Emil Dönges
Schriften von Emil Dönges
Off 12,14-17 - Das Weib in der WüsteOff 12,14-17 - Das Weib in der Wüste
„Der Drache", Satan, der nun auf die Erde hinab geworfen ist und darum im Himmel keine Anklage mehr gegen die Heiligen zu erheben vermag, richtet seine ganze Wut nun auf Erden gegen sie, verfolgt sie und sucht ihr Zeugnis zu vernichten. Aber „das Weib", d. i. im weiteren Sinne Israel, aber im engeren und eigentlichen Sinne nur der gläubige Überrest aus Israel, flieht. Die Stunde seiner Befreiung ist noch nicht da; sie kommt erst mit der Erscheinung Jesu Christi, des Messias, und mit Seinem Reiche. Mittlerweilen bleibt ihm nur die Flucht übrig. Gott aber verwendet sich für „das Weib, das das männliche Kind geboren hatte", und gibt demselben „die zwei Flügel des großen Adlers", auf daß sie in die Wüste fliege (vgl. Mt 24,16-21; Mk 13,14-19), woselbst sie ernährt wird eine Zeit (eine Kalenderzeit, d. h. ein Jahr), zwei Zeiten (2 Jahre) und eine halbe Zeit (1/2 Jahr), fern vom Angesicht der Schlange." — Es heißt nicht „die Flügel eines Adlers", sondern „des großen Adlers." Sollte damit nicht Jehova selbst gemeint sein? Hat Er Sein Volk, das jetzt vernichtet werden soll, nicht selbst aus Ägypten erlöst? Hat Er es nicht „auf Adlers Flügeln" getragen und zu sich gebracht?59) Ja, Jehova selbst wird Sein Volk schirmen und es in der Wüste bergen (Vgl. auch Off 12,6). Die Schlange vermag dem „Weib" an jenen Orten in der Wüste nichts anzuhaben.60 Jehova wird sie bergen, bewahren und pflegen und auch hier das Wort des Glaubens in besonderer Weise erfüllen: „Du bereitest vor mir einen Tisch angesichts meiner Feinde."
Aber Satan ruht nicht: er „wirft Wasser, wie einen Strom, hinter ihr her", damit er sie hinwegreiße, fortschwemme. Der Strom ist ohne Frage das Bild von einer daherstürmenden Heeresmacht.61 Aber Gott läßt die „Er d e" — das Bild eines geordneten Systems oder geordneter Zustände, darin Menschen wohnen — „den Strom verschlingen". Es ist nicht nötig, daß hier an ein Eingreifen Gottes durch „ein Erdbeben" gedacht werde, wie vorher in Off 11,13. Wir haben die gleiche Verfolgung und Rettung hier, die wir in Off 12,6 unseres Kapitels haben, die der Herr Jesus, wie wir früher schon sagten, auch in Mt 24,13-21 ankündigt. — Gott kann auch auf andere Weise, als durch ein Erdbeben, die Heere der römischen und antichristlichen Macht in ihrem Laufe still stellen und den „Strom verschlingen", d. h. den Sieg und Fortgang oder die Wirksamkeit der feindlichen Heere völlig aufheben; Ihm stehen ja unzählige Mittel und Wege zu Gebote, an die wir nicht gedacht hätten. — Nun wendet sich Satan, „der Drache", der voll Zorn wider das Weib ist, gegen „die übrigen ihres Samens"; das sind die Einzelnen, die dem treuen jüdischen Überrest angehören, die an dem Worte Gottes und dem Zeugnisse Jesu festhalten, die als Zeugen in Jerusalem zurückgeblieben sein mögen oder jedenfalls aus irgendwelchem Grunde nicht mit in die Wüste fliehen konnten. —
Diese ernste Drangsalszeit „des Weibes" in der Wüste und der „übrigen ihres Samens" unter Satans Wut und Zorn dient unter Gottes Zulassung zur nötigen Sichtung des Volkes und zur Läuterung des „Überrestes", wovon so oft im Worte Gottes durch die Propheten die Rede ist.62 So ist auch hier Satan mit seinen Helfershelfern nur das Werkzeug in der Hand Gottes zum Gericht und zum Segen. „Und ich", fahrt der Seher fort, „stand auf dem Sande des Meeres." (Off 12,18.) Nach mehreren Handschriften heißt es: „er stand"; das wäre dann „Satan, der Drache", der auf der Erde steht, voll List und voll Groll. —
59 Lies 2. Mose 19,4; 5. Mose 32,11; Psalm 36,7. (In Luthers Übersetzung Vers 8.)↩︎
60 Die Stelle steht auch mit Jes 26,20 in Verbindung.↩︎
61 Vgl. z. B. in Jes 8,7.8 und Jer 47,2 das gleiche Bild; es ist auch in den Psalmen zu finden.↩︎
62 Vgl. z. B. Hos 2,13 folg.; Jes 4,3.4; Sach 13,8.9.↩︎