„Nach diesem", so lesen wir, wird dem Seher Johannes eine Tür im Himmel aufgetan, und eine Stimme ruft ihm zu: „Komm hier herauf, und Ich werde dir zeigen, was nach diesem geschehen muß." (Off 4,1.)
Damit beginnt also der letzte Teil des richterlichen Buches. Wir fanden dessen Einteilung im Kapitel 1, Vers 19. Dort hörten wir: „Schreibe nun, a) was du gesehen hast (die richterliche Erscheinung des Herrn, Kap. 1), b) was ist (die sieben Sendschreiben mit der prophetischen Schilderung der christlichen Kirche, zu welcher Johannes selbst gehörte: Kap. 2 u. 3), und e) was geschehen wird nach diesem." (Kap.4 u. folgende) „Nach diesem", also nach der Aufnahme der Braut Christi, die der Kern der bekennenden Christenheit ist, in den Himmel (vgl. Off 3,11 mit 1Thes 4,17) und nach der gleichzeitigen Verwerfung und Beiseitesetzung der bekennenden Christenheit als Lichtträger Gottes auf der Erde (Off 3,16), wird Johannes also im Geiste von Patmos weg in den Himmel hinaufgenommen.
Die Entrückung der Gläubigen ist selbst nicht in unserem Buche berichtet. Die „Offenbarung" betrachtet nämlich die Gemeinde des Herrn, solange sie auf Erden ist, nicht in ihren Vorrechten, sondern in ihren Pflichten und in ihrer Verantwortlichkeit. Auch erzählt sie die Dinge nicht, wie ein gewöhnliches Geschichtsbuch, nacheinander in zeitlicher Folge, sondern gruppiert sie nach gewissen Gesichtspunkten, anscheinend ganz unvermittelt. — Hier hat der Seher mit den Gerichten zu tun, erst mit denen über die Gemeinde (Kirche), dann mit denen, die, im Anschluß daran, über die Erde oder Welt kommen, wenn die himmlische Braut von hier entrückt ist. Die Entrückung oder Hinwegnahme wird uns angedeutet und in Aussicht gestellt, aber die Art und Weise, wie sie geschehen sollte und geschehen wird, finden wir in anderen Teilen der Heiligen Schrift berichtet. (1Thes 4,16-17; 1Kor 15,51-52.)
Der Seher erzählt nun, was er schaute: „Alsbald war ich im Geiste; und siehe, ein Thron stand im Himmel, und auf dem Throne saß einer. Und der da saß war von Ansehen gleich einem Jaspisstein und einem Sardis, und ein Regenbogen rings um den Thron her, von Ansehen gleich einem Smaragd. Und rings um den Thron vierundzwanzig Throne, und auf den Thronen vierundzwanzig Älteste sitzend, bekleidet mit weißen Kleidern und auf ihren Häuptern goldene Kronen."
Hier auf Erden ist nun die Tür der Gnade geschlossen; die „törichten Jungfrauen" stehen davor und klopfen vergeblich an (Mt 25,10.11.). Hinter der Tür geborgen und in Sicherheit gebracht, im Himmel, wo später die Hochzeit des Lammes stattfinden wird, sind die „klugen Jungfrauen"; sie sind dort mit allen Erlösten von Anfang der Welt an. Wir sehen sie alle dargestellt in dem Bilde von vierundzwanzig Ältesten, welche „bekleidet mit weissen Kleidern, mit goldenen Kronen auf ihren Häuptern", auf Thronen sitzen. Die weißen Kleider zeigen an, daß sie Priester sind, die „Kronen" und die „Throne", daß sie Könige sind,- also sind sie Priester und Könige zugleich. Eben dies wurde aber von den Gläubigen in Israel und der Kirche gesagt. (2. Mose 19,6 und Off 1,6)
Die bildliche Zahl vierundzwanzig (zweimal zwölf) soll wohl zeigen, daß alle Erlösten, sowohl aus Israel wie aus der christlichen Haushaltung, droben sind. Im Alten Bunde unter David, dem Gesalbten Jehovas, der ein Vorbild auf Christum ist, gab es vierundzwanzig Priesterabteilungen, ebenso vierundzwanzig Sängerabteilungen (1Chr 24 u. 25.). Wir werden finden, daß die „Priester und Könige" im Himmel auch zugleich Sänger sind. (Siehe Off 5,8-10.)
Diese vierundzwanzig Ältesten, im Bilde also alle Erlösten, sitzen auf Thronen um den Thron des Höchsten her in völliger Sicherheit und Ruhe; und doch gehen aus dem Throne, wie berichtet wird, „Blitze und Stimmen und Donner hervor".
Der Thron Gottes ist der Ausgangspunkt der Gerichte, die jetzt, nachdem die Gnadenzeit vorüber ist, über die Welt ihren Anfang nehmen (Vgl. Kap. 6 folgende). Die Drangsalszeit beginnt, vor welcher der Herr die Seinigen bewahren wollte und daher entrückt hat; der richterliche „Tag des Herrn" mit seinen Schrecken bricht nun für die Welt an. Die Erlösten dagegen sind geborgen und thronen in Ruhe mit dem „Richter des ganzen Erdkreises", der nun nicht mehr inmitten der sieben goldenen Leuchter wandelt (Off 1,13), sondem auf dem Throne des Gerichts sitzt, vor welchem sieben Feuerfackeln brennen. Er steht im Begriff, mit der Worfschaufel die Tenne durch und durch zu reinigen, nachdem Er den Weizen in die Scheune gesammelt hat. Er nimmt das Buch zur Hand (Off 5,1), in welchem die Gerichte, die über die Welt kommen sollen, niedergeschrieben sind.
Wir werden allerdings während der Drangsalszeit, die nunmehr über die Erde kommt (Kap. 6 u. folgende), auch wieder Gläubige auf Erden finden, erst aus Israel, später auch aus den Nationen; aber sie werden erst in der Drangsalszeit bekehrt, da ja Christus alle Gläubigen, die vorher da waren, in den Himmel heimgeholt hat. Diese letzteren haben, wie wir wissen, den Schauplatz verlassen, ehe der Antichrist, dessen Auftreten den Höhepunkt der Drangsalszeit bringen wird, in Erscheinung tritt (2Thes 2,7-8). Sie werden auch erst wieder herniederkommen, wenn im Himmel die Hochzeit gewesen ist (Off 19,7-9) und Christus mit ihnen zum Schlußgericht auf die Erde kommt, um hier Sein Reich in Macht und Herrlichkeit zu errichten und mit ihnen tausend Jahre zu herrschen. (Off 19,11-20, Off 19,6.)
Betrachten wir nun den Thron des Gerichts und Den, der darauf sitzt. Wer es ist, wird nicht gesagt. Sein Name wird hier nicht genannt; wir lesen nur „Auf dem Throne saß Einer" (Off 4,2.). Doch später rufen Ihm die vier lebendigen Wesen zu: „Heilig, heilig, Herr, Gott, Allmächtiger." Ja, es ist der ewige Gott: „der da war und der da ist und der da kommt." Er wird „Herr" genannt, denn Er ist der Jehova des Alten Bundes, und „Gott", d.i. Elohim, und ferner der „Allmächtige", d. i. El Schaddai, vor dem schon Abraham wandelte (1. Mose 17,1.). Er sitzt jetzt nicht mehr auf dem Throne der Gnade, sondern auf dem des Gerichts, wie „die Blitze und Stimmen und Donner" zeigen, welche aus dem Throne hervorgehen, und „die sieben Feuerfackeln vor dem Throne". Um den Richter her, der wie Jaspis strahlt und wie Sardis, in welcher Herrlichkeit auch einst die Erlösten gesehen werden, wenn sie mit Christo vom Himmel wiederkommen werden zum Gericht und Reich in dieser Welt (Off 21,10-11 u Off 21,19-20), sehen wir einen Regenbogen: das Bundeszeichen des Schöpfers mit der Schöpfung seit Noahs Tagen. — Also Gott wird auch in Seinem Gerichte, das Er alsdann über die Erde bringen muß, zunächst noch Seines Bundes mit der Erde eingedenk sein.
Ganz so sehen wir später, ehe Gott Seine besonderen Gerichte über Israel bringt (Off 12), den Himmel offen und die Bundeslade, Israels Gnadenstuhl, der im Tempel war, im Himmel stehen (Off 11,19.). Gott gedenkt dort Seines Bundes mit Seinem irdischen Volke Israel, hier Seines Bundes als Schöpfer mit der Schöpfung.
Weiter sehen wir vor dem Throne „sieben Feuerfackeln" brennen, welches „die sieben Geister Gottes sind". Heute ist der Geist Gottes noch in einer anderen Weise tätig; Er erforscht das Herz und wirkt Buße zu Gott und Glauben an Jesum Christum zum ewigen Heil. Es ist jetzt noch die Zeit der Gnade. Dort sehen wir den Geist Gottes als das verzehrende Feuer, welches den Richterstuhl Gottes erhellt. Wer wird vor Ihm bestehen?
Auch „ein gläsernes Meer" ist dort vor dem Throne, „wie Kristall" (Off 4,6.). Es ist nicht mehr ein Meer voll Wasser, in dem die Personen sich baden und reinigen können, sondern ein Meer von lauterem Glas. Heute gebraucht der Heilige Geist noch das Wasserbad des Wortes, d. h. Er wendet das Wort Gottes an als das lebendige Wasser zur Reinigung der Herzen und zur Mitteilung eines neuen Lebens. Und bei den bereits Wiedergeborenen benutzt Er das Wort, wie einst die Priester im Alten Bunde sich am ehernen Meer die Füße wuschen, um sie von jeder Befleckung im Wandel zu reinigen und herzustellen. Dort aber vor dem Richterthrone Gottes ist eine Reinigung und Rettung nicht mehr möglich für die Unbekehrten, denn es ist die Zeit der Gerichte gekommen; und für die Erlösten, die im Himmel sind, ist eine Reinigung der Füße und Herstellung der Herzen nicht mehr nötig; denn sie umgeben den Richter, thronen mit Ihm in der gleichen Herrlichkeit und im Frieden.
Ferner schaut der Seher „inmitten des Thrones und um den Thron her vier lebendige Wesen, voller Augen vorn und hinten" (Off 4,6-8.). Die Cherubim im Alten Bunde (vgl. z. B. Hes 1) und „die lebendigen Wesen" hier sind dem Wesen nach dieselben. Wir kennen sie aus dem Alten Testamente als die Hüter der heiligen Stätte der Gegenwart Gottes, als Wahrer und Vertreter Seiner Rechte, Seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit. Wir sehen sie nach dem Sündenfall am Eingang des Gartens Eden mit flammendem Schwerte, sehen sie dargestellt in der Stiftshütte und im Tempel, besonders auch eingewebt im Vorhang, welcher dem sündigen Menschen den Zugang wehrte in Gottes Nähe. — Hier sehen wir „die vier lebendigen Wesen" als einen Teil des Thrones; sie sind „inmitten des Thrones und um den Thron her". Sie zeigen den Charakter des Thrones Gottes und Seiner Gerichte, die mit Einsicht ausgeführt werden: deshalb sind sie „ringsum und inwendig voller Augen" (Off 4,8.). In Hesekiel 10,12 hatten die Cherubim nur „ringsum" Augen, nicht auch inwendig, wie hier im Himmel. Es ist also eine höhere Einsicht und Unterscheidungsgabe damit ausgedrückt.
Dagegen haben die vier lebendigen Wesen in Hesekiel auch „Räder" (Hes 10,12) und nicht nur „Flügel", was bezeichnend ist, denn in Hesekiel sehen wir sie mehr mit der Erde in Verbindung; in der Offenbarung mehr mit dem Himmel, weshalb sie hier nur mit Flügeln gesehen werden. Sie haben sechs Flügel, um ihre Geschwindigkeit und Dienstbereitschaft auszudrücken. So sehen wir in Jes 6,2 auch die Seraphim dargestellt.
Die „vier lebendigen Wesen" sind bildlich hergenommen von der Schöpfung Gottes auf Erden als die vier Häupter der Lebewesen hier: Das erste ist gleich einem Löwen, das Haupt der wilden Tiere; das zweite ist gleich einem Kalbe (oder besser Stier), dem Vertreter der Haustiere; das dritte hat das Angesicht eines Menschen, also des mit Vernunft begabten Wesens; das vierte ist gleich einem Adler, dem Haupte der Vögel. So ist die ganze Schöpfung in ihnen dargestellt; und um diese handelt es sich; denn Gott wird hier gepriesen als der Schöpfer: „Du hast alle Dinge erschaffen und Deines Willens wegen waren sie und sind sie erschaffen worden." Off 4,11.
Zugleich sind die „lebendigen Wesen", wie wir schon andeuteten, die Sinnbilder des Charakters des Thrones Gottes in der Art der Ausübung Seiner heiligen Gerichte. Der Löwe ist das Bild der Stärke und majestätischen Gewalt; der Stier das Bild der Standhaftigkeit und Ausdauer; ein Stier zieht z. B. nicht ruckweise wie ein Pferd, sondern anhaltend, beständig; der Mensch ist das Bild der Weisheit und Einsicht; der Adler das Bild der Schnelligkeit und bekannt wegen seines hohen Flugs. Diese alle „hören Tag und Nacht nicht auf, zu sagen: Heilig, heilig, heilig, Herr, Gott, Allmächtiger, der da war und der da ist und der da kommt!" (Off 4,8)
Ja, Gott ist Licht und darum vollkommen heilig auch in der Ausübung Seiner Gerichte, von welcher die vier lebendigen Wesen ein Sinnbild sind, wie vom Wesen Seines Thrones, Seiner Regierung.
Und was tun die vierundzwanzig „Ältesten", die Priester und Könige, die Erlösten, die nun mit Christo droben thronen? Wir lesen: „Wenn die lebendigen Wesen Herrlichteit und Ehre und Danksagung geben Dem- der auf dem Throne sitzt- der da lebt in Ewigkeit, so werden die vierundzwanzig Ältesten niederfallen vor Dem, der auf dem Throne sitzt; sie werden Ihn anbeten ... und werden ihre Kronen niederwerfen vor dem Throne und sagen: Du bist würdig, o unser Herr und Gott- zu nehmen die Herrlichkeit und die Ehre und die Macht; denn Du hast alle Dinge erschaffen, und Deines Willens wegen waren sie und sind sie erschaffen worden." (Off 4,11.)
Wie wunderbar! Diese Ältesten in ihrer himmlischen Stellung, einst doch Sünder auf Erden- die aber erlöst wurden am Tage des Heils- sind nun hier in Gottes, des Richters, Nähe vollkommen glücklich; und wenn „die vier lebendigen Wesen" Ihm das dreimal „Heilig!" zurufen, da verlassen sie unaufgefordert ihre Sitze um den richterlichen Thron her, auf denen kein Donner und Blitz des Gerichts sie erschütterte und aus der Ruhe brachte, und sie fallen nieder vor Gott, dem Schöpfer, und beten Ihn an, ja- noch mehr, sie legen ihre Kronen vor Ihm nieder.
Die Erkenntnis dieser weiland Sünder- aber nun auf ewig Erlösten vor Gott ist also viel größer und inniger als die der „vier lebendigen Wesen"; denn sie fallen nieder vor Ihm und beten Ihn an. Das Gleiche sehen wir die Ältesten später noch mehrmals tun.
Vor allem aber sehen wir die hohe und nahe Stellung der „vierundzwanzig Ältesten" als Anbeter vor Gott, wenn wir das folgende Kapitel lesen.
Sie preisen dort Gott und das Lamm vor Beginn der Gerichte für die wunderbare Erlösung der aus allen Völkern und Nationen und Sprachen von der Erde Erkauften; sie singen voll Anbetung in ihrer Seligkeit das neue Lied: „Würdig ist das Lamm!"