Emil Dönges
Schriften von Emil Dönges
Off 19,5-22,5 - Christi Wiederkunft in Herrlichkeit zu Seinem Reiche
Off 20, 4-6 - 5. Das Tausendjährige ReichOff 20, 4-6 - 5. Das Tausendjährige Reich
Hören wir, was der Seher uns von dieser herrlichen Zeit berichtet! Er schreibt:
„Und ich sah Throne, und sie saßen darauf, und es wurde ihnen gegeben, Gericht zu halten; und die Seelen derer, welche um des Zeugnisses Jesu und um des Wortes Gottes willen enthauptet waren; und die, welche das Tier nicht angebetet hatten, noch sein Bild und das Malzeichen nicht angenommen hatten an ihre Stirn und an ihre Hand. Und sie lebten und herrschten mit dem Christus tausend Jahre. Die übrigen Toten wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet waren. Dies ist die erste Auferstehung. Glückselig und heilig, wer teil hat an der ersten Auferstehung! Über diese hat der zweite Tod keine Gewalt, sondern sie werden Priester Gottes und des Christus sein und mit Ihm herrschen tausend Jahre!" (Off 20,4-6.)
Damit ist das herrliche Reich gekommen, für dessen Ankunft der Herr Seine Jünger beten lehrte: „Dein Reich, (eigentlich: Königreich) komme!" Das Reich hat dann begonnen, von dem, wie uns die Evangelien berichten, und wie der Apostel Petrus uns belehrt, die Verklärung des Herrn auf dem Berge ein Vorbild und Unterpfand oder eine Bürgschaft war.90 Christi Reich ist in Erscheinung getreten, das schon in Off 12 viele Stimmen im Himmel jubelnd ankündigten mit den Worten: „Das Reich der Welt unseres Herrn und Seines Christus ist gekommen." — Ja, von alters her bildete dieses Reich die Hoffnung Israels. Schon Jakob, der Patriarch, sagt in seinem Segen über Juda: „Nicht weichen wird das Szepter von Juda, noch der Herrscherstab (des Gesetzgebers) zwischen seinen Füßen hinweg, bis daß Schilo (der Friedensstifter) kommt, und Ihm werden die Völker gehorchen." (1Mo 49,10.) Und wie oft ist von diesem Reich in den Psalmen und Propheten geweissagt!
„Die Nationen tobten, die Königreiche wankten"; aber der wahre Friedensfürst, der wahre Salomo hat, nachdem Er den Erdkreis und die Nationen der Erde gerichtet hat, „die Kriege beschwichtigt bis an das Ende der Erde, den Bogen zerbrochen, den Speer zerschlagen" (Ps 46,6 folg.). Und nun „wird Er Sein Volk richten (d. h. regieren) in Gerechtigkeit und Seine Elenden nach Recht. Es werden dem Volke Frieden tragen die Berge und die Hügel, durch Gerechtigkeit"... „In Seinen Tagen wird der Gerechte blühen und Fülle von Frieden wird sein ... Und Er wird herrschen von Meer zu Meer, und vom Strome bis an die Enden der Erde." (Ps 72.)
Die vielen Weissagungen in den Propheten von dieser gesegneten Zeit der Herrlichkeit, wenn das Reich Gottes und Christi, Seines Gesalbten, auf Erden besteht, können wir unmöglich alle hier anführen. Wir erinnern nur an die Gesichte im Buche Daniel, die sich mit den vier Weltreichen auf Erden beschäftigen und dann von dem Reiche Gottes reden, das diesen Weltreichen und den „Zeiten der Nationen" für immer ein Ende machen wird.
Im zweiten Kapitel deutet der Prophet Daniel dem König von Babel seinen Traum von dem menschlichen Standbilde, dessen Haupt von Gold war, dessen Brust und Arme von Silber waren, dessen Bauch und Lenden von Erz, dessen Schenkel und Füße von Eisen oder von Eisen und Lon waren. Gott hatte Nebukadnezar in diesem Bilde die vier Weltmonarchien gezeigt, die in der Zeit der Verwerfung Israels auf der Erde nacheinander errichtet werden sollten: das Assyrischbabylonische, das Medopersische, das Griechische und das Römische Weltreich. Diesen vier aufeinander folgenden Weltreichen macht plötzlich ein Gericht vom Himmel her ein Ende: ein Stein, losgerissen ohne Hände, trifft das Bild an seine Füße und zermalmt es. Er selbst aber wächst zu einem großen Berge, der die ganze Erde füllt. So sah es der Fürst im Traume. Jesus Christus, „der lebendige Stein", ist es, der das Römische Weltreich im Gerichte treffen, zerbrechen und an Stelle der letzten Weltherrschaft Sein Tausendjähriges Reich der Gerechtigkeit und des Friedens hier errichten wird. Es ist das gesegnete Reich, von dem der gleiche Prophet im Off 7 seines Buches redet. Nachdem ihm die oben genannten vier Weltreiche im Bilde von vier grausamen Tieren gezeigt worden waren, sieht er in Wolken des Himmels den „Sohn des Menschen" kommen; und Ihm wird dann von „dem Alten der Tage" das Reich übergeben: „eine Herrschaft, eine Herrlichkeit und ein Königtum, dem alle Völker und Völkerschaften und Sprachen dienen", „ein Königtum, das nie zerstört werden wird"91. (Dan 7,1-14.)
Wie beim Propheten Daniel, so wird uns auch im Buche der „Offenbarung" der Charakter der Weltreiche, so sehr ihr Ruhm und Glanz in der Weltgeschichte gefeiert werden mag, von Gott unter dem Bilde eines „Tieres" gezeigt. —Aber nach der Vernichtung des „Tieres", beim endgültigen Sturz des Römischen Reiches, wird die Herrschaft, welche einst den Nationen in der Person Nebukadnezars übertragen worden war, diesen wieder genommen. Sie kehrt nun wieder zu Ihm zurück, der der König der Könige und Herr der Herren ist. Gott übergibt sie nun dem „Sohne des Menschen", der Seinen ganzen Willen tat, der alle Seine Erwartungen erfüllte und Ihn vollkommen verherrlicht hat.
Hiermit beginnt die Zeit des Segens und Friedens auf Erden für Israel und die Nationen. Es sind „die Zeiten der Erquickung vom Angesicht des Herrn", „die Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von welchen Gott durch den Mund Seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat" (Apg 3,19-21.). Es vollzieht sich jene „Wiedergeburt", von der der Herr zu Seinen Aposteln redete. Dann wird der Sohn des Menschen auf Seinem Throne der Herrlichkeit sitzen und die Apostel mit ihm „auf zwölf Thronen, richtend die zwölf Stämme Israels" (Mt 19,28.). Dann werden mit Israel und durch Israel alle Völker der Erde gesegnet werden.92 Die Erde, die dann nicht mehr von Satan, dem Vater der Lüge, dem Menschenmörder, beherrscht wird, noch auch länger unter der Willkür und Gewaltherrschaft der Menschen leidet, wird unter dem Friedensszepter des Herrn Jesu endlich Wohlfahrt und Frieden genießen in allen ihren Grenzen. Und die Menschheit, die heute unter Ungerechtigkeit und Gewalttat seufzt und blutet, wird dann eine Fülle von Segen genießen, und die Erde wird voll der Erkenntnis des Herrn sein, wie die Wasser den Meeresgrund bedecken (Jes 11,9.). „Wahrheit wird sprossen aus der Erde und Gerechtigkeit Herniederschauen vom Himmel." (Ps 85,10-13.)
Der langersehnte Weltfrieden ist dann gekommen, nicht durch die Bestrebungen einer Friedensliga oder durch das Haager Schiedsgericht, sondern durch die Ankunft Jesu Christi und Seiner Herrschaft auf Erden. Wahrlich:
„Es kann nicht Frieden werden, Bis Jesus hat gesiegt, Der ganze Kreis der Erden Zu Seinen Füßen liegt."
„Und sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden und ihre Speere zu Winzermessern. Nicht länger wird Nation wider Nation das Schwert erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr lernen." (Jes 2,2-4 u. Micha 4,1-5 u. vgl. Sach 9,10.) Wie aber Frieden unter den Menschen und unter den Völkern sein wird, so auch unter den Tieren: „Der Wolf wird bei dem Lamme weilen und der Pardel bei dem Böcklein lagern." (Jes 11,1-10; vgl. dazu Hos 2,18.) Statt Mangel und Not wird dann Wohlfahrt und Überfluß auf Erden sein. „Der Pflüger wird an den Schnitter und der Traubentreter an den Saemann reichen." (Amos 9,13.) „Das Land wird seinen Ertrag geben, und die Bäume der Felder werden ihre Frucht geben." (Hes 34,23-31.) Ja, „es wird Überfluß an Getreide sein im Lande, auf dem Gipfel der Berge, gleich dem Libanon wird rauschen seine Frucht" (Ps 72; siehe auch Jes 30,23 folg.). Wohl ist die sündige Natur noch im Menschen vorhanden, aber durch das Gebundensein Satans und durch die Gegenwart des Herrn oder doch durch die Offenbarung Seiner Herrlichkeit auf Erden wird das Böse nicht in der gleichen Weise und Macht zum Ausdruck und zum Ausbruch kommen. Und wenn es geschieht, so wird es stets gleich bestraft werden (Ps 101,8;
291
Zeph 3,5). Jes 66,20; Sach 6,3.) Das wird auch geschehen, wenn ganze Völker vorübergehend „dem Fürsten der Könige der Erde" in der Zeit Seines Reiches nicht den gebührenden Gehorsam leisten und ihren Tribut bringen (Sach 14,16-19.). Sonst aber ist allerorten Gehorsam und Heiligkeit auf Erden; selbst „auf den Schellen der Pferde" und auf allen Töpfen in Jerusalem wird stehen: „Heilig dem Jehova!" (Sach 14,20.21.)
Jesus Christus wird zwar nicht immer während des Tausendjährigen Reiches auf Erden anwesend sein, denn Er hat einen Vertreter hier, einen Fürsten aus Davids Haus, der auch als Priester opfern wird.93 (Hes 44-46.) Und durch diese Entfaltung der Macht und Herrlichkeit des Herrn Jesu als des „Fürsten der Könige" auf Erden haben die Dinge und Zustände hier eine solche Veränderung erfahren, daß die herrliche Zeit des Tausendjährigen Reiches mit seinen Segnungen des Friedens und der Gerechtigkeit wie eine neue Erde erscheint. So feiert sie denn auch der Geist Gottes in dem Propheten Jesaias: „Denn siehe, Ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde ... Denn siehe, Ich wandle Jerusalem in Frohlocken und sein Volk in Freude!" (Jes 65,17 folg.; dazu vgl. Jes 24,23; 30,26!) Jedenfalls ist denn auch das gesegnete Tausendjährige Reich unseres Erlösers und Herrn ein Vorbild von dem herrlichen und vollkommenen ewigen Zustand auf der neuen Erde und im neuen Himmel.
90 Mt 16,28 bis Mt 17,1-9; 2Pet 1,16-21.↩︎
91 Neben dem göttlichen Zeugnisse der Propheten beschäftigt sich auch die mündliche Tradition Israels mit dem kommenden Tausendjährigen Reiche und mit der Zeit, wann es kommen wird. Es gibt eine alte Überlieferung unter den Juden („die Tradition des Hauses Eli'"), daß diese Erde sieben Jahrtausende bestehen werde: Die ersten zweitausend Jahre werden in dieser Tradition als „tohu", d. h. als Wüstenei bezeichnet oder als Gesetzlosigkeit; das dritte und vierte Jahrtausend aber als die „thora", d. h. das Gesetz. Das fünfte und sechste Jahrtausend heißt seltsamerweise „jems hammaschiach", d. h. „Tage des Messias". Und das siebente Jahrtausend soll heißen „schabbäth", d. h. Sabbat (Ruhe). — Die Deutung ist leicht und hat sich soweit erfüllt. Von der Erschaffung des Menschen bis auf die Ankunft des Messias verflossen 2x2 — 4 Jahrtausende, die durch „tohu" und „thora" richtig bezeichnet sind.
Von da bis heute sind nahezu wieder zwei Jahrtausende der Arbeit und Wirksamkeit des Messias dahingegangen. Und, wie alle Zeichen andeuten, ist der tausendjährige Sabbat Israels nahe. Auch stimmt diese Überlieferung ganz mit der jüdischen Wocheneinteilung überein. Zuerst kamen nämlich die sechs Tage der Mühe und Arbeit, dann der Sabbat der Erquickung als der siebente Tag. Dementsprechend soll den sechs Jahrtausenden der Arbeit und Mühsal der große tausendjährige Sabbat folgen. So war auch in Israel das 7. Jahr ein Sabbatjahr und das 7 x 7 -- 49. Jahr stets ein Hall- oder Jubeljahr (3Mo 25.). Alles war und ist in dieser Sabbateinteilung — seien es Tage oder Jahre — auf die Zahl sieben eingestellt. Wir geben indessen diese „Tradition" nur als eine interessante Erscheinung wieder, ohne ihr eine Beweiskraft beizulegen.↩︎
92 Nicht alle Nationen werden jedoch sofort bei Beginn des Tausendjährigen Reiches Christo unterworfen sein. Wohl hat nach der Vernichtung der beiden „Tiere", des Antichristen und des Hauptes des Römischen Reiches, sowie der Heere, die vor Jerusalem versammelt waren, die Herrschaft Christi ihren Anfang genommen, aber die Predigt des Evangeliums des Reiches wird noch fortgesetzt und ebenso die Unterwerfung der Völker. Wie David sich die Stämme und Völker erst nach und nach unterwarf, so heißt es auch von Christa, dem wahren David, bei Beginn Seiner Herrschaft: „Herrsche inmitten Deiner Feinde" (Ps 110,2.) Bald wird aber Sein Reich dem Reiche Salomos gleichen, denn es wird volle Unterwerfung und Beseitigung der Feinde stattgefunden haben und voller Friede herrschen. Wir lesen sogar, daß zu Anfang der Herrschaft Christi, wenn das Volk Israel schon im friedlichen Besitz des Landes ist, sich noch Völker — die Heere Gogs — aufmachen, um Sein Volk und Land zu bekriegen (Hes 38 und Hes 39.). Auch sind nicht alle Nationen, die sich Christo unterworfen haben, von Herzen zu Ihm bekehrt. Das zeigt der Abfall vieler Völker, besonders auch von Gog und Magog, wenn das Tausendjährige Reich vorüber ist (Off 20,8.9.). Aber alle, die aus Israel ins Reich gingen, sind von Herzen durch Sein Wort und Seinen Geist erneuert (Hes 36; Joh 3,3.). Während des Reiches empfangen alle Nationen von Jerusalem her Segen und ihre Rechte oder Leitung und Gesetze. Sie erkennen Jerusalem als den Mittelpunkt der Erde an, als den Sitz ihrer Herrschaft.↩︎
93 Die Opfer haben, wie heute das Gedächtnismahl des Herrn, eine auf das Opfer von Golgatha zurückweisende Bedeutung.↩︎