Schriften von Charles Henry Mackintosh
2Sa 11-21 - Kapitel 8 - Die Verschwörung2Sa 11-21 - Kapitel 8 - Die Verschwörung
11. XI. Noch einmal müssen wir David in das Tal der Demütigung folgen, und zwar müssen wir diesmal tief hinabsteigen, zu schweren Sünden und ihren bitteren Folgen. Es ist wunderbar, wie wechselvoll der Pfad dieses merkwürdigen Mannes war. Kaum hat die Hand der göttlichen Liebe seine Seele wiederhergestellt, seine Füße auf den Felsen gestellt und seine Schritte befestigt, so stürzt er schon wieder von seiner Höhe herab, tiefer als je, in einen Abgrund des Verderbens. Kaum ist sein Irrtum bezüglich des Hauses Gottes in solch gnädiger Weise von Gott berichtigt, so sehen wir ihn in den häßlichen Banden natürlicher Lüste verstrickt. Ach! so ist der Mensch, ein armes, fortwährend hinkendes und strauchelndes Geschöpf, das in jeder Minute der vollsten Ausübung göttlicher Gnade und Langmut bedarf.
12. XI. Die Geschichte des unbekanntesten und verborgensten Gläubigen wird, wenn auch in geringerem Maße, dieselben Ungleichheiten und Unbeständigkeiten auf weisen, wie sie sich in dem Leben Davids bemerkbar machen; und gerade dieser Umstand verleiht dem göttlichen Bericht über sein Leben und seine Zeit ein so tiefes, rührendes Interesse. Wo ist ein Herz, das nicht schon angetastet und versucht worden wäre durch die Macht des Unglaubens, wie David, als er zu dem Könige von Gath floh, um dort einen Bergungsort zu suchen? oder durch verkehrte Begriffe über den Dienst des Herrn, wie David, als .er vor der Zeit ein Haus für Gott bauen wollte? oder durch Regungen der Selbstgefälligkeit und des Stolzes, wie David, als er das Volk zu zählen suchte? oder durch die unreinen Lüste der Natur, wie David in der Sache mit Bathseba, dem Weibe Urijas, des Hethiters? Wenn es ein solches Herz gibt, so wird es allerdings wenig Interesse daran haben, die Wege Davids zu verfolgen. Aber ich weiß nur zu gut, daß mein Leser ein solches Herz nicht hat; denn wo irgend ein menschliches Herz ist, da ist auch die Empfänglichkeit für alles das vorhanden, was ich eben aufgezählt habe, und deshalb muß die Gnade, welche einem David entgegenkommen konnte, kostbar sein für ein jedes Herz, das seine eigene Plage kennt.
13. XI. Der Abschnitt unserer Geschichte, den wir jetzt betrachten wollen, ist nicht nur äußerlich umfangreicher, sondern er enthält auch viele wichtige Grundsätze christlicher Erfahrung und göttlichen Handelns. Die Einzelheiten des Falles Davids ,sind ohne Zweifel allen meinen Lesern bekannt; trotzdem wird eine eingehende Betrachtung für uns alle von Nutzen sein. Erinnern wir uns zunächst daran, daß Davids Sünde zu Absaloms Verschwörung führte. „Wer auf das Fleisch sät, wird von dem Fleische Verderben ernten,“
14. XI. „Und es begann bei der Rückkehr des Jahres, zur Zeit, wann die Könige ausziehen, da sandte David Joab und seine Knechte mit ihm und ganz Israel; und sie richteten die Kinder Ammon zu Grunde und belagerten Rabba. David aber blieb in Jerusalem“ (2Sam 11,1). Anstatt, wie sonst, an der Spitze seines Heeres auszuziehen und sich in den Strapazen und Mühsalen des Krieges zu üben, pflegte David daheim der Ruhe. Das hieß offenbar, dem Feinde eine Blöße und einen Vorteil über sich geben. Sobald ein Gläubiger sich von dem ihm von Gott angewiesenen Posten entfernt oder aufhört zu kämpfen, verliert er seine Kraft und wird schwach. Er legt den Harnisch ab und setzt sich dadurch schutzlos den Pfeilen des Feindes aus; und dieser wird nicht verfehlen, seinen Vorteil auszunutzen. So lange ich in Einfalt und Aufrichtigkeit für den Herrn tätig bin, mag meine Arbeit bestehen, worin sie will, wird die Natur sich unter einem Druck befinden; gehe ich aber meiner Bequemlichkeit nach, so beginnt die Natur zu wirken, und die äußeren sichtbaren Dinge üben ihren Einfluß aus. Satan wird für träge Herzen und lässige Hände stets ein Unheil ausfindig zu machen wissen. David mußte dies tief fühlen. Wäre er mit seinem Heere bei Rabba gewesen, so würde sein Auge wohl nicht auf einen Gegenstand gefallen sein, der so geeignet war, auf sein Fleisch einzuwirken, wie es zu Jerusalem der Fall war. Gerade der Umstand, daß er daheim blieb, gab dem Feinde Anlaß, auf ihn einzudringen. David war von seinem Lager aufgestanden, lustwandelte auf dem Dache seines Hauses und ließ seine Augen umherschweifen — welch ein willkommenes Ziel für die Pfeile Satans!
15. XI. Es ist nötig, stets wachsam und auf der Hut zu sein, denn wir haben einen wachsamen Feind. „Seid nüchtern, wachet“, sagt der Apostel; „euer Wiedersacher, der Teufel, geht umher“ (1Pet 5,8). Satan wartet die günstige Gelegenheit ab, und wenn er eine Seele nicht mit dem ihr anvertrauten Dienst beschäftigt findet, so wird er sicher suchen, sie zu irgend etwas Bösem zu verführen. Aber wenn wir auf unserem Posten sind, stehen wir dem Teufel als entschiedene Feinde gegenüber und er kann uns nichts anhaben, weil unser Anführer stärker ist als er und ihn überwunden hat. Sind wir aber nicht treu und fleißig, schließen wir eine Art von Waffenstillstand mit dem Feinde, so wird er uns sehr bald überlistet haben und uns als Werkzeuge zur Ausführung seiner Pläne benutzen. Sobald David in seiner Energie als der Anführer der Heerscharen Israels nachließ, wurde er der Sklave seiner Lüste. Welch ein trauriges Gemälde und zugleich welch eine ernste Warnung für unsere Seelen!
16. XI. Der Gläubige wird entweder durch die Energie des Geistes oder durch die Kraft des Fleisches geleitet; im ersteren Falle steht es wohl um ihn, im letzteren wird er sehr bald eine Beute des Feindes werden. So war es mit David. „Zur Zeit, wann die Könige ausziehen“, blieb er gemächlich zu Hause, und Satan hielt ihm einen Köder hin, dem sein armes Herz nicht widerstehen konnte. Er fiel, und er fiel in einer schrecklichen, schmählichen Weise. Sein Fall war nicht ein augenblickliches Sichvergessen, ein unbedachter, wenn auch schwerer Fehler; nein, er fiel in einen Abgrund sittlichen Verderbens, er watete tief durch den Schlamm der Sünde. Sein Fall ruft uns mit lauter Stimme zu: „Halte deinen Leib in Knechtschaft!“ Die Natur muß gerichtet und im Tode gehalten werden; anders werden wir sicherlich Schiffbruch erleiden.
17. XI. Es ist erschreckend, zu sehen, wie weit David sich auf dem einmal eingeschlagenen bösen Wege fortreißen ließ. Nachdem er einmal, um seiner Lust zu fröhnen, seinen erhabenen Charakter als Gläubiger aufgegeben hatte, suchte er Uri ja als Deckmantel zu benutzen, um sich so vor dem Urteil der öffentlichen Meinung zu schützen. Sein guter Ruf mußte aufrecht erhalten werden, mochte es kosten, was es wollte. Zunächst versuchte er es mit verstellter Freundlichkeit; dann machte er den Mann, dem er ein so schmähliches Unrecht zugefügt und den er in seiner Ehre aufs tiefste verletzt hatte, trunken, um so seinen Zweck zu erreichen; aber alles war vergeblich. Endlich, ließ er ihn ermorden durch das Schwert der Kinder Ammon. Welch eine Kette von verabscheuungswürdigen Sünden! Dachte David wirklich, daß alles in Ordnung sein würde, wenn nur Urija aus dem Wege geräumt wäre? Hatte er ganz vergessen, daß in all dieser Zeit die Augen des Herrn auf ihm ruhten und seinen schrecklichen Weg beobachteten? Ach! sein Gewissen scheint ganz abgestumpft gewesen zu sein, ganz unempfindlich gegenüber den ernsten Erinnerungen, die Gott ihm auf dem Wege zuteü werden ließ. Wäre es nicht so gewesen, so würde er zusammengezuckt sein unter dem scharfen Vorwurf Urijas, (der umso schärfer wirken mußte, weü er ganz unbeabsichtigt war), als dieser sagte: „Die Lade und Israel und Juda weilen in Hütten, und mein Herr Joab und die Knechte meines Herrn lagern auf freiem Felde, und ich sollte in mein Hause gehen . . .?“ Welch ein Vorwurf für David! Der Herr und Sein Volk lagerten auf freiem Felde und stritten mit den unbeschnittenen Feinden Israels, während David daheim in seiner Bequemlichkeit und der Befriedigung seiner sündhaften Begierden lebte. Wahrlich, wir dürfen sagen: es gab eine Zeit, wo David sicherlich nicht Ruhe auf seinem Lager gesucht haben würde, während die Heerscharen Jehovas mit dem Feinde im Kampfe lagen; und es gab eine Zeit, wo er einen treuen Diener nimmermehr dem Schwerte des Feindes preisgegeben haben würde, um dadurch seinen eigenen Ruf zu retten. Aber so ist der Mensch, der beste der Menschen. Wenn Hochmut das Herz erfüllt oder böse Lust das Auge verblendet, wer könnte dann dem menschlichen Verderben eine Grenze ziehen? Wer könnte sagen, zu welch schrecklichen Dingen selbst ein Gottesmann wie David kommen kann, wenn er einmal die Gemeinschaft mit Gott verloren hat? Ewiglich sei der Gott aller Gnade gepriesen, daß Er Sich stets den Bedürfnissen Seiner irrenden Kinder gewachsen gezeigt hat! Wer anders als Gott könnte auch nur mit einem Gläubigen verkehren, so wie er es an einem einzigen Tage bedarf? Und wahrlich, wenn wir uns daran erinnern, wie verabscheuungswürdig die Sünde in Gottes Augen ist und wie Er doch in solch vollkommener Gnade gegen den Sünder handelt, so muß unser Herz von dankbarer Anerkennung überströmen.
18. XI. Der Herr muß aber Seine Heiligkeit aufrecht erhalten, so gnädig Er auch dem Sünder begegnen mag, und deshalb finden wir auch in dem vorliegenden Falle, daß Er wegen der Sünde Davids ein höchst ernstes Urteil über dessen Haus ausspricht. Der Prophet Nathan wird zu ihm gesandt, um sein Gewissen in die Gegenwart der Heiligkeit Gottes zurückzuführen. Dort ist der richtige Aufenthaltsort für das Gewissen. Wenn es nicht dort ist, so wird es allerlei Ausflüchte, Schlupfwinkel und Deckmäntelchen suchen und finden. David sagte, als ihm das Gelingen seines teuflischen Planes hinsichtlich Urijas berichtet wurde: „So sollst du zu Joab sagen: Laß diese Sache nicht übel sein in deinen Augen, denn das Schwert frißt bald so, bald so“. Auf diese Weise meinte er die ganze Sache geheim halten zu können. An das allsehende Auge Gottes, welches durch alles hindurchdringt und die geheimsten Falten des Herzens erforscht, dachte er nicht.
19. XI. Die Gefühllosigkeit, welche David bei dieser Gelegenheit an den Tag legt, ist erstaunlich. „Das Schwert frißt bald so, bald so“, läßt er Joab antworten. Allerdings, der Krieg hat seine Wechselfälle; heute trifft das Todeslos diesen, morgen jenen. Aber konnte eine solch elende, böse Ausflucht der Heiligkeit Gottes genügen? Unmöglich; die ganze Sache mußte ans Licht kommen; die Maschen des unheilvollen Gewebes, in welches Satan die Füße seines Opfers verstrickt hatte, mußten eine nach der anderen gelöst werden. Die Heiligkeit des Hauses Gottes mußte aufrecht erhalten bleiben, koste es, was es wolle; Sein Name und Seine Wahrheit müssen behauptet und Sein Diener muß gezüchtigt werden angesichts der ganzen Gemeinde, ja, „vor den Augen dieser Sonne“. Nach menschlichem Urteil hätte es weiser scheinen können, die Züchtigung eines so hochstehenden Mannes, wie David, vor der Öffentlichkeit zu verbergen; aber das ist nicht die Weise Gottes. Er wird durch die Gerichte, die Er inmitten Seines Volkes ausübt, jedem Zuschauer beweisen, daß Er keine Gemeinschaft mit dem Bösen hat. Nichts anderes hätte den Flecken, welcher der Wahrheit Gottes zugefügt worden war, austilgen können, als das öffentliche Gericht über den Übertreter. Die Kinder der Welt mögen in der gegenwärtigen Zeit ungestraft dahingehen, trotzdem sie mit erhobener Hand sündigen; aber diejenigen, welche mit dem Namen des Herrn in Verbindung stehen, müssen sich rein erhalten, oder sie werden gerichtet werden.
20. XI. Allein der arme David bewies, wie bereits bemerkt, in dieser ganzen Sache eine fast unglaubliche Gefühllosigkeit. Selbst als das rührende Gleichnis Nathans ihm die ganze Abscheulichkeit seines Verhaltens vor Augen führte, und er über die selbstsüchtige Handlungsweise des reichen Mannes in Zorn geriet, dachte er noch nicht im entferntesten daran, daß die Erzählung sich auf ihn selbst beziehen könne. „Da entbrannte der Zorn Davids sehr wider den Mann, und er sprach, zu Nathan: So wahr Jehova lebt, der Mann, der dieses getan hat, ist ein Kind des Todes!“ So sprach er unbewußt über sich selbst das Urteil aus. Bis dahin war kein Gefühl über seine Sünde in ihm aufgekommen, und vielleicht würde er schon im nächsten Augenblick Anstalten getroffen haben, um den Untäter ausfindig zu machen und zu bestrafen, wenn nicht plötzlich der Pfeil des Allmächtigen sein Gewissen durchbohrt hätte. „Du bist der Mann!“ sagt der Prophet. Schreckliche Entdeckung! Die Sünde wurde bis zu ihrer Quelle hin verfolgt, und David stand als ein überführter, in sich zusammenbrechender Sünder in der Gegenwart Gottes. Und welch ein Glück für ihn! Er macht keinerlei Anstrengungen mehr, sich zu verbergen oder seinen guten Ruf aufrecht zu erhalten. „Ich habe gegen Jehova gesündigt“, so kommt das ungeschminkte Bekenntnis über seine Lippen Sein Geist ist zerknirscht, sein Herz beugt sich unter die Macht der Wahrheit, ein tiefes Bewußtsein seiner Verabscheuungswürdigkeit vor Gott kommt über ihn, und im Staube liegend schreit er um Gnade und Erbarmen: „Sei mir gnädig, o Gott, nach deiner Güte! nach der Größe deiner Erbarmungen tilge meine Übertretungen“ (Ps 51,1)! Er wendet sich unmittelbar zu Gott; denn hier war Davids wohlbekannte und so oft erprobte Zufluchtsstätte. Er bringt seine schwere Last zu Gott und legt sie angesichts Seiner Erbarmungen nieder. Hier war der einzige Ort, wo sein gequälter Geist Ruhe finden konnte. Er fühlte, daß seine Sünde so verabscheuungswürdig war, daß nichts als das Erbarmen Gottes sie auszulöschen vermochte. Aber hier fand er auch einen „Abgrund der Barmherzigkeit“, der alle seine Sünden „verschlingen“ und ihm angesichts seines Elends tiefen Frieden verleihen konnte.
21. XI. Jedoch verlangte David nicht nur nach der Vergebung seiner Sünden; diese hatte er ohne Zweifel nötig, aber er bedurfte mehr. Er bedurfte einer inneren Reinigung von der befleckenden Wirksamkeit und Kraft der Sünde selbst Er sagt deshalb in dem angeführten Psalme weiter: „Wasehe mich völlig von meiner Ungerechtigkeit, und reinige mich von meiner Sünde“ (V. 2)! Der Apostel Johannes schreibt an seine Kinder: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, daß Er uns (nicht nur) die Sünden vergibt, (sondern auch) uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“. Von aller Ungerechtigkeit gereinigt zu werden ist etwas weit Höheres, als nur Vergebung unserer Sünden zu erlangen; und David begehrte das letztere ebensowohl wie das erstere. Beides muß von dem Bekennen unserer Sünden abhängig gemacht werden. Nun ist es bekanntlich viel schwerer, eine Sünde zu bekennen, als um Vergebung zu bitten. Die Sünde, welche wir begangen haben, rückhaltlos vor Gott bekennen ist weit demütigender, als in allgemeiner Weise um Vergebung bitten. Das letztere ist eine verhältnismäßig leichte Sache; aber ein solches Bitten um Vergebung ist vergeblich, wenn es nicht mit einem aufrichtigen Bekenntnis der geschehenen Sünde, mit Demütigung und Selbstgericht verbunden ist Wenn aber ein aufrichtiges Bekenntnis erfolgt, so ist es einfach eine Glaubenssache, zu wissen, daß die Sünden vergeben sind. Das Wort sagt: „Wenn wir bekennen etc.“ David bekannte seine Sünde: „Ich kenne meine Übertretungen, und meine Sünde ist' beständig vor mir. Gegen, dich, gegen dich, allein habe ich gesündigt, und ich habe getan was böse ist in deinen Augen; damit du gerechtfertigt werdest, wenn du redest, rein erfunden, wenn du richtest“ (V. 3. 4). Das war eine Überführung, ein rückhaltloses Bekenntnis. David macht keinen Versuch, die Sache zu beschönigen, in den Umständen einen Entschuldigungsgrund zu finden, oder gar andere Personen mit zu beschuldigen. Nein, wir hören einfach von „i c h“ und „d u“ — ich bin ein armer, schuldiger Sünder, und du bist der Gott der Wahrheit. „Gott sei wahrhaftig, jeder Mensch aber Lügner“ (Röm 3,4). Das Geheimnis einer wahren Wiederherstellung besteht darin, daß wir als Sünder unseren wahren Platz im Lichte Gottes einnehmen. Das ist der Inhalt der Belehrung des Apostels im 3. Kapitel des Römerbriefes. Die Wahrheit Gottes wird dort als der große Maßstab hingestellt, an welchem der Zustand des Menschen gemessen werden muß. Die Wirkung davon ist, daß der Mensch zu den Tiefen seines Zustandes in den Augen Gottes geführt wird. Alles wird ihm abgestreift und seine innerste Seele bloßgelegt vor einer Heiligkeit, welche nicht den geringsten Sündenflecken in ihrer Gegenwart dulden kann. Aber wenn wir so in dem Staube wahrer Selbstverabscheüung und aufrichtigen Bekennens daliegen, was finden wir dann? Einen Gott, der in der Unumschränktheit Seiner Gnade eine vollkommene Gerechtigkeit bereitet hat für den schuldigen und verstummenden Sünder.
22. XI. In dem soeben angeführten 3. Kapitel des Briefes an die Römer treten Wahrheit und Gnade in ernster und lieblicher Verbindung vor unsere Blicke. Die Wahrheit zerbricht das Herz, die Gnade verbindet es; die Wahrheit verschließt den Mund, die Gnade öffnet ihn; verschließt ihn, damit er sich nicht länger irgendwelchen menschlichen Verdienstes rühme, öffnet ihn, damit er den Gott aller Gnade preise und verherrliche.
23. XI. David ging im Geiste durch die Wahrheiten, welche in späteren Tagen in dem genannten Kapitel entwickelt worden sind. Er wurde auch in die Tiefen seiner verderbten Natur hineingeführt. „Siehe“, sagt er, „in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde hat mich empfangen meine Mutter“ (V. 5). Das ist das Büd des Menschen. Welch ein Gedanke! In Ungerechtigkeit geboren! Was für Gutes könnte jemals aus einem so unreinen, verderbten Geschöpf hervorkommen? Wahrlich, nichts! Es ist unverbesserlich schlecht. Und nun beachten wir den Gegensatz: „Siehe, du hast Lust an der Wahrheit im Innern“ (V. 6). Gott verlangt Wahrheit, und David besaß nichts, um dieser Forderung zu genügen, als eine verderbte Natur. Was konnte die große Kluft ausfüllen, die zwischen einem in Sünde und Ungerechtigkeit geborenen Menschen und einem Gott besteht, der Wahrfieit im Innern fordert? Nichts als das kostbare Blut Christi. „Entsündige mich mit Ysop, und ich werde rein sein; wasche mich, und ich werde weißer sein als Schnee“ (V. 7). Mit anderen Worten: David wirft sich als hilfloser Sünder in die Arme der erlösenden Liebe. Seliger Ruheort! Gott allein vermag einen Sünder zu reinigen und ihn passend zu machen für Seine Gegenwart. „Laß mich Fröhlichkeit und Freude hören, so werden die Gebeine frohlocken, die du zerschlagen hast“ (V. 8). Gott muß alles tun: Er muß sein Gewissen reinigen; Er muß sein Ohr öffnen, um den Ton. der Freude und der Fröhlichkeit wieder zu hören; Er muß seinen Mund auftun, damit er die Übertreter die Wege der göttlichen Liebe und Gnade lehren könne; Er muß ihm ein reines Herz schaffen; Er muß ihm wiederkehren lassen die Freude Seines Heils und mit einem willigen Geiste ihn stützen, und Er muß ihn erretten von Blutschuld. Mit einem Worte, von dem Augenblick an, da Nathans Wort mit göttlicher Kraft in sein Herz dringt, wirft David das zermalmende Gewicht seiner Schuld auf die schrankenlose Gnade Gottes, und er kann, soweit es ihn persönlich betrifft, gestützt auf das kostbare Blut der Versöhnung, sich einer vollkommenen Ordnung der Frage erfreuen, welche seine Sünde zwischen seinem Gewissen und Gott aufgeworfen hatte. Die Gnade errang einen herrlichen Triumph; und David konnte sich von dem Kampfplatz zurückziehen, tief bestürzt zwar und schmerzlich, verwundet, aber mit einer gründlicheren Erkenntnis dessen, was Gott war und was die Gnade für seine Seele getan hatte.
24. XI. Dennoch mußte Davids Sünde zu ihrer Zeit die bitteren Früchte hervorbringen. Jenes ernste Wort des Apostels: „Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten“, muß stets seine Verwirklichung finden. Die Gnade mag vergeben, aber die Ergebnisse der Sünde werden ans Licht treten, obgleich der Sünder, selbst während er unter der Zuchtrute steht, vielleicht die lieblichsten Erfahrungen von der Liebe und wiederherstellenden Gnade Gottes macht. Die weitere Geschichte Davids liefert uns ein treffendes Beispiel hierfür. Gott hatte ihm, wie wir wissen, vergeben, ihn von seiner Verunreinigung gewaschen und angenommen, aber nichtsdestoweniger mußte er den feierlichen Urteilsspruch vernehmen: „Nun denn, so soll von deinem Hause das Schwert nicht weichen ewiglich, darum daß du mich verachtet und das Weib Urijas, des Hethiters, genommen hast, daß sie dir zum Weibe sei“. Beachten wir die Worte: „darum daß du mich verachtet hast“. David hatte versucht, seine Sünde vor der Öffentlichkeit zu verbergen, indem er Urija aus dem Wege schaffte; er hatte das allsehende Auge Jehovas und die Ehre Seines heiligen Namens völlig vergessen. Hätte er an Jehova gedacht, als die Stimme der Natur sich in ihm vernehmen ließ, so würde er nicht in die Schlinge gefallen sein. Das stete Bewußtsein der Gegenwart Gottes ist das große Bewahrungsmittel vor allem Bösen. Der vollkommene Heilige und Gerechte konnte sagen: „Ich habe Jehova stets vor mich gestellt; weil Er zu meiner Rechten ist, werde ich nicht wanken“ (Ps 16,8). Wenn wir es unterlassen, Gottes Gegenwart zu verwirklichen als ein Schutzmittel gegen das Böse, so werden wir sie fühlen müssen als ein Gericht wegen desselben.
25. XI. „Das Schwert soll nicht von deinem Hause weichen ewiglich.“ Welch ein Gegensatz zu den herrlichen Verheißungen, welche David im 7. Kapitel gegeben wurden! Und doch ist es dieselbe Stimme, obwohl ihr Ton so schrecklich verändert ist. Dort gibt sich Gnade, hier Heiligkeit in ihr kund. „Weil du den Feinden Jehovas durch diese Sache Anlaß zur Lästerung gegeben hast, so soll auch der Sohn, der dir geboren ist, gewißlich sterben.“ Indes war der Tod des Kindes nur die Einleitung, gleichsam das erste Grollen des Gerichtssturmes, welcher über das Haus Davids hereinbrechen sollte. Er mochte fasten, beten, sich demütigen, und über Nacht auf der Erde liegen, aber das Kind mußte sterben. Das Gericht muß seinen Lauf nehmen, und das Feuer jedes Teilchen dessen verzehren, was seiner Gewalt übergeben wird. Das Schwert des Menschen „frißt bald so, bald so“; aber das Schwert Gottes fällt auf das Haupt des Missetäters. Ein Geschwür mag sich lange im Verborgenen entwickeln, aber endlich muß es aufbrechen; ein Strom mag lange in einem unterirdischen Bett dahinfließen, aber endlich wird er sich einen Ausweg bahnen. Wir mögen Jahre lang in einer verborgenen Sünde dahinleben, irgend einer unreinen Begierde nachhängen, irgendwelche unheiligen Gefühle und Gedanken nähren; aber der Augenblick wird kommen, wo das glimmende Feuer hervorbricht und der wahre Charakter unseres Tuns uns mit Schrecken klar wird. Wir können nichts vor Gott verbergen oder Ihn dahin bringen, unsere verkehrten Wege für richtig zu halten. Wir mögen vielleicht versuchen, uns selbst in einen solchen Gedanken hinein zu arbeiten; wir mögen unsere Herzen durch allerlei Scheingründe zu überzeugen suchen, daß dieses oder jenes recht und gut sei; aber irren wir uns nicht, „Gott läßt sich nicht spotten, denn was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten“.
Doch welch eine Fülle von Gnade strahlt uns andererseits auch wieder aus diesem Teile der Geschichte Davids entgegen! Bathseba wird die Mutter Salomos, welcher während des glorreichen Abschnitts der Geschichte Israels auf dem Throne Davids saß, und der zugleich ein Glied in jener bevorzugten Geschlechtsreihe bildet, aus welcher Christus dem Fleische nach kommen sollte. Das ist wahrhaft göttlich, ganz und gar Gottes würdig. Die finstere Szene aus der Geschichte Davids wird unter der Leitung Gottes zu einem Mittel reichster Segnung. So kam aus dem Fresser Fraß und aus dem Starken Süßigkeit. Wir wissen, wie dieser Grundsatz alle Wege Gottes mit Seinem Volke kennzeichnet. Er richtet ohne Zweifel ihre Sünde, aber Er vergibt sie auch und benutzt ihre Fehler und Verirrungen als Kanäle, durch welche die Gnade ihnen zufließt.
26. XI. Welche Gefühle müssen in späteren Tagen das Herz Davids bestürmt haben, wenn sein Auge auf seinem Salomo ruhte, dem Manne der Ruhe, auf seinem Jedidjah, dem Geliebten Jehovas! Wie wird er sich bei dem Anblick des Knaben seines demütigenden Falles, aber auch der anbetungswürdigen Gnade Gottes erinnert haben! Und mein geliebter christlicher Leser, ist es nicht geradeso mit uns? Wenn wir auf unsere Geschichte zurückblicken, was ist sie anders als eine Kette von Anlässen zu unserer Beschämung und Demütigung, aber zugleich auch eine ununterbrochene Kette von Anlässen zum Preise der bewahrenden, vergebenden und wiederherstellenden Gnade Gottes!
27. XI. Am Ende von 2Sam 12 finden wir David wieder an seinem richtigen Platze, im Kampf mit dem Feinde: „Da versammelte David alles Volk und zog nach Rabba, und er stritt wider dasselbe und nahm es ein . . . Und das Volk, das darin war, führte er hinaus und legte es unter die Säge und unter eiserne Dreschwagen und unter eiserne Beile, und ließ sie durch einen Ziegelofen gehen. Und also tat er allen Städten der Kinder Ammon. Und David und das ganze Volk kehrten nach Jerusalem zurück.“
28. XI. Und jetzt beginnt die ernste Geschichte der Leiden Davids, Das Wort des Propheten, daß das Schwert nicht von seinem Hause weichen solle ewiglich, geht in Erfüllung. Das 13. Kapitel berichtet von zwei der verabscheuungswürdigsten Handlungen, die je eine Familie befleckt haben mögen. Amnon, der Sohn Davids, entehrt die Schwester Absaloms, und Absalom ermordet Amnon und flieht dann nach Gesur, wo er drei Jahre bleibt. Dann erlaubt ihm David, nach Jerusalem zurückzukehren, im Widerspruch mit dem bestimmten Gebot des Gesetzes. Selbst wenn Absalom nur ein Totschläger gewesen wäre, hätte er in einer der Zufluchtsstädte bleiben müssen; aber er war ein Mörder, der mit Absicht und Überlegung seinen Bruder ermordet hatte; und mit dieser Blutschuld auf dem Gewissen wurde ihm die Heimkehr erlaubt. Wir hören weder von einem Bekenntnis, noch von einem Sühnopfer; es waren rein natürliche Gefühle für ihn, die David veranlaßten, ihn wieder zurückkehren zu lassen. „Und der König küßte Absalom.“ Ja, der König küßte den Mörder, statt dem Gesetze des Gottes Israels seinen Lauf zu lassen. Und was dann? „Und es gechah hernach, da schaffte sich Absalom Wagen und Rosse an und fünfzig Mann, die vor ihm herliefen“ (Kap. 15, 1). Das war der nächste Schritt. Davids unerlaubte Rücksichtnahme auf seinen Sohn, seine falsche natürliche Liebe dienten nur dazu, der offenen Empörung Absaloms den Weg zu bahnen. Welch eine ernste Warnung liegt für uns in diesen Dingen! Handle rücksichtsvoll und zärtlich mit dem Bösen, und du kannst versichert sein, daß es ausreifen und dich am Ende verderben wird. Begegnest du ihm aber mit einem Antlitz, hart wie ein Kieselstein, so ist der Sieg auf deiner Seite. Spiele nicht mit der Schlange, sondern tritt sie ohne Zögern unter die Füße. Volle unbeugsame Entschiedenheit dem Bösen gegenüber ist der einzig sichere und glückliche Pfad für einen Gläubigen. Er mag im Anfang schwer und schmerzlich sein, aber sein Ende ist friedlich.
29. XI. Doch beachten wir, wie Absalom zu Werke geht. Er beginnt damit, daß er in den Herzen der Männer von Israel Unzufriedenheit wachruft. „Und Absalom machte sich früh auf und stellte sich an die Seite des Torweges; und es geschah: jedermann, der einen Rechtsstreit hatte, um zu dem König zu Gericht zu kommen, dem rief Absalom zu und sprach: Aus welcher Stadt bist du? Und er sprach: Dein Knecht ist aus einem der Stämme Israels, so sprach Absalom zu ihm: Siehe, deine Sachen sind gut und recht; aber du hast von seiten des Königs niemanden, der sie an hörte. Und Absalom sprach: Wer mich doch zum Richter setzte im Lande, daß jedermann zu mir käme, der einen Rechtsstreit und Rechtshandel hat, und ich würde ihm zu seinem Recht verhelfen! Und es geschah, wenn jemand ihm nahte, um sich vor ihm niederzubeugen, so streckte er seine Hand aus und ergriff ihn und küßte ihn . . . und Absalom stahl das Herz der Männer von Israel.“ So macht es der Feind immer. Er ruft Unzufriedenheit hervor und schafft ein vermeintliches Bedürfnis, einen vorgeblichen Mangel, und dann sucht er diesen auszufüllen mit irgend einer Sache oder einer Person, die er selbst auf den Schauplatz führt. Alle diejenigen, deren Herzen mit David erfüllt und befriedigt waren, hatten keinen Raum für Absalom.
Das ist ein schöner Grundsatz, wenn wir ihn hinsichtlich des wahren David auf unsere Herzen anwenden. Sind wir mit Ihm erfüllt, so haben wir keinen Raum für irgend etwas anderes. Nur dann, wenn es Satan gelingt, ein Bedürfnis, eine Leere in unseren Herzen hervorzurufen, wird es ihm auch gelingen, etwas neben Christo zur Ausfüllung dieser Leere einzuführen. Kann ich in Wahrheit sagen: „Der Herr ist mein Teil“, so bin ich geborgen vor dem Einfluß der verführerischen Köder, die Satan mir vorhält.
30. XI. Es gelang Absalom nur zu gut, die Herzen der Männer von Israel zu stehlen. Er trat mit Schmeicheleien an sie heran und gewann so in ihren Herzen und Zuneigungen allmählich den Platz, der allein David gehörte. Er war ein stattlicher Mann, wohl geeignet, das Urteil der Menge zu bestechen und für sich einzunehmen. „In ganz Israel war kein Mann wegen seiner Schönheit so sehr zu preisen wie Absalom; von seiner Fußsohle bis zu seinem Scheitel war kein Fehl an ihm.“ Aber seine Schönheit und seine Schmeicheleien machten keinen Eindruck auf diejenigen, welche der Person Davids nahe standen. Als der Bote kam, der David über nie von Absalom ins Werk gesetzte Verschwörung Bericht brachte und sagte: „Das Herz der Männer von Israel hat sich Absalom zugewandt,“ zeigte es sich, wer für David war und wer nicht. „Da sprach David zu allen seinen Knechten, die in Jerusalem bei ihm waren: Machet euch auf und laßt uns fliehen . . . Und die Knechte des Königs sprachen zu dem König: Nach allem, was mein Herr, der König zu tun erwählen wird, siehe hier, deine Knechte! ... So zog der König hinaus, und alles Volk in seinem Gefolge, und sie machten Halt bei dem entfernten Hause. Und alle seine Knechte zogen an seiner Seite hinüber. Und alle Kerethiter und alle Pelethiter, und alle Gathiter, sechshundert Mann, die in seinem Gefolge von Gath gekommen waren, zogen vor dem König hinüber . . . und das ganze Land weinte mit lauter Stimme, und alles Volk ging hinüber. Und der König ging über den Bach Kidron; und alles Volk zog hinüber, nach dem Wege zur Wüste hin.“
1. XII. Es gab also noch viele Herzen, welche David zu aufrichtig liebten, um durch die bestrickenden Einflüsse Absaloms sich von ihm abziehen zu lassen. Diejenigen, welche in den Tagen seiner Verbannung Freud und Leid mit ihm geteilt hatten, verließen ihn auch in der Zeit seines tiefsten Schmerzes nicht. „David aber ging die Anhöhe der Olivenbäume hinauf und weinte, während er hinaufging; und sein Haupt war verhüllt, und er ging barfuß; und alles Volk, das bei ihm war, hatte ein jeder sein Haupt verhüllt und ging unter Weinen hinauf.“ Es war ein rührendes und interessantes Schauspiel. Die Gnade, welche in David wirkte, strahlte während dieser Verschwörung in viel lieblicherem Lichte als während irgend eines anderen Abschnittes seines Lebens; zugleich aber zeigte sich auch die innige Zuneigung seiner Getreuen in einer Weise wie nie zuvor. Wenn wir diese Scharen den weinenden, barfuß dahinschreitenden David umringen sehen, so werden unsere Herzen tief bewegt, viel tiefer, als wenn wir sie um seinen Thron her erblicken; denn hier ist offenbar seine Person, und nicht sein Amt und seine Würde, der große Anziehungspunkt für sie. David konnte seinen Begleitern jetzt nichts anderes bieten als die Gemeinschaft an seiner Verwerfung; und dennoch war seine Person für alle, die ihn kannten, mit einem Reiz umgeben, der sie für immer unauflöslich mit ihm verband. Sie konnten ebensowohl mit ihm weinen als Schlachten schlagen und Siege erringen. Hören wir nur die Worte eines Mannes, der David aufrichtig liebte: „Ittai antwortete dem König und sprach: So wahr Jehova lebt und mein Herr König lebt, an dem Orte, wo mein Herr, der König sein wird, sei es zum Tode, sei es zum Leben, daselbst wird auch dein Knecht sein!“Tod oder Leben, — alles war gleich in Gemeinschaft mit dem Könige.
2. XII. Das ist wahrhaft ergreifend; aber noch ergreifender ist die aufrichtige Demut und Unterwürfigkeit des Geistes, welche sich hier in David offenbaren. Wenn Zadok und die Leviten mit der Bundeslade kommen, um sich in den Trauerzug einzureihen, sagt er: „Bringe die Lade Gottes in die Stadt zurück. Wenn ich Gnade finde in den Augen Jehovas, so wird Er mich zurückbringen, und mich sie und Seine Wohnung sehen lassen. Wenn Er aber also spricht: Ich habe kein Gefallen an dir — hier bin ich, mag Er mit mir tun, wie es gut ist in seinen Augen.“ Und als Simei, der Benjaminit, ihm entgegentrat, um ihm zu fluchen und mit Steinen nach ihm zu werfen, und Abisai um die Erlaubnis bat, ihm den Kopf wegnehmen zu dürfen, antwortete er: „Was haben wir miteinander zu schaffen, ihr Söhne der Zeruja! Ja, mag er fluchen! denn wenn Jehova ihm gesagt hat: Fluche David! wer darf dann sagen: Warum tust du also?“ Mit einem Wort, David beugte in Demut sein Haupt unter die Regierungswege Gottes. Er fühlte ohne Zweifel, daß er nur die Frucht seiner Sünden erntete; und er nahm alles aus Gottes Hand. Er sah Gott in jedem einzelnen Umstand und erkannte Ihn an mit einem unterwürfigen und ehrerbietigen Geiste. Vor seinem Auge stand nicht Simei, sondern Gott. Abisai sah nur den Menschen und wollte demgemäß auch mit Simei handeln, gerade so wie Petrus in späteren Tagen, als er seinen geliebten Herrn vor der Schar der Häscher verteidigen wollte, die ausgesandt waren, Ihn gefangen zu nehmen. Petrus wie Abisai lebten auf der Oberfläche und blickten auf Nebenursachen. Der Herr Jesus aber lebte in der tiefsten Unterwürfigkeit unter Seinen Vater. „Der Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?“ Das gab Ihm Gewalt über alles. Er schaute über das Werkzeug hinaus auf Gott hin, über den Kelch hinaus auf die Hand, welche denselben gefüllt hatte. Es machte nichts aus, ob Judas, Herodes, Kajaphas oder Pilatus als Werkzeuge dienten. Er konnte im Blick auf alles sagen: „Der Kelch, den mir der Vater gegeben hat“.
3. XII. So stand auch David in seinem Maße über solch untergeordneten Mitteln und Werkzeugen. Er blickte geradeswegs auf Gott, und mit unbeschuhten Füßen und verhülltem Haupte beugte er sich vor Ihm in den Staub.
Es gibt wohl kaum etwas, worin wir so viel fehlen, als in der Verwirklichung der Gegenwart Gottes und dem Erkennen Seines Wirkens in allen, auch den kleinsten Umständen des täglichen Lebens, Wir sind fortwährend geneigt, auf Nebenursachen zu blicken und nicht Gott in allen Dingen zu sehen. Daher erlangt Satan so manchen Sieg über uns. Lebte das Bewußtsein mehr in unseren Herzen, daß uns kein einziges Ereignis vom Morgen bis zum Abend begegnen kann, in welchem wir nicht die Stimme Gottes zu vernehmen und Seine Hand zu sehen vermöchten, so würden wir Menschen und Dinge mit ganz anderen Augen betrachten und mit weit größerem Ernste unseren Weg gehen. Unser Geist würde ruhig, unser Herz still und ergeben sein. Wir werden dann nicht mit Abisai sagen: „Warum soll dieser tote Hund meinem Herrn, dem König, fluchen? laß mich doch hinübergehen und ihm den Kopf wegnehmen!“ noch werden wir, wie Petrus, in fleischlichem Eifer das Schwert ziehen. Ach, wie tief standen beide Männer, trotz ihrer aufrichtigen Liebe, unter ihren Herren! Wie muß das Tun des Petrus den Geist Christi verletzt, und wie müssen Abisais Worte den demütigen und unterwürfigen David verwundet haben! Hätte es David angestanden, sich selbst zu verteidigen, wenn Gott in einer so ernsten und eindringlichen Weise mit seiner Seele beschäftigt war? Wahrlich nicht. Er dachte nicht daran, sich aus der Hand seines Herrn herauszunehmen; er war Sein im Leben und im Sterben, als König und als Verbannter.
4. XII. Doch kehren wir noch einmal zu den Freunden Davids zurück, deren Hingebung und Liebe zu seiner Person eine schwere Probe in schwerer Zeit so glänzend bestanden. Die Helden Davids umringten ihren Herrn von allen Seiten und teilten mit ihm die Beschimpfungen und Verwünschungen Simeis. Sie waren mit ihm gewesen auf der Bergfeste, mit ihm auf dem Throne und dem Schlachtfelde, und jetzt sind sie mit ihm in seiner Demütigung. Schobi, Makir und Barsillai erschienen auf dem Schauplatz und bedienen David und seine Männer mit fürstlicher Freigebigkeit. Mit einem Worte, die Gedanken vieler Herzen wurden offenbar in dieser Zeit der Trauer und Trübsal Davids. Es zeigte sich, wer David um seiner selbst wülen liebte, und wer nicht.
5. XII. Indes begegnen wir hier einem Charakter, bei welchem wir noch etwas eingehender verweilen müssen. Ich meine Mephiboseth, den Sohn Jonathans. Wir werden uns erinnern, daß David kurz nach seiner Thronbesteigung jene denkwürdigen und gnadenvollen Worte aussprach: „Ist noch jemand da, der vom Hause Sauls übriggeblieben ist, daß ich Güte Gottes an ihm erweise?“ „Das Haus Sauls“ und „Güte Gottes“ — welch eine Verbindung! Saul war Davids unversöhnlichster Feind gewesen; und doch, als David jetzt auf dem Throne sitzt, befähigen ihn der Glanz seiner Stellung und die Fülle der göttlichen Gnade, die Vergangenheit zu vergessen und nicht nur Güte Davids, sondern Güte Gottes zu offenbaren.
6. XII. Die Güte Gottes kennzeichnet sich stets durch diesen besonderen Charakterzug, daß sie gegen Feinde in Tätigkeit tritt. „Gott aber erweist Seine Liebe gegen uns darin, daß Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist“; und weiter: „Denn wenn wir, da wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod Seines Sohnes etc.“ (Rom. 5, 8. 10). Eine ähnliche Liebe und Güte wünschte David an einem Gliede des Hauses Sauls zu erweisen. „Und Mephiboseth, der Sohn Jonathans, des Sohnes Sauls, kam zu David; und er fiel auf sein Angesicht und beugte sich nieder . . . Und David sprach zu ihm: Fürchte dich nicht; denn ich will gewißlich Güte an dir erweisen um deines Vaters Jonathan willen, und will dir alle Felder deines Vaters Saul zurückgeben; du aber sollst beständig an meinem Tische essen. Und er beugte sich nieder und sprach: Was ist dein Knecht, daß du dich zu einem toten Hunde gewandt hast, wie ich einer bin“ (2Sam 9)? Hier haben wir eine liebliche Probe von der Güte Gottes und entdecken zugleich die Ursache der nachmaligen Hingebung Mephiboseths an David. Obgleich er nicht mehr Ansprüche an den König zu machen hatte, als ein Feind oder ein toter Hund, wurde er dennoch in Gnaden aufgenommen und an den Tisch des Königs gesetzt.
7. XII. Aber Mephiboseth hatte einen treulosen Knecht, der zur Erreichung seiner eigenen habsüchtigen Zwecke ihn bei dem Könige in ein falsches Licht setzte. Die ersten Verse des 16. Kapitels geben uns einen Bericht von Zibas falschem Tun. Er erweist David Freundlichkeit und schwärzt Mephiboseth bei ihm an, um so in den Besitz des Landes seines Herrn zu kommen. Aus der körperlichen Schwachheit Mephiboseths Vorteil ziehend, betrügt und verleumdet er ihn. Welch ein trauriges Gemälde!
8. XII. Doch die Wahrheit kam ans Licht, und der so schnöde Verleumdete wurde voll und ganz gerechtfertigt. Bei Davids Rückkehr, als der ganze Aufruhr vorüber und Absalom vom Schauplatze verschwunden war, da kam „Mephiboseth, der Sohn Sauls, herab, dem König entgegen. Und er hatte seine Füße nicht gereinigt und seinen Bart nicht gemacht und seine Kleider nicht gewaschen von dem Tage an, da der König weggegangen war, bis zu dem Tage, da er in Frieden einzog“ (Kap. 19, 24). So beschreibt der Heilige Geist den Charakter dieses interessanten Mannes. Die Abwesenheit seines Herrn beraubte ihn jeglichen Beweggrundes, seine eigene Person zu pflegen oder gar zu schmücken. So lange David fern von Jerusalem weilte, war Mephiboseth ein Trauernder — ein schönes Bild von dem, was der Gläubige heute sein sollte, so lange sein Herr und Meister abwesend ist. „Glückselig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden!“ Wahre Gemeinschaft mit dem abwesenden Herrn wird dem christlichen Charakter den Stempel völliger Absonderung aufprägen. Die Frage ist nicht, was ein Christ tun oder nicht tun darf. Nein, ein liebendes Herz wird nicht zweifelhaft sein hinsichtlich des Verhaltens, welches sich für solche geziemt, die auf die Rückkehr des Königs warten. Frage einen wahrhaft geistlichen Christen, warum er sich von Dingen femhält, die er vielleicht genießen könnte, ohne daß jemand ihn einer Sünde zeihen dürfte. Seine Antwort lautet: weil Jesus abwesend ist. Das ist der höchste Beweggrund, der einen Gläubigen leiten kann. Christus ist droben, und so sucht der Gläubige das, was droben ist, und nicht das, was auf der Erde ist. Wir bedürfen nicht der Regeln und Satzungen einer Formen-Religion, um danach unsere Wege einzurichten; was uns not tut, ist eine glühendere Liebe zu der Person Christi und ein sehnlicheres Verlangen nach Seiner baldigen Rückkehr. Wir haben, wie Mephiboseth, die Güte Gottes erfahren, und wahrlich, eine kostbare Güte! Wir sind aus der Tiefe unseres Elends und Verderbens herausgenommen und unter die Fürsten Seines Hauses gesetzt worden. Sollten wir deshalb unseren Herrn nicht mit der ganzen Kraft unserer Herzen lieben? Sollten wir nicht danach begehren, Sein Antlitz zu sehen? Sollten wir nicht unser gegenwärtiges Verhalten einrichten nach Seinen Gedanken und Seinem wohlgefälligen Willen? Ach, wie wenig gleichen wir oft dem Mephiboseth! wie sind wir so gern bereit, uns gütlich zu tun und unserer hassenswürdigen Natur zu folgen und ihren Wünschen zu dienen! wie geneigt, den glänzenden Dingen dieses Lebens nachzutrachten, indem wir uns einzureden suchen, daß wir alles das tun können, ohne unser Anrecht auf den Namen und die himmlischen Segnungen eines Christen einzubüßen! Welch eine beklagenswerte Eigenliebe und Selbstsucht zeigt sich so oft in unserem Tun, eine Selbstsucht, deren wir uns am Tage der Erscheinung Christi tief schämen müssen!
9. XII. Wäre Zibas Bericht über Mephiboseth wahr gewesen, wie hätte dieser dann antworten können, als David ihn fragte: „Warum bist du nicht mit mir gezogen, Mephiboseth?“ Aber er konnte dem König frei ins Auge schauen und sagen: „Mein Herr König! mein Knecht hat mich betrogen; denn dein Knecht sprach: Ich will mir den Esel satteln und darauf reiten und mit dem König ziehen, denn dein Knecht ist lahm; und er hat deinen Knecht bei meinem Herrn, dem König, verleumdet. Aber mein Herr, der König, ist wie ein Engel Gottes: so tue, was gut ist in deinen Augen. Denn das ganze Haus meines Vaters war nichts anderes als Männer des Todes vor meinem Herrn, dem König; und doch hast du deinen Knecht unter die gesetzt, welche an deinem Tische essen. Und was für ein Recht habe ich noch? und um was hätte ich noch zum König zu schreien?“ Wie schön ist diese Einfalt und Aufrichtigkeit des Herzens, und wie schlagend ist der Gegensatz zwischen Ziba und Mephiboseth! Der erstere trachtete nach dem Erbe Sauls, der letztere wünschte nur in der Nähe des Königs zu sein. Wenn deshalb David sagte: „Warum redest du noch von deinen Sachen? Ich sage: Du und Ziba, ihr sollt die Felder teilen,“ gab Mephiboseth sofort die Richtung seiner Gedanken und Wünsche kund mit den Worten: „Er mag auch das Ganze nehmen, nachdem mein Herr, der König, in Frieden in sein Haus gekommen ist“. Sein Herz war von David erfüllt, nicht von „seinen Sachen“. Wie hätte er mit Ziba auf einem Boden stehen, wie mit einem solchen Manne die Felder teilen können? Unmöglich! Der König war zurückgekehrt; das war genug für ihn. In seiner Nähe weilen zu dürfen, war weit besser als das ganze Erbe des Hauses Sauls. „Er mag auch das Ganze nehmen.“ Die Person des Königs erfüllte und befriedigte das Herz des armen Lahmen so völlig, daß er ohne Bedenken alles das aufgeben konnte, um dessen Besitz Ziba ein Betrüger und Verleumder geworden war.
10. XII. Gerade so wird es auch mit allen sein, welche den Namen und die Person des Sohnes Gottes lieben. Die Aussicht auf Seine baldige Erscheinung wird alle Neigungen zu den Dingen dieser Welt im Keime ersticken. Ausdrücke wie „erlaubt“ oder „nicht erlaubt“ sind viel zu kalt für solche Herzen. Schon die Tatsache, daß sie nach dem Morgenstern ausschauen, wird sie notwendigerweise von allem anderen ablenken; denn wenn man mit gespannter Aufmerksamkeit auf einen besonderen Gegenstand blickt, kann man nichts anderes ins Auge fassen. Ach, wenn die Gläubigen mehr die Kraft ihrer gesegneten Hoffnung verwirklichten, wie würden sie dann getrennt von der Welt wandeln und hoch über ihren Zielen und Beweggründen stehen! Der Feind weiß das sehr wohl, und deshalb ist er mit allen Mitteln bemüht, diese Hoffnung zu einem bloßen Kopfwissen herabzudrükken, zu einer Lehre, die wenig oder gar keine praktische Kraft, ja kaum eine feste, unbestreitbare Grundlage hat. Es ist ihm gelungen, gerade jenen Teil des göttlichen Buches, der in besonderer Weise die mit der Ankunft des Herrn in Verbindung stehenden Ereignisse behandelt, beinahe völliger Vernachlässigung anheim fallen zu lassen. Bis vor gar nicht langer Zeit war man gewöhnt, das Buch der Offenbarung als ein so tiefes und unauflösliches Geheimnis zu betrachten, daß nur wenige, wenn überhaupt jemand, es wagen durften, sich mit ihm zu beschäftigen. Und selbst seitdem die Aufmerksamkeit der Christen wieder mehr auf die Erforschung der Offenbarung gelenkt worden ist, hat der Feind solch widerstreitende Meinungen und verkehrte Erklärungen darüber hervorgerufen, daß einfache Gemüter fast vor dem Buche zurückschrecken, in der Meinung, dasselbe sei nur eine Zusammenstellung von dunklen, unerklärlichen Bildern und verwirrenden Prophezeiungen.
11. XII. Hierfür gibt es nur ein Heilmittel, und das ist: eine aufrichtige Liebe zu Jesu und Seiner Erscheinung. Alle, welche wirklich auf Jesum warten, werden über die Art Seines Kommens nicht viel disputieren. Überhaupt können wir es als einen feststehenden Grundsatz betrachten, daß in demselben Verhältnis, wie die Liebe abnimmt, der Geist des Streitens und Disputierens wächst. Mephiboseth fühlte, daß er David alles verdankte, daß er durch ihn vom Verderben errettet und zu hoher Würde gelangt war. Für ihn gab es deshalb nur einen Gegenstand, nur ein Interesse; und wenn Davids Platz durch einen Empörer eingenommen wurde, so mußten die ganze äußere Erscheinung und das Verhalten Mephiboseths beweisen, daß er mit dem bestehenden Zustand der Dinge nicht einverstanden war. Er war ein Fremdling inmitten desselben und seufzte nach der Rückkehr des Mannes, dessen Güte ihn zu dem gemacht hatte, was er war. Seine Interessen und Hoffnungen standen alle mit David in Verbindung, und nichts als seine Rückkehr konnte ihn glücklich machen.
O möchte es auch mit uns so sein, geliebter christlicher Leser! Möchten wir mehr unseren Charakter als Fremdlinge und Pilgrime verwirklichen inmitten eines Schauplatzes, wo Satan regiert! Die Zeit naht heran, wo unser geliebter König unter den jubelnden Zurufen Seines Volkes zurückkehren, der Empörer von seinem Throne gestoßen und jeder Feind zum Fußschemel unseres hochgelobten Immanuel gelegt werden wird. Die Absaloms, die Ahitophels und die Simeis werden alle ihren gebührenden Platz und Lohn finden, und andererseits werden alle, die gleich Mephiboseth über den abwesenden David getrauert haben, alle Wünsche ihres Herzens überströmend befriedigt finden. „Wie lange, Herr?“ das sei unser Ruf, während wir sehnsüchtig auf den ersten Laut warten, der uns Sein Kommen ankündigt! Der Weg ist lang und nicht selten rauh und schmerzlich; die Nacht ist finster und niederdrückend. Aber das Wort ruft uns zu: „Habt nun Geduld, Brüder!“ und: „Noch über ein gar Kleines, und der Kommende wird kommen und nicht verziehen. Der Gerechte aber wird aus Glauben leben; und wenn jemand sich zurückzieht, so wird meine Seele kein Wohlgefallen an ihm haben.“
12. XII. Ich denke nicht, auf die Einzelheiten der Verschwörung Absaloms näher einzugehen. Er fand ein schreckliches Ende, wie seine Taten es verdienten, obwohl eines Vaters Herz über ihn trauern und eines Vaters Tränen um seinetwillen fließen mochten. Seine Geschichte mag mit Recht als ein Vorbild jenes Mannes und seines Tuns betrachtet werden, der, wie Daniel uns berichtet, „sich des Königtums durch Schmeicheleien bemächtigen“ würde. Dies, wie manchen anderen interessanten Punkt, möchte ich jedoch der Betrachtung des Lesers überlassen. Nie hat es wohl eine Zeit gegeben, wo es für die Christen notwendiger gewesen wäre, unter Gebet und Flehen die Schriften zu erforschen wie heute. Widerstreitende Meinungen und haltlose, böse Lehren schwirren umher, und das einfältige Herz weiß oft nicht, wohin es sich wenden soll. Doch Gott sei gepriesen! Sein Wort liegt vor uns in all seiner Einfachheit und Klarheit und in ihm besitzen wir die ewige Quelle der Wahrheit, den unveränderlichen Maßstab, an welchem wir alles messen und durch welches wir alles beurteilen müssen. Was uns not tut, ist ein Herz, das der Belehrung des Wortes Gottes unterworfen ist. „Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein“; und: „Jehova bewahrt die Einfältigen,“ und „den Demütigen gibt Er Gnade“.