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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
Fragen und Antworten Band 1 -Jahrgang 1913
Röm 14,10-12 - Worin wird ein jeder für sich selbst Gott Rechenschaft zu geben haben?Röm 14,10-12 - Worin wird ein jeder für sich selbst Gott Rechenschaft zu geben haben?
Frage 47: Worin wird ein jeder für sich selbst Gott Rechenschaft zu gebenhaben? (nach Röm 14,10-12 ).
Antwort A:
Vor dem Richterstuhl Gottes, auch Richterstuhl Christi (2Kor 5,10), wird mein eigener Lebenslauf in allen seinen Einzelheiten zur Sprache kommen, dabei aber auch die Geschichte der Gnade und der Erbarmungen Gottes gegen mich. Es handelt sich hierbei nicht um Verdammnis, also nicht um das Gericht vor dem großen weißen Thron (Off 20,11), sondern um das Offenbarwerden der Gläubigen. Das Warum ich dieses und jenes getan habe, wird dann ans Licht gezogen werden, es wird auf unsere ganzen Handlungen eingegangen werden, jedoch nicht so, als wenn wir im Fleische und somit zu unserer Verdammung da wären, sondern um unseren eigenen Augen die Gnade klar ersichtlich zu machen, die sich mit uns beschäftigt hat.
Gott sieht uns jetzt schon nicht mehr im Fleische, sondern, soweit wir glauben, mit Christo gestorben. Haben wir Gläubigen aber nach dem Fleische gewandelt, so werden wir dann sehen müssen, wie wir hinsichtlich der Segnungen Schaden gehabt, ja, wie wir Verlust erlitten haben (vergl. auch 1Kor 3,15). Andererseits aber werden wir auch die ganzen Wege Gottes, die alle Wege der Weisheit und der Gnade sind, erst dann vollkommen erkennen und verstehen. Gewisse Abschnitte unseres Lebens, die in unseren Augen völlig unaufgeklärt geblieben sind, werden dann ans Licht gestellt werden.
Wie sollte uns das eifrigst antreiben, „jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde abzulegen, um mit Ausharren zu laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens“ (Heb 12,2.3).
W. W.
Antwort B:
In diesem 14. Kapitel handelt es sich um zweifelhafte Gewissensfragen, nicht um Dinge der Sünde oder des Bösen. Um die Quelle dieser „zweifelhaften Fragen“ zu verstehen, müssen wir bedenken, daß die einen Gläubigen aus dem Heidentum und die anderen aus dem Judentum kamen. Dinge, die dem Juden von Kind an wichtig waren, waren dem Heiden nichts. Paulus hatte sie belehrt, daß sowohl die Dinge des Heidentums wie die des Judentums in dem Tode Christi ihr Ende gefunden hätten. Die „Starken" in diesem Kapitel waren nun solche, die in die Freiheit des Geistes eingingen, die „Schwachen" dagegen beunruhigten ihr Gewissen mit dem Halten von Tagen, dem Essen von Speisen usw. Man spricht heute oft von schwachen Gläubigen als von solchen, die es mit dem Bösen nicht genau nehmen. In diesem Sinne spricht die Schrift nicht von Schwachen! Im Gegenteil, die Schwachen waren solche, die es mit der Sünde sehr genau nahmen, aber aus Mangel an Erkenntnis und Glauben ängstlich ihr Gewissen beunruhigten und sich nicht genug tun konnten im Beobachten von allerlei Dingen. Da standen sich nun zwei Meinungen gegenüber, in der jeder den Herrn anerkannte und Ihm zu gefallen suchte, und damit waren zwei Gefahren da: auf der einen Seite, daß die Starken die Schwachen verachteten als solche, die noch Dinge beobachteten, mit denen Gott längst fertig war; und auf der anderen Seite, daß die Schwachen die Starken richteten als solche, die dem Herrn nicht unterworfen seien. In dieser Verbindung der zweifelhaften Fragen weist der Apostel auf den Richterstuhl hin, wo jeder für sich selbst Gott Rechenschaft geben wird.
Wie soll nun aber die Frage der Verschiedenheit in der Gewissensfrage gelöst werden? Sie soll nicht durch die einfache Behauptung des Rechten, sondern durch den Wandel nach der Liebe (V. 15) und das persönliche Stehen vor Gott (V. 22) geordnet werden. Die Wahrheit soll behauptet werden! Der Apostel tut solches und bezeugt für sich klar seinen Weg: er weiß, daß nichts an und für sich unrein ist (V. 14). Aber er will damit nicht darauf bestehen, daß sein Bruder nun genau ebenso tun müsse wie er. Er will dem Geiste Gottes Raum lassen, ihm Licht und Erkenntnis zu schenken. Er will ihn tragen (15,1). Er will sich selbst verleugnen und in Liebe ihm gegenüber wandeln. Seine Sorge ist, daß sein Bruder in seinem Gewissen vor Gott bleibt, damit er nicht etwas tue oder lasse, für das er weder Licht noch Glauben hat, denn dies wäre gleichbedeutend mit sündigen. "Was nicht aus Glauben ist, ist Sünde" (V. 23): ein Handeln nicht vor Gott, sondern vor Menschen und im Lichte eines Bruders. Wie wichtig, daß jeder persönlich vor Gott steht und daß jeder für sich selbst Gott Rechenschaft geben wird!
Hiermit wird natürlich die Verpflichtung der Kinder Gottes, das Böse zu richten, nicht berührt noch aufgehoben, und ebensowenig die Wichtigkeit, die Gläubigen in den Gedanken Gottes zu unterweisen und sie in die Freiheit hineinzuführen, für die Christus uns freigemacht hat. v. d. K.
Anmerkung des Herausgebers:
Zwei wichtige Unterschiede finden sich für uns Gläubige zwischen den beiden Stellen Röm 14,10 und 2Kor 5,10, in denen beiden der Richterstuhl genannt ist. In letzterer Stelle ist von dem „Richterstuhl des Christus" geredet und von unserem „Offenbarwerden"; in ersterer aber von dem „Richterstuhl Gottes" und unserem „Rechenschaftgeben" (V 12). Und wenn auch beides zusammenfällt in einen Akt vor einem Richterstuhl, so sind doch die verschiedenen Beziehungen der Beachtung wert: „Offenbarwerden" (2Kor 5,10), ohne daß die Offenbarung dessen, was wir sind, uns der Verdammnis preisgibt, können wir nur, weil wir es mit Christo zu tun haben als solche, die in Christo sind; dagegen „Rechenschaft geben" müssen wir vor dem Gott, zu dessen Reich wir gehören (Röm 14,17), als solche, die von Gott aufgenommen sind (V. 3) und nicht das Recht haben, „einer Speise wegen das Werk Gottes (in einem Menschen) zu zerstören" (V. 20). Es handelt sich hier um einfache Fragen des Glaubenslebens, in bezug auf die jeder für sich allein Gott als seinem Herrn verantwortlich ist und vor Ihm Rechenschaft geben muß! - Doch steht in keiner der beiden Stellen, daß der Gläubige vor dem Richterstuhle gerichtet wird. „Also ist nun keinerlei Verdammnis für die, welche in Christo Jesu sind" (Röm 8,1).
Erstellt: 20.03.2024 14:00, bearbeitet: 31.10.2024 21:53