ALLGEMEINES
Auf hebräisch heisst das Buch «Bereschith» = Im Anfang, nach den Worten, womit es beginnt. Auf griechisch heisst es «Genesis» = Geburt, Entstehung, weil es die Urgeschichte enthält. Ohne das erste Buch Mose müssten wir, was den Ursprung des Menschengeschlechts anbetrifft, vollständig im Dunkeln tappen. Wir wären heute noch, wie die Heiden weit, allein auf Fabeln angewiesen. Stellt man dagegen die Schöpfungsgeschichte des ersten Buches Mose mit den ältesten Völkersagen und den neuesten Naturforschungen zusammen, so ergibt sich für den Forscher der Schrift ein strahlendes Licht der Wahrheit und eine sichere Grundlage für die ganze Bibel.
ZEITABSCHNITT
Das Buch fängt mit dem Schöpfungsbericht an und endet mit Josephs Tod in Ägypten.
VERFASSER
Die jüdische Überlieferung sowohl wie die erste Christengemeinde hat stets die Genesis als das Werk Moses betrachtet. Jesus Christus selbst redet von den Schriften Moses (Joh 5,46; Lk 24,27 usw.).
Prof. F. Bettex schreibt in bezug auf den Verfasser folgendes:
«Zum Berichterstatter an seine Menschheit schuf sich Gott einen gewaltigen Geist, einen Mann, mit dem er gesonnen war, von Angesicht zu Angesicht zu sprechen; dem er soviel Macht zudachte, dass seine Fürsprache ein Volk vor Vernichtung schützen sollte; einen Mann, um dessen Leibeshülle Satan es selbst der Mühe wert hielt, mit dem Erzengel Michael, dem Fürsten des Volkes Israel, zu streiten. Wunderbar führte Gott diesen Mann, und gross wie er selbst war seine Erziehung. Tief durfte er in alle Staats-, Welt- und Gottesweisheit der Ägypter blicken ... Dann führte Gott ihn in die vielleicht grossartigste Einsamkeit der Welt, in die Wüste und in die Palmenhaine zwischen den Granitriesen des Horeb und Sinai, und liess ihn dort vierzig Jahre lang schweigen und sinnen. Und als dieser Mose sich nichts mehr wünscht, als ruhig dort sein Leben unter seinen Herden zu beschliessen, flammt der Busch auf, eine Stimme offenbart ihm Gottes Namen und ruft ihn zu seiner Aufgabe, einer Aufgabe, so gross, wie sie kaum je einem Sterblichen zuteil wurde. Zu dieser Aufgabe gehörte dreierlei. Ein Volk muss, um eine Nation zu sein, eine Religion, ein Gesetz und eine Geschichte haben. Gott gab Israel durch Mose die drei.
Die Genesis ist nicht eine Sage, noch ein Mythus, noch die Literaturgeschichte eines vergangenen Volkes. Ein Mann, der wie Mose ,von Angesicht zu Angesicht’ mit Jehova sprach, erzählt nicht alte Sagen über die Schöpfung. Er sass an der Quelle und brauchte nur zu fragen. Sollte Gott, der das Wort des Mose auf Jahrtausende hinaus seinem Volke und der Christenheit schenken wollte, ihn nicht unterrichtet haben? Da doch Gott seinen Propheten und Aposteln so vieles zeigte, das sie verkündigen sollten, so dass sie sagen konnten: ,Was unsere Augen gesehen und unsere Ohren gehört haben, das verkündigen wir’, was ist da natürlicher, ab dass er Mose nicht nur das Gesetz gab, sondern ihn auch die Anfänge und die Zukunft der Welt und der Menschheit in Gesichten sehen liess? Das erste Kapitel der Bibel klingt wie der Bericht eines Geschauten, das mit wenigen grossen, monumentalen, fast abgerissenen Worten wiedergegeben wird.»
Es versteht sich von selbst, dass Mose sich verschiedener Quellen bedient hat und dass Zusätze, wie zum Beispiel 1. Mose 36,31-39, seinen Manuskripten beigefügt worden sind; denn zu Moses Zeiten gab es noch keine Könige in Israel (1. Mose 36,31).
Auf die neuzeitliche Quellenforschung, die in unserem Buche drei «Zeugenstimmen» unterscheidet (die priesterliche, den Jahwisten und den Elohisten), wollen wir hier nicht eingehen.
BOTSCHAFT
Das erste Buch der Bibel ist ein Zeugnis der Allmacht und Herrschaft Gottes. Es offenbart uns Gottes Plan für die Erlösung und Erziehung der Menschheit und zeigt uns, wie er diesen Plan trotz dem Versagen und dem Ungehorsam der Menschen ausführt.
EINTEILUNG
1. Der Schöpfungsbericht 1. Mose 1-2
Urschöpfung des Weltalls | 1. Mose 1,1 |
Erneuerung der Erde | 1. Mose 1,2 - 2,3 |
Erschaffung des Menschen | 1. Mose 2,4-25 |
2. Die Urgeschichte der Menschheit 1. Mose 3-11
Sündenfall und Folgen | 1. Mose 3 |
Kain und Abel | 1. Mose 4,1-24 |
Urväter von Abel bis Noah | 1. Mose 4,25 - 5,32 |
Sintflut und Noah | 1. Mose 6,1 - 9,29 |
Völkertafel | 1. Mose 10 |
Turmbau zu Babel | 1. Mose 11,1-9 |
Stammbaum Sem bis Abraham | 1. Mose 11,10-32 |
3. Die Patriarchen (Erzväter) 1. Mose 12-50
Abraham | 1. Mose 12-23 |
Isaak | 1. Mose 24-26 |
Jakob | 1. Mose 27-36 |
Joseph | 1. Mose 37-50 |
Die Erzählungen über die vier Erzväter greifen in ihrem Ablauf ineinander und sind nicht genau abzugrenzen.
Schlüsselwort: Schöpfung
TYPOLOGIE
Adam
Adam ist das Gegenstück zu Christus, dem letzten Adam.
Hier nur die wichtigsten Hinweise.
Erstling der Rasse: Der erste Adam ist Erstling des irdischen Volkes, | — der letzte des himmlischen. |
Der Tod ist durch einen einzigen Menschen, Adam, in die Welt gekommen | — das Leben gleichfalls: Röm 5,17. |
In der Stunde der Versuchung fällt der erste Adam | — der letzte, Christus, siegt: Röm 5,19. |
Der erste Mensch «ward zu einer lebendigen Seele», | — der letzte Adam zum «Geist, der da lebendig macht»: 1Kor 15,45 |
Der erste Mensch ist «von der Erde und irdisch», | — der zweite ist «vom Himmel»; 1Kor 15,47. |
Isaak
Die Opferung Isaaks ist ein Hinweis auf den Opfertod Jesu Christi auf Golgatha.
Der Berg Morija: | 1. Mose 22,2; | der Hügel Golgatha: Joh 19,17. |
Der einzige Sohn: | 1. Mose 22,2; | Joh 3,16; Heb 1,2. |
Das Holz zum Opfer trug Isaak selbst: | 1. Mose 22,6; | Christus trug sein Kreuz: Joh 19,17. |
Wo ist das Lamm? | 1. Mose 22,7; | «... siehe, das ist Gottes Lamm!» Joh 1,29. |
«Der Herr wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer»: | 1. Mose 22,8; | «... zuvor ersehen, ehe der Welt Grund gelegt war»: 1Pet 1,19-20; Off 13,8. |
Abraham verschonte seinen einzigen Sohn nicht: | 1. Mose 22,16; | «... der seines eigenen Sohnes nicht hat verschont»: Röm 8,32. |
Abraham dachte: Gott kann von den Toten auferwecken: | 1. Mose 22,5; | Heb 11,17-19; Gott hat seinen Sohn auferweckt: Apg 2,32. |
Joseph
Joseph versinnbildlicht das Leben und den Charakter Christi.
Der Geliebte seines Vaters: 1. Mose 37,3; «mein lieber Sohn»:
Mt 3,17.Dem Willen seines Vaters ergeben: 1. Mose 37,13; «siehe, ich komme, zu tun, Gott, deinen Willen»: Heb 10,9. Der Gesandte seines Vaters zu den Brüdern: 1. Mose 37,13; «Gott hat seinen Sohn gesandt in die Welt ...»: Joh 3,17. Die Brüder verschwören sich gegen ihn: 1. Mose 37,18; «...hielten alle Hohenpriester und die Ältesten des Volkes einen Rat über Jesus, dass sie ihn töteten»:
Mt 27,1.Von seinen Brüdern verkauft: 1. Mose 37,28; «... sie boten ihm 30 Silberlinge»:
Mt 26,15.Alles, was er tut, gerät woh: 1. Mose 39,3-23; «des Herrn Plan wird durch seine Hand gelingen»: Jes 53,10b. Alle sind um seinetwillen gesegnet: 1. Mose 39,5; «... der uns gesegnet hat durch Christus»: Eph 1,3. Er widersteht der Versuchung: 1. Mose 39,8-9; «hebe dich weg von mir, Satan!»: Mt 4,10. Er leidet unschuldigerweise: 1. Mose 40,15; «... ich finde keine Schuld an ihm»:
Joh 18,38.Er wird mit zwei andern verurteilt: 1. Mose 40; «allda kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere... »: Joh 19,18. Er wird befreit: 1. Mose 41,14; Christus wird aus des Todes Banden befreit: Apg 2,24. Alle Gewalt ist ihm gegeben: 1. Mose 41,40-44; «mir ist gegeben alle Gewalt... »: Mt 28,18. Er verzeiht seinen Brüdern: 1. Mose 45,5; «Vater, vergib ihnen ...»: Lk 23,34. «Was euch der sagt, das tut!-»: 1. Mose 41,55; «was er euch sagt, das tut!»: Joh 2,5.
VERSCHIEDENES
Grundlehren der Heilsgeschichte
Gott, der ewige Schöpfer und der Allmächtige | 1. Mose 1 |
Der Fall des Menschen | 1. Mose 3; 6,5; 8,21 usw. |
Die Erlösung | 1. Mose 3,15; 4,3-4 |
Die Rechtfertigung durch den Glauben | 1. Mose 15,6 |
Die Heiligung durch den Wandel mit Gott | 1. Mose 5,24 |
Widerlegung gewisser Irrlehren und Weltanschauungen durch die Schöpfungsgeschichte
Darwinismus (seine Abstammungslehre)
Atheismus (Gottesleugnung)
Polytheismus (Vielgötterlehre)
Pantheismus (Gott in allem)
Fatalismus (Schicksalsglauben)
Materialismus (Materie als das Wesen der Dinge)
Die Namen Gottes
Die verschiedenen Namen, die Gott in diesem Buch beigelegt werden, werfen durch ihre besonderen Bedeutungen je ein andersfarbiges Licht auf die unergründliche, geheimnisvolle Person und Natur Gottes. Die wichtigsten Namen sind:
ELOHIM = Gott (Ableitung von der Wurzel Eloah 1. Mose 1,1). Dieser Name kommt im ganzen Alten Testament ungefähr 2700 mal vor. Man könnte sich also fragen, ob diese Mehrzahlform nicht ein Hinweis auf die Dreieinigkeit ist.
JAHWE (Jehova)=der Name des Bundesgottes Israels. In der deutschen Bibel wie schon in der alten griechischen Übersetzung der Septuaginta durch «Herr» oder «Meister» (griechisch Kyrios) übersetzt. Dieser Ausdruck wird sowohl für Menschen wie für Gott gebraucht. Die Juden durften den Namen Jahwe nicht aussprechen; beim Vorlesen der Bibel war vorgeschrieben, statt Jahwe Adonai zu sagen. Auch die Übersetzer verfuhren nach derselben Regel.
EL SCHADDAI = der allmächtige Gott (1. Mose 17,1). Diesen Ausdruck finden wir hauptsächlich in der Patriarchenzeit. Er zeigt uns Gott als den Allgewaltigen, der die Geschehnisse der Welt- und Menschheitsgeschichte in seiner Hand hat und dem alles dienen muss zur Verwirklichung seiner Pläne.
ELYON = der Erhabene oder besser der Allerhöchste (1. Mose 14,18). Gott tritt uns unter diesem Namen als der Herr des Himmels und der Erde entgegen.
ADONAI = der Herr (1. Mose 15,2) wird meistens gebraucht in bezug auf die Segnungen des Bundes. 134 mal steht Adonai anstelle von Jahwe.