Schriften von Emil Dönges
Off 2-3 - „Das, was ist" - Die sieben Versammlungen oder Gemeinden
Off 2, 12-17 - PergamusOff 2, 12-17 - Pergamus
Das dritte Sendschreiben ist gerichtet an Pergamus.
„Dieses sagt, der das scharfe, zweischneidige Schwert hat: Ich weiß, wo du wohnst, wo der Thron des Satans ist; und du hältst fest an meinem Namen und hast meinen Glauben nicht verleugnet, auch in den Tagen, in welchen Antipas mein treuer Zeuge war, der bei euch, wo der Satan wohnt, ermordet worden ist. Aber ich habe ein weniges wider dich, dass du solche dort hast, welche die Lehre Bileams festhalten, der den Balak lehrte, ein Ärgernis vor die Söhne Israels zu legen, Götzenopfer zu essen und Hurerei zu treiben. Also hast auch du solche, welche die Lehre der Nikolaiten festhalten gleicherweise,' tue nun Buße, wenn aber nicht, so komme ich dir bald und werde Krieg mit ihnen führen mit dem Schwerte meines Mundes. — Wer ein Ohr hat, der höre, was der Geist den Versammlungen sagt! Dem, der überwindet, dem werde ich von dem verborgenen Manna geben, und ich werde ihm einen weißen Stein geben, und auf dem Steine einen neuen Namen, welchen niemand kennt, als wer ihn empfängt." (Off 2,12-17.)
Wir haben in „Smyrna" gesehen, wie der Herr dem weiteren inneren Verfall in der Kirche entgegentrat, indem Er die blutigen Christenverfolgungen im zweiten Jahrhundert n. Chr. zuließ. Nach außen war damals die Kirche arm, aber vor Gott war sie wegen ihrer Treue und wegen des Trostes, den sie erfuhr, reich.
Als nun der Teufel merkte, daß die Gemeinde des Herrn nicht durch Gewalt, durch Feuer und Schwert, auszurotten war, denn sie ist auf den ewigen Felsen, auf Jesum Christum, gegründet, so daß „die Pforten der Hölle" sie nicht überwältigen können, da änderte er seine Kampfesweise. Bis dahin war er „wie ein brüllender Löwe" gegen sie vorgegangen, nun verwandelte er sich in einen „Engel des Lichts", in eine verführerische Schlange. — Dies begann im dritten Jahrhundert unter dem Kaiser Konstantin. Dieser begünstigte die Christen, gab ihnen Ehrenstellen und Staatsämter, erhob das Christentum zur Staatsreligion, machte die heidnischen Tempel zu christlichen Kirchen und führte die christlichen Feste und Feiertage mit Zwang ein. —
Die christliche Religion war nun nicht mehr die verfolgte, sondern die herrschende im Römischen Reich. Und da der Kaiser im Jahre 330 seinen Herrschersitz von Rom weg nach der griechischen Stadt Byzanz verlegte, die nach ihm den Namen Konstantinopel erhielt, bekam die dritte Ausgestaltung oder Periode der christlichen Kirche den Namen „Griechische Kirche". Wir finden diese Religionsform in Griechenland und mit einigen feinen Unterscheidungen in Rußland, wo sie die „orthodox« Kirche" genannt wird.
Diese traurige Verwirrung und Verweltlichung der Kirche, welche schnurstracks wider das Wort des Herrn war, der von den Seinigen gesagt hat: „Sie sind nicht von der Welt" (Joh 17,14.16), wird nun in dem dritten Sendschreiben vom Herrn geweissagt und zugleich verurteilt, wobei Er die Treuen ermuntert und alle zur Umkehr auffordert, wie der Leser dies beim Durchlesen des Sendschreibens deutlich erkennt.
Schon bezeichnend ist es, wie der Herr sich im Eingang des Sendschreibens an Pergamus nennt: „Der das scharfe zweischneidige Schwert hat." Dieses Schwert ist das Wort Gottes (Heb 4,12.). Es trennt und scheidet, was nicht zusammen gehört. So auch Welt und Kirche. Die wahre Kirche gehört nicht zur Welt, soll sich weder mit der Welt vermengen, noch auch über sie herrschen wollen, um ein religiöses System aus ihr zu machen oder eine Einheit mit ihr zu bilden.
In demselben Gebete des Herrn Jesu, in dem Er wiederholt zu Gott, dem Vater, von den Seinigen sagt: „Sie sind nicht von der Welt", da fleht Er auch zu Ihm betreffs ihrer: „Heilige sie (d. h. sondere sie ab) durch die Wahrheit: Dein Wort ist Wahrheit!" (Joh 17,17.)
Aber jetzt muß der Herr klagen: „Ich weiß, wo du wohnst, wo der Thron des Satans ist." — Die Kirche, die himmlisch ist in ihrer Berufung, Hoffnung, Stellung und Segnung, hat sich häuslich, wohnlich da niedergelassen, wo der Thron des Satans ist. Satan aber ist „der Fürst der Welt" (Joh 14,30.). Wohl hielt der Kern der Kirche, die wahren Gläubigen, zu Anfang noch fest, auch unter Konstantin, an der himmlischen Stellung und treuen Hingebung an den Herrn, was der Herr anerkennt: „Du hältst fest an Meinem Namen und hast Meinen Glauben nicht verleugnet." Ja, es gab unter diesen sogar noch manche Märtyrer, wie Antipas (zu deutsch: „Einer gegen alle"). Aber das korporative (gemeinsame) Zeugnis der Kirche für Christum und für ihre himmlische Stellung war dahin. Sie hatte „der Lehre Balaams (Bileams)" gelauscht (Off 2,14.). Dieser falsche Prophet war einstmals gedungen worden vom König von Moab, um Israel, Gottes Volk, zu verfluchen. Da er dies nicht vermochte, gab er dem König den listigen, teuflischen Rat, die Kinder Israel zu den heidnischen Götzenfesten und Gelagen zu laden. Diese folgten der Einladung zu dem Feste und gaben die heilige Absonderung und Trennung von den Heiden auf (4. Mose 25,1-2 und 4. Mose 31,16.). So führte Satan auch in Pergamus eine verderbliche Verbindung der Gläubigen mit der Welt herbei.
Pergamus (zu Deutsch: Burg, Hochburg8 war die nördlichste der sieben kleinasiatischen Versammlungen. Und ohne Frage ist die griechisch-katholische Staatskirche seit Konstantin bis zu unserer Zeit in Pergamus prophetisch vorgebildet, namentlich bis zur Aufrichtung von Thyatira, d. h. der römischen Papstkirche. Die griechisch-katholische Staatskirche hatte ihre Hochburg in Konstantinopel, der Kaiserstadt. Sie nennt sich stolz die orthodoxe (d. h. die „rechtgläubige") Kirche, ist aber versteinert in Toten Formen und hat keine Reformation erlebt. Heute ist ihre Hochburg schon lange nicht mehr in Konstantinopel, sondern im „heiligen Petersburg" mit dem „Cäsareopapismus", dem Kaiserpapsttum, und der „heiligen Synode". —
Wie ernst und wichtig ist es, in Christo, dem Erlöser, Versöhnung und Leben zu besitzen; ein bloßes äußeres orthodoxes, christliches Bekenntnis, heiße es evangelisch oder katholisch, rettet die Seele nicht, verbindet nicht mit Gott.
Nachdem der Herr die ungöttliche Beugung der Kirche unter den Geist und die Macht der Welt „dem Essen von Götzenopfer" gleichgestellt und ihre unheilige Verbindung mit der Welt geistlicherweise „Hurerei" genannt hat, fährt Er fort, noch andere Adelstände in der Gemeinde zu Pergamus, die ein Bild der bekennenden christlichen Kirche nach den Tagen Konstantins ist, aufzudecken. Er sagt: „Auch hasst du solche, welche die Lehre der Nikolaiten festhalten." — In Ephesus (dem apostolischen Zeitalter oder ersten Jahrhundert der bekennenden Kirche) schon zeigten sich Anfänge der „Werke der Nikolaiten". Man begann dort schon einen Unterschied zu machen in der Herde Christi zwischen „Priestern" und „Laien". Aber dieser Unterschied wurde noch nicht gelehrt; und man haßte ihn noch im allgemeinen, wie auch Gott ihn haßt. (Off 2,6.)
In Pergamus aber war dieser Unterschied nun schon zum Dogma erhoben worden; es war „die Lehre der Nikolaiten" da, als ob Jesus Christus, der gute Hirte, die Priesterschaft (die Hierarchie) eingesetzt habe und lehre. Man verlieh ihr Schein und Glanz und forderte mit der Zeit den Arm der Obrigkeit auf, einem künstlich erschaffenen, priesterlichen Amte Herrlichkeit und Macht zu verleihen gegen die, welche man „Laien" nannte, und die sich nicht alle unter die ungöttliche Autorität der Priesterherrschaft beugen mochten.
Ernst ruft der Herr der Gemeinde von Pergamus zu: „Tue Busse!" — Doch Pergamus, die stolze „Hochburg", die „orthodoxe" Kirche, hat weder über „die Lehre der Nikolaiten" noch über die Verbindung mit der Welt Busse getan, ist vielmehr aus der betretenen Bahn weitergeschritten, wie wir denn auch in der folgenden Periode, in Thyatira, der Römischen Kirche, diese Übel nur in noch gröherem Masse herrschen sehen.
Der Herr droht „den Nikolaiten" und damit der ganzen Versammlung mit „Krieg" mit dem „Schwerte Seines Mundes", welches das Wort Gottes ist. Jetzt scheidet und trennt noch dieses Schwert und befreit den, der sich warnen und unterweisen läßt, von allem Bösen zum Heil der Seele. Aber den, der sich widersetzt, der unbußfertig bleibt, trifft Gottes Wort zum ewigen Gericht. So zeigt uns die Heilige Schrift auch das Gericht des Antichristen durch das Schwert und den Odem des Mundes Christi (2Thes 2,8). Und so geschieht auch das Gericht der Gottlosen bei der Wiederkunft Christi zur Aufrichtung Seines Reiches. (Off 19,15.21.)
Geschichtlich ist denn auch das einst blühende Pergamus tief gesunken; es ist jetzt eine kleine Stadt mit meist mohammedanischer Bevölkerung. Und über die ganze griechische Kirche samt Konstantinopel, auf welche zunächst Pergamus prophetisch hinweist, ist das Schwert Mohammeds als des Vollstreckers des göttlichen Zornes gekommen; die „orthodoxe Kirche" Russlands harrt noch ihres Gerichts.
Zuletzt wendet sich der Herr, wie gewöhnlich an jeden, der noch ein Ohr hat für das, was der Geist den Versammlungen sagt, und ermuntert zum Überwinden inmitten der so traurigen Gestaltung der Dinge: „Dem, der überwindet, dem werde Ich von dem verborgenen Manna geben, und Ich werde ihm einen weißen Stein geben, und auf dem Stein einen neuen Namen geschrieben, welchen niemand kennt, als wer ihn empfängt."
Das „verborgene Manna" ist Christus, wie Er selbst sagt: „Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben das Manna in der Wüste gegessen ... Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel herniedergekommen ist; wenn jemand von diesem Brot ißt, so wird er leben in Ewigkeit." (Joh 6,48-51.) Die Überwinder verschmähen das Mahl der Götzenopfer einer ehebrecherischen Welt, von welchem wir oben hörten; dafür kosten sie das süße, „verborgene Manna" der oberen, himmlischen Welt, welches „wahrhaftige Speise" ist.
In all den vergangenen Jahrhunderten gab es, so dunkel es in der Kirche aussah, immer Überwinder, und so gibt es auch heute in der erstarrten „orthodoxen Kirche" Rußlands Seelen, die in Jesu Leben und Frieden besitzen, dabei aber vielleicht verfolgt und bedrückt werden; auch sie sind Überwinder. Und was Jesus ihnen in dieser Zeit war und ist, das wird ihnen auch einst noch köstlich sein in der ewigen Seligkeit des Himmels droben. So nahm Israel, das in der Wüste vom Manna lebte, einen goldenen Krug voll Manna mit ins Gelobte Land, wo derselbe zum bleibenden Gedächtnis an die wunderbare Speisung in der Wüste „verborgen" aufbewahrt wurde in der Bundeslade, im Allerheiligsten des Tempels.
Auch einen „weißen Stein" will der Herr den „Überwindern" geben. Mit einem „weißen Stein", den in früheren Zeiten die Richter im weltlichen Gericht für einen Angeklagten in die Urne warfen, traten sie ein für dessen Unschuld und Freisprechung. So will der Herr jetzt und an Seinem großen Tage für die Überwinder eintreten, obschon sie vielleicht von der herrschenden „Kirche" auf Erden und den „Nikolaiten" nichts erfahren als Verfolgung und Verbannung. Und auf dem „Steine" soll ein „neuer Name" stehen, wie auf den Edelsteinen des Hohenpriesters die Namen der Stämme Israels standen. Diesen neuen Namen wird nur der einzelne Überwinder kennen. Ja, was Jesus den Seinigen, die treu Ihm folgen, war und ist an Liebe, Huld und Treue, und wie Er sich ihnen einzeln zu genießen gab und gibt, das kann jeder nur persönlich erfahren und genießen, insoweit er im Verborgenen und Öffentlichen Gemeinschaft mit Ihm, dem von der Welt verworfenen Herrn der Herrlichkeit, hat.
8 Pergamus war auf einem Berge erbaut und war reich geschmückt. Kunst und Wissenschaft standen dort in Blüte (der Name „Pergament" kommt auch von dort). Es war dort eine Bibliothek von etwa einviertel Million Pergamentrollen (Büchern) und ein großer Altar des Zeus (von dem sich Teile jetzt in Berlin befinden) und ein berühmter Tempel des Äskulap (Gottes der Heilkunde); daher es wohl heißt, daß „der Thron Satans" dort war.↩︎