Schriften von Emil Dönges
Off 2-3 - „Das, was ist" - Die sieben Versammlungen oder Gemeinden
Off 2,8-11 - SmyrnaOff 2,8-11 - Smyrna
Wenden wir uns nun zum zweiten Sendschreiben, zu dem Sendschreiben an Smyrna „Dieses sagt der Erste und der Letzte, der tot war und wieder lebendig wurde: Ich kenne deine Trübsal und deine Armut (du bist aber reich) und die Lästerung von denen, die da sagen, sie seien Juden und sind es nicht, sondern eine Synagoge des Satans. Fürchte nichts von dem, was du leiden wirst. Siehe, der Teufel wird etliche von euch ins Gefängnis werfen, auf daß ihr geprüft werdet, und ihr werdet Drangsal haben zehn Tage. Sei getreu bis zum Tode, und ich will dir die Krone des Lebens geben. — Wer ein Ohr hat, der höre, was der Geist den Versammlungen sagt! Wer überwindet, wird nicht beschädigt werden von dem zweiten Tode." (Off 2,8-11)
Wir haben gehört, wie der Herr Jesus schmerzerfüllt klagte, daß die Seinigen „die erste Liebe verlassen" hätten (Off 2,4). Dieser ernste Rückgang im göttlichen Leben und in der innigen Verbindung mit dem Herrn öffnete dem Verfall und Verderben Tür und Tor in der ganzen betennenden Kirche. So ist es in der Gesamtheit wie im Einzelnen noch heute. Wenn das Herz, welches sich zum Herrn und Heiland bekehrt hat, nicht in inniger Gemeinschaft mit seinem Erlöser verbleibt, Seine wunderbare Liebe nicht treu erwidert, so geht der Weg des Bekehrten niederwärts und zur Welt zurück. Aber der Herr in Seiner Treue tritt dem Untreuen oftmals durch Züchtigungen und Leiden in den Weg und hält ihn auf. So kam der Herr Seiner Gemeinde gleich zu Anfang zu Hilfe, als sie, die einst so innig zu Ihm stand, die erste Liebe verlassen hatte; Er erlaubte dem Teufel, die Kirche zu sichten, um sie durch bittere Verfolgungen von der Welt, der sie sich wieder genähert hatte, wegzuwenden. Satan durfte die Geliebten des Herrn „ins Gefängnis werfen". — Wir wissen, daß die apostolische Gemeinde, wie man die Kirche bis zum Jahre 100 nach Christi nennen kann, allmählich zu einer Märtyrertirche wurde bis zur Regierung des Kaisers Konstantin (325 n. Chr.). Es war dies die Zeit der Christenverfolgungen. —
Auf diese zweite Periode der christlichen Kirche, die Zeit der bitteren und blutigen Christenverfolgungen, weist auch schon der Name hin, welchen die Versammlung trägt, an die das zweite Sendschreiben gerichtet ist. Smyrna ist nämlich nur eine andere Form für „Myrrhe", welches Bitterkeit bedeutet. Myrrhe ist das in Palästina und Arabien wohlbekannte wohlriechende Harz, aus welchem das Salböl der Priester bereitet wurde, wie auch der Balsam, mit welchem man die Toten vor Verwesung schützte, das ferner auch als duftendes Rauchwerk verbrannt wurde.
War aber die Versammlung oder Gemeinde Christi im zweiten und dritten Jahrhundert nicht gerade mit der Blut bitterer Leiden übergossen bis zum Tode? Es war die Zeit, da die Geliebten des Herrn in den Katakomben und Gräbern sich versammeln mussten und in den Wüsten und Höhlen lebten, die Zeit der Verfolgungen und des Märtyrertodes, da Tausende für den Herrn ihr Leben opferten. Aber der Herr Jesus ruft den geliebten Seinen zum Troste zu: „Ich bin der Erste und der Letzte, ich war tot und bin lebendig geworden!" — Auch Er hatte Gott mit Seinem Tode gepriesen, wie sie es jetzt tun mussten, aber Er lebte nun; und Er hatte dem Tode den Stachel genommen und den Sieg. Satan tonnte wohl die Gläubigen verfolgen und ins Gefängnis werfen und zum Tode führen, aber weiter reichte seine Macht nicht. Was darüber hinauslag, war nicht mehr in Satans Bereich und Macht. Darum tröstet der Herr die Seinigen und ruft ihnen zu: „Ich kenne deine Trübsal und deine Armut, du bist aber reich... Fürchte nichts von dem, was du leiden wirst ... Sei getreu bis zum Tode, und Ich will dir die Krone des Lebens geben... Wer überwindet, wird nicht beschädigt werden (keinerlei Leid erfahren) vom zweiten Tode." —
Der zweite oder andere Tod ist die ewige Trennung der Seele von Gott, wie der erste Tod die Trennung der Seele vom Leibe ist. Wenn Gott sagt: „Der Lohn (der Sold) der Sünde ist der Tod", so ist unter dem Tod hier der erste und der zweite Tod zu verstehen.
Aber der Sieger über den Tod ruft den Seinigen zu: „Ich bin der Erste und der Letzte, der tot war und lebte." Wie düster auch alles für sie aussah, so konnte doch Er, der Sieger über den Tod, ihre Sache herrlich hinausführen. Er ist „der Erste und der Letzte" auf dem Plan. Und sollten sie den Tod finden, so teilten sie nur Sein Los, der selbst gestorben war, aber nun lebte. Er konnte sie verherrlicht auferwecken und ihnen die verheißene „Krone des Lebens" geben. Es ist dies die Krone, welche der Herr für treue Bewährung in Trübsal und Prüfungen verleiht. So lesen wir anderswo: „Glückselig der Mann, der die Versuchung erduldet! Denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen." (Jak 1,12.) Welche Ermunterung zum Ausharren und zu treuer Arbeit liegt in dem Hinweis auf die Auferstehung des Erlösers und auf unsere eigene Auferstehung, um bei Ihm zu sein allezeit! So ermahnt auch der Apostel Paulus, nach dem er triumphierend ausgerufen hat: „Verschlungen ist der Tod in Sieg! Wo ist, o Tod, dein Stachel? Wo ist, o Tod, dein Sieg?" und also: „Daher, meine geliebten Brüder, seid fest, unbeweglich, allezeit überströmend im Werke des Herrn, da ihr wisset, daß eure Mühe nicht vergeblich ist im Herrn." (1Kor 15,54-55.)
Wie tröstlich sind ferner die Worte des Herrn, des mitleidsvollen Hohenpriesters, an die verfolgten Gläubigen in Smyrna: „Ich kenne dein Trübsal und deine Armut, du bist aber reich." Mit Recht können wir singen:
„Huldreich blickst du auf uns nieder
Dort aus Deiner Herrlichkeit; Sendest Trost ins bange Herz Bei Verfolgung, Kampf und Schmerz; Jeden Schlag, Spott und Schmach
Fühlst Du als Dein eigenes Leid."
Schon Seinem Volte Israel gegenüber zeigte der Herr solche Gefühle des herzlichen Erbarmens. Als es im Schmelzofen von Ägypten war und Er sich anschickte, es zu befreien, sagte Er zu Mose: „Gesehen habe Ich das Elend meines Volkes ... und sein Geschrei wegen seiner Treiber habe Ich gehört; denn Ich kenne seine Schmerzen und bin gekommen, um es aus der Hand der Ägypter zu erretten." (2. Mose 3,7.8.) Und was Er sich vorgenommen, das hat Er auch getan.
Die Gläubigen in Smyrna waren zeitlich arm, aber mit dieser Armut verband sich, wie das so oft der Fall ist, großer geistlicher Reichtum. Der Herr fährt fort und sagt: „Ich kenne die Lästerungen von denen, die da sagen, sie seien Juden und sind es nicht, sondern eine Synagoge des Satans." Ach, die Juden, die einst Gottes Volt gewesen, waren eine Synagoge Satans geworden. Sie hatten Gott gelästert, sie hatten Christus, Seinen Sohn, gelästert, ihren Messias; nun lästerten sie auch den Heiligen Geist, indem sie Seine Zeugen töteten und verfolgten. Der fromme, greise Polykarp z. B., der in der Versammlung von Smyrna Bischof war, wurde vornehmlich durch den Hatz der Juden verfolgt, die auch seinen Märtyrertod durch Feuerverbrennung herbeiführten (im Jahre 169). Tröstend ruft der Herr den Verfolgten zu: „Fürchte nichts von dem, was du leiden wirst!" Er läßt das Leiden zu und das Wüten des Feindes, aber Er setzt ihm auch seine Grenzen. Er darf sie ins Gefängnis werfen, aber nicht in den Tod bringen; und auch die Tage ihrer Gefangenschaft bestimmt Er; es sind „zehn" Tage und nicht einer mehr, nicht elf oder zwölf.
O wie gut, sich nach Leib und Seele in der Hand des Herrn zu wissen, der „voll innigen Mitgefühls und barmherzig" ist, und dem zugleich „alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden". Er ruft jedem der Seinigen zu: „Fürchte dich nicht!" aber auch zugleich: „Sei getreu bis in den Tod!" —
In unseren Tagen und in unserem Lande werden die Christen nicht öffentlich verfolgt, wie ehedem, nicht ins Gefängnis geworfen oder gar getötet um ihres Glaubens willen. Dennoch bleibt Gottes Wort wahr: „Alle aber auch, welche gottselig leben wollen in Christo Jesu, werden verfolgt werden." Eine Form der Gottseligkeit lässt sich die Welt um uns her ruhig gefallen, sie lobt sie sogar vielfach und erkennt sie an. Man kann Versammlungen besuchen, man kann sogar sagen, man sei bekehrt; das erträgt die Welt häufig noch. Wenn man aber beginnt, gottselig zu leben, d. h. wenn man im praktischen täglichen Leben und auf allen Gebieten desselben die Gesinnung des Herrn offenbart und seinen Weg nach dem Worte Gottes einrichtet, dann hebt sofort Widerstand und Verfolgung von irgendeiner Seite an. Wer davon nichts zu leiden hat, der wandelt nicht treu und lebt nicht gottselig; er trachtet neben dem Herrn noch nach mancherlei. Ein solcher Christ verliert unendlich viel; er lernt den Herrn in Seinem Mitgefühl und Seinen Tröstungen nicht kennen, bringt Ihm nicht viel Frucht und wird die Krone des Lebens nicht empfangen, wenn er auch das neue Leben besitzt und auf Grund des vollbrachten Werkes Christi nicht verloren geht.
Auch Smyrna ruft der Herr zu: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!" Er hat hier, wie später in Philadelphia, nichts zu klagen, aber jede einzelne Seele soll Seine Ermunterung hören. Wie leidensscheu sind heutzutage im Großen und Ganzen die Christen! So wendet sich der Geist Gottes auch an jeden einzelnen von uns und fragt uns, ob wir nicht willig und ganz auf die Seite des verachteten Heilandes treten und Seine Schmach tragen wollen. Den Treuen zu Philippi konnte Er zurufen: „Euch ist es in Bezug auf Christum geschenkt, nicht allein an Ihn zu glauben, sondern auch für Ihn zu leiden." (Phil 1,29.)
Das dritte Sendschreiben ist gerichtet an