Emil Dönges
Schriften von Emil Dönges
Off 14,1-20 - Das Lamm auf dem Berge Zion und der jüdische Überrest
Off 14,6-12 - Die drei Engel und „das ewige Evangelium"Off 14,6-12 - Die drei Engel und „das ewige Evangelium"
„Und ich sah einen (anderen)78 Engel inmitten des Himmels fliegen, der das ewige (ein ewiges) Evangelium hatte, um es denen zu verkündigen, die auf der Erde ansässig sind, und jeder Nation und jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk, indem er mit lauter Stimme sprach: Fürchtet Gott und gebet Ihm Ehre, denn die Stunde Seines Gerichtes ist gekommen; und betet Den an, der den Himmel gemacht hat und die Erde und das Meer und die Wasserquellen!'"
Das ist die Botschaft des ersten Engels. Gott ruft die Menschen inmitten ihrer Bosheit zur Buße. Gott macht zu einer Zeit, da die Menschheit sich zu den Götzen wendet und das Geschöpf mehr ehrt als den Schöpfer, Seine Rechte als Schöpfer geltend: „Fürchtet Gott und gebet Ihm Ehre! Betet Ihn an!" Dies ist nicht „das Evangelium der Gnade Gottes (Apg 20,24), das uns in unserer Zeit der Berufung der himmlischen Braut verkündigt wird, auch nicht „das Evangelium des Reiches" (Mt 4,23 u. a.), das den Juden gepredigt wurde und wieder gepredigt werden wird (Mt 10,7.23; 24,14), sondern das „ewige Evangelium", das die Rechte Gottes als Schöpfer und Richter vorstellt, an denen Gott von Anfang an und zu allen Zeiten festgehalten hat. — Schon in 1. Mose 3,16 hören wir ein „Evangelium" (gute Botschaft) mit ewigen Folgen.
Weder Israel, das in das Tausendjährige Reich eingehen wird, noch auch wir heute, die wir droben in den himmlischen Wohnungen des Vaterhauses unsere ewige Heimat haben, könnten unser Heil nur auf diese Forderungen gründen, die Gott im „ewigen Evangelium" stellt. Wir haben alle in der Gnade allein in Jesu Christo unser Heil gefunden. Aber im „ewigen Evangelium" der Endzeit fordert Gott bei jedem Volk und Land der Erde nur Anbetung, Unterwerfung unter Ihn, den Schöpfer und Richter, was auch Paulus den Heiden in Athen vorhält. Wir hören nur: „Fürchtet Gott, gebet Ihm Ehre, denn die Stunde Seines Gerichtes ist gekommen, und betet Den an, der Himmel und Erde gemacht hat!" Die abtrünnigen götzendienerischen Menschen werden auf zwei ernste klare Tatsachen hingewiesen: auf die Schöpfung und das nahe Gericht. Weniger als Gott hier fordert, hat Gott nie gefordert; weniger kann Er nicht fordern. Und wer diesen Forderungen, dem Schöpfer und Richter sich zu beugen und Ihn anzubeten, in der dunklen Endzeit entspricht, hat dieses ewige Evangelium mit seinem Heil ergriffen. In dem schönen Psalm 96 hört man gleichsam das „ewige Evangelium" im Munde des Sängers, wie er es durch den Geist Gottes unter den Nationen der Endzeit vor dem Gericht und im Reiche Christi verkündigt: „Alle Götter der Nationen sind Nichtigkeiten, aber Jehova hat die Himmel gemacht... Betet Jehova an in heiliger Pracht! Erzittere vor Ihm, ganze Erde! Sagt unter den Nationen: Jehova regiert!... Denn Er kommt, denn Er kommt zu richten die Erde!"
Auch ist es nicht nötig, anzunehmen, daß ein „Engel" das „ewige Evangelium" predigen wird, wenn auch hier ein Engel es zunächst in Händen hat; Gott predigt den Menschen durch Menschen. Und es werden wohl „die Brüder" des Herrn Jesu, d. h. gläubige Juden, die Er öffentlich als Seine „Brüder" anerkennen wird, wenn Er hernach die Schafe von den Böcken scheidet (Mt 26,40), das „Evangelium des Reiches" den Juden und das „ewige Evangelium" den Nationen predigen (Mt 24,14; Mk 16,10.). In Off 7 ist uns schon das gesegnete Ergebnis dieser Predigt des „ewigen Evangeliums" zum voraus mitgeteilt worden: eine große Volksmenge, „welche niemand zählen konnte aus jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen stehen vor dem Throne und dem Lamme, bekleidet mit weißen Gewändern und Palmen in ihren Händen."
Der zweite Engel ruft: „Gefallen, gefallen ist Babylon, die große, die mit dem Weine der Wut ihrer Hurerei alle Nationen getränkt hat." (Off 14,8)
In dem Sendschreiben an die Gemeinde zu Thyatira (Off 2) hörten wir reden von „den Tiefen Satans" und von „dem Weibe Jesabel" und ihrer verderblichen Wirksamkeit in der bekennenden christlichen Kirche. Aber so lange der Heilige Geist und die Braut des Herrn Jesu, die wahre Gemeinde, auf Erden war, wurde auch das religiöse Böse inmitten der Christenheit noch zurückgehalten und eingedämmt. Die Gläubigen sind in der verderbten Christenheit ja noch Licht und Salz. Und solange sie hier sind, wird auch kein religiöses System auf Erden, so verderbt und böse es sein mag, „Babylon" genannt, obwohl die Charakterzüge Babylons je länger desto mehr in Erscheinung treten. Sobald aber der Heilige Geist die Erde verlassen hat, und die Gemeinde des Herrn, die wahre Kirche, wie einst Henoch vor der Flut, gen Himmel entrückt ist, wird die geist- und gottlose Masse des religiösen Systems, das sich einst zu Christo bekannte und Seine Braut zu sein vorgab, mit dem Namen „Babylon" belegt, „Babylon, die große, die mit dem Kelche der Hurerei (der völligen Abtrünnigkeit) alle Nationen getränkt hat." — Ach, manche Gläubige sind in Verbindung mit dem, was schließlich „Babylon" heißen wird, denn, wenn uns später (Off 18) die Ausführung des schon hier vom Engel angekündigten Gerichts erzählt wird, heißt es: „Geht aus ihr hinaus, Mein Volk!" — Gott will, daß die Gläubigen dem Worte und der Unterweisung Gottes zur Absonderung folgen, noch ehe das Gericht zur Ausführung kommt, denn sie sollen schon heute das Böse sehen und Gottes Gedanken aus Seinem Worte kennen. —
Babylon, die bittere Feindin des Volkes Gottes im Alten Bunde, unter deren Hand die Kinder Israel 70 Jahre gefangen und geknechtet lagen, ist hier die „Große". Hat schon „Babylon" oder „Babel" vor alters mit „seinem Wein" „die ganze Erde berauscht" (Jer 51,7), so ist doch erst von diesem Babylon gesagt, daß ihr Wein „der Wein der Wut (Tollheit und Feindschaft) ihrer Hurerei" gewesen sei: es ist nicht nur, wie ehedem eine politische, sondern auch eine religiöse, geistige Macht. Sie, die Christo anzugehören bekannte, hat sich, um Ehre und Macht zu erlangen, der Welt und Satan ausgeliefert und das Weltliche mit dem Geistlichen vermengt und verquickt, was ein Greuel vor Gott ist. Wenn also in Thyatira (Rom) der Grundsatz Babylons, d. h. der Vermengung von Weltlichen und Geistlichen schon ausgeprägt ist, so ist jene Gemeinde doch heute noch nicht voll und ganz „Babylon". Auch wird sie es nicht allein sein, auch andere religiöse Systeme in der Christenheit, so sie um die Weltmacht buhlen oder Geistliches mit Weltlichem verbinden, um hier zum Ansehen zu gelangen, gehören dem Grundsatz und Wesen nach zu Babylon. Der gleiche Geist ist weithin wirksam.
Der dritte Engel ruft mit lauter Stimme: „Wenn jemand das Tier und sein Bild anbetet und ein Malzeichen an seine Stirn annimmt oder an seine Hand, so wird auch er trinken von dem Weine des Grimmes Gottes, der unvermischt in dem Kelche Seines Zornes bereitet ist!... Hier ist das Ausharren der Heiligen, welche die Gebote Gottes halten und den Glauben Jesu." (Off 14,9-12.)
Noch schlimmer als „Babylon", dessen Gericht oben angekündigt, aber später erst ausgeführt und erzählt wird (Off 18 u. Off 19), ist die offene Anbetung des „Tieres", des Werkzeuges Satans. In dem römischen „Tier", das die Zahl 666 tragen wird, und in dem Antichristen erblicken wir, wie wir früher schon ausführten, den Höhepunkt der Empörung der Menschheit und seiner Auflehnung und Lästerung wider Gott. Und schrecklich ist demgemäß auch das zeitliche und ewige Gericht, das über alle angekündigt und verhängt wird, die sich dem „Tiere" unterwerfen. Viel mögen jene Heiligen und Treuen, die „das Ausharren" beweisen und „die Gebote Gottes und den Glauben Jesu halten", in der antichristischen Drangsalszeit zu erdulden haben (lies Mt 24; Mk 13; Lk 17,22-36; Lk 21). Aber was sind alle zeitlichen Leiden gegenüber dem ewigen Zorn und Strafgerichte Gottes über die Ungehorsamen?
Es besteht eine deutliche Verbindung zwischen den Gerichten, die der zweite und der dritte Engel ankündigen. Nach dem Weggange des Heiligen Geistes und der Gemeinde Christi von der Erde wird alle Welt sich beugen unter die Macht eines verderbten abtrünnigen religiösen Systems, das sich einst zu Christo bekannte, d. i. „Babylon", und unter die Forderungen Satans und des Antichristen, indem sie das „Tier" anbeten, das Haupt des Römischen Reiches, und das Malzeichen seines Namens tragen. — Allen diesen kündigen die beiden Engel jetzt die Gerichte Gottes an.
78 Das Wort „anderen" fehlt in etlichen Handschriften.↩︎