Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Fragen und Antworten
Fragen und Antworten Band 14 - Jahrgang 1929
Eph 3,15 - Was bedeutet „von welchem jede Familie in den Himmeln und auf Erden benannt wird“?Eph 3,15 - Was bedeutet „von welchem jede Familie in den Himmeln und auf Erden benannt wird“?
Frage 2: Was ist unter den Worten „von welchem jede Familie in den Himmeln und auf Erden benannt wird“ (Eph 3,15) zu verstehen?
Antwort:
Es fehlt nicht an Auslegern, die einfach das Wort „Familie“ in der Einzahl fassen, um der Schwierigkeiten der Auslegung enthoben zu sein. So wäre es auch einfach zu deuten, weil darunter nur die eine Familie der Gemeinde, die Erlösten der Jetztzeit, gemeint sein könnte; im weiteren Sinne die Erlösten aller Zeiten. Doch mußten wir feststellen, daß alle guten Übersetzungen dieses Wort ausnahmslos in der Mehrzahl bringen. Nur in einem finden wir große Verschiedenheiten, nämlich in der Wiedergabe des Wortes „Patriá“ in unserer Sprache. Sie übersetzen es: Stämme, Kinder, (jedes) Vaterhaus, Geschlechter, Familien usw. Man merkt es den Übersetzern an, daß es gar nicht so leicht ist, das Wort „Patriá“ (welches dreimal im Neuen Testament vorkommt: Lk 2,4; Apg 3,25 und hier) so wiederzugeben, daß zugleich Licht und Verständnis über diese Stelle durch die Übersetzung dem Leser vermittelt wird.3 Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn von berufener Seite - d. h. von jemand, der das Griechisch des Grundtextes in seinen Feinheiten beherrscht - eine Antwort auf die obige Frage gegeben worden wäre. Doch wollen wir versuchen, das zu antworten, was wir darunter zu verstehen meinen, ohne uns anzumaßen, daß es die richtige Anschauung ist. Uns geht es wie den Übersetzern: wir wissen kaum die Gedanken so klar zu formulieren, daß wir alle einen Segen davon haben.
Viele Ausleger haben in der Benennung der Familien in den Himmeln und auf Erden nur die Herrlichkeit des Schöpfers gesehen bezw. die jeweilige Schöpferherrlichkeit, die Er, der Schöpfer, jeder Familie Seiner Geschöpfe gegeben hat. Wir haben diesen Gedanken auch ernstlich erwogen, doch stießen wir auf biblische Schwierigkeiten, die uns veranlaßten, diesen Gedanken wieder fallen zu lassen. Wenn wir unter den „Familien“ die Stämme Israels, die Völker, die Nationen in ihrer natürlichen, menschlichen und kreatürlichen Bestimmung (die wir an und für sich nicht leugnen, aber nicht hier in diesem Zusammenhang sehen können) verstehen, ergeben sich im Blick auf den Vaternamen, der ständig Gnade ausdrückt, wie auch auf die Nationen selbst, welche ja die Frucht der Sünde sind (vgl. 1Mo 10-11, wo Nationen zum ersten Male genannt werden), große Schwierigkeiten.
Es scheint uns, daß das Wort „Familie“ nicht die einfach menschliche Bedeutung hat im Sinne von Geschlechtern mit ihren Stammvätern, sondern vielmehr von Gemeinschaften, Familien, wo wir das göttliche Band, den göttlichen Gedanken Seiner jeweiligen für jede Familie bestimmten Herrlichkeit und Segenssphäre finden.4 Es handelt sich nach unserer Auffassung nicht um kreatürliche Gemeinschaften (es sei denn Engelfamilien), sondern um geistliche; die den jeweiligen Offenbarungscharakter Gottes ihnen gegenüber aufgenommen haben und bei denen diese Herrlichkeit nicht nur das Band - in diesem Sinne Familienband - ist, sondern die auch diese Herrlichkeit ausstrahlen und dadurch gekennzeichnet sind. Wir müssen uns doch unwillkürlich fragen, wie es kommt, daß diese Familien gerade hier, in dem wunderbarsten Gebet des Apostels Paulus, genannt werden? Welchen Platz haben diese Familien in dem Ratschluß Seiner Liebe, der hier in so einzigartiger Weise vorgestellt wird? Es müssen doch göttliche, geistliche Zusammenhänge bestehen? Wir glauben, der Hauptgrund der Kennung dieser Familien ist ohne Zweifel darin zu sehen, daß in diesem Briefe die einzigartige Stellung, Herrlichkeit, Berufung der Gemeinde, welche besonders das Gefäß Seiner Gnade, Weisheit und Herrlichkeit ist, enthüllt, geoffenbart wird. Sie überragt alle vergangenen und zukünftigen Segenskreise der Erlösten oder Engel, so daß man sie wohl als die Krone der erlösten Schöpfung bezeichnen kann. Dieser Platz ist ihr von Gott, dem Vater, gegeben. Der Gedanke aber, daß Gott als „Vater, von welchem jede Familie benannt wird“, so hervorgehoben wird, scheint der zu sein, daß aller Familien in den Himmeln - seien es die verschiedenen erlösten Familien: die Geister der vollendeten Gerechten, die alttestamentlichen Heiligen wie auch die neutestamentlichen Heiligen (Heb 12,22.23) sowie auch die Engelfamilien, die auch einen Anteil haben, wiewohl nicht einen erlösenden, und auch die verschiedenen Familien der Erlösten auf Erden außerhalb der Gemeinde, die noch in Frage kommen - vor „Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus“, gedacht wird, indem Er auch ihnen Wesensherrlichkeiten Seines Namens - das, was Er ist - verlieh und verleiht aus der unermeßlichen Fülle Seiner Gnade und Liebe. Wenn sie auch nicht die ganze Fülle Christi ausstrahlen, wie es der Gemeinde gegeben ist zu tun, so werden sie doch gewisse Züge Seiner Herrlichkeit wiedergeben, weil sie mit Ihm in Lebensbeziehung gebracht sind.
Von Jahwe (Jehova) wurde Israel als Volk gesegnet. -
Von Gott wurden die Heiden gesegnet. -
Vom Vater aber wird jede Familie gesegnet.
In den Engeln offenbart Gott Seine Macht und Stärke, durch die Patriarchen die Auswahl Seiner Gnade und die Herrlichkeit Seiner Berufung, in Israel die Wege Seines Waltens und die Absicht Seiner Herrschaft, in den Heiden die Unumschränktheit Seines Erbarmens; in der Gemeinde aber wird Gott wohnen und thronen ewiglich, weil sie „die Fülle“ Dessen ist, „der alles in allem erfüllt“ (Eph 1,23). So hat es der Gott und Vater angeordnet, für gut erfunden, so daß auch wir wie der Apostel Paulus unsere Knie vor Ihm beugen in stiller und anbetender Bewunderung vor „Ihm, dem die Herrlichkeit ist in der Gemeinde in Christo Jesu auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin! Amen.“ (3,21)
K. O. St.
3 Am freiesten ist hier die Übersetzung Luthers! Wer nur diese hat, kommt überhaupt nicht in Schwierigkeiten über unsere Stelle! (Der Schriftl. F. K).↩︎
4 Sicher ist dies richtig, denn sonst wäre das sehr oft im Neuen Testament vorkommende Wort „geneá“ gebraucht, das in erster Linie die naturgemäße irdisch-menschliche Abstammung bedeutet bezw. die kreatürliche Nachkommenschaft. Dazu hier einige Stellen: Mt 1,17; Lk 1,48.50; Apg 14,16; 15,21 (Elb. Üb. „Zeiten“); Eph 3,5.21; Kol 1,26; Apg,13,36 (Fußnote)!; Heb 3,10 vgl. mit Mt 17,17 und 12,39; Lk 16,8 usw. (siehe auch „Geschlechtsregister“, „Genealogie“ 1Tim 1,4 und Tit 3,9). „Patriá“ hat eine viel tiefere Bedeutung, nämlich etwa in dem Sinne von „auf geistlicher Vaterschaft beruhende Familie“, was sich im Deutschen durch ein Wort natürlich schwer wiedergeben läßt. Dazu ist doch auch sehr bemerkenswert, daß die drei Stellen, wo es vorkommt, nur hier bei Paulus (im höchsten göttlichen Sinne) und dann in den zwei Büchern des dem Apostel geistlicherweise so nahestehenden „geliebten Arztes“ Lukas (Kol 4,14) stehen! Diese beiden Stellen Evgl. Lk 2,4 und Apg 3,25 deuten auch hier auf die innerliche, geistliche Verwandtschaft (vgl. zu Apg 3,25: Gal 3,15ff. und Lk 19,9), oder wie obige Antwort so schön sagt, auf das „göttliche Band“. Das betr. jener zwei Stellen nachzumessen zu suchen würde hier zu weit führen, aber da die Schrift sich am besten selbst erklärt, so stehe ich nicht an zu sagen, daß man in jenen Stellen Winke finden kann, welche die Richtigkeit der durchaus einleuchtenden obigen Antwort unseres lieben Mitarbeiters nur stützen können: Wie wunderbar ist Gottes Wort! (Der Schriftleiter F. K).↩︎
Erstellt: 06.04.2024 11:08, bearbeitet: 25.09.2025 19:54
Quelle: www.clv.de.