Schriften von Christopher Knapp
2Kön 21,1-18 ; 2Chr 33,1-20 - Manasse (der vergessen macht)2Kön 21,1-18 ; 2Chr 33,1-20 - Manasse (der vergessen macht)
Zeitgenössischer Prophet: Joel
Der König sandte hin und ließ ihn los, der Herrscher über Völker, und befreite ihn (Ps 105,20). „Zwölf Jahre war Manasse alt, als er König wurde, und er regierte fünfundfünfzig Jahre in Jerusalem. Und er tat, was böse war in den Augen des HERRN, nach den Gräueln der Nationen, die der HERR vor den Kindern Israel vertrieben hatte“ (2Chr 33,1.2).
Extreme treffen aufeinander: Hier ist, wie es scheint, einer der schlimmsten und grausamsten Könige, die je regiert haben — als Nachfolger Hiskias, von dem es heißt: „und nach ihm ist seinesgleichen nicht gewesen unter allen Königen von Juda noch unter denen, die vor ihm waren“ (2Kön 18,5). Hätte dieser gute König die Schlechtigkeit seines unwürdigen Sohnes voraussehen können, hätte er zweifellos nicht den Wunsch gehabt, sich von seiner Krankheit zu erholen. Es ist weit besser, kinderlos zu sterben, als einen Sohn zu zeugen, wie Manasse es war. Wir dürfen uns nicht anmaßen, über den verehrten Diener Gottes zu urteilen, aber es sieht so aus, als hätte er besser daran getan, sich in seiner Krankheit sanftmütig dem Willen Gottes zu unterwerfen. Er hätte es sicherlich Gott überlassen können, für die Nachfolge zu sorgen, da er den mit David geschlossenen Bund kannte, der in allen Dingen geordnet und sicher war (2Sam 23,5), und hätte dem Volk, das er liebte, die Tränen und das Blut ersparen können, die sein gewünschter Nachkomme über sie brachte, ganz davon zu schweigen, wie Gott in dieser Angelegenheit verunehrt wurde. Nach Hiskias Genesung geschah nichts zu Gottes Ehre. Es stimmt, Hiskias Heilung war eine Antwort auf das Gebet, und als Unterpfand dafür wurde ein besonderes Wunder vollbracht. Aber so war es auch mit Israel, als sie um Fleisch zum Essen baten. „Da gab er ihnen ihr Begehr, aber er sandte Magerkeit in ihre Seelen“ (Ps 106,15). Auch für sie wurde ein Wunder vollbracht (das der Wachteln), damit sie das bekämen, was sie immer wieder verlangten. Aber es gab nur Einen, der immer und überall sagte: „Nicht mein Wille, sondern der deine geschehe“ (vgl. Lk 22,42).
Manasse machte, wie es scheint, das Werk der frühen Herrschaft seines Vaters schnell wieder rückgängig — was ebenfalls „plötzlich“ geschah. „Und er baute die Höhen wieder auf, die sein Vater Hiskia zerstört hatte, und errichtete dem Baal Altäre und machte eine Aschera, so wie Ahab, der König von Israel, gemacht hatte, und er beugte sich nieder vor dem ganzen Heer des Himmels und diente ihnen. Und er baute Altäre im Haus des HERRN, von dem der HERR gesagt hatte: In Jerusalem will ich meinen Namen setzen. Und er baute dem ganzen Heer des Himmels Altäre in den beiden Höfen des Hauses des HERRN. Und er ließ seinen Sohn durchs Feuer gehen, und er trieb Zauberei und Beschwörung und bestellte Totenbeschwörer und Wahrsager: Er tat viel Böses in den Augen des HERRN, um ihn zu reizen. Und er stellte das geschnitzte Bild der Aschera, das er gemacht hatte, in das Haus“ (2Kön 21,3-7).
Es ist ein schreckliches Bild, das man von jedem Menschen zeichnen kann; aber von einem König von Juda und einem Sohn Hiskias, des Guten, erscheint es fast unglaublich. Es wird einem fast weh ums Herz, wenn man die Liste seiner Gräuel liest. „Manasse verleitete sie, mehr Böses zu tun als die Nationen, die der HERR vor den Kindern Israels vertilgt hatte“ (2Kön 21,9). Es war die schlimmste aller Verderbtheiten — die Verderbnis des Besten. Je höher der Fall, desto tiefer der Sturz. Ach, auch in der Versammlung in Korinth gab es eine solche Sünde, wie sie „nicht einmal unter den Nationen vorkommt“ (1Kor 5,1). „Wenig fehlte, so wäre ich in allem Bösen gewesen, inmitten der Versammlung und der Gemeinde“, sagte ein anderer (Spr 5,14). „Schlechter als ein Ungläubiger“, schrieb wieder ein anderer (1Tim 5,8). Solch eine Sprache mag für einige seltsam klingen — in der Tat ist es traurig, dass solche Dinge geschehen können und geschehen sind. Schau dir Rom an, und du wirst das bestätigt sehen. Jemand aus dem Umkreis Roms hat sogar gesagt: „Die Annalen der Kirche sind die Annalen der Hölle!“ Und was müssen die umliegenden Völker von diesen Annalen Judas gedacht haben — „schlimmer als die Nationen“? Von Manasse und Juda konnte man damals wahrhaftig sagen, wie der Apostel siebenhundert Jahre später durch den Heiligen Geist erklärte: „Denn der Name Gottes wird euretwegen unter den Nationen gelästert“ (Röm 2,24). „Und der HERR redete zu Manasse und zu seinem Volk; aber sie achteten nicht darauf“ (2Chr 33,10). Er sprach, wie üblich, durch seine Propheten. Dies war ihre Botschaft: „Weil Manasse, der König von Juda, diese Gräuel verübt und Böses getan hat, mehr als alles, was die Amoriter getan haben, die vor ihm gewesen sind, und auch Juda durch seine Götzen zu sündigen veranlasst hat, darum, so spricht der HERR, der Gott Israels, siehe, will ich Unglück über Jerusalem und Juda bringen, dass jedem, der es hört, seine beiden Ohren gellen sollen. Und ich werde über Jerusalem die Mess-Schnur Samarias ziehen und das Senkblei des Hauses Ahabs, und ich werde Jerusalem auswischen, wie man eine Schüssel auswischt: Hat man sie ausgewischt, so kehrt man sie um auf ihre Oberseite. Und ich werde den Überrest meines Erbteils verstoßen und sie in die Hand ihrer Feinde geben, und sie werden allen ihren Feinden zum Raub und zur Plünderung werden; weil sie getan haben, was böse ist in meinen Augen, und mich stets gereizt haben von dem Tag an, als ihre Väter aus Ägypten gezogen sind, bis auf diesen Tag“ (2Kön 21,10-15).
Es war eine erschreckende, wenn auch absolut gerechte Anklage, die das Volk zur Umkehr hätte bringen sollen. Die Drohungen hätten sie zumindest von ihren Sünden abbringen sollen. Sie kannten das Schicksal Samarias, das bereits gefallen war, und Jerusalem sollte die gleiche Strafe erhalten. Das Haus Ahabs war umgekommen, und ihre Könige sollten einem ähnlichen Urteil nicht entgehen. Aber die Botschaft war ihnen offensichtlich entgangen; sie erwiesen sich als ein noch verkehrteres Volk als die „Männer von Ninive“, die hundertfünfzig Jahre zuvor „auf die Predigt Jonas hin“ (Lk 11,32) Buße taten.
Welche Propheten Gott zu dieser Zeit einsetzte, ist nicht bekannt. Möglicherweise lebte Jesaja noch, obwohl er schon sehr alt war, und die Überlieferung, die besagt, dass er mit einer hölzernen Säge „zersägt“ wurde, könnte wahr sein. Josephus erwähnt dies nicht, aber er sagt, dass Manasse „alle Gerechten unter den Hebräern grausam erschlug. Auch die Propheten verschonte er nicht“ (Ant. x.: 3, § 1). „Und Manasse“, sagt der inspirierte Geschichtsschreiber, „vergoss auch sehr viel unschuldiges Blut, bis er Jerusalem damit erfüllte von einem Ende bis zum anderen; außer seiner Sünde, wodurch er Juda zu sündigen veranlasste, indem er tat, was böse war in den Augen des HERRN“ (2Kön 21,16). So böse sein Großvater Ahas auch gewesen war, so hat er doch, soweit wir wissen, seine Hände nicht mit Blut gerötet wie dieses menschliche
Ungeheuer Manasse. Aber die Ernte kam endlich, wenn auch die Erntezeit in der langmütigen Geduld Gottes vielleicht spät war. „Da ließ der HERR die Heerobersten des Königs von Assyrien über sie kommen; und sie nahmen Manasse gefangen und banden ihn mit ehernen Fesseln und führten ihn nach Babel“ (2Chr 33,11). Sie weigerten sich, das Wort zu hören, und wurden gezwungen, die Rute zu spüren. Wie es sich für dieses Ungeheuer des Bösen gehörte, wurde Manasse in Ketten nach Babylon gebracht.
Die Heilige Schrift gibt keinen Hinweis auf den Zeitpunkt dieses Ereignisses, aber aus den assyrischen Überlieferungen geht hervor, dass es etwa in der Mitte seiner Regierungszeit stattfand. Hier kam das alte und oft bewiesene Gesetz der Vergeltung zur Wirkung: Der Anlass der Sünde wurde zum Instrument ihrer Bestrafung. Hiskia sündigte in der Sache mit den Gesandten aus Babylon, und sein Sohn Manasse ging als Gefangener nach Babylon. „Und als er bedrängt war, flehte er den HERRN, seinen Gott, an und demütigte sich sehr vor dem Gott seiner Väter und betete zu ihm; und er ließ sich von ihm erbitten und erhörte sein Flehen und brachte ihn nach Jerusalem in sein Königreich zurück. Da erkannte Manasse, dass der HERR der Gott ist“ (2Chr 33,12.13). Er demütigte sich sehr, und das war gut so, denn seine Schuld war wirklich sehr groß. „Und als er bedrängt war“ — zweifellos erkannte er die Gerechtigkeit seiner Strafe. „Ich weiß, HERR“, konnte er mit dem Psalmisten sagen, „dass deine Gerichte Gerechtigkeit sind und dass du mich gedemütigt hast in Treue“ (Ps 119,75).
Wir kennen keine Einzelheiten über Manasses Bedrängnis in der babylonischen Gefangenschaft. Gott hat kein Gefallen an der Bestrafung seines Volkes und bedeckt alles, was Er mit Gewinn zurückhalten kann, mit dem Schleier des Schweigens. Er hörte Manasses bitteren Schrei der Reue und des Flehens und gab ihm sein Königtum zurück. Das war wirklich Gnade, überfließende Gnade.
Als er nach Jerusalem zurückkehrte, begann er zu bauen und zu befestigen, „und er legte Kriegsoberste in alle festen Städte in Juda“ (2Chr 33,14). Aber was noch besser war: „Und er tat die Götter der Fremde weg und das Gleichnis aus dem Haus des HERRN und alle Altäre, die er auf dem Berg des Hauses des HERRN und in Jerusalem gebaut hatte; und er warf sie hinaus außerhalb der Stadt. Und er baute den Altar des HERRN wieder auf und opferte darauf Friedensund Dankopfer; und er befahl Juda, dass sie dem HERRN, dem Gott Israels, dienen sollten“ (V. 15.16). Er nahm sich vor, seine früheren bösen Taten so weit wie möglich rückgängig zu machen.
Sein Name Manasse bedeutet „der vergessen macht“, und Josephus sagt: „Als er nach Jerusalem kam, bemühte er sich, wo es möglich war, seine früheren Sünden gegen Gott aus seinem Gedächtnis zu verbannen, die er nun bereute.“
Doch die unschuldigen Leben, die er genommen hatte, konnte er nicht wiederherstellen, noch konnte er das Übel seines früheren Verhaltens jemals ganz ungeschehen machen. Seine Schuld und die Judas war so groß, dass Gott sie niemals vergeben konnte (2Kön 23,26; 24,3.4; Jer 15,4). Persönlich wurde Manasse durch sein Bekenntnis und seine Demütigung vor Gott vergeben; und es ist gut, die große Veränderung in seinem späteren Leben zu sehen, und dass er nicht vergaß, Gott für seine unvergleichliche Gnade zu danken, wie seine Dankopfer auf dem wiederhergestellten Altar zeigen. Er war der alttestamentliche „Erste der Sünder“, ein „Vorbild“ zu jener Zeit, in dem Gott „alle Langmut zeigte“, für jeden, der sich in Reue und Glauben an Ihn wenden würde. Newtons Zeilen würden zweifellos den Geist seiner dankbaren Gedanken gut zum Ausdruck bringen:
Oh Gnade Gottes, wunderbar hast du errettet mich.
Ich war verloren ganz und gar, war blind, jetzt sehe ich. „Und das Übrige der Geschichte Manasses und sein Gebet zu seinem Gott und die Worte der Seher, die zu ihm redeten im Namen des HERRN, des Gottes Israels, siehe, das ist geschrieben in der Geschichte der Könige von Israel. Sein Gebet aber und wie er erhört wurde und all seine Sünde und seine Untreue und die Orte, an denen er Höhen gebaut und die Ascherim und die geschnitzten Bilder aufgestellt hatte, bevor er sich demütigte: siehe, das ist geschrieben in der Geschichte [des Propheten] Hosais“ (2Chr 33,18.19). Der Name seiner Mutter war Hephzi-Bah (meine Freude ist in ihr; 2Kön 21,1; vgl. Jes 62,4). Sie mag eine fromme Frau gewesen sein, so dass ihr Name zu ihrem Charakter passte; aber wenn das so ist, hatte sie sehr wenig Einfluss auf ihren Sohn — im Gegensatz zu Eunike (die Siegreiche) in einer späteren Zeit und vielen anderen. „Und Manasse legte sich zu seinen Vätern, und man begrub ihn in seinem Haus. Und Amon, sein Sohn, wurde König an seiner statt“ (2Chr 33,20). Sein Leichnam fand keine Ruhestätte unter den
Königen, was zeigt, dass die Folgen der Sünde den Menschen bis ins Grab verfolgen.
Das so genannte „Gebet des Manasse“ in den Apokryphen ist eine Fiktion und wurde sogar von einem so leichtgläubigen Gremium wie dem Konzil von Trient als solche erklärt.
Könige auf dem Thron und er setzt sie für immer mit Königen auf den Thron, und sie sind erhöht.
Und wenn sie mit Fesseln gebunden sind, in Stricken des Elends gefangen werden, dann macht er ihnen ihr Tun und ihre Übertretungen kund, dass sie sich trotzig gebärdeten; und er öffnet ihr Ohr der Zucht und spricht, dass sie vom Frevel umkehren sollen.
Wenn sie hören und sich unterwerfen, so werden sie ihre Tage im Wohlergehen verbringen und ihre Jahre in Annehmlichkeiten.
Wenn sie aber nicht hören, so rennen sie ins Geschoss und verscheiden ohne Erkenntnis. (Hiob 36,7-12).