(Für Allgemeines, Verfasser, Abfassung und Echtheit siehe Einleitung zu den Pastoralbriefen.)
EMPFÄNGER
Titus war ein Mitarbeiter des Paulus, obschon er in der Apostelgeschichte nicht angeführt ist. Er war ein Grieche, doch ist seine Herkunft unbekannt (Gal 2,3). Im Gegensatz zu Timotheus blieb er auch nach seiner Bekehrung unbeschnitten (Gal 2,3-5), obwohl er als Delegierter der Gemeinde von Antiochien am Konzil zu Jerusalem teilnahm, wohin er sich mit Paulus, seinem geistigen Vater, begab (Gal 2,1).
Der Apostel nennt Titus seinen «rechtmässigen Sohn im gemeinsamen Glauben» (Tit 1,4). Es scheint nicht, dass Titus ihn regelmässig auf seinen Reisen begleitet hat; aber er hatte sehr oft Gelegenheit, dem Apostel kostbare Dienste zu erweisen und ihn bei den Gemeinden zu vertreten. So sandte Paulus ihn von Ephesus nach Korinth
(2Kor 12,18), wahrscheinlich als Überbringer des strengen Briefes, der zwischen unsere beiden Korintherbriefe einzureihen wäre
(2Kor 2,3-4; 7,8-12). Zu der Zeit war die Unordnung in der Gemeinde gross und die Autorität des Paulus ernstlich untergraben. Der persönliche Einfluss des Titus muss viel dazu beigetragen haben, die Mehrzahl der Gemeindeglieder zu einer besseren Gesinnung zu bringen. Dem Apostel, der ihn in Mazedonien ängstlich erwartete (2Kor 7,5-7.13), konnte Titus beruhigende Nachrichten übermitteln.
Darauf ersuchte Paulus den Titus, nach Korinth zurückzukehren und seine Wirksamkeit dort fortzusetzen, indem er gleichzeitig die Kollekte für die Armen in Jerusalem vorbereitete. Er gab ihm bei dieser Gelegenheit einen vierten Brief mit, das heisst unseren
2. Korintherbrief (2Kor 8,6.16). Von diesem Augenblick an können wir die Geschichte des Titus kaum mehr verfolgen. Nach seiner ersten Gefangenschaft lässt Paulus ihn in Kreta zurück mit dem Auftrag, die christliche Kirche zu organisieren (Tit 1,5-6). Titus erhält den Brief des Apostels, der ihn auffordert, ihn in Nikopolis zu treffen (Tit 3,12). Er begleitet Paulus auf seiner zweiten Reise nach Rom, wo er ihn aber nach einiger Zeit verlässt, um sich nach Dalmatien zu begeben
(2Tim 4,10),
Weiter sagt uns das Neue Testament nichts über Titus. Die Weise, wie Paulus von seiner Hingabe spricht (2Kor 8,16), ihn seinen Gesellen und Gehilfen nennt (2Kor 8,23) und oft mit Sonderaufträgen an die Gemeinden sendet, zeigt, dass seine Rolle in der apostolischen Gemeinde keine geringe war.
Eine Überlieferung (Eusebius) macht aus Titus den ersten Bischof der Kirche zu Kreta, wo er in hohem Alter gestorben sein soll.
ZWECK UND ZIEL
Die Aufgabe, die Titus in der jungen Kirche von Kreta hatte, war nicht leicht. Der Charakter der Kreter galt als unsittlich und betrügerisch (Tit 1,12). Die Christen hatten noch kein geordnetes Gemeindeleben (Tit 1,5), und Irrlehrer benützten die Gelegenheit, um Verwirrung zu stiften (Tit 1,10-14; 3,9). Diese Umstände bewogen den Apostel Paulus zum Schreiben, um Titus klare Anweisungen für die Organisation der Gemeinden auf Kreta zu geben (Tit 1,5; 2,1-15; 3,1-2).
Ein zweiter Grund seines Schreibens war die Dringlichkeit, mit der er Titus in Nikopolis in Griechenland zu treffen wünschte (Tit 3,12).
INHALT UND EINTEILUNG
Einleitung: Anschrift und Segensgruss Tit 1,1-4
1. Ermahnungen an die Gemeindeleiter Tit 1,5-16
Ihre Aufgabe in der Gemeinde Tit 1,5-9
Ihr Kampf mit den Verführern Tit 1,10-16
2. Ermahnungen an die Gemeindeglieder Tit 2,1 - 3,11
Seelsorge an den einzelnen Ständen Tit 2,1-10
Die Gnade als Antrieb zur Heiligung Tit 2,11-15
Das Verhalten gegen die Obrigkeit Tit 3,1-7
Das Verhalten gegen die Irrlehrer Tit 3,8-11
Schluss: Persönliches, Aufträge und Grüsse Tit 3,12-15
Schlüsselwort: Verantwortung
Schlüsselvers: «Auf dass der Widersacher sich schäme und nichts habe, dass er von uns möge Böses sagen» (Tit 2,8).
VERSCHIEDENES
Besondere Merkmale
Der Titusbrief enthält zwei auffallend knappgefasste Darstellungen der christlichen Wahrheit, wie das Neue Testament sie uns lehrt:
Tit 2,11-14 und Tit 3,4-7.
Hier findet sich die einzige Stelle, wo Paulus sich einen Knecht Gottes nennt (Tit 1,1).
Paulus ist der einzige Verfasser im Neuen Testament, der heidnische Schriftsteller anführt; er tut es dreimal: in diesem Brief (Tit 1,12), in
Apg 17,28 und 1Kor 15,33.
Aus diesem Brief ersehen wir, dass die Wiederkunft Christi, über die Paulus die Thessalonicher 13 Jahre früher so ausführlich unterrichtet hatte, noch immer, sogar in seinem vorgerückten Alter, eine selige Hoffnung für ihn bedeutete (Tit 2,13).
Das Heil Gottes
Die Quelle des Heils: die Gnade Gottes Tit 2,11
Der Urheber des Heils: die Person Christi Tit 2,14; 3,6
Das Mittel des Heils: das Kreuz Tit 2,14
Die Früchte des Heils: Wiedergeburt, Erneuerung Tit 3,5.6
durch den Geist
Rechtfertigung Tit 3,7
ewiges Leben Tit 3,7