Charles Henry Mackintosh
Schriften von Charles Henry Mackintosh
2Sa 6 1Chr 13 - Kapitel 6 - Die Rückkehr der Bundeslade2Sa 6 1Chr 13 - Kapitel 6 - Die Rückkehr der Bundeslade
25. IX. Als David die Kunde von dem Tode Sauls und Jonathans erhielt, gab er seiner tiefen Trauer über beider unrühmliches Ende Ausdruck. Er hatte, wie wir wissen, in seinem Verhalten Saul gegenüber stets der Tatsache Rechnung getragen, daß Saul der Gesalbte Jehovas war, und auch jetzt, bei der Nachricht von seinem Tode, ist er weit davon entfernt, über den Fall seines bitteren Feindes zu frohlocken. Im Gegenteil, er weint über ihn und fordert andere auf, dasselbe zu tun; ja er stimmt ein ergreifendes Klagelied an über „Saul und Jonathan, die Geliebten und Holdseligen in ihrem Leben, die Helden und Rüstzeuge des Streites“. Auch finden wir nichts von einer ungeziemenden Hast, den jetzt leeren Königsthron zu besteigen. Er wartet ruhig auf den Herrn. „Und es geschah hernach, da befragte David Jehova und sprach: Soll ich in eine der Städte Judas hinaufziehen? Und Jehova sprach zu ihm: Ziehe hinauf. Und David sprach: Wahin soll ich hinaufziehen? Und Er sprach: Nach Hebron“ (2Sam 2,1). Das war wahre Abhängigkeit. Die Natur hätte sicherlich nicht eilig genug den Boden betreten können, wo Ehre und Ruhm zu erlangen waren; aber David wartete auf den Herrn, und sein Gehen und Stehen stand unter göttlicher Leitung. Welch ein Glück würde es für ihn gewesen sein, wenn er während seiner ganzen Laufbahn in dieser kindlichen Abhängigkeit verblieben wäre!
26. IX. Aber ach! wir werden weit mehr Spuren der Natur bei David finden während der Zeit seiner Erhebung, als in der Zeit seiner Verwerfung und seines Umherirrens in der Wüste. Eine Zeit des Friedens und Wohlergehens bringt manche Keime des Bösen zum Wachstum und zur Reife, welche durch die scharfe Luft der Widerwärtigkeiten erstickt worden wären. David mußte die Entdeckung machen, daß das Königtum weit dorniger und gefährlicher für ihn war als die Wüste mit all ihren Entbehrungen.
27. IX. Davids erster großer Fehler nach seiner Thronbesteigung bezog sich auf die Lade des Herrn. Er wünschte sie in die Stadt Jerusalem zu bringen und an eine ihr geziemende Stätte zu stellen. Das war an und für sich ein schöner und richtiger Wunsch. Aber wie mußte derselbe zur Ausführung gebracht werden? Das war die ernste Frage. Nun gab es zwei Wege: der eine war vorgeschrieben durch das Wort Gottes, der andere durch die Priester und Wahrsager der Philister. Das Wort Gottes redete klar und deutlich bezüglich dieses Punktes. Es gab sehr einfache und bestimmte Anweisungen darüber, wie die Lade Jehovas der Heerscharen getragen werden sollte, nämlich auf den Schultern lebender Männer, die zu diesem Zweck bestimmt und ausgesondert waren (vergl. 4. Mose 3 u. 8). Aber die Philister wußten davon nichts und hatten deshalb einen Weg angeraten, den sie selbst erfunden hatten und der, wie zu erwarten stand, dem Worte Gottes schnurstracks wiedersprach (vergl. 1Sam 6). So oft die Menschen sich daran machen, in göttlichen Dingen Regeln und Gesetze aufzustellen, dürfen wir sicher sein, daß sie die schlimmsten Fehler machen werden; denn „der natürliche Mensch nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird“. Obwohl der Plan, der von den Philistern entworfen und befolgt worden war, nach menschlichem Urteil sehr zweckentsprechend und geziemend sein mochte, so war er doch nicht von Gott. Die Diener des Hauses Dagons hielten einen neuen hölzernen Wagen für das passendste Gefährt zur Fortschaffung der Bundeslade, und für Dagon hätten sie sicher kein passenderes finden können, und zwischen Jehova und Dagon kannten sie keinen Unterschied. Sie hatten einst vor der Bundeslade gezittert, aber durch die Untreue Israels hatte dieselbe ihren feierlichen Charakter für sie verloren; und obwohl die Zerstörung ihres Gottes und die schweren Plagen, welche die Bewohner des Landes getroffen hatten, nicht ohne Eindruck geblieben waren, so verstanden sie doch die tiefe Bedeutung der Bundeslade nicht, noch kannten sie ihren wunderbaren Inhalt. Das überstieg ihre Begriffe, und deshalb wußten sie auch keinen besseren Rat bezüglich ihrer Fortschaffung zu geben.
28. IX. Aber Gottes Gedanken waren nicht ihre Gedanken, und David hätte die göttlichen Gedanken kennen und von vornherein danach handeln sollen. Er hätte wissen sollen, daß im Dienste Gottes die Gedanken und Überlieferungen der Menschen völlig verwerflich sind. Es ist ein schlimmes Ding, wenn die Söhne des Reiches sich nach weltlichem Muster bilden und in die Fußstapfen der Kinder dieser Welt treten. Sie können dies nie tun, ohne einen großen Verlust für ihre Seelen zu erleiden und der Wahrheit und dem Zeugnisse ernstlich zu schaden. Die Philister mochten einen neuen Wagen bauen, um auf ihm die Bundeslade in das Land Kanaan zurückzubringen, ohne daß irgend etwas eingetreten wäre, was ihnen ihre Torheit gezeigt hätte; aber Gott konnte nicht zugeben, daß David so handelte. Und so mögen auch jetzt die Kinder dieser Welt Glaubensbekenntnisse aufstellen und religiöse Gebräuche einführen, ohne daß Gott sie in ihrem Tun hindert. Aber sollten die Kinder Gottes von ihrem hohen Platze herabsteigen und ihre Vorrechte als solche, die durch den Geist und das Wort Gottes geleitet werden, aufgeben und sich durch solche Dinge beeinflussen und leiten lassen? Nimmermehr; wenn sie es tun, so werden sie sicherlich großen Schaden leiden.
29. IX. David mußte seinen Fehler auf dem Wege bitterer Erfahrung kennen lernen; denn „als sie zur Tenne Kidon kamen, da streckte Ussa seine Hand aus, um die Lade anzufassen; denn die Rinder hatten sich losgerissen“. Die Schwachheit und Verkehrtheit der ganzen Sache trat hier mit einem Schlage ans Licht. Die Leviten, die Diener Gottes, hatten die Bundeslade von Horeb bis an den Jordan getragen, und niemals hören wir, daß die Lade in Gefahr gekommen wäre, umzustürzen. Nein, denn so war es der Weg Gottes, und Sein Weg ist immer gut und vollkommen; aber der Wagen und die Rinder waren der Weg des Menschen. Wer würde in früheren Tagen daran gedacht haben, daß ein Israelit die Lade des Gottes Israels auf einen von Rindern gezogenen Wagen stellen würde? Aber das ist immer das betrübende Ergebnis, sobald wir in irgend einer Weise das geschriebene Wort verlassen und menschlichen Meinungen folgen. — „Die Rinder hatten sich losgerissen.“ Kein Wunder; denn so etwas geschieht ja oft. Alle die Anordnungen, welche David in bester Meinung getroffen hatte, waren nach göttlichem Urteil „schwach und armselig“, und der Herr machte dies offenbar. Die Bundeslade hätte nie in eine solche unwürdige Lage kommen sollen. Aber so geht es, wenn man sich nicht einfach und bedingungslos durch Gottes Wort leiten läßt. David hatte sich mit den Obersten und Fürsten Israels beraten und zu der ganzen Versammlung Israels gesagt: „Wenn es euch gut dünkt, und wenn es von Jehova, unserem Gott, ist“. Wie natürlich war dies auch, nachdem das ganze Volk, hoch und niedrig, nach Hebron gekommen war, um David zum König zu machen über ganz Israel, und nachdem sie von allen Seiten Lebensmittel, Feigenkuchen und Rosinenkuchen,
Wein und Öl, Rind- und Kleinvieh in Menge zusammenge-bracbt hatten (1Chr 12,38-40)! Ach, es war natürlich, menschlich, aber schnurstracks den Gedanken Gottes zuwider. Während seines Umherziehens in der Wüste hören wir nicht, daß David sich jemals mit seinen Obersten beraten oder gar zu seiner Schar gesagt hätte: „Wenn es euch gut dünkt, und wenn es von Jehova, unserem Gott, ist“ — indem er so dem Menschen den ersten Platz und dem Herrn den zweiten eingeräumt hätte. Nein, er fragte einfach Jehova, was er tun solle, und dann ging er in glücklicher Gemeinschaft mit Gott den richtigen Weg und machte herrliche Erfahrungen.
30. IX. Und so werden w i r es tun, geliebter christlicher Leser, wenn die einfältige, demütige Gesinnung in unseren Herzen ist und wir das Wort des lebendigen Gottes zu unserer ausschließlichen Richtschnur machen. Aber ach! wieviel wird gerade in unseren Tagen in religiösen Dingen nach menschlichem „Gutdünken“ gehandelt! Statt einfältig und mit heiliger Furcht auf Gottes Gebote zu lauschen, treu an denselben festzuhalten und ihnen mit Entschiedenheit nachzukommen, alle Folgen getrost Gott überlassend, lauscht man auf die Meinungen anderer, vielleicht sehr ehrenwerter Männer, oder auf die Eingebungen des eigenen Herzens, zieht Umstände und Verhältnisse in Rechnung und überschlägt die möglichen Folgen. Aber was sagt Gott? „Auf diesen will ich blicken: auf den Elenden und den, der zerschlagenen Geistes ist, und der da zittert vor meinem Worte“ (Jes 66,2).
1. X. „Da entbrannte der Zorn Jehovas wider Ussa, und Er schlug ihn, darum, daß er seine Hand nach der Lade ausgestreckt hatte; und er starb daselbst vor Gott.“ — Ja, das Gericht „muß bei dem Hause Gottes anfangen“. Der Herr richtete David für dieselbe Sache, welche die Philister getan hatten, ohne daß Gott Notiz davon genommen hätte. Je näher jemand bei Gott ist, desto ernster und schneller wird er für alles Böse gerichtet werden. Das ist indes kein Trost für den Ungläubigen; denn wenn der Apostel sagt: „Die Zeit ist gekommen, daß das Gericht anfan.ge bei dem Hause Gottes“, so fügt er alsbald hinzu: „wenn aber zuerst bei uns, was wird das Ende derer sein, die dem Evangelium Gottes nicht gehorchen! Und wenn der Gerechte mit Not errettet wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen (1Pet 4,17.18)? Wenn Gott Sein Eigenes Volk richtet, was wird dann aus dem armen Kinde dieser Welt werden! Obwohl die Philister dem Gerichte Gottes bezüglich ihrer Behandlung der Bundeslade entgingen, mußten sie ihm doch in einer anderen Weise begegnen. Gott handelt mit allen nach Seinen Eigenen heiligen Grundsätzen, und der Bruch an Ussa war bestimmt, um in David eine wahre Erkenntnis der Gedanken Gottes bezüglich der Lade Seiner Gegenwart hervorzurufen.
2. X. Indes scheint diese Wirkung anfänglich nicht erreicht worden zu sein; denn wir lesen: „Und David entbrannte, weil Jehova einen Bruch an Ussa gemacht hatte; und er nannte jenen Ort Perez-Ussa (Bruch Ussas) bis auf diesen Tag. Und David fürchtete sich vor Gott an selbigem Tage und sprach: Wie soll ich die Lade Gottes zu mir bringen?“ Welch eine tiefe, heilsame Unterweisung liegt in allem diesem für uns! David tat eine richtige Sache in der verkehrtesten Weise, und als Gott sein Verhalten richtete, verzweifelte er daran, sie überhaupt ausführen zu können. Das ist ein sehr häufig vorkommender Fehler. Wir beginnen irgend etwas in einer verkehrten Weise oder in einem unrichtigen Geiste, was Gott selbstverständlich nicht anerkennen kann; und dann vermengen wir unsere Gesinnung oder unsere Handlungsweise mit dem Dienst, den wir zu tun beabsichtigen, und legen mut- und hoffnungslos die Hände in den Schoß. Wir müssen immer unterscheiden zwischen dem, was jemand tut, und wie er es tut.
3. X. Gott wird Seinen Kindern nie erlauben, Sein Werk auf die Dauer nach verkehrten Grundsätzen zu betreiben. Er mag sie eine Zeitlang dahingehen lassen, und sie mögen scheinbar große Erfolge haben, wie wir dies auch von David lesen: „David und ganz Israel spielten vor Gott mit aller Kraft: mit Gesängen und mit Lauten und mit Harfen und mit Tamburinen und mit Zimbeln und mit Trompeten“. Wahrlich ein eindrucksvolles Schauspiel! Wer hätte angesichts desselben einen Einspruch erheben und David verurteilen mögen! Waren doch der König, seine Fürsten und Obersten, ja das ganze Volk an diesem prächtigen Aufzuge beteiligt. Und wem galt all dieses Musizieren und Jubilieren? Wem anders als dem Herrn der ganzen Erde, dessen Lade vor ihnen herzog? Und doch, wie bald sollte sich die Freude in Trauer, der Jübel in schmerzliche Klage verwandeln! Die Rinder rissen sich los, und Ussa streckte seine Hand aus in dem eitlen Wahn, Gott würde erlauben, daß die Lade in Seiner Gegenwart zu Boden stürze. Es war eine ernste Sache, sich der Lade Gottes zu nähern, eine ernste Sache, Hand an das zu legen, (und geschah es selbst in der besten Absicht), was das ausdrucksvolle Bild der göttlichen Gegenwart inmitten der Gemeinde Israels war. Es ist eine ebenso ernste Sache, den Namen Jesu zu tragen und betraut zu sein mit den Wahrheiten, welche mit Seiner heiligen Person in Verbindung stehen. Wir alle sollten den Ernst dieser Sache tiefer fühlen, als wir es tun. Wir sind nur zu geneigt, es als etwas nicht so Wichtiges zu betrachten, unsere Hand an die Bundeslade zu legen; aber es ist eine höchst ernste, wichtige Sache, und alle, die es zu tun versuchen, werden, gleich Ussa, für ihren Irrtum büßen müssen.
4. X. Indessen möchte gefragt werden: Ist denn der Hut und Bewahrung der Kirche etwas anvertraut, das der Bundeslade entspräche? Ja; und zwar ist es die Person des Sohnes Gottes. Seine göttliche und menschliche Natur finden sich in dem Golde und dem Akazienholz, aus welchem die Bundeslade gefertigt war, vorgebildet. Die Bestandteile der Lade stellten Seine Person, die Person des Gott-Menschen vor, während die Bestimmung der Lade und des über ihr liegenden Sühndeckels (des Gnadenstuhls) Sein Werk, sei es im Leben oder im Tode, vorbildete. Im Innern der Lade lagen die Gesetzestafeln, „das Zeugnis“; und der Sohn Gottes konnte in Beziehung auf den Leib, der Ihm von Gott bereitet war, sagen: „Dein Gesetz ist im Innern meines Herzens“ (s. Ps 40). Weiter redete der Gnadenstuhl zu dem Sünder von Frieden und Vergebung, von einer Barmherzigkeit, die sich wider das Gericht rühmt; und der Apostel sagt: „welchen (Christus) Gott dargestellt hat zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben an Sein Blut“ (Röm 3,25).
5. X. So sehen wir also, welch ein bezeichnendes, bedeutungsvolles Vorbild die Bundeslade war von Ihm, dessen Lust und Speise es war, das Wohlgefallen Jehovas zu tun, von Jesu, dem Sohne Gottes, dessen herrliche Person der besondere Gegenstand der ehrerbietigen und liebevollen Hut des Gläubigen sein sollte. Und gerade so, wie die sittliche Kraft Israels stets mit der richtigen Anerkennung und Bewahrung der Bundestade in Verbindung stand, so wird es sich auch stets erweisen, in welch, inniger Beziehung die Kraft der Kirche zu der Frage steht, ob sie die große und über alles wichtige Lehre von dem Sohne in geziemender Weise aufrecht erhält oder nicht. Es ist eitel, uns an dem Werke unserer Hände zu erfreuen und. uns unserer Erkenntnis, unseres Zeugnisses, unserer Gaben, unseres Dienstes oder ähnlicher Dinge zu rühmen. Wenn wir nicht die Ehre des Sohnes aufrecht erhalten, so' sind wir tatsächlich wertlos; wir wandeln dann nur in. dem elenden. Lichte, das wir uns selbst angezündet haben und das erlöschen wird, sobald der Herr, gerade um Seiner Treue willen, gezwungen ist, ins Mittel zu treten und eineu Bruch, an uns zu machen. David „entbrannte“ über den Bruch. Es war ein schreckliches Halt, das ihm auf seinem Wege zugerufen wurde, eine schmerzliche Störung der allgemeinen Freude; aber es war nötig. Ein treues Auge entdeckte den kranken Seelenzustand, welcher sich i n dem neuen Wagen kundgab, und der Bruch an Ussa sollte als Heilmittel dienen und erwies sich auch als solches wirksam.
6. X. „Und David ließ die Lade nicht zu sich einkehren in die Stadt Davids; und er ließ sie beiseite bringen in das Haus Obed-Edoms, des Gathiters.“ Wie schade! David ging eines reichen Segens dadurch verlustig, daß er auf halbem Wege stehen blieb; denn, die Lade Gottes konnte nichts anderes als Segen auf alle bringen, die in der rechten Weise mit ihr in Verbindung traten, obwohl sie im entgegengesetzten Falle auch ernste Gerichte hertaeiführte, wie bei den Leuten von Beth-Semes (1Sam 6,19) und bei Ussa. Es war eine glückliche Zeit für Obed-Edom, so lange die Lade in seinem Hause war, denn „Jehova segnete das Haus Obed-Edoms und alles, was sein war“. Während der ganzen Zeit, die David voll Furcht ohne die Lade zubrachte, war Obed-Edom mit der Lade gesegnet. Obgleich die Segnung sich nicht auf das ganze Volk erstreckte, sondern nur auf einen engen Kreis beschränkt blieb, so war sie doch gerade so wahr, wirklich und bestimmt, als wenn ganz Israel sie genossen hätte: Wie hätte es anders sein können? Die Segnung war ja das Ergebnis der Gegenwart der Bundeslade. Gott bleibt Seinen Grundsätzen stets treu und wird allezeit diejenigen segnen und beglücken, welche im Gehorsam wandeln; und so wie Er Obed-Edom segnete, während die Lade bei ihm war, wird Er jetzt alle die segnen, welche Jesum ehren und in Einfalt und Wahrheit in Seinem Namen zusammenzukommen suchen." „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“. Und wo Christus gegenwärtig ist, da muß Segen sein. Schwachheit und Armut mögen ohne Zweifel vorhanden sein, aber dennoch auch Segen und Trost, weil Jesus da ist; und je mehr wir unsere eigene Schwachheit und Leere, ja unser ganzes Nichts fühlen, desto mehr werden wir Seine Gegenwart schätzen und lieben.
7. X. Was uns not tut, ist nicht die Macht der Beredsamkeit, nicht menschlicher Verstand oder irgend etwas, das bloß von dem Menschen kommt; was wir bedürfen, ist die Gegenwart Jesu, ohne diese ist alles kalt, dürre und leblos. Aber wer könnte beschreiben, wie lieblich es ist, die Gegenwart unseres Herrn und Meisters zu verwirklichen! Gott sei Dank, daß in unseren Tagen, wo die traurigen Ergebnisse und Wirkungen der menschlichen Überlieferung in der Kirche so offenbar ans Licht treten, es etwas gibt, das dem Hause Obad-Edoms, des Gathiters, gleicht, wo die Gegenwart der wahren Bundeslade und die daraus sich ergebenden Segnungen Gottes in etwa gekannt und genossen werden können!
8. X. Verweilen wir jetzt noch einen Augenblick bei der gnädigen Art und Weise, in welcher Gott die Seele Seines Knechtes David wiederherstellte. Das Leben des Gläubigen, das ja einer ununterbrochenen Kette von Fallen und Wiederaufstehen, von Irregehen und Wiederzurechtbringen gleicht, stellt einerseits die traurige Schwachheit des Menschen (selbst eines Gottesmannes wie David) ans Licht und andererseits die wunderbare Gnade und Kraft Gottes.
9. X. Zwischen den beiden Berichten über das Einholen der Bundeslade in dem 2. Buche Samuels und in dem 1. Buche der Chronika besteht ein bemerkenswerter Unterschied. In dem ersten haben wir die einfache Erzählung der Tatsachen, in dem zweiten einen Bericht von der inneren Erziehung, durch welche die Seele Davids ging während der Zeit, daß er „entbrannt“ war, oder mit anderen Worten, während der Zeit, daß er unter den Folgen seines Fehlers litt. In 2Sam 6 lesen wir: „Und es wurde dem König David berichtet und gesagt: Jehova hat das Haus Obed-Edom und alles, was sein ist, gesegnet um der Lade Gottes willen. Da ging David hin und holte die Lade Gottes aus dem Hause Obed-Edoms herauf in die Stadt Davids mit Freuden.“ David lernte, daß es, anstatt aus Furcht so fern zu stehen von der Bundeslade, sein Vorrecht war, ihr nahe zu sein. In Chron. 14 dagegen finden wir David im Kampf mit den Philistern, und es wird uns erzählt, wie er den Sieg über sie errang: „David befragte Gott und sprach.: Soll ich wider die Philister hinaufziehen und wirst du sie in meine Hand geben? Und Jehova sprach zu ihm: Ziehe hinauf, und ich werde sie in deine Hand geben.“ Wie ganz anders handelt David hier als im vorigen Kapitel! Anstatt seine Heere zu sammeln und unverweilt in den Kampf zu ziehen, anstatt mit den Obersten und Fürsten zu beratschlagen, befragt er Gott, so wie er es früher getan hatte; und wie herrlich war der Erfolg! „Da zogen sie hinauf nach Baal-Perazim, und David schlug sie daselbst; und David sprach: Gott hat meine Feinde durch meine Hand durchbrochen, gleich einem Wasserdurchbruch. Daher gab man jenem Orte den Namen Baal-Perazim“ (d. i. Ort der Brüche oder Durchbrüche).
10. X. Ein „Bruch“ und ein „Ort der Durchbrüche“ sind zwei sehr verschiedene Dinge. Gott hatte einen Bruch unter Israel gemacht, aber unter den Philistern machte Er nicht nur einen Bruch, sondern Er brachte sie an einen Ort der Durchbrüche, und David hätte daraus lernen können, welch einem armseligen Beispiel er gefolgt war, als er den Wagen für die Bundeslade baute. Wir mögen sehr eifrig sein für die Ehre und Verherrlichung Gottes; aber je größer unser Eifer ist, desto mehr wird er Schaden bringen, wenn er nicht mit Einsicht gepaart geht. Wir werden alles verderben, wie David im vorigen Kapitel es tat; und wir können jene Einsicht in die Gedanken Gottes nur dann erlangen, wenn wir uns, im Gefühl unserer Abhängigkeit und Ohnmacht, von Gott belehren lassen.
11. X. Schließlich sah David denn auch seinen Fehler ein. Gottes wunderbar gnädige Belehrungsmethode brachte ihre gesegnete Wirkung hervor. In Kap. 15 lesen wir von ihm: „Und er machte sich Häuser in der Stadt Davids, und er bereitete einen Ort für die Lade Gottes und schlug ein Zelt für sie auf. Damals sprach David: Die Lade Gottes soll niemand tragen als nur die Leviten; denn sie hat Gott erwählt, um die Lade Gottes zu tragen und Seinen Dienst zu verrichten ewiglich.“ Und zu den Häuptern der Väter der Leviten hören wir ihn sagen: „Heiligt euch, ihr und eure Brüder, und bringet die Lade Jehovas, des Gottes Israels, hinauf an den Ort, welchen ich für sie bereitet habe. Denn weil ihr das vorige Mal es nicht tatet, so machte Jehova, unser Gott, einen Bruch unter uns, weil wir Ihn nicht suchten nach der Vorschrift.“ So wurde Davids Seele völlig wiederhergestellt.
12. X. Niemand kann belehren wie Gott. Als David einen verkehrten Weg einschlug, machte Gott einen Bruch an ihm mit Seiner Eigenen Hand. Er erlaubte nicht den Philistern, dies zu tun; nein, Er erlaubte im Gegenteil seinem irrenden Knechte, die Philister an einem Ort der Durchbrüche zu sehen, und befähigte ihn, sie zu schlagen, „sie zu durchbrechen gleich einem Wasserdurchbruch“. So lehrte Gott, und so lernte David die göttliche „Vorschrift“; so lernte er gleichsam die Lade von dem neuen Wagen abzuheben und sie auf die Schultern der Leviten legen, „die der Herr erwählt hatte, um Seinen Dienst zu verrichten ewiglich“. So wurde er belehrt, allen eigenen oder fremden Meinungen den Rücken zu kehren und einfältig dem geschriebenen Worte Gottes zu folgen. „Die Lade Gottes soll niemand tragen, als nur die Leviten.“ Das war bestimmt und deutlich. Aber diese bestimmte, deutliche Vorschrift hatte David vergessen.
13. X. Doch noch einmal, in welch, gnädiger Weise belehrte der Herr Seinen Knecht! Er unterwies ihn durch Siege über seine Feinde! Als David seinen eigenen Gedanken folgte, machte Gott einen Bruch an ihm und seinem Volke; als er aber den Platz der Abhängigkeit wieder erlangt hatte, da gab Gott ihm einen Ort der B r ü c he unter den Philistern. So leitet Gott Seine Kinder oft zu der Erkenntnis Seiner Gedanken, wenn sie in ihrer Torheit der Weise der Menschen dieser Welt folgen. Er zeigt ihnen, daß sie solche Vorbilder nicht wählen sollten. Der Bruch belehrte David über seinen Fehler, der Ort der Brüche über die Gedanken Gottes, über Seine Vorschrift Gott ist treu, Er kann Sich Selbst nicht verleugnen. Er kann den Seinigen nicht erlauben, Seine Gebote leichthin zu behandeln. Die Bundeslade würde daher bis ans Ende hin im Hause Obed-Edoms geblieben sein, wenn David nicht gelernt hätte, seine eigenen Gedanken fahren zu lassen und der göttlichen Vorschrift zu folgen.
14. X. „Da heiligten sich die Priester und die Leviten, um die Lade Jehovas, des Gottes Israels, hinaufzubringen. Und die Söhne der Leviten trugen die Lade Gottes auf ihren Schultern, indem sie die Stangen auf sich legten, s o wie Mose geboten hatte nach dem Worte Jehova s.“ In allem diesem wurde Gott verherrlicht, und deshalb konnte Er Kraft und Freude därreichen. Die göttliche Wahrheit wurde beachtet und aufrecht erhalten, und so konnte Gott handeln. In demselben Maße wie die Wahrheit verlassen und aufgeopfert wird, schwindet die geistliche Kraft. Es mag viel Schein, viel Anmaßung vorhanden sein, aber keine Wirklichkeit Wie wäre es auch möglich? Gott ist die Quelle aller wahren Kraft, und Gott kann Sich nicht mit etwas verbinden, was nicht in vollem Einklang mit Seiner Wahrheit steht. Obgleich daher „David und ganz Israel vor Gott gespielt hatten mit aller Kraft“, war Gott doch in Wirklichkeit ausgeschlossen. Sein Gebot wurde nicht beachtet, die Leviten und die Sänger waren nicht da, und alles endete in Verwirrung und Trauer.
15. X. Wie ganz anders ist es hier im 15. Kapitel! Hier begegnen wir wahrer Freude und wahrer Kraft. „Und es geschah, da Gott den Leviten half, welche die Lade des Bundes Jehovas trugen, so opferten sie sieben Farren und sieben Widder. Und David war angetan mit einem Oberkleide von Byssus, ebenso alle Leviten, welche die Lade trugen, und die Sänger, und Kenanja, der Anführer des Gesanges der Sänger; und David trug ein leinenes Ephod“ (V. 26. 27). In der Tat, hier haben wir ein Schauspiel vor uns, mit welchem Gott sich verbinden konnte. Er half nicht den Rindern, und Er half nicht dem Ussa, aber Er half den Leviten. Sie hatten einst die Lade trockenen Fußes durch den Jordan getragen, sie hatten mit ihr sieben Tage lang die Mauern Jerichos umzogen, und niemand anders als sie durfte sie jetzt nach Jerusalem hinaufbringen. Gottes Ordnung und Vorschrift ist schließlich die allein richtige und glückliche. Sie mag sich nicht immer dem menschlichen Urteil empfehlen, aber sie wird stets Gottes Anerkennung finden, und das ist mehr als genug für jedes treue Herz- David wurde befähigt, den Spott Michals, der Tochter Sauls, zu ertragen, weil er vor dem Herrn handelte. Hören wir seine schöne Antwort auf ihre spöttische Bemerkung: „Vor Jehova, der mich vor deinem Vater und vor seinem ganzen Hause erwählt hat, um mich als Fürst zu bestellen über das Volk Jehovas, über Israel, ja, vor Jehova will ich spielen; und ich will noch geringer werden denn also, und will niedrig sein in meinen Augen“ (2Sam 6,21,22). Welch ein herrlicher Entschluß! Möchten auch wir alle ihn fassen und durch die Gnade Gottes ihn ausführen! Niedrig in unseren eigenen Augen, aber glücklich in Gott. In den Staub uns niederbeugend in dem Gefühl unseres Nichts und unserer Unwürdigkeit, aber hoch erhoben in dem Bewußtsein der Gnade und Freundlichkeit Gottes.
Der Leser wird in dem folgenden Kapitel (1Chr 16) die liebliche Wirkung des in obigem Ausspruch sich kundgebenden Geistes finden. Der ganze Gesang ist von Anfang bis zu Ende ein Verbergen der eigenen Person und eine Entfaltung des Charakters und der Wege Gottes. Das bloße Lesen desselben erquickt und erfrischt das Herz. Eine eingehende Betrachtung des Kapitels würde uns zu weit führen; aber ich möchte den Leser bitten, es mit Aufmerksamkeit und unter Gebet zu lesen. Nur über den letzten Vers des Gesanges sei noch ein Wort gesagt, da er die vier großen Charakterzüge des Volkes Gottes in wenigen Worten vor uns bringt.
16. X. „Rette uns, Gott unserer Rettung, und sammle und befreie uns aus den Nationen; daß wir deinen heiligen Namen preisen, daß wir uns rühmen deines Lobes!“ Bezieht sich dieser Vers auch zunächst nur auf Israel, so ist er doch sicher auch auf die Gläubigen der jetzigen Zeit anwendbar. Die Kirche Gottes ist eine errettete Körperschaft. Errettung ist die Grundlage von allem Wir können nicht eher einem der anderen Charakterzüge in diesem Verse entsprechen, bis wir uns errettet wissen mittelst des Todes und der Auferstehung Christi. Kraft dieser Errettung wird die Kirche „gesammelt“ durch die mächtige Wirksamkeit des Heiligen Geistes. Alle, die sich Seiner Leitung unterwerfen, werden in die Gemeinschaft mit ihren Mitgläubigen eingeführt. Die Weise des Heiligen Geistes ist nicht Vereinzelung, sondern Vereinigung in der Wahrheit. Die Menschen schaffen Vereinigungen auf religiösem Boden, ohne als Grundbedingung die vollkommene Errettung eines jeden Einzelnen durch das kostbare Blut Jesu aufzustellen. Das ist nicht die Weise des Heiligen Geistes; Er sammelt nur zu Jesu hin und auf Grund dessen, was Jesus getan hat. Das Bekenntnis Christi, als des Sohnes des lebendigen Gottes, ist der Felsen, auf welchem die Kirche gebaut ist. Nicht Übereinstimmung in religiösen Ansichten macht wahre Gemeinschaft aus, sondern der Besitz eines allen gemeinsamen Lebens, in Verbindung mit dem verherrlichten Haupte im Himmel.
17. X. Nun, jemehr diese göttliche Vereinigung erkannt und verwirklicht wird, desto mehr werden wir den nächsten Charakterzug verstehen: „befreie uns aus den Nationen“ — d. i. Absonderung. Die Kirche ist aus der Welt herausgenommen; sie gehört nicht mehr zu ihr, obwohl sie berufen ist, in ihr zu zeugen. Innerhalb der Kirche steht alles unter der Leitung und Regierung des Heiligen Geistes; außerhalb befindet sich alles unter der Herrschaft Satans, des Fürsten dieser Welt. Das ist die Lehre der Schrift über die Kirche. Der Apostel konnte daher, in Verbindung mit dem Ausschluß eines Bösen aus der Mitte der Versammlung in Korinth, reden von der Überlieferung eines solchen an Satan zum Verderben des Fleisches (1Kor 5). Außerhalb der Grenzen der Kirche liegt ein weiter, finsterer Bereich, über welchen Satan herrscht, gleich jener öden Gegend, in welche der Aussätzige aus dem Lager Israels verbannt wurde (3Mo 13,46).
18. X. Schließlich finden wir als vierten Charakterzug Lob und Anbetung: „daß wir deinen heiligen Namen preisen, daß wir uns rühmen deines Lobes“. Dies folgt aus den drei Stücken, die wir soeben betrachtet haben. Errettung, Vereinigung, Absonderung und Anbetung — das sind die vier Dinge, welche sich in der wahren Kirche Gottes vereinigt finden. Durch das Blut Christi erlöst und sich ihrer Errettung in der Gegenwart Gottes erfreuend, wird sie durch den Heiligen Geist in eine heilige und glückliche Gemeinschaft eingeführt, und so, außerhalb des Lagers für Jesum abgesondert, bringt sie Gott die Frucht der Lippen dar, welche Seinen Namen bekennen.