Schriften von Emil Dönges
Off 17-19,4 - Das Gericht über Babylon
Off 17 - „Babylon, die Mutter der Huren"Off 17 - „Babylon, die Mutter der Huren"
Betrachten wir die wahre Kirche Jesu Christi, von welcher Satan in „Babylon" ein Abbild, d. h. ein Zerrbild hergestellt hat, so finden wir, daß sie in ihrer Stellung zu Jesu Christo Seine „Braut", „Sein Weib" genannt wird: „die Braut, das Weib des Lammes" (Off 21,9.). In ihrer Stellung zur Welt dagegen wird die Kirche oft mit einer Stadt verglichen, namentlich wenn sie während des Tausendjährigen Reiches mit Jesu Christo hier regiert. Als solche heißt sie „die heilige Stadt, Jerusalem", oder wie andere übersetzen, „die Stadt, das heilige Jerusalem" (Off 21,10.). Ganz so wird uns auch das Zerrbild der Kirche, die abtrünnige Babylon, die vorgab, Christi Braut zu sein, in zwei Bildern gezeigt: Im Gegensatz zu der wahren Braut, dem wahren Weibe des Lammes, wird sie das falsche Weib, d. h. „die Hure" genannt; und im Gegensatz zur „heiligen Stadt", „die aus dem Himmel herniederkommt", ist Babylon „die große Stadt", „die starke Stadt", die „eine Behausung von Teufeln" geworden ist (Off 18,2.10.). Als das falsche Weib, „die Hure", wird uns Babylon in Off 17 gezeigt, und als die „große Stadt" in Off 18 unseres Buches. Ihr Gericht wird uns in beiden Kapiteln berichtet. Und wie ernst ist ihr Gericht!
Ehe Christus mit Seiner himmlischen Braut, dem Weibe des Lammes, aus dem Himmel herniederkommt, um, wie wir oben hörten, Sein Reich hier aufzurichten, muß die falsche Braut, die Satan ins Dasein rief, von diesem Schauplatze hinweggetan werden. Und ihr großes Verderben und ihr furchtbares Gericht wird in auffallender Ausführlichkeit berichtet. — „Und es kam einer von den sieben Engeln, welche die sieben Schalen hatten, und redete mit mir und sprach: „Komm her, ich will dir das Gericht der großen Hure zeigen, die auf vielen Wassern sitzt, mit welcher die Könige der Erde Hurerei getrieben haben; und die auf der Erde wohnen, sind trunken geworden von dem Weine ihrer Hurerei. Und er führte mich im Geiste hinweg in eine Wüste; und ich sah ein Weib auf einem scharlachroten Tiere sitzen, voll Namen der Lästerung, das sieben Köpfe und zehn Hörner hatte." (Off 17,1-3.)
Der letzte der sieben Engel, der die letzte Zornesschale ausgegossen, ist es auch, der dem Seher auf Patmos das Gericht „der großen Hure" zeigt. Ein Teil der letzten Zornesschale war ja in besonderer Weise gegen Babylon gerichtet.
Die Heilige Schrift nennt oftmals Abtrünnigkeit von Gott „Hurerei". Darum wird auch Israels und Jerusalems Untreue und Abtrünnigkeit von Gott oft mit diesem Namen genannt, denn Jehova war im geistlichen Sinne Israels rechtmäßiger Mann. Die „vielen Wasser", auf oder an denen Babylon sitzt und thront, bedeuten, wie wir nachher lesen, „Völker und Völkerscharen und Nationen und Sprachen." (Off 17,16.) „Babylon", „die große Hure", ist also ein religiöses, abgöttisches System, das sich in seiner Macht und Herrschaft über „viele Wasser", d. h. über viele „Völker, Völkerschaften, Nationen und Sprachen" erstreckt und zugleich auch eine große politische Macht ausübt. „Die Könige der Erde "und die, „die auf der Erde wohnen", d. h. die kein Teil im Himmel haben noch suchen, sind „trunken", völlig berauscht und bezaubert von „dem Weibe und ihrer Abgötterei", von ihrer bestrickenden Lehre, welche Religion und weltliche Lust in eins vermengt.
Der Seher schaut, weil er „im Geiste" ist, das Weib in einer „Wüste", d. h. an einem Orte ohne wahre, geistliche Segnungen, ohne göttliches Leben, während andere nur ihre äußerliche Macht und Pracht, ihren Sitz auf einem „scharlachroten Tiere" bewunderten. Das „Tier" ist, wie wir wissen, das kommende Römische Weltreich, hier „scharlachrot" genannt, weil es dann in kaiserlicher Würde besteht. Also das kaiserliche Rom als letztes oder viertes Weltreich wird „das Weib" tragen und sich zugleich leiten lassen von „dem Weibe", dessen Merkmale schon heute die päpstliche Kirche trägt. Es ist „Rom", wie es sein wird, wenn es auch all die übrigen religiösen Systeme, soweit sie Babels Grundsätze hatten, in sich ausgenommen haben wird. Und es hat sieben Köpfe, davon lesen wir: „die sieben Köpfe sind sieben Berge" (Off 17,9.). Dies ist eine weitere Bestätigung, daß wir es mit Rom zu tun haben, das bekanntlich auf sieben Hügeln liegt und darum die Siebenhügelstadt genannt wird. „Das Weib war bekleidet mit Purpur und Scharlach und übergoldet mit Gold und Edelstein und Perlen und hatte einen goldenen Becher in ihrer Hand voll Greuel." (Off 17,4.) „Das Weib" — die päpstliche Kirche — hat alsdann nicht nur in der kaiserlichen Macht in Rom ihren Sitz- und Stützpunkt, sie zeigt es auch äußerlich, wie sie kaiserliche Ehrung und Anerkennung besitzt: denn sie ist bekleidet mit „Purpur und Scharlach" und geschmückt mit kostbaren Edelsteinen und Perlen, welche vielleicht Bilder sind von den Wahrheiten, mit denen Rom bei allen Lügen sich äußerlich noch ziert und schmückt. Und auch die „Greuel und Un- reinigkeit" ihrer abgöttischen Religion hält sie in einem goldenen Becher. „Und an ihrer Stirn trägt sie einen Namen geschrieben: »Geheimnis, Babylon, die große, die Mutter der Huren und der Greuel der Erde" (Off 17,6.) Das Weib trägt also nicht, wie „das Tier", Namen von offener „Lästerung" an ihrer Stirn (Off 17,2), sondern den Namen „Geheimnis". Es ist dieses „Geheimnis" nicht „das Geheimnis der Gesetzlosigkeit", von dem der Apostel Paulus redet (2Thes 2,7), aber naturgemäß damit verwandt und, man darf vielleicht sagen, eine Fortsetzung desselben. Letzteres ist der Geist des Antichristen, der jetzt schon wirksam ist in der Christenheit, allerdings ein Geheimnis, das erst in der Person des Antichristen offenbar werden wird (2Thes 2,8.). Das Geheimnis Babylons dagegen ist, wie wir bereits sahen, das religiöse System der Endzeit, das durch die „zehn Könige" und durch „das Tier", das kommende Römische Weltreich, mit dem diese eins sind, schließlich gehaßt und zerstört werden wird. (Off 17,7.16.)
Das Wort „Geheimnis", welches „das Weib" als Namen offen vorn auf der Stirn trägt, erinnert uns an das „Geheimnis", welches die wahre Kirche, die himmlische Braut in ihrer lebendigen Einheit mit Christo bildet: „das Geheimnis ist groß." (Lies Eph 5,26-32.) Aber welch ein Gegensatz!
Die Kirche Christi, „die Behausung Gottes im Geiste", ist jetzt „als eine keusche Jungfrau" dem Herrn Jesu Christo verlobt (2Kor 11,2) und wird als „die Braut", „das Weib des Lammes", die auf ewig eins mit Christo ist, bald für immer bei Ihm sein. „Das Weib" aber „auf dem scharlachroten Tiere" ist „ein Gewahrsam eines jeden unreinen Geistes" (Off 18,2), ist das satanische Gegen- und Zerrbild von der wahren Braut Christi und wird wegen ihrer Verderbtheit, „Babylon, die große, die Mutter der Huren" genannt, denn all die übrigen verderbten religiösen Systeme auf Erden sind gleichsam ihre Kinder. Und ein schweres Gericht von Gott kommt über sie in Zeit und Ewigkeit.
Der erste Name, den das „Weib" an ihrer Stirn trägt: „Geheimnis" erinnert uns also an das glückselige und „große Geheimnis" von der innigen und ewigen lebendigen Einheit der wahren Kirche mit Jesu Christo, ihrem himmlischen Haupte; aber die Bedeutung des Namens „Geheimnis" liegt bei dem „Weibe" wohl in ihrem finsteren Ursprung und verderbten Wesen. Wer hätte auch ahnen können, daß aus der bekennenden Christenheit heraus, die den Namen Christi trägt, durch Satans List und unter den Händen der Menschen ein religiöses System erstehen werde, von solch großer Verderbtheit, dämonischer Zaubermacht und Feindschaft? Selbst der Seher Johannes erstaunt. Er schreibt: „Und ich sah das Weib trunken von dem Blute der Heiligen und von dem Blute der Zeugen Jesu. Und ich verwunderte mich, als ich sie sah mit großer Verwunderung." (Off 17,6.)
Ja, aus der blutigen „Jesabel" in der Gemeinde zu „Thyatira", „der Weihrauchspenderin" (Off 2,18-29), die „die Knechte Gottes verführte, Hurerei zu treiben", ist im Lauf der Jahre, da sie „nicht Buße tun wollte", obwohl Gott „ihr Zeit zur Buße gab", „Babylon, die große, die Mutter der Huren und der Greuel der Erde" geworden, die grausamste Verfolgerin „der Heiligen" und „der Zeugen Jesu". — Wie viele Heilige Rom schon als Ketzer hingerichtet, wie viel Blut Thyatira bereits vergossen hat, ist Gott allein bekannt, aber die Welt- und Kirchengeschichte weiß davon zu erzählen. Und wieviel Blut von „Zeugen Jesu" „Babylon, die große", „das Weib auf dem scharlachroten Tiere" noch vergießen wird, weiß auch Gott allein. Aber die Stunde der Abrechnung und ihrer schweren Gerichte kommt. Die kommenden Gesichte des Sehers reden davon.
Doch vorher hören wir Näheres über „das Tier", auf dem das Weib sitzt (Off 17,7-11.). „Und der Engel sprach zu mir: Warum verwundertest du dich? Ich will dir das Geheimnis des Weibes sagen und des Tieres, das sie trägt, welches die sieben Köpfe und die zehn Hörner hat. Das Tier, welches du sähest, war und ist nicht und wird aus dem Abgrund heraufsteigen und ins Verderben gehen; und die auf der Erde wohnen, deren Namen nicht in dem Buche des Lebens geschrieben sind von Grundlegung der Welt an, werden sich verwundern, wenn sie das Tier sehen, daß es war und nicht ist und da sein wird. Hier ist der Verstand, der Weisheit hat: Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf welchen das Weib sitzt. Und es sind sieben Könige: fünf von ihnen sind gefallen, der eine ist, der andere ist noch nicht gekommen; und wenn er kommt, muß er eine kleine Weile bleiben. Und das Tier, welches war und nicht ist, er ist auch ein achter und ist von den sieben und geht ins Verderben."
Hier ist also zunächst von „dem Tier" die Rede, welches „das Weib" trägt: „Es war und ist nicht und wird sein"; „es wird aus dem Abgrund heraufsteigen." Wir haben darüber ausführlich geredet, als wir das Gesicht des Sehers in Off 13 betrachteten. „Dieses Tier" (griech.: „wildes Tier") ist ja, wie oft gesagt, das vierte oder letzte Weltreich, das auch der Prophet Daniel voraussagte (Dan 7,1-7): das wiederkommende Römische oder Lateinische Weltreich. Es „war" in den Tagen des Sehers Johannes; „es ist nicht", in der Gegenwart; aber „es wird sein", d. h. es wird wieder sein; und zwar wird es „aufsteigen aus dem Abgrund", d. h. satanischen Ursprungs sein. „Die sieben Köpfe" erhalten in unserer Stelle (Off 17,9.18) eine doppelte Deutung. Es sind erstlich sieben „Berge, auf welchen das Weib sitzt". Das Weib, das religiöse, abgöttische System, „Babylon, die große", ist also nicht nur mit dem „Tiere", dem kaiserlichen Rom, verbunden, sondern gleichsam mit ihm eins und dasselbe und ist auch örtlich mit ihm vereinigt. Wir haben, wie wir schon sagten, hier eine Bestätigung, daß die Siebenhügelstadt Rom, religiös und politisch, gemeint ist.
Die sieben Köpfe sind aber ferner auch „sieben Könige", das will sagen sieben aufeinanderfolgende Regierungsformen, worüber wir gleichfalls schon bei Off 13 geredet haben.
Diese eine Stunde gemeinsamer Herrschaft mit und unter dem „Tiere",
dem kaiserlichen Oberhaupte, bedeutet einen vollen Zeitabschnitt, und
zwar die ganze letzte Hälfte der 70. Jahrwoche Daniels (Vgl.
Wenn aber Christus zum Gericht und zu Seinem Reiche kommen wird, werden sich zunächst die zehn „Hörner" mit dem „Tiere" gegen Ihn erheben. Wir lesen: „Diese werden mit dem Lamme Krieg führen, und das Lamm wird sie überwinden; denn Er ist Herr der Herren und König der Könige, und die mit Ihm sind Berufene und Auserwählte und Treue." (Off 17,4.)
Welch ein teuflisches Wagnis und Unternehmen des „Tieres", das zugleich dessen ganze Blindheit und Feindschaft kundtut, daß es versucht, gegen Christum, den Herrn der Herrlichkeit, der „der Herr der Herren und der König der Könige" ist, und gegen Seine Erlösten, „die Berufenen, Auserwählten und Treuen", Krieg zu führen!
Die Ausführung dieses Wagnisses, des offenen Kampfes und großen Krieges des „Tieres" und der zehn Könige mit Christo, findet jedoch erst später statt (Off 19,19; vgl. auch Off 10,14); aber der Krieg wird hier schon erwähnt.
Vor diesem Kriege mit „dem Lamme", welcher dem „Tiere" und dem Antichristen das ewige Verderben eintragen wird und den zehn Königen und ihren Heeren den Tod (Off 19,19-21), muß das „Tier" mit den zehn Königen seltsamerweise selbst noch ein schreckliches Gericht an „der Hure" ausüben, die es doch bis dahin so hoch verehrt und getragen hatte.
Wir lesen: „Die zehn Hörner — also die zehn Könige (vgl.Off 17,12)
—, die du sähest, und das Tier, diese werden die Hure hassen, und werden
sie öde und nackt machen, und werden ihr Fleisch fressen und sie mit
Feuer verbrennen. Denn Gott hat es in ihre Herzen gegeben, Seinen Sinn
zu tun und in einem Sinne zu handeln und ihr Königreich dem Tiere zu
geben, bis die Worte Gottes vollbracht sein werden." (
Ist das nicht wunderbar? — „Das Weib", „die Hure", saß bis dahin auf dem „Tiere" in Pracht und Reichtum; sie lenkte alles nach ihrem Willen. Sie trieb „Hurerei" mit den Königen (Off 17,2), d. h. sie gebrauchte in gewissenloser Weise ihre religiöse Macht über die Herzen und Gewissen der Menschen, um die Politik der Welt zu lenken und zu leiten nach ihrem verderbten Sinn und Willen.
Oft genug zwar werden die Fürsten der Erde wider Roms List und Lücke und dämonische Zaubermacht Zorn empfunden haben, aber die Stunde des völligen Gerichtes für Rom war noch nicht gekommen. Rom behielt oder bekam, wie die Welt- und Kirchengeschichte zeigt und weiter zeigen wird, immer wieder die Zügel der Herrschaft über die Fürsten und Völker, die aus dem Kelche ihrer „Hurerei" tranken. Wir weisen zum Exempel auf Frankreich hin in seinem gegenwärtigen bitteren Kampfe gegen Rom. Auch dort ist die Stunde gewiß nicht fern, da Frankreich wieder neu unter die Macht der „Hure" kommen wird, und dann mehr als je zuvor, wenn nur erst das neue Römische Reich, in welchem Frankreich, wenn nicht die Hauptrolle, so doch eine führende Stellung einnehmen wird, in Erscheinung tritt, und das Land einen „Fürsten" haben wird, einen von den „10 Königen der Erde".
Gott, der über allen Menschen, auch über Seinen Hassern steht und alle Dinge auf Erden und die Geschichte der Völker lenkt nach Seinem Willen, wird es den 10 Königen und „dem Tiere" „ins Herz geben", Sein gerechtes Gericht an dem „Weibe" zu vollstrecken. Ihre Stunde ist dann gekommen: das Maß ihrer Sünden ist voll. — Die äußere Veranlassung zum Hasse der Könige und „des Tieres" gegen „das Weib" wird zwar auch gottlos sein; denn das „Tier" wird jegliche Religion, die die Anerkennung des Daseins eines außer- oder überweltlichen Wesens zur Voraussetzung hat, abschaffen und für sich selbst von all seinen Untertanen göttliche Verehrung fordern (Vgl. Off 13,4.15.). Das „Weib" oder „die Hure" aber hat — leider sogar noch in Verbindung mit dem christlichen Namen! —ihre Religion mit Glanz und Pracht bis zuletzt gefeiert. Zuletzt aber wirft „das Tier" seine stolze Reiterin, die es so lange getragen hat, ab, und die Könige der Erde fallen gemeinsam über sie her, entkleiden sie schnell ihrer Pracht, und voll Grimm und Wut „fressen sie ihr Fleisch" und „verbrennen sie mit Feuer". Früher berauschten sich die Könige der Erde mit dem buhlerischen Weibe, die sich so geschickt die religiösen Bedürfnisse des menschlichen Gewissens und Herzens dienstbar zu machen und sie mit äußerem Glanz und mit Sinnenlust zu befriedigen und zu betäuben wußte, und nun fallen sie gierig und grausam wie Raubtiere über sie her „und fressen ihr Fleisch" und lassen nichts von „Babylon" übrig als Staub und Asche. Schon vorher hat ein Engel dieses ernste, aber notwendige und gerechte Gericht über „Babylon" angekündigt, als wäre es geschehen: „Gefallen, gefallen ist Babylon, die große, die mit dem Weine der Wut ihrer Hurerei alle Nationen getränkt hat." (Off 14,8; vgl. Off 18,2.)