Schriften von Albert von der Kammer
Gott in uns - Wie der Heilige Geist wirkt
Wirkungsfreiheit des Heiligen Geistes in der GemeindeWirkungsfreiheit des Heiligen Geistes in der Gemeinde
Im Haus Gottes, Seiner Gemeinde, will der Heilige Geist volle Freiheit haben, zu gebrauchen, wen Er will. Der Apostel schließt deshalb die Ermahnung daran: »Weissagung verachtet nicht.« Wenn Er den einfachsten Bruder gebrauchen will, ein Wort der Erbauung, Tröstung oder Ermahnung zu reden, so sollen wir dasselbe nicht durch hartes Kritisieren verachten.
Weissagen
Mit dem Wort »Weissagung« ist hier natürlich nicht das Voraussagen zukünftiger Dinge gemeint (wie wir auch solches in der Schrift finden), sondern das Reden in Aussprüchen Gottes, die Gott selbst durch Seinen Heiligen Geist dem Betreffenden darreicht zu Seiner Verherrlichung. »Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die Gott darreicht.« Solches ist nicht das, was wir nach der Schrift eine »Gabe« nennen, sondern ein Mitteilen der Dinge und Erleuchtungen, die wir in der Vertrautheit unserer Seele mit Ihm von Ihm empfangen. Es mag sein, dass ein solcher durch den Heiligen Geist eine Schriftstelle liest oder »fünf Worte« redet, die Herz und Gewissen berühren, und jeder in der Versammlung spürt, dass es ein Wort, vom Heiligen Geist gewirkt, war. Selbst auf einen Ungläubigen vermag ein solches von Gott gegebenes Wort so zu wirken, dass er auf sein Angesicht fällt und verkünden muss, dass Gott in der Mitte Seiner Gemeinde ist (1Kor 14,24.25). Der Apostel wünscht deshalb, dass alle weissagen und danach »eifern« mögen (1Kor 14,5.31.39).15
Prüfet alles
Der Ermahnung »den Geist dämpfet nicht« fügt der Apostel noch hinzu: »Prüfet aber alles, das Gute haltet fest« (1Thes 5,21). Er will uns damit sagen, dass wir immer im Auge behalten sollen, von einem listigen Feinde umgeben zu sein, der die geraden Wege des Herrn verkehrt (Apg 13,10) und uns Fleischeswesen als Geisteswirkungen vorzutäuschen sucht. Dem uns von Gott gegebenen Guten mag durch unsere Untreue Böses beigemengt worden sein. Wir sollen dann nicht das uns von Gott gegebene Gute mit dem Bösen zugleich aufgeben, sondern das Böse ausscheiden und das Gute festhalten.
Redefreiheit für jeden in der Gemeinde?
Wie leicht finden sich durch den Betrug Satans fleischliche Elemente in der Gemeinde Gottes, die sich selbst für geistlich halten und die Ordnung, die Gott für den Dienst im Heiligen Geist gegeben hat, für sich und ihre fleischliche Gesinnung und Art in Anspruch nehmen wollen. Solche möchten die Gemeinde Gottes zu einer Stätte der Redefreiheit für jeden machen. Die Gemeinde Gottes ist aber nicht ein Platz, wo jedes Glied Freiheit hat zum Reden, wann es will, sondern ist der Ort, wo der Heilige Geist Freiheit hat zu gebrauchen, wen Er will. Er aber kann eben, weil Er der Heilige Geist ist, nur »Geistliche«, aber nicht »Fleischliche« für Seinen Dienst gebrauchen. Welche Personen auch immer der Heilige Geist sich zu Seinem Gebrauch erwählen mag, immer werden es Seinem Wesen entsprechende Gefäße sein, deren Leben in Übereinstimmung mit dem Wort steht und deren Benehmen, Verhalten und Reden die Kennzeichen des Heiligen Geistes tragen. Solche, die Redefreiheit fordern, zeigen damit schon, dass sie nicht solche sind, die der Heilige Geist zu Seinem Mund machen kann. Die Gegenwart Christi, wie auch die des Heiligen Geistes in der Gemeinde, legt jedem Glied den Zügel an und stellt jedes Glied unter Kontrolle. Das Wort Gottes und der Heilige Geist sind der Prüfstein für jedes Reden und für jeden Dienst. Nie aber ist die Gemeinde Gottes eine Tummelstätte für jeden Geist und für zügellose Schwätzer. So wie wir von dem Herrn lesen, dass Er den Sadduzäern den Mund stopfte, so wurde Titus ermahnt, auch den Schwätzern in der Gemeinde den Mund zu stopfen (Tit 1,11). Wie traurig ist es, wenn in der Versammlung leere Worte geredet werden, die weder Herz noch Gewissen berühren. »Alles geschehe zur Erbauung«, das ist der Grundton des vierzehnten Kapitels in 1. Korinther (V. 26). Jedes Reden in der Gemeinde steht unter dem Urteil dieses Wortes. Dient das Reden eines Bruders nicht zur Erbauung, so hat er kein Recht zum Reden.
Eine andere Seite und Gefahr ist diese, dass wir in dem Verlangen nach Redegewandtheit lieblose Kritik an Brüdern üben, die in wahrer Liebe zum Herrn und Selbstverleugnung angesichts des Fehlens von »Gaben« nach dem ihnen zugeteilten Maß in aller Demut und Schwachheit den Heiligen zu dienen suchen. Solche lieblose und harte Kritik ist eine betrübend ernste Sache. Sie zeigt uns nicht nur den traurigen Herzenszustand dessen, der sie ausübt, sie ist auch eine böse Saat, aus der Murren, Unfrieden und Verderben erwachsen und durch welche das Wohl und Gedeihen einer ganzen Versammlung untergraben und zerstört werden kann. Wie wichtig ist auch hier die Ermahnung, »den Geist nicht zu dämpfen und die Weissagungen nicht zu verachten«.
Achthaben auf sich selbst
Ständige Wachsamkeit und Achthaben auf sich selbst sind nötig für jeden, der einen Dienst in der Gemeinde Gottes ausübt. Ehe Paulus dem Timotheus sagt, auf die Lehre acht zu haben, sagt er ihm: »Habe acht auf dich selbst.« Brüder, die ein kleines Maß der Gabe von dem Herrn empfangen haben, werden leicht vom Feind versucht, es denen, die ein größeres Maß empfangen haben, gleichzutun. Hier heißt es, acht auf sich selbst zu haben. Wie leicht sind wir da in Gefahr, aus fünf Worten, die der Herr uns zur Auferbauung der Gemeinde und zur Unterweisung anderer gegeben hat, zehntausend zu machen (1Kor 14,19). Wenn du das, was du vom Herrn empfangen hast, in fünf, zehn oder fünfzehn Minuten sagen kannst, so dehne es nicht aus auf eine Stunde, damit du nicht im Geist anfängst und im Fleisch vollendest. Wenn du mehr geben willst, als du vom Herrn empfangen hast, so wirst du durch dein Hinzufügen nur den Segen verderben, und du brauchst dich nicht zu wundern, wenn du bei denen, die dich hören, keine Aufmerksamkeit findest. Wie manches Seufzen geht durch die Versammlung, wenn die empfangene Erbauung durch ein nachfolgendes langes und leeres Gerede wieder weggenommen wird. Ein Blick auf die Hörer würde manchmal genügen, dem Redenden zu sagen, dass er über das Maß des ihm Gegebenen hinausgegangen ist. Zuweilen sind die Gedanken, die der Herr gegeben hat, dem Redenden so köstlich geworden, dass er in dem Eifer, sie zur noch tieferen Erbauung der Gemeinde weiterzugeben, nicht weiß, sie breit genug zu machen; und die Folge ist, dass er ihnen durch solche Breite die Kraft nimmt. Alles das sind Dinge des Fleisches, durch welche wir oft in der besten Meinung den Geist dämpfen.
Wie die Gemeinde der Tempel des Heiligen Geistes ist, so wird auch von unserem Leib gesagt, dass er ein Tempel des Heiligen Geistes ist. Aus unserem Leib sollen Ströme lebendigen Wassers fließen. (Dies sagte der Herr im Hinblick auf den Geist, welchen die an Ihn Glaubenden empfangen sollten [Joh 7,38.39]). Geschieht dies nicht, so sind auch in uns persönlich dämpfende Hindernisse vorhanden, und wir sollten uns ernstlich prüfen, diese zu sehen und abzulegen.
Welche Verluste haben wir persönlich und welche Verluste die Gemeinde, wenn der Heilige Geist gedämpft wird! Welche Ströme von Segen, vom Herrn gegeben, würden fließen, wenn in den Zusammenkünften der Heiligen die Dinge und Kräfte hinweggetan wären, die den Heiligen Geist hindern. Lasst uns darum mit Sorgfalt die Ermahnung beachten: »Den Geist dämpfet nicht!«
15 Wir sehen darin den Unterschied zwischen einer »Gabe« und dem, was der Apostel mit »weissagen« meint. Wenn alle »weissagen« konnten und danach eifern sollten, so kann dieses »Weissagen« nicht als »Gabe« gemeint sein, weil damit dann die Verschiedenheit der »Gaben«-Austeilung aufgehoben sein würde, denn gerade die Verschiedenheit in der Austeilung der »Gaben« machte den Dienst aller Gaben notwendig. »Gabe« ist eben eine Gabe, die wir uns nicht durch unseren »Eifer« erwerben können. Dadurch, dass wir uns Kenntnisse durch ein Studium erwerben, werden wir niemals »Evangelisten«, »Hirten« oder »Lehrer« in dem Sinne von Epheser 4,11. Wohl aber können wir, wenn wir eine solche »Gabe« empfangen haben, diese »vernachlässigen« (1Tim 4,14), wie wir sie auch durch den Gebrauch und durch Fleiß und Kenntnisse anfachen und stärken können.↩︎