ALLGEMEINES
Thessalonich, heute Saloniki genannt, wurde um 315 v. Chr. von Kassander, dem Sohn Antipaters, König von Mazedonien, gegründet. Es war die Residenz des Prokonsuls, auch Sitz einer angesehenen Judenkolonie, die eine Synagoge besass. Die Lage der Stadt im Herzen des Thermäischen Golfes war hervorragend in geographischer wie in militärischer Hinsicht, und zur Zeit, da Paulus nach Thessalonich kam, war die Stadt einer der massgebenden Hafen- und Handelsplätze des römischen Reiches.
VERFASSER
Der ganze Inhalt des Briefes verrät uns die Person und die Botschaft des Apostels Paulus. Er nennt sich schlicht und einfach «Paulus» (1Thes 1,1) und verbindet seinen Namen mit denen des Silvanus und Timotheus (1Thes 1,1), die uns aus der Apostelgeschichte und den übrigen paulinischen Briefen als seine ständigen Begleiter und engsten Mitarbeiter bekannt sind. Daneben lassen die vielen persönlichen Erinnerungen des Schreibers ganz klar und deutlich die Person des Apostels Paulus erkennen. Auch die altkircbliche Überlieferung nennt einstimmig Paulus als den Verfasser der Thessalonicherbriefe.
EMPFÄNGER
Empfänger des Briefes ist die «Gemeinde zu Thessalonich» (1Thes 1,1). Darüber herrscht keinerlei Zweifel; sämtliche historischen Angaben bestätigen diesen inneren Beweis.
Die Gründung der Gemeinde finden wir in Apg 17,1-9 aufgezeichnet. Nachdem Paulus Philippi (1Thes 2,2) verlassen hatte, wo Lukas zurückgeblieben war, kam er in Begleitung von Silas und Timotheus auf seiner zweiten Missionsreise im ]ahr 50 n. Chr. in Thessalonich an (Apg 17,1-10). Er predigte an drei aufeinanderfolgenden Sabbaten mit grossem Erfolg. Eine schöne Anzahl Juden und Heiden, darunter mehrere der vornehmsten Frauen der Stadt, wurden für Christus gewonnen. Aber die ungläubigen Juden veranstalteten einen Volksauflauf; sie wiegelten den Pöbel auf und versuchten, die Missionare vor ein Volksgericht zu bringen. Da sie sie nicht finden konnten, machten sie sich über Jason, den Gastgeber der Missionare, her. Auf Drängen der Brüder verliessen dann Paulus und Silas die Stadt bei Nacht und reisten nach Beröa.
ABFASSUNG
Als der Apostel schreibt, sind Silvanus (Silas) und Timotheus bei ihm (1Thes 1,1). Bei seiner unfreiwilligen Abreise von Beröa hatte er sie in Mazedonien zurückgelassen (Apg 17,14). Gleich nach seiner Ankunft in Athen hatte er sie aufgefordert, möglichst bald zu ihm zu kommen (Apg 17,15). Von dort aus sandte er Timotheus nach Thessalonich und Silas nach Mazedonien. Beide fanden sich wieder bei ihm ein, als er gerade seine Tätigkeit in Korinth aufnahm
(Apg 18,5). Dort hat jedenfalls Paulus seinen ersten Brief an die Thessalonicher geschrieben. Nach Apg 18,11-18 dauerte dieser erste Aufenthalt in Korinth 18 Monate. Es fragt sich nur, wann während dieser Zeit der Thessalonicherbrief abgesandt wurde. 1Thes 3,6 gibt Aufschluss darüber:
«Da Timotheus von euch zu uns gekommen ist und uns verkündet hat euren Glauben und eure Liebe, und dass ihr unser gedenket allezeit zum besten und euch verlangt, uns zu sehen . ..»
Das war unmittelbar nach der Ankunft des Timotheus in Korinth, während der ersten Monate, die Paulus dort zubrachte.
Nach diesen Angaben wurde der erste Thessalonicherbrief während der zweiten Missionsreise des Apostels Paulus, am Anfang des Jahres
51 n. Chr., in Korinth geschrieben.
ECHTHEIT
Im Altertum wurde die Echtheit dieses Briefes nie in Zweifel gezogen. Der Thessalonicherbrief kommt in den ältesten Manuskripten vor sowie in den ersten Kanons des Marcion und Muratori. Polykarp, Irenäus, Tertullian, Clemens von Alexandrien u. a. m. führen ihn an und schreiben ihn nie einem anderen als Paulus zu.
ZWECK UND ZIEL
Seit der Gründung der Gemeinde sind einige Monate verflossen. Sie hat sich unterdessen organisiert, doch scheint die Autorität ihrer Leiter nicht genügend anerkannt zu sein (1Thes 5,12). Trotz zwei Versuchen ist es dem Apostel nicht gelungen, Thessalonich wieder zu besuchen (1Thes 2,17-18). Timotheus hat Paulus gute Nachrichten über die Gemeinde gebracht; nur herrschen einige irrige Ansichten über das Kommen des Herrn. Einige Gemeindeglieder sind in Sorge um ihre Entschlafenen, weil sie befürchten, diese würden nun bei der Entrückung (Parusie) zu kurz kommen (1Thes 4,13-18). Andere sind von dem Gedanken an die Wiederkunft des Herrn so überwältigt, dass sie ihre Arbeit vernachlässigen und sich in unnüchterner Weise auf sein Kommen vorbereiten wollen (1Thes 4,10-12).
Bei der Liebe und väterlichen Sorge, die der Apostel für seine Neubekehrten empfindet, kann er nicht anders, als der jungen Gemeinde auf diesen Bericht hin zu schreiben. Er bezweckt damit ein Dreifaches:
Glaubensstärkung der Gläubigen, die bereits durch Verfolgung geprüft worden sind (1Thes 3,25);
Ermahnung der Gläubigen, im christlichen Leben und in der Heiligung Fortschritte zu machen (1Thes 4,1-8.10; 5,11-21);
Aufklärung der Gläubigen Uber die Wiederkunft Jesu Christi und die echte innere Vorbereitung auf die Entrückung.
INHALT UND EINTEILUNG
1. Persönlich er Teil (Paulus und die Thessalonicher) 1Thes 1-3
a) Dankgebet für die Bekehrung der Thessalonicher1Thes 1,1-10
Die Grundlage: Erwählung 1Thes 1,4
Die Früchte: Glaube, Liebe, Hoffnung 1Thes 1,3
Das Zeugnis: ein Vorbild 1Thes 1,7
Die Merkmale: Umkehr, Dienst, Erwartung 1Thes 1,9-10
b) Der segensreiche Dienst des Missionars Paulus 1Thes 2,1 - 3,13
Gottes Fügung im Dienst: zu euch 1Thes 2,1-2
Treue im Dienst der Verkündigung 1Thes 2,3-6
Lauterkeit im Dienst (der Wandel) 1Thes 2,7-12
Beglaubigung des Dienstes 1Thes 2,13
Feindschaft im Dienst 1Thes 2,14-16
Führung im Dienst 1Thes 2,17-20
Mitarbeit im Dienst 1Thes 3,1-2
Trübsale und Nöte im Dienst 1Thes 3,3-8
Freude und Gemeinschaft im Dienst 1Thes 3,9-13
2. Lehrhafter Teil (Ermahnung und Belehrung) 1Thes 4-5
Wachstum in der Heiligung 1Thes 4,1-8
Bruderliebe und Arbeitsfreudigkeit 1Thes 4,9-12
Die Entrückung und die Entschlafenen 1Thes 4,13-18
Die Wiederkunft Christi 1Thes 5,1-3
Bereitschaft auf die Wiederkunft 1Thes 5,4-11
Ermahnungen für das Gemeindeleben 1Thes 5,12-22
Gebetswunsch 1Thes 5,23-24
Gruss und Segen 1Thes 5,25-28
Schlüsselwort: Wiederkunft
Schlüsselvers: «Er mache eure Herzen fest, dass sie vor unserem Gott und Vater untadelig in Heiligkeit seien, wenn unser Herr Jesus mit allen seinen Heiligen wiederkommt» (1Thes 3,13).
VERSCHIEDENES
Die Thessalonicher Christen
Ihre Aufnahme der Heilsbotschaft
unter vielen Trübsalen 1Thes 1,6
mit Freuden im Heiligen Geist 1Thes 1,6
als das wirksame Gotteswort 1Thes 2,13
Ihre Bekehrung
Glaube an Gott 1Thes 1,8
Hinkehr zu Gott 1Thes 1,9
Abkehr von den Abgöttern 1Thes 1,9
Empfang des Heiligen Geistes 1Thes 4,8
Ihre Kennzeichen
Werke des Glaubens 1Thes 1,3; 3,7
Arbeit der Liebe 1Thes 1,3; 3,6
Geduld in der Hoffnung 1Thes 1,3
Festigkeit in Gott 1Thes 3,8
Vorbild für die Gläubigen 1Thes 1,7-8
Tatkräftige Bruderliebe 1Thes 4,9
Die Wiederkunft Jesu Christi
Die Bekehrung und die Wiederkunft Christi 1Thes 1,10
Ein Anzeichen einer wirklichen Bekehrung ist das Warten auf die Wiederkunft des Gottessohnes.
Der Dienst und die Wiederkunft Christi 1Thes 2,19
Der Sieg und die Freude des Dieners Christi bei der Wiederkunft seines Meisters wird darin bestehen, dass er ihm die Frucht seines Zeugnisses vorlegt, nämlich die Seelen, die er zum Heil geführt hat.
Die Heiligung und die Wiederkunft Christi 1Thes 3,13
Je lebendiger die Hoffnung auf diese Wiederkunft, desto ernster das Streben nach Heiligkeit.
Die Auferstehung und die Wiederkunft Christi 1Thes 4,13-18
Der Glaube an die Auferstehung der Toten stützt sich auf die Auferstehung Christi selbst. Wenn der Herr in Herrlichkeit wiederkommt, werden die in ihm Entschlafenen auferstehen und mit den Überlebenden ihm entgegengerückt werden.
Die Vorbereitung auf die Wiederkunft Christi 1Thes 5,1-11.23
Wandel im Licht 1Thes 5,4-5
Wachsamkeit 1Thes 5,6
Nüchternheit 1Thes 5,6-8