Zeitgenössischer Prophet: Elisa
Ein Schütze, der alles verwundet: So ist, wer den Toren anwirbt und die Vorübergehenden anwirbt (Spr 26,10). „Und Elisa, der Prophet, rief einen von den Söhnen der Propheten und sprach zu ihm: Gürte deine Lenden und nimm diese Ölflasche in deine Hand und geh nach Ramot-Gilead. Und wenn du dahin gekommen bist, so sieh dich dort nach Jehu um, dem Sohn Josaphats, des Sohnes Nimsis; und geh hinein und lass ihn aufstehen aus der Mitte seiner Brüder und führe ihn in ein inneres Gemach; und nimm die Ölflasche und gieße sie über sein Haupt aus und sprich: So spricht der HERR: Ich habe dich zum König über Israel gesalbt! Und öffne die Tür und fliehe, und warte nicht“ (2Kön 9,1-3).
Zwanzig Jahre zuvor war er (wahrscheinlich) von Elia gesalbt worden (1Kön 19,16), so wie David von Samuel lange vor seiner Salbung durch das Volk gesalbt wurde (2Sam 2,4).
Die Salbung des Königs über Israel war kein fester Brauch oder eine feste Regel. Sie wurde vorgenommen, wenn die Umstände ungewöhnlich waren oder wenn es Zweifel an seinem Anspruch auf die Krone gab. Saul und David wurden beide von Samuel gesalbt, der eine als erster König, der andere als Oberhaupt einer neuen Linie (1Sam 9,16; 16,12). Zadok, der Priester, und Nathan, der Prophet, salbten Salomo gemeinsam, weil es unter Adonija zu Unruhen gekommen war (1Kön 1,34.39). Auch der rebellische
Sohn Absalom wurde gesalbt (2Sam 19,11). Ebenso der knabenhafte König Joas (2Kön 11,12) und der böse und unglückselige Joahas (2Kön 23,30; vgl. auch Ri 9,8.15). „Im Fall Jehus, in dem die Nachfolge des Königreichs Israel aus der rechten Linie der Familie Ahabs in eine andere Familie übergehen sollte, die kein Recht auf das Königtum hatte, sondern nur durch die Ernennung Gottes, war es notwendig, ihn zu salben, um ihm einen Titel zu verleihen und ihn in den tatsächlichen Besitz des Königtum zu bringen“ (Burder). Jorams Heer belagerte noch immer Ramot-Gilead, wo sein Feldherr Jehu die Truppen befehligte. „Und der Knabe, der Diener des Propheten, ging nach Ramot-Gilead. Und er kam hinein, und siehe, da saßen die Obersten des Heeres. Und er sprach: Ich habe ein Wort an dich, Oberster. Und Jehu sprach: An wen von uns allen? Und er sprach: An dich, Oberster. Da stand Jehu auf und ging ins Haus hinein; und er goss das Öl auf sein Haupt und sprach zu ihm: So spricht der HERR, der Gott Israels: Ich habe dich zum König gesalbt über das Volk des HERRN, über Israel. Und du sollst das Haus Ahabs, deines Herrn, erschlagen; und ich werde das Blut meiner Knechte, der Propheten, und das Blut aller Knechte des HERRN rächen von der Hand Isebels. Ja, das ganze Haus Ahabs soll umkommen; und ich werde von Ahab ausrotten, was männlich ist, sowohl den Gebundenen als auch den Freien in Israel. Und ich werde das Haus Ahabs machen wie das Haus Jerobeams, des Sohnes Nebats, und wie das Haus Baesas, des Sohnes Achijas. Isebel aber sollen die Hunde fressen auf dem Feldstück in Jisreel, und niemand wird sie begraben. — Und er öffnete die Tür und floh“ (2Kön 9,4-10). Endlich, nach mehr als fünfzehn Jahren Verzögerung, sollte das Blut Nabots, das wie das Blut Abels nach Rache von der Erde schrie, vergolten werden. Gott hat es nie eilig, wenn Er über die Menschen richtet. Er ließ zu, dass Isebel nicht nur ihren Mann, sondern auch seine beiden Nachfolger überlebte. Offensichtlich war sie nicht in der Lage, ihre früheren selbstherrlichen Praktiken nach Ahabs Tod fortzusetzen, und es gehörte zu ihrer Strafe, den Sturz seiner Dynastie und den Beginn des Aussterbens seines und ihres Hauses mitzuerleben. „Und Jehu kam heraus zu den Knechten seines Herrn. Und man sprach zu ihm: Ist es Frieden? Warum ist dieser Rasende zu dir gekommen? Und er sprach zu ihnen: Ihr kennt ja den Mann und seine Rede . Und sie sprachen: Lüge! Teile es uns doch mit! Da sprach er: So und so hat er zu mir geredet und gesagt: So spricht der HERR: Ich habe dich zum König über Israel gesalbt! Da eilten sie und nahmen jeder sein Gewand und legten es unter ihn, auf die Stufen selbst [eine alte Sitte, siehe Mt 21,7]; und sie stießen in die Posaune und sprachen: Jehu ist König! Und so machte Jehu, der Sohn Josaphats, des Sohnes Nimsis, eine Verschwörung gegen Joram (Joram aber, er und ganz Israel, hatte Ramot-Gilead gegen Hasael, den König von Syrien, verteidigt. Und der König Joram war zurückgekehrt, um sich in Jisreel von den Wunden heilen zu lassen, die ihm die Syrer geschlagen hatten, als er gegen Hasael, den König von Syrien, kämpfte.). Und Jehu sprach: Wenn es euer Wille ist, so soll niemand aus der Stadt entkommen, um hinzugehen, es in Jisreel zu berichten“ (V. 11–15).
Ungeduldig, im tatsächlichen und anerkannten Besitz des Königtums zu sein, und ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, auch nur für eine kurze Zeit auf Gott zu warten, macht sich Jehu mit Bidkar, seinem Anführer, auf die 50 Kilometer lange Reise nach Jisreel: „Und Jehu bestieg den Wagen und zog nach Jisreel; denn Joram lag dort. Und Ahasja, der König von Juda, war hinabgezogen, um Joram zu besuchen. Und der Wächter stand auf dem Turm in Jisreel und sah die Schar Jehus, wie er herankam, und sprach: Ich sehe eine Schar. Und Joram sprach: Nimm einen Reiter und sende ihn ihnen entgegen, dass er spreche: Ist es Frieden? Da ritt der Berittene ihm entgegen und sprach: So spricht der König: Ist es Frieden? Und Jehu sprach: Was hast du mit dem Frieden zu schaffen? Wende dich hinter mich! Und der Wächter berichtete und sprach: Der Bote ist bis zu ihnen gekommen und kehrt nicht zurück“ (V. 16–18).
Ein weiterer Bote wird ausgesandt, um dem anrückenden Tross entgegenzukommen. Mit dem gleichen Ergebnis, nur dass der Wächter diesmal in seinem Bericht hinzufügt: „Das Treiben ist wie das Treiben Jehus, des Sohnes Nimsis; denn er treibt unsinnig“ (V. 20). Der neu ernannte Scharfrichterkönig beeilt sich mit seinem Werk der Ausrottung, als ob das feierliche, furchterregende Zerstörungswerk, mit dem er beauftragt worden war, für ihn ein aufregendes Vergnügen wäre und nicht eine schmerzhafte Aufgabe von strenger Notwendigkeit, wie es der Fall gewesen wäre, wenn er bei seinem Werk des Umsturzes und des vergeltenden Gerichts über das Haus Ahabs in wahrer Gemeinschaft mit Gott gestanden hätte. Gott hat kein Gefallen am Tod des Sünders. Einem Menschen das Leben zu nehmen, sei es auf göttliche Anordnung oder auf andere Weise, sollte eine der traurigsten und ernstesten Handlungen sein, die ein Mensch vollziehen kann, und ist es auch. Jehus Bereitwilligkeit verriet, wie wenig er sich in das schreckliche Wesen seiner Aufgabe hineinversetzt hatte, und, was noch bedauerlicher ist, wie schwer die Schuld war, die ihn dazu veranlasst hatte. „Da sprach Joram: Spannt an! Und man spannte seinen Wagen an; und Joram, der König von Israel, und Ahasja, der König von Juda, zogen aus, jeder auf seinem Wagen. Sie zogen aus, Jehu entgegen, und sie trafen ihn auf dem Feldstück Nabots, des Jisreeliters. Und es geschah, als Joram Jehu sah, da sprach er: Ist es Frieden, Jehu? Aber er sprach: Was, Frieden, während der vielen Hurereien Isebels, deiner Mutter, und ihrer vielen Zaubereien! Da kehrte Joram um und floh und sprach zu Ahasja: Verrat, Ahasja! Jehu aber nahm seinen Bogen zur Hand und traf Joram zwischen seine Arme, so dass der Pfeil ihm durch das Herz fuhr; und er sank nieder in seinem Wagen“ (V. 21–24). Es war nur der plötzliche Anfang eines schnellen Endes; denn es ist nur „ein kurzes Werk“, das Gott mit den Menschen macht, wenn er nach Abtrünnigkeit und Blut fragt. „Und er sprach zu Bidkar, seinem Anführer: Nimm ihn und wirf ihn auf das Feldstück Nabots, des Jisreeliters. Denn erinnere dich, wie wir, ich und du, nebeneinander hinter seinem Vater Ahab herritten und der HERR diesen Ausspruch über ihn tat: Wenn ich nicht das Blut Nabots und das Blut seiner Söhne gestern gesehen habe!, spricht der HERR, und ich werde es dir vergelten auf diesem Feldstück, spricht der HERR. Und nun nimm ihn, wirf ihn auf das Feldstück, nach dem Wort des HERRN“ (V. 25.26). Sie töteten auch Ahasja, den König von Juda (siehe Ahasja), als er zu fliehen versuchte. „Und Jehu jagte ihm nach und sprach: Auch ihn erschlagt auf dem Wagen“ (V. 27).
Dann kommt Isebel an die Reihe: „Und Jehu kam nach Jisreel. Und als Isebel es hörte, da tat sie Schminke an ihre Augen und schmückte ihr Haupt und schaute zum Fenster hinaus. Und als Jehu in das Tor kam, da sprach sie: Erging es Simri gut, dem Mörder seines Herrn?“ (V. 30.31). Ihre angeborene Eitelkeit zeigte sich bis zum Schluss. Wahrscheinlich wusste sie, dass ihr Ende gekommen war; aber anstatt ihre Seele vorzubereiten, schmückte sie ihren Körper (der bald von Hunden gefressen werden sollte), indem sie nach östlicher Sitte ihre Brauen und Wimpern mit Antimon verdunkelte, damit sie auch im Tod noch königlich und schön aussehen würde. Ihr kühner Geist verhöhnt noch mit ihrem letzten Atemzug ihren Mörder, indem er ihn an das Ende Simris erinnert, der wie Jehu (wie sie es darstellen möchte) seinen Herrn erschlug. „Und er erhob sein Angesicht zum Fenster und sprach: Wer ist mit mir, wer? Da blickten zwei, drei Hofbeamte zu ihm hinab. Und er sprach: Stürzt sie herab! Und sie stürzten sie hinab; und es spritzte von ihrem Blut an die Wand und an die Pferde, und er zertrat sie. Und er ging hinein und aß und trank; und er sprach: Seht doch nach dieser Verfluchten und begrabt sie, denn sie ist eine Königstochter. Und sie gingen hin, um sie zu begraben; aber sie fanden nichts mehr von ihr als nur den Schädel und die Füße und die Hände. Und sie kamen zurück und berichteten es ihm. Und er sprach: Das ist das Wort des HERRN, das er durch seinen Knecht Elia, den Tisbiter, geredet hat, indem er sprach: Auf dem Feldstück in Jisreel sollen die Hunde das Fleisch Isebels fressen; und der Leichnam Isebels soll auf dem Feldstück in Jisreel dem Mist auf dem Feld gleichen, dass man nicht wird sagen können: Das ist Isebel“ (V. 32–37) — das heißt es soll kein Grab geben, das die Ruhestätte ihrer Gebeine kennzeichnet. So ging diese unglückliche Frau, eine Ausländerin in Israel, elend zugrunde, die alles tat, um die Baalsanbetung von Tyrus zur festen Religion des Königreichs ihres Mannes zu machen, und nicht zögerte, jeden zu töten, der es wagte, sich ihrer Propaganda zu widersetzen oder ihre Wünsche oder Pläne in irgendeiner Weise zu stören. Sie wird daher in Offenbarung 2 zum Sinnbild des päpstlichen Roms gemacht; und ein geeigneteres Bild, um dieses System des Götzendienstes, der Korruption und des Mordes darzustellen, liefert die Geschichte der Zeitalter nicht. Und ihr tragischer Tod ist wie der Schatten, der auf das in Offenbarung 17,16.17 vorausgesagte kommende Ereignis fällt — das Ende Babylons, „das Urteil über die große Hure“ (Off 17,1), deren Götzendienst und Verbrechen die
Erde befleckt haben. „Und Ahab hatte siebzig Söhne in Samaria. Und Jehu schrieb Briefe und sandte sie nach Samaria an die Obersten von Jisreel, die Ältesten, und an die Erzieher der Söhne Ahabs, und sie lauteten: Und nun, wenn dieser Brief zu euch kommt — bei euch sind ja die Söhne eures Herrn und bei euch die Wagen und die Pferde und eine feste Stadt und Waffen —, so erseht den besten und tüchtigsten aus den Söhnen eures Herrn, und setzt ihn auf den Thron seines Vaters; und kämpft für das Haus eures Herrn“ (2Kön 10,1-3). Es schien eine kühne Herausforderung zu sein, aber in Wirklichkeit war es nur seine Art, sie in Angst und Schrecken zu versetzen und sie zu unterwerfen.
Er kannte den Charakter derer, mit denen er es zu tun hatte, sehr gut; außerdem scheint es nicht viel Liebe oder Loyalität gegenüber der herrschenden Dynastie gegeben zu haben. Der eifrige Reformator wusste also, dass er von ihnen wenig zu befürchten hatte. „Aber sie fürchteten sich sehr und sprachen: Siehe, die zwei Könige konnten vor ihm nicht standhalten, und wie sollten wir bestehen? Und der, der über das Haus war, und der, der über die Stadt war, und die Ältesten und die Erzieher sandten hin zu Jehu und ließen ihm sagen: Wir sind deine Knechte, und alles, was du zu uns sagen wirst, wollen wir tun. Wir wollen niemand zum König machen; tu, was gut ist in deinen Augen“ (V. 4.5). So ergeben sich diese geistlosen Ältesten und Obersten von Jisreel zahm in Jehus Hände. Als Isebel ihnen ihren herrischen Brief schickte, worin sie ihnen befahl, Nabot fälschlich anzuklagen und dann zu ermorden, gehorchten sie ohne den geringsten Anflug von Widerstand oder Gewissen und töteten ihren gerechten Mitbürger. Von solchen Männern hätte Jehu wohl einen ängstlichen Gehorsam erwarten können. „Da schrieb er zum zweiten Mal einen Brief an sie, der lautete: Wenn ihr für mich seid und auf meine Stimme hört, so nehmt die Köpfe der Männer, der Söhne eures Herrn, und kommt morgen um diese Zeit zu mir nach Jisreel (Und die Königssöhne, siebzig Mann, waren bei den Großen der Stadt, die sie auferzogen.). Und es geschah, als der Brief zu ihnen kam, da nahmen sie die Söhne des Königs und schlachteten sie, siebzig Mann, und legten ihre Köpfe in Körbe und sandten sie zu ihm nach Jisreel. Und ein Bote kam und berichtete ihm und sprach: Man hat die Köpfe der Königssöhne gebracht. Und er sprach: Legt sie in zwei Haufen an den Eingang des Tores bis zum Morgen. Und es geschah am Morgen, da ging er hinaus und trat hin und sprach zum ganzen Volk: Ihr seid gerecht! Siehe, ich habe eine Verschwörung gegen meinen Herrn gemacht und habe ihn ermordet; wer aber hat alle diese erschlagen?“ (V. 6–9).
Es war ein kluger Schachzug Jehus, die wichtigsten Männer der Hauptstadt den Rest von Ahabs Nachkommenschaft töten zu lassen. Er ahnte, dass diese Tat einen Bruch zwischen ihm selbst und allen Sympathisanten der ausgestorbenen Dynastie oder ihren königlichen Verwandten jenseits der Grenze schaffen würde, um so den letzten verbliebenen Widerstand gegen seinen Kurs und seine Besitznahme des Throns zu vernichten. Obwohl seine Motive rein politischer Natur waren, verlieh er seinen Massenhinrichtungen einen religiösen Anstrich, indem er Gottes Wort und das Prinzip der Vergeltung in Bezug auf Ahab und sein Haus proklamierte: „Wisst denn, dass nichts zur Erde fallen wird vom Wort des HERRN, das der HERR gegen das Haus Ahabs geredet hat; und der HERR hat getan, was er durch seinen Knecht Elia geredet hat. Und Jehu erschlug alle, die vom Haus Ahabs in Jisreel übrig geblieben waren, und alle seine Großen und seine Bekannten und seine Priester, bis er ihm keinen Entronnenen übrigließ“ (V. 10.11).
Das Schwert des Gerichts hätte sich nach dem ausdrücklichen Willen des HERRN auf das Haus Ahabs beschränken sollen. Aber eine rücksichtslose und ehrgeizige Hand schwang es, und es verschlang über die zugewiesenen Grenzen hinaus: „Und er machte sich auf und ging hin und zog nach Samaria. Er war bei Beth-EkedHaroim auf dem Weg, da traf Jehu die Brüder Ahasjas, des Königs von Juda; und er sprach: Wer seid ihr? Und sie sprachen: Wir sind die Brüder Ahasjas und sind herabgekommen, um die Söhne des Königs und die Söhne der Herrscherin zu begrüßen. Und er sprach: Greift sie lebend! Und sie griffen sie lebend und schlachteten sie bei der Zisterne von Beth-Eked, 42 Mann, und er ließ keinen von ihnen übrig“ (V. 12–14).
Es gehörte nicht zum Auftrag des HERRN an Jehu, diese oder andere Nachkommen des Königs Josaphat zu töten. Gott hatte dies nicht von ihm verlangt. Und als er diese Brüder Ahasjas ungerechtfertigt abschlachtete, löschte er das Haus David fast aus und überließ die Herrschaft über das Königreich der schändlichen Athalja, die ihrerseits alle königlichen Nachkommen vom Haus Juda umbrachte (2Chr 22,10). Jehu kümmerte sich wahrscheinlich wenig darum. Wahrscheinlich wollte er verhindern, dass sich die königliche Familie von Juda gegen ihn auflehnte. Die möglichen Folgen seiner rücksichtslosen Tat für den Fortbestand der Linie Davids (bis zum Messias) kümmerten ihn nicht. Was die abgeschlachteten Fürsten betrifft, so ernteten sie die traurigen Folgen ihrer Nähe zu einer Familie, die von Gott wegen ihres Abfalls und ihrer Boshaftigkeit zum Untergang verurteilt war. Christen sollten sich warnen lassen und dem Ruf Gottes an die Seinen folgen, der so unmissverständlich und klar ist: „Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab“ (2Kor 6,17).
Jehus Selbstgefälligkeit zeigt sich bei seiner Begegnung mit Jonadab, dem Sohn Rekabs. Er nahm ihn gönnerhaft auf seinem Wagen mit, reichte ihm die Hand (was im Osten ein Pfand bedeutet; siehe Esra 10,19) und sagte: „Komm mit mir und sieh meinen Eifer für den HERRN an“ (V. 16). Die demonstrative Darstellung seines reformatorischen Eifers offenbarte, wie wenig er inmitten all seiner fieberhaften Aktivität und Abschaffung die Ehre Gottes im Sinn hatte — in traurigem Gegensatz zu dem, der sich immer verborgen hielt und nur die Ehre seines Vaters suchte. Auch Er hatte einen Eifer, aber, oh, wie anders als der Jehus! „Der Eifer um dein Haus wird mich verzehren“, konnte er sagen (Joh 2,17).
Jehus Eifer hingegen verzehrte und zerstörte alles und jeden, der seinem eigenen Vorteil oder seiner Selbstverherrlichung im Weg stand, aber es berührte ihn überhaupt nicht. Echte Seelenübungen scheinen ihm völlig fremd gewesen zu sein. Gott hatte ihn zu seinem Scharfrichter bestimmt, und wie es so treffend formuliert wurde: „Nie war ein Werkzeug geeigneter für das Werk, zu dem es bestimmt war, als Jehu.“ Und er hatte seine Belohnung. Sie war nur für diese Welt bestimmt, und die vierte Generation seiner Kinder erlebte deren Ende. „Und als er nach Samaria kam, erschlug er alle, die von Ahab in Samaria übrig geblieben waren, bis er ihn vertilgte, nach dem Wort des HERRN, das er zu Elia geredet hatte“ (V. 17). Dann wandte er sich den Priestern des Baals zu. Ein Mönch bemerkte zu Beginn der Reformation: „Wir müssen den Buchdruck ausrotten, oder er wird uns ausrotten.“ Jehu empfand dasselbe gegenüber der Baalsanbetung in seinem neu erworbenen Königreich; deshalb musste sie ausgerottet werden. Baal hatte eine mächtige Verbindung zwischen Ahabs Familie und seinen Anbetern hergestellt und konnte eine Bedrohung für seine Thronbesteigung sein; seine Priester mussten daher das Schicksal jener Familie teilen, unter deren mächtiger Schirmherrschaft sie in den vergangenen sechsunddreißig Jahren in bewährter Sicherheit gediehen waren. „Und Jehu versammelte das ganze Volk und sprach zu ihnen: Ahab hat dem Baal ein wenig gedient, Jehu will ihm viel dienen“ (V. 18).
Dann versammelte er mit List und Tücke alle Priester und Anhänger des Baals in ihrem Gotteshaus. Es liegt jedoch ein gewisses Maß an Gerechtigkeit in seinem Tun, denn er achtete darauf, dass sich keiner der Diener des HERRN unter den ergebenen Anbetern Baals befand: „Und es geschah, als man das Opfern des Brandopfers vollendet hatte, da sprach Jehu zu den Läufern und zu den Anführern: Geht hinein, erschlagt sie; keiner komme heraus! Und sie schlugen sie mit der Schärfe des Schwertes. Und die Läufer und die Anführer warfen sie hinaus. Und sie gingen zum Stadtteil [manche lesen Gebäude oder Zitadelle] des Baalhauses und brachten die Bildsäulen des Baalhauses heraus und verbrannten sie; und sie rissen die Bildsäule des Baal nieder; und sie rissen das Haus des Baal nieder und machten Aborte daraus bis auf diesen Tag“ (V. 25–27). „So vertilgte Jehu den Baal aus Israel. Nur von den Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, die er Israel zu begehen veranlasst hatte, von denen wich Jehu nicht ab: von den goldenen Kälbern, die in Bethel und in Dan waren. Und der HERR sprach zu Jehu: Weil du gut ausgerichtet hast, was recht ist in meinen Augen, und am Haus Ahabs getan hast nach allem, was in meinem Herzen war, so sollen dir Söhne der vierten Generation auf dem Thron Israels sitzen. Aber Jehu achtete nicht darauf, im Gesetz des HERRN, des Gottes Israels, mit seinem ganzen Herzen zu wandeln; er wich nicht von den Sünden Jerobeams, die er Israel zu begehen veranlasst hatte“ (V. 28–31).
Obwohl er Gottes treues und, wie wir gesehen haben, übereifriges Werkzeug war, gab es nichts Schönes und wenig Lobenswertes im Charakter Jehus. Er diente Gottes Absicht als Henker, aber damit hörte es auf. Er konnte mit ganzem Herzen töten, aber er achtete nicht darauf, ernsthaft im Gesetz des HERRN zu wandeln. Er konnte die grobe und abscheuliche Anbetung des Baals niederreißen, fuhr aber mit der Anbetung der Kälber Jerobeams fort. Es ist leichter, Gott in äußeren Dingen zu dienen, als sich den Charakter anzueignen, den Er liebt, Ihn im Herzen zu verankern und Ihm die geistliche Einsicht seines Geistes zu geben. Wie sehr unterschied sich David von Jehu! Auch er war Gottes Werkzeug zum Gericht, aber wie anders war seine Art, es auszuführen! Gott vergaß sein herzloses Gemetzel nicht und ließ es auch nicht zu, dass Israel es vergaß. Hundert Jahre später sagte er zu dem Propheten Hosea: „Gib ihm den Namen Jisreel; denn noch eine kurze Zeit, so werde ich die Blutschuld von Jisreel am Haus Jehus heimsuchen“ (Hos 1,4).
Die große Lehre, die wir aus dem Leben dieses bemerkenswerten Mannes ziehen können, ist die, dass wir als Diener Gottes ständig auf der Hut sein müssen, damit wir sein Werk — sei es bei der Ausübung von Zucht oder bei der Durchführung der Reformation — nicht in einem ungebrochenen Geist und ohne gebührende Übung des Herzens und des Gewissens vor dem tun, der ein Gott des Gerichts ist und durch den die Handlungen gewogen werden (1Sam 2,3). „Und das Übrige der Geschichte Jehus und alles, was er getan hat, und all seine Macht, ist das nicht geschrieben im Buch der Chroniken der Könige von Israel? Und Jehu legte sich zu seinen Vätern, und man begrub ihn in Samaria. Und Joahas, sein Sohn, wurde König an seiner statt. Die Tage aber, die Jehu über Israel in Samaria regierte, waren achtundzwanzig Jahre“(V. 34–36).