(Für Allgemeines, Verfasser, Abfassung und Echtheit siehe Einleitung zu den Pastoralbriefen.)
EMPFÄNGER
Der Empfänger ist Timotheus, des Paulus «rechtschaffener Sohn im Glauben-», der sich zur Zeit der Abfassung des Briefes in Ephesus befand (1Tim 1,3). Die Briefe des Paulus geben uns genügend Auskunft über ihn, so dass wir uns ein recht gutes Bild über seine Person machen können.
Timotheus war als Sohn eines griechischen Vaters und einer jüdischen Mutter in Lystra oder Derbe zur Welt gekommen (Apg 16,1) und von klein auf im Gesetz unterrichtet worden (2Tim 3,15). Seinen Vater scheint er früh verloren zu haben; seine Mutter hiess Eunike und seine Grossmutter Lois (2Tim 1,5). Seine Bekehrung erlebte Timotheus jedenfalls unter dem Einfluss des Paulus; denn dieser nennt ihn seinen «lieben und rechtmässigen Sohn» (1Tim 1,2; 2Tim 1,2;
1Kor 4,17). Da ihm die Verfolgungen des Apostels in Antiochien, Ikonien und Lystra bekannt sind, fand die Wendung in seinem Leben wahrscheinlich beim ersten Besuch des Paulus in Lystra statt
(Apg 14,8-21; 2Tim 3,10-11). In Apg 16,1-3 wird uns Timotheus bereits als Christ vorgestellt, dem jedermann ein gutes Zeugnis gibt.
Paulus zog Timotheus als Mitarbeiter in seinem Dienst heran, liess
ihn aber zuvor beschneiden (Apg 16,3) und einsegnen (1Tim 4,14), wobei er ihm auch in eigener Person die Hände auflegte (2Tim 1,6). Darauf begleitete Timotheus den Apostel auf seiner zweiten Missionsreise und besuchte mit ihm Phrygien, die Gegend von Galatien, Mysien, Troas, Neapolis, Philippi, Amphipolis, Appolonien, Thessalonich und Beröa (Apg 17,14). Von dort aus begab sich Paulus allein nach Athen, wohin er Silas und Timotheus aber bald nachkommen liess (Apg 17,15). Nun wurde Timotheus nach Thessalonich entsandt, um die Gläubigen dort zu ermutigen, und konnte dem Apostel guten Bericht bringen (1Thes 3,1-6). Darnach reiste Paulus allein nach Korinth, wo er wieder mit Timotheus und Silas zusammentraf, die von Mazedonien herkamen und nun bis ans Ende der Reise bei ihm blieben (Apg 18,5).
Auf seiner dritten Missionsreise war Paulus ebenfalls von Timotheus begleitet, obwohl dieser nur bei ihrem Aufenthalt in Ephesus erwähnt ist, als Paulus ihn nach Mazedonien sendet (Apg 19,22). Von dort aus begab er sich jedenfalls nach Korinth (1Kor 16,10.11), um dann in Mazedonien wieder mit Paulus zusammenzutreffen, nennt doch der Apostel im 2. Korintherbrief, der zu jener Zeit entstand, den Namen seines jungen Begleiters und Mitarbeiters in Verbindung mit seinem eigenen (2Kor 1,1). Nach einem dreimonatigen Aufenthalt in Griechenland begleitete Timotheus den Apostel nach Jerusalem
(Apg 20,4).
Später finden wir Timotheus in Rom bei dem erstmals dort gefangenen Apostel (Kol 1,1; Phil 1,1; Phlm 1). Bei dieser Gelegenheit scheint auch er verhaftet, aber wieder freigelassen worden zu sein (Heb 13,23). Darnach stattete er den Philipp ern einen Besuch ab
(Phil 2,19) und traf möglicherweise bei ihnen mit dem aus der Haft entlassenen Apostel zusammen (Phil 2,24). Dieser sandte ihn als seinen Stellvertreter nach Ephesus (1Tim 1,3), bis er selbst die Gemeinde aufsuchen konnte (1Tim 3,14).
Als Paulus zum zweitenmal verhaftet wurde, wünschte er sehnlich den Besuch des Timotheus (2Tim 4,9). Ob dieser Wunsch in Erfüllung ging, wissen wir nicht bestimmt.
Die Überlieferung spricht von Timotheus als dem ersten Bischof von Ephesus. Ein späterer Bericht sagt, dass er unter Nero den Märtyrertod erlitten habe. Während der Feier eines heidnischen Festes hätte Timotheus die ausgelassene Volksmenge, die sich blutigen Ausschweifungen hingab, angerufen und beschworen, den wahren Gott anzuerkennen; darauf wäre er unter einem Hagel von Stockschlägen und Steinen zusammengebrochen und verschieden.
ZWECK UND ZIEL
Timotheus war vom Apostel Paulus in Ephesus zurückgelassen worden mit dem besonderen Auftrag, einer gewissen ungesunden Richtung in Lehre und Leben der Christen entgegenzuwirken und für Ordnung und rechte Leitung der Gemeinde Sorge zu tragen
(1Tim 1,3-20). Da der Apostel eine Verzögerung seiner eigenen Rückkehr voraussieht, erachtet er es als notwendig, seinem Stellvertreter bestimmte Anweisungen zu geben. Der Verfasser unterstreicht selbst treffend den Hauptzweck dieses ersten Briefes:
«Solches schreibe ich dir und hoffe, bald zu dir zu kommen; so ich aber verzöge, dass du wissest, wie du wandeln sollst in dem Hause Gottes, welches ist die Gemeinde des lebendigen Gottes, ein Pfeiler und eine Grundfeste der Wahrheit» (1Tim 3,14-15).
INHALT UND EINTEILUNG
Anschrift und Segenswunsch 1Tim 1,1-2
1. Die gesunde Lehre 1Tim 1,3-20
Wesen und Inhalt der Irrlehre 1Tim 1,3-11
Erlebtes Evangelium (persönliches Zeugnis) 1Tim 1,12-17
Ernstes Gebot für Timotheus 1Tim 1,18-20
2. Die Gemeindeordnung 1Tim 2,1 - 3,16
Das Gemeindegebet 1Tim 2,1-7
Das Verhalten der Frau 1Tim 2,8-15
Das Bischofsamt (Vorsteher) 1Tim 3,1-7
Das Gehilfenamt (Diakone) 1Tim 3,8-13
Die Gemeinde als Trägerin des Heils 1Tim 3,14-16
3. Das rechte Verhalten der Gemeinde 1Tim 4,1-11
gegen scheinheilige Verführer 1Tim 4,1-5
gegen ungeistliche Frömmigkeit 1Tim 4,6-11
4. Die rechte Seelsorge 1Tim 4,12 - 6,2
an sich selber 1Tim 4,12-16
an jung und alt 1Tim 5,1-2
an älteren Witwen 1Tim 5,3-10
an jüngeren Witwen 1Tim 5,11-16
an Ältesten 1Tim 5,17-25
an Knechten 1Tim 6,1-2
5. Wider die fromme Selbstsucht 1Tim 6,3-21
Ihre Anhänger 1Tim 6,3-5
Wahrer und trügerischer Gewinn 1Tim 6,6-10
Du aber, Gottesmensch! 1Tim 6,11-16
Mahnung an die reichen Christen 1Tim 6,17-19
Bewahre das dir anvertraute Gut! 1Tim 6,20-21
Schlüsselwort: Hirtendienst
Schlüsselvers: «Gib auf dich selbst und auf die Lehre acht, halte daran fest!» (1Tim 4,16).
VERSCHIEDENES
Merkmale
Der christologische Spruch (1Tim 3,16) hat den Charakter eines kurzen Glaubensbekenntnisses und war vielleicht ein liturgischer Bestandteil des frühchristlichen Gottesdienstes.
Eigenschaften des Dieners Gottes
Persönliche Heilserfahrung 1Tim 1,15-16
Unumstösslicher Glaube 1Tim 1,19a
Reines Gewissen 1Tim 1,19b
Gebetsleben 1Tim 2,1-2
Unsträflicher Wandel 1Tim 3,2-7
Schriftkenntnis 1Tim 4,6
Echte Frömmigkeit 1Tim 4,8
Arbeitseifer 1Tim 4,13
Ständiger Fortschritt 1Tim 4,15
Ausdauer und Selbstzucht 1Tim 4,16
Mut in der Verkündigung der Wahrheit 1Tim 5,7-20
Unparteilichkeit 1Tim 5,21
Kompromisslosigkeit 1Tim 5,22
Reinheit 1Tim 5,22
Liebe, Geduld, Sanftmut 1Tim 6,11
Gehorsam gegen das Wort 1Tim 6,14
Christologie
Christi Menschwerdung 1Tim 3,16 — der Mensch 1Tim 2,5 Christi Kreuzigung 1Tim 2,6 — der Erlöser 1Tim 4,10 Christi Auferstehung 1Tim 3,16 — der Mittler 1Tim 2,5 Christi Verherrlichung 1Tim 3,16 — der Herr 1Tim 6,15 Christi Wiederkunft 1Tim 6,14 — der König 1Tim 6,15
Die Gottseligkeit
Das Geheimnis der Gottseligkeit 1Tim 3,16
Das Leben in der Gottseligkeit 1Tim 2,2
Die Übung in der Gottseligkeit 1Tim 4,7-8; 5,4
Das Jagen nach der Gottseligkeit 1Tim 6,11
Die Lehre gemäss der Gottseligkeit 1Tim 6,3
Die Gottseligkeit, eine Geistesfrucht 1Tim 6,5
Die Gottseligkeit, ein grosser Gewinn 1Tim 6,6
Die Gottseligkeit ist zu allem nütze 1Tim 4,8
Die Gottseligkeit hat die Verheissung dieses 1Tim 4,8
und des zukünftigen Lebens