in Greenwich. Und unser Bibelbuch sagt: „Es war kein Tag wie dieser, vor ihm und nach ihm.“
Übrigens ist der Eindruck dieser Wundertat Gottes tief in die Herzen der Völker eingeprägt, und Satan hat die Spuren davon nicht austilgen können. Der römische Dichter Ovid erzählt, daß einst ein Tag verloren ging und die Erde durch die Glut einer außerordentlichen Sonne in große Gefahr geraten sei. Er bemerkt, daß die Erzählung von den Phöniziern stamme, und sie gehörten zu demselben Volke, das Josua bekämpfte. Der amerikanische Militärarzt Nelson macht in seinem Buch „Ursache und Heilung des Unglaubens“ darauf aufmerksam, daß auch die Chinesen von einem uralten Könige Yao erzählen, während dessen Regierung die Sonne so lange am Himmel stehen geblieben sei, daß man fürchtete, die Welt werde in Flammen aufgehen. Die Regierungszeit dieses Yao stimme aber mit dem Zeitalter Josuas, des Sohnes Nuns, zusammen.
Doch alle diese „Beweise“ sind nur nebensächlich; denn „dem Glaubenden ist alles möglich“.
C. Th.
Antwort E:
Seitdem die Wissenschaft endlich entdeckt hatte, daß die Sonne nicht still steht, sondern sich mit der Erde in Bewegung befindet, frohlockten viele Anbeter der „fälschlich sogenannten Kenntnis“ (1Tim 6,20), indem sie meinten, die Heilige Schrift habe dadurch einen sie tödlich verwundenden Hieb erhalten. Diese blinden, hochmütigen, kaum aus der Schule ausgetretenen Spötter (2. Petrus 3,3) hätten jene Tatsache viel früher gelernt, wenn sie Römer 3,4 und 9,20 zuerst als Ausgangspunkt genommen und das Wort also gelesen hätten. Ihr Geschrei lautet den Ohren des Gläubigen nach Pred 1,9 wie etwas längst Bekanntes. Nämlich sagt die Schrift in unserer Stelle gar deutlich, daß die Sonne normal in Bewegung ist; andererseits sagt sie ja nicht, daß die Erde still stehe oder der Mittelpunkt der Sonnenbewegung sei. Wenn sie aber oft vom Auf- und Untergehen der Sonne bezüglich der Erde redet, spricht sie ganz einfach und vor jedermann das Gesetz der relativen (bedingten) Bewegung aus, und zwar, daß für einen Beobachter, der auf einem sich bewegenden Körper steht, derselbe stillstehend scheint, während alle anderen, seien sie in Bewegung oder nicht, in Bewegung zu sein scheinen. Nun aber hat Gott Sein Wort nicht den angeblichen Bewohnern des Planeten Mars gegeben, sondern den auf der Erde wohnenden Menschen. Deshalb auch beschreibt dasselbe die Schöpfung, wie sie für uns aussieht, und enthält die einfachen Grundsätze der wahren Kenntnis (u. a. die zwei obig erwähnten astronomischen und mechanischen Gesetze), womit die Menschen mit ihrem Verstand Gott in Seiner Schöpfung hätten erkennen sollen (Römer 1,20). Aber „Gott widerstehet den Hochmütigen“ (1. Petrus 5,5) und hat dies alles den Unmündigen geoffenbart (Lk 10,21; Mt 11,25,26).
Dem Verstande des Gläubigen (Heb 11,3) bietet Jos 10,13 keine Schwierigkeit. In den Versen 7-11 haben wir den Bericht der Schlacht im großen ganzen. Da aber der Sieg auf eine so unglaubliche Weise erkämpft wurde, wird uns in Vers 12-14 eine Episode derselben Schlacht berichtet, wodurch wir die Ursache des Sieges begreifen. Daß es während der Schlacht geschah, geht aus Vers 12 hervor. „Damals ... an dem Tage“, nicht „dann, nach dem Siege“, was nur im Verse 15 einen Platz hätte. Es ist selbstverständlich, daß ein Aufhören in dem Laufe der Sonne Störungen in dem Heere der „den Tag von der Nacht“ trennenden Leuchter (1. Mose 1,14) verursachen mußte; nun sind die damals (Vers 11) vom Himmel geworfenen und gelegentlich noch fallenden Steine, Meteore, ein Beweis, daß dies alles nicht nur geschehen konnte, sondern geschehen ist, und die ganze Stelle ist wörtlich anzunehmen. Wir können da die unermeßliche, unergründliche Kenntnis sehen, die Gott in einer einfachen, kurzen, für ein Kind begreiflichen Erzählung zusammengefaßt hat, aber sie würde uns nicht nützen, wenn wir darin den Herrnnicht suchten (Joh 5,39). Welchen Mut, welche Kraft empfängt ein „Kriegsmann Jesu Christi“, der den guten Kampf des Glaubens kämpft (2Tim 2,3; 1Tim 6,12; Jud 3; Eph 6,12), wenn er in Josua seinen Herrn erkennt, den Anführer seines Glaubens (Heb 12,2), der für ihn streitet, ihm den gewissen Sieg gibt und am Ende die Krone der Gerechtigkeit (Spr 21,31; 2Tim 4,8). Darum „stärket die schwachen Hände und befestigt die wankenden Knie ... Seid stark ... Er selbst wird euch retten“ (Heb 12,12; Jes 35,3.4; Römer 8,31).
R. W. D.
Anmerkung des Herausgebers:
Wir freuen uns von Herzen, daß auf diese Frage so viele Antworten eingegangen sind. Jede derselben hat ihre eigenen, lesenswerten Besonderheiten, doch sind sie wesentlich übereinstimmend. Josua 10 enthält ein großes, herrliches Wunder unseres Gottes: die Wunder der Schrift aber müssen geglaubt werden, und es ist ein Merkmal des wahren Christen, wider Vernunft zu glauben.
Möchten denn alle Leser der „Handr.“, auch der, welcher diese Frage gestellt hat, das Wort nehmen, wie es wörtlich inspiriert durch den Geist Gottes dasteht: „... und die Sonne stand still, und der Mond blieb stehen“. Erklärungen, wie das möglich sei, wissenschaftliche Folgerungen in astronomischer Beziehung oder in Hinsicht auf das ganze All macht die Schrift nicht, also warum sollten wir das tun? Ist Gott, der Gott, für den alles natürlich ist, der „spricht, und es ist“ oder „sprach, und es war“ (Ps 33,9) - ist Gott erhaben über die Folgen Seiner Taten, äußert Er kein Wort darüber, warum sollen wir uns in Mutmaßungen darüber ergehen? Für uns, die wir, wenn es recht um unser Christentum stellt, „nicht in fleischlicher Weisheit unseren Verkehr in der Welt haben“ (2Kor 1,12), für uns bleibt nur übrig ein staunendes Bewundern Seiner Größe: „O Tiefe des Reichtums!“ (Römer 11,33)! Vergessen wir nicht: wir ehren unseren Gott durch Glauben! Welcher von den Seinen macht Ihm wohl größere Freude: der, der mit spitzfindigen, „wissenschaftlichen“ Untersuchungen an das „Wort der Wahrheit“ herangeht, oder der, welcher dem Gott und Vater glaubt aufs Wort? Vergl. Heb 11,6!
Persönliche Worte an unsere Leser!
Auch in diesen ernsten Zeiten erhielten wir manch freundliche Ermunterung, die uns zeigte, daß unter der Wucht der Zeitereignisse die Herzen nicht kalt geworden sind für das Forschen in der Schrift und für die aus demselben entstandenen Fragen, wie sie die „Handreichung“ zu beantworten sucht.
Eines hat uns recht betrübt, nämlich die Nachricht von einigen Lesern, denen das Blatt zu wenig „fürs Herz“ biete. Sind denn nicht alle in demselben enthaltenen Artikel, auch die rein lehrhaften, „fürs Herz“? Wir denken, daß uns Gläubigen alle Fragen der Erkenntnis des Herrnund Seines Willens zu Herzensfragen werden müssen, sonst haben wir keinen wahren Gewinn davon, denn „Erkenntnis (an sich) bläht auf“ (1Kor 8,1)!
Andererseits verstehen wir gar wohl den feinen Vorwurf, der in obigen Bedenken liegt: man wünscht mehr Artikel über das praktische Christenleben als einer Bewahrung des Glaubens und der Liebe usw. Jedoch dann müssen eben unsere Leser diesbezügliche Fragen stellen! Naturgemäß sind ahnliche Fragen wie Nr. 35 und 36 in unserem Blatte die selteneren. Aber enthalten die meisten anderen Fragen nicht auch recht häufige (nicht nur gelegentliche) Hinweise für das praktische Leben? Man prüfe sie einmal daraufhin ganz ernstlich! Wir jedenfalls legen großes Gewicht darauf, daß die „Gegenseitige Handreichung“ ein auf gesunder Lehre aufgebautes gesundes Glaubensleben fördert! Wir werden auch weiterhin nach Kräften diesen Standpunkt vertreten; jedoch, man vergesse nicht, daß sehr viel bezüglich des Inhalts der „Handreichung“ von den jeweiligen Mitarbeitern in Fragen und Antworten abhängt.
Die Zeitlage wird trotz mancher großer deutscher Siege im Felde, für die wir Gott von Herzen danken wollen, stetig ernster. Das göttliche Gericht zur Buße lastet schwer auf der Welt, schwer auch auf Deutschland. Möge Gott Großes erreichen! Schon zeigen sich Anfänge herrlicher Segnungen in mancherlei Weisen, so z. B. indem das Wort Gottes mehr geschätzt wird von Leuten, die es vor noch nicht langer Zeit verachteten, und indem auch manche Seele Zuflucht nimmt zu dem Sünderheiland Jesus Christus, besonders unter unseren Kriegern. Wir dürfen den Herrnpreisen für solche Gnadenwirkungen! Aber, obwohl auch der Eifer des Volkes Gottes in vielem sehr gewachsen ist, z. B. auch in der so wichtigen Traktatverbreitung, wird eine unserer Haupttätigkeiten, wenn nicht die hauptsächlichste, in der Jetztzeit noch immer mehr die anhaltender Fürbitte werden müssen für Kaiser und Vaterland, für unsere geliebten Brüder in Heer und Marine wie für alle Kämpfer (auch bei unseren Bundesgenossen in Österreich-Ungarn), überhaupt für die ganze Welt, besser: für das gesamte Werk Gottes in Seinem Volk und in und an der Welt, auch in den Missionsgebieten. Laßt uns handeln nach Ps 62,8! Laßt uns nicht vergessen, daß wir Gläubigen nach Röm 8,18ff. gewissermaßen der Mund der unter der Sünde und ihren Folgen leidenden Schöpfung sind, und laßt uns bedenken, was Jak 5,16b steht!
Möchte unser Reden und Tun überall auch nicht etwa bestimmt sein durch fleischliche Weisheit, sondern durch Einfalt, Lauterkeit und die Gnade Gottes (2Kor 1,12), damit wir in dieser verantwortungsvollen Zeit vom Herrngebraucht werden können zur praktischen Hilfe, wo es nottut, und zum Heil, zum wahren Trost für viele, seien es Verwundete oder Trauernde oder wer immer! (2Kor 1,3.4).
Herzlich grüßt alle Leser mit Röm 15,13 u.33.
Der Herausgeber
Fritz Koch.
Klotzsche, Ende September 1914.