Schriften von Albert von der Kammer
Gott in uns - Wie der Heilige Geist wirkt
Das PfingstereignisDas Pfingstereignis
Lasst uns die Schrift zur Hand nehmen und auf die ersten Verse des zweiten Kapitels der Apostelgeschichte ein wenig näher eingehen. Der Hauptinhalt der beiden ersten Kapitel der Apostelgeschichte ist: Der Herr verlässt die Erde und geht hinauf in den Himmel, und zweitens: der Heilige Geist verlässt den Himmel und kommt herab auf die Erde.
Wichtige Unterschiede (Taufe, Gabe, Erfülltsein)
Das Erste, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, ist, dass die Gläubigen am Tag der Pfingsten an einem Ort (in einem Haus) beisammen waren (Vers 1). Dann berichtet uns der zweite Vers, dass plötzlich in der Frühe des Tages ein Brausen aus dem Himmel geschah und das ganze Haus erfüllt wurde, wo sie saßen. Alle im Hause wurden somit als Gesamtheit in dem Geist, der das Haus erfüllte, getauft. So als wenn Wasser in ein Schiff eindringt und alle, die im Schiff sind, in dem in das Schiff eindringenden Wasser begraben werden. Es muss ein wunderbarer Moment für die Jünger gewesen sein, als sie sich plötzlich als Gesamtheit nach dem Wort des Herrn - in den Heiligen Geist hineingetaucht - getauft sahen.
Wie in der Taufe mit Wasser der Täufling in das Element des Wassers hineingetaucht wird, so fand hier in dieser Stunde die Taufe mit Heiligem Geist an der Gesamtheit der Gläubigen statt, damit sie in Neuheit, zu einem Leib vereinigt, hervorgingen; so wie Paulus schreibt: »In einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden« (1Kor 12,13).
Wir kommen nun zum dritten Vers unseres Kapitels. Hier finden wir ein anderes, neues Ereignis. Eine ganz neue Erscheinung wurde ihnen plötzlich sichtbar. Wir lesen: Es »erschienen« ihnen zerteilte Zungen (wie von Feuer), und sie »setzten« sich auf jeden »Einzelnen« von ihnen. Jeder Einzelne von ihnen empfing jetzt persönlich den Heiligen Geist. In Gestalt zerteilter Zungen setzte Er sich - ließ Er sich nieder - auf einen jeden von ihnen, um auf immer wohnend in ihnen zu bleiben. Beachten wir es hier noch einmal: In den Versen 1 und 2 steht die Gesamtheit der Gläubigen (»alle beisammen« - »sie«) im Vordergrund. Der »Einzelne« wird nicht erwähnt. Im dritten Vers dagegen treten die einzelnen Personen (»auf jeden Einzelnen«) in den Vordergrund.
Das erste Ereignis, die Taufe (Verse 1 und 2), wurde an den Gläubigen als Gesamtheit vollzogen. Das zweite Ereignis, die Gabe des Heiligen Geistes (Vers 3), wurde allen Gläubigen einzeln, persönlich zuteil.
Der vierte Vers berichtet uns dann in Verbindung mit diesem zweiten Ereignis von einer gewaltigen Auswirkung des Heiligen Geistes in den Gefäßen, in welchen Er Wohnung genommen hatte: »Sie wurden erfüllt mit dem Heiligen Geist.« Dieses »Erfülltwerden« mit dem Heiligen Geist vollzog sich später wiederholt bei den Einzelnen. Es ist mit unserer Verantwortlichkeit verbunden, denn wir können ermahnt werden: »Seid mit dem Geist erfüllt« (Eph 5,18).
Dagegen finden wir in der Schrift nie eine Wiederholung der Taufe mit Heiligem Geist noch der Gabe des Heiligen Geistes. Einmalig fand die Taufe mit dem Heiligen Geist an der Gesamtheit der Gläubigen statt, sie zu einem Leib bildend, der wächst bis zur Ankunft des Herrn. Und einmalig empfängt jeder Gläubige persönlich den Heiligen Geist als Siegel und Unterpfand auf den Tag der Erlösung. Das »Erfülltwerden« mit dem Heiligen Geist fand an den gleichen Personen wiederholt statt.
So haben wir also in den drei ersten Versen des zweiten Kapitels der Apostelgeschichte zwei Ereignisse, die zur gleichen Stunde stattfanden. Das eine betraf die Gesamtheit, das andere die Einzelnen:
Das Haus wurde erfüllt vom Heiligen Geist, und sie (alle als Gesamtheit) wurden »in einem Geist zu einem Leib getauft« (1Kor 12,13).
Jede einzelne Person empfing den Heiligen Geist, nicht in Gestalt einer Taube, wie bei dem Herrn, sondern in einer feuerähnlichen Zunge.
Diese zwei Ereignisse waren die Erfüllung zweier Verheißungen:
dass sie mit Heiligem Geist getauft werden würden und
dass sie die Gabe des Heiligen Geistes empfangen sollten, der bei und in ihnen bleiben würde. Diese beiden Verheißungen wurden zu Beginn des Pfingsttages erfüllt.
Es ist wichtig zu beachten, dass »Taufe« und »Gabe« des Heiligen Geistes nicht ein und dieselbe Sache ist. Wohl fanden beide Ereignisse zur gleichen Zeit am Pfingsttag statt, aber sie dürfen deshalb nicht miteinander verwechselt werden. Wir müssen sie unterscheiden, so wie wir »Salbung«, »Versiegelung« und »Unterpfand« des Heiligen Geistes unterscheiden, obgleich auch sie uns gleichzeitig mit der Gabe des Heiligen Geistes zuteilwerden.
Viel Verwirrung und schriftwidrige Meinungen6 sind dadurch entstanden, dass kein Unterschied zwischen diesen beiden gemacht wurde. Wenn wir von »senden«, »geben«, »empfangen« zu reden beabsichtigen, so würde es uns nicht in den Sinn kommen, für diese Dinge das Wort »Taufe« zu gebrauchen. Wir drücken uns über das, was wir meinen, sinngemäß aus, und wahrlich, Gott tut es nicht weniger. Wenn Gott von »Taufen« spricht, so meint Er Taufen; und wenn Er von »Senden«, »Geben« und »Empfangen« des Heiligen Geistes spricht, so meint Er das, was Er sagt. Die Schrift ist göttlich genau. Und wir sollten solche sinn- und grundverschiedenen Worte nicht behandeln, als seien sie gleichbedeutend. Verwechseln wir sie, so müssen wir in Verwirrung kommen.
Einigen Lesern mag die Unterscheidung zwischen »Taufe« und »Gabe« des Heiligen Geistes in dem Ereignis am Pfingsttag für einen Augenblick befremdend sein. Aber wir können sicher sein, der Herr sagt, was Er meint, und meint, was Er sagt. Die Verheißung des Vaters (welche das Geben, das Kommen, das Empfangen des Heiligen Geistes umfasst) und die Taufe mit Heiligem Geist sind niemals ein und dasselbe. Die Schrift unterscheidet sie.
Zu einer Gabe gehört ein Geber; zum Kommen eine Person; zum Empfangen ein Empfänger; zum Taufen ein Täufer. Die Schrift unterscheidet dies alles sehr genau. Wenn sie von der Gabe des Heiligen Geistes redet, so sagt sie uns, dass der Geber sowohl der Vater als auch der Sohn ist (Joh 14,16; 15,26; Apg 11,17). Wenn sie aber von der Taufe mit Heiligem Geist redet, so nennt sie uns allein den Herrn als den Täufer (Mt 3,11; Mk 1,8; Lk 3,16; Joh 1,33). Niemals aber sagt sie, dass der Vater auch dieses tut, und noch viel weniger der Heilige Geist. Gedankenlos bitten manche, vom Heiligen Geist getauft zu werden, als ob der Heilige Geist mit Heiligem Geist taufe.
Wenn wir ferner beachten, dass der Herr Seinen Jüngern sagte, dass sie sich nicht von Jerusalem entfernen sollten, bis Er ihnen die Verheißung des Vaters gesandt habe, so ersehen wir daraus, dass ihnen diese in Jerusalem zuteilwerden sollte; und ebenso sagte der Herr von der Taufe, dass sie »nach nunmehr nicht vielen Tagen« mit (wörtlich »in«) dem Heiligen Geist getauft werden sollten. Diese Worte sagen uns deutlich, dass der Herr schon den Pfingsttag vor Augen hatte, an welchem das Herabkommen des Heiligen Geistes und die Taufe mit Heiligem Geist und ebenso das Empfangen des Heiligen Geistes stattfinden sollten.
Liegt es nun nicht nahe, den Bericht des Pfingsttages aufmerksam zu betrachten, um zu forschen, wie diese großen, bedeutungsvollen und doch so grundverschiedenen Ereignisse zur Ausführung gebracht wurden? Sollte nichts davon in dem Bericht enthalten sein? Ich meine, es sei nicht schwer, diese Dinge in dem göttlichen Pfingsttagsbericht klar zu unterscheiden.
Wenn diese verschiedenen Ereignisse am Pfingsttag nicht stattfanden, wann fanden sie dann statt? Denn nach dem Pfingsttag wird von ihnen als von geschehenen Tatsachen berichtet. Paulus schreibt: »Wir alle sind in einem Geist zu einem Leib getauft worden«; und er erinnert die Gläubigen daran, dass sie den Heiligen Geist empfangen und in sich wohnend haben.
Über die jedem einzelnen Gläubigen gegebene Gabe des Heiligen Geistes ist bereits in den früheren Abschnitten geschrieben worden. Vieles wäre darüber noch zu sagen, aber wir müssen uns auf jenes wenige beschränken, um uns noch mit der Taufe mit Heiligem Geist zu beschäftigen.
Die Taufe mit Heiligem Geist
Die Schrift spricht sehr wenig über die Taufe mit Heiligem Geist. Außer Apostelgeschichte 2, in welcher wir den geschichtlichen Bericht dieses wunderbaren Ereignisses finden, den wir bereits betrachteten, haben wir nur noch sieben Stellen in der Heiligen Schrift, in welchen die Taufe mit Heiligem Geist erwähnt wird.
In drei Stellen (Mt 3,11; Mk 1,8; Lk 3,16) finden wir das Zeugnis Johannes des Täufers, der prophetisch anzeigt, dass der nach ihm Kommende, der Herr Jesus, mit Heiligem Geist und mit Feuer taufen werde.
In der vierten Stelle (Joh 1,33) berichtet er von einer Offenbarung, die ihm über die Person des Herrn zuteilwurde: »Auf welchen du sehen wirst den Heiligen Geist herniederfahren und auf Ihm bleiben, dieser ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft.«
Die fünfte Stelle finden wir in Apostelgeschichte 1,5. Hier ist es der Herr selbst, der Seine Jünger auf die Taufe mit Heiligem Geist hinweist und ihnen sagt, dass dieses Ereignis »nunmehr nach nicht vielen Tagen« stattfinden werde.
Die sechste Stelle ist Apostelgeschichte 11,16. Dort blickt Petrus zurück auf die Taufe mit Heiligem Geist am Pfingsttag. Er sagt: »Ich gedachte aber an das Wort des Herrn, wie Er sagte: Johannes taufte zwar mit Wasser, ihr aber werdet mit Heiligem Geist getauft werden.«
Die siebte und letzte Stelle (1Kor 12,13) belehrt uns, was in der Taufe mit Heiligem Geist stattfand, nämlich die Bildung des Leibes Christi auf Erden. In einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, seien es Juden oder Griechen. Weiteres verbindet die Schrift nicht mit der Taufe mit Heiligem Geist.
So finden wir, dass sechs Stellen auf das Pfingstereignis hinweisen und eine Stelle uns die innere Seite, das Wesen der Taufe, zeigt. Johannes der Täufer war der Erste, der sie anzeigt; der Herr (und später Petrus) weisen auf den Pfingsttag hin, an dem sie stattfand; und Paulus belehrt uns, dass alle Gläubigen in dieser Taufe, die die Bildung des Leibes Christi ist, eingeschlossen sind: »... denn in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden.«
Mehr sagt uns die Schrift nicht über »Taufe mit Heiligem Geist«. Aber haben wir die Größe dieses wunderbaren Ereignisses erfasst? Eine ganz neue Sache wurde auf der Erde in der Taufe mit Heiligem Geist aufgerichtet. Der Bau, von dem der Herr gesagt hatte: »Auf diesen Felsen will Ich Meine Gemeinde bauen« (Mt 16,18), nahm damit seinen Anfang. Der »eine Leib« wurde gebildet, der da wächst und der jedes Glied umschließt bis zur Ankunft des Herrn.
Von dieser Stunde an hörte die kleine Schar der Gläubigen in Jerusalem auf, eine Schar von einzelnen Gläubigen zu sein. Von jetzt an waren sie unlöslich zu »einem Leib« zusammengefügt und untrennbar mit dem himmlischen Haupt verbunden. Dieses war etwas ganz anderes als das Beisammensein einer Anzahl von Gläubigen, sie bildeten jetzt einen Körper.
Die Taufe zu einem Leib
Als das wunderbare Brausen vom Himmel das Haus erfüllte, da wurden sie zu dieser nie zuvor gekannten Einheit getauft, die keine Gewalt und Macht je zerstören kann und von der der Herr sagt: »Die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen« (Mt 16,18). Der Feind mag durch Sünde, Spaltungen etc (Apg 5; 1Kor 3). diese Einheit zu zerstören suchen, und es mag ihm gelungen sein, das äußere Bild der Einheit zu verderben, aber die Einheit selbst, die dort in der Taufe mit Heiligem Geist gebildet wurde, ist unzerstörbar. Sie ist eine Tatsache, die nie aufgehoben werden kann: »Da ist ein Leib« (Eph 4,4).
Nie zuvor gab es Derartiges in der Welt. Henoch, Noah, Abraham, Mose, David, diese alle waren Gläubige, die mit Gott wandelten, aber sie waren einzelne Männer des Glaubens. Niemals waren sie zu einem Leib, zu einer Einheit zusammengefügt, nie als der Leib Christi mit dem himmlischen Haupt verbunden. Ein solcher Gedanke lag ihnen gänzlich fern und konnte auch nie in eines Menschen Herzen aufkommen; aber in Gottes Herz lag dieser Gedanke schon vor Grundlegung der Welt.
In Adam und Eva legte Gott diesen in Seinem Herzen verborgenen Plan schon als ein Geheimnis nieder. Hierauf deutet Paulus hin, als er den Ephesern schreibt: »Dieses Geheimnis ist groß; ich aber sage es in Bezug auf Christus und die Gemeinde« (1Mo 2,24; Eph 5,32). Weiter lesen wir in 1. Mose 5,1.2: »An dem Tag, an dem Gott Adam schuf, machte er ihn im Gleichnis Gottes. Mann und Weib schuf er sie, und er segnete sie und nannte ihren Namen Adam, an dem Tag, da sie geschaffen wurden.« Evas Selbstständigkeit ging auf in der Einheit mit ihrem Mann: »Gott nannte ihren Namen Adam« (Mensch).
In seinen Belehrungen über die Gemeinde des Herrn weist Paulus auf den menschlichen Leib hin und spricht: »Gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind: also auch der Christus« (1Kor 12,12). Wir würden gesagt haben: also auch die Gemeinde. Gott aber sagt von der Gemeinde: »also auch der Christus«. Kann die Einheit der Gläubigen untereinander und mit Christus enger, unlösbarer ausgedrückt werden als in diesem Wort? Sie, die Gemeinde, wird mit dem Namen dessen genannt, aus dem sie geworden ist. So wie der Name des Weibes in dem Namen des Mannes aufgeht, so wie Er ihren Namen Adam nannte, so verbindet die Schrift die Gemeinde mit Christus in dem einen Namen: Christus. Und der Apostel gibt in dem folgenden Vers den Grund dafür an: »... denn auch in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt worden« (1Kor 12,13).
Spaltungen in der Gemeinde
Wenn die Schrift uns in der Taufe mit Heiligem Geist den »einen Leib«, die eine Gemeinde - Seine Gemeinden - vor Augen stellt, die dort ihren Anfang nahm, warum kennen wir heute so viele verschiedene Gemeinden und woher kommen diese? Warum gehört heute ein Glied des Leibes dieser Gemeinde und ein anderes jener Gemeinde an? Sind wir nicht alle in einem Geist zu einem Leib getauft? Warum verwirklichen wir diese Wahrheit so wenig? Ist nicht jede Zugehörigkeit zu einer Denomination oder einer Frei- und Volkskirche eine Verleugnung des einen Leibes? Wenn wir Glieder des einen Leibes sind, können wir dann auch noch Glieder eines anderen Leibes sein? Oder kann das Glied mit etwas verbunden sein, womit das Haupt nicht verbunden ist? Die Schrift kennt keine andere »Mitgliedschaft« als die »an dem Leib Christi (1Kor 12,18). Warum kennen wir solche? Und kann es dem Herrn wohlgefällig sein, solche »Mitgliedschaften« (die die Schrift nicht kennt) aufrechtzuhalten? Solche Fragen prüfen unser Herz, wie es zum Herrn und Seinem Wort steht. Wir mögen fühlen, dass, wenn wir den Weg nach der Wahrheit wandeln wollen, uns ernste und schmerzliche Kämpfe bevorstehen; aber es ist besser, mit dem Wort Gottes in Übereinstimmung zu stehen, als mit Dingen verbunden zu sein, die nicht nach den Wort Gottes sind. Bin ich durch Gottes Gnade ein Glied des Leibes Christi, dann bin ich als solches verbunden mit allen Gliedern Seines Leibes, sowohl in dieser Stadt, in diesem Land wie in der ganzen Welt. Jede Sonderverbindung aber ist eine Verleugnung der Einheit der Gemeinde Gottes - des Leibes Christi.
Andererseits aber hebt die köstliche Wahrheit der Einheit des Leibes Christi nicht unsere Verantwortlichkeit auf, von der Ungerechtigkeit abzustehen (2Tim 2,19). In dem Bild der Gemeinde als des »einen Leibes« zeigt uns die Schrift u. a. die Einheit der Glieder und unsere alleinige Gliedschaft; aber sie spricht auch von der Gemeinde als dem »Haus Gottes«, dem Haus des Gottes, der »nicht ein Gott der Unordnung ist« (1Kor 14,33). In Seinem Haus herrscht Zucht und Ordnung; nicht Ordnungen, die nach den Statuten und Einrichtungen der Menschen sind, sondern Ordnungen, die Er und nicht Menschen gegeben haben. So sind wir verantwortlich, sowohl voll und ganz für die unverbrüchliche Einheit des Leibes einzutreten, als auch verantwortlich, keine Anordnungen und Dinge mitzumachen oder gar anzuerkennen als nur die, die Er gegeben hat.
Ob und wie weit es die Gläubigen am Pfingsttag verstanden haben, dass der Herr in der Taufe mit Heiligem Geist den »einen Leib« - Seine Gemeinde - aufgerichtet hatte, wissen wir nicht. Das Wesen des einen Leibes - »ein Herz und eine Seele« - aber wurde in ihrer Mitte durch den innewohnenden Geist gewirkt und geschaut. Die Weite der Taufe mit Heiligem Geist aber, dass sie sich auch auf die Gläubigen aus den Nationen (die noch fern waren) ausstrecken würde, ja, diese schon mit umschloss, konnten sie zu dieser Zeit weder verstehen noch ahnen.
Einen Hinweis darauf dürfte man schon im jüdischen Pfingstfest finden. An diesem Pfingsttag mussten zwei Webebrote vor Gott gebracht werden. Diese beiden Brote können als ein Vorbild angesehen werden von den Juden und von den Heiden, von denen Paulus sagt: »Er hat aus beiden eines gemacht und abgebrochen die Zwischenwand der Umzäunung« (Eph 2,14). Diese Einsmachung der beiden Brote fand am neutestamentlichen Pfingsttag statt, wie wir lesen: »In einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, es seien Juden oder Griechen.«
Dass aber die Gläubigen aus dem Judentum dies weder verstanden noch ahnten, sehen wir aus der Bestürzung, wie sie außer sich gerieten, als auch auf die Nationen die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde und der Heilige Geist auf diese fiel, wie auch auf sie im Anfang (Apg 10,45).
Nicht, als ob sich das Ereignis von Pfingsten im Haus des Cornelius wiederholt hätte, aber an dem plötzlichen »In-Sprachen-Reden« und dem »Gott-Erheben« erkannten sie, dass auch auf die Nationen die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen war, »denn« sie hörten sie »in Sprachen reden« und »Gott erheben« (Apg 10,45.46). Diese Wirkungen des Heiligen Geistes in diesen Erstlingen aus den Nationen müssen denen am Pfingsttag so geglichen haben, dass Petrus offenkundig den Zusammenhang mit der Taufe des Heiligen Geistes am Pfingsttag sah, sodass er an das Wort des Herrn gedenken musste (welches dieser im Blick auf den Pfingsttag gesagt hatte): »Johannes taufte zwar mit Wasser, ihr aber werdet mit Heiligem Geist getauft werden« (Apg 1,5; 11,16). Durch diese eigentümliche Übereinstimmung der Wirkungen des Heiligen Geistes führte der Herr den Petrus und die Gläubigen aus dem Judentum Schritt für Schritt zur Erkenntnis, dass auch die Nationen in dem durch die Taufe mit Heiligem Geist gebildeten Leib eingeschlossen waren.
»Fallen« und »Ausgießen« des Heiligen Geistes
Weil nun in dieser Stelle von einem »Auf-sie-Fallen« und »Ausgießen« des Heiligen Geistes gesprochen wird, haben manche7 angenommen, dass Cornelius und die, die mit ihm waren, eine neue Taufe mit Heiligem Geist empfingen und sich so das gleiche Ereignis von Pfingsten wiederholt habe. Die Schrift aber sagt das nicht. Wohl sehen wir, dass Gott bei diesen Erstlingen aus den Nationen in einer besonderer Weise die Verbindung mit der Taufe des Heiligen Geistes am Pfingsttag darlegte, aber die Schrift spricht nie wieder von einer »Taufe« mit Heiligem Geist, sondern fernerhin von der »Gabe« des Heiligen Geistes, durch welche alle Gläubigen der einmal am Pfingsttag gegründeten und wachsenden Familie Gottes hinzugetan werden.
Doch gehen wir noch etwas näher auf die Worte »fallen« und »ausgießen« ein. Zunächst ist es beachtenswert, dass wir diese Worte nur während der Entwicklung der Gemeinde finden, bis dass ihr Aufbau aus Juden und aus Nationen erreicht war, und weiter finden wir, dass diese Worte dann auch nur auf die Erstlinge aus den Juden (Apg 11,15), aus den Samaritern und aus den Nationen angewandt werden. (Als eben Gott ganz außergewöhnliche Wege ging, um die Jünger in den Plan Seiner Gemeinde einzuführen.)
Am Pfingsttag hatte Gott verkündigen lassen, dass die Verheißung des Heiligen Geistes nicht allein für die Kinder Israel sei, sondern auch für alle, die noch in der »Ferne« seien, so viele irgend der Herr, unser Gott, herzurufen würde (Apg 2,39). Als nun Gott in außergewöhnlicher Weise die »Erstlinge« dieser »Fernen« herzurief, tat Er es unter Begleiterscheinungen, wie sie »im Anfang« (am Pfingsttag) gesehen wurden. Wir ersehen dies aus den Worten: »die den Heiligen Geist empfangen haben, gleich wie auch wir« (Apg 10,47). Und ferner: »Der Heilige Geist fiel >auf< sie, wie auch >auf< uns im >Anfang<« (Apg 11,15). Hiermit werden wir hingewiesen auf Apostelgeschichte 2,3.4, als sich der Heilige Geist »auf« jeden Einzelnen niederließ, und sie anfingen in Sprachen zu reden. (Siehe auch Seite 67.)
Durch diese außergewöhnlichen, nur hier gefundenen Geschehnisse musste Petrus zu der Erkenntnis geführt werden, dass auch die Heiden in dem am Pfingsttag durch die Taufe mit Heiligem Geist gebildeten Leib eingeschlossen waren - oder wie Paulus es später ausdrückt: dass alle, »es seien Juden oder Griechen«, in einem Geist zu einem Leib getauft seien.
Die Stellen, in denen wir das Wort »fallen« in Bezug
auf den Heiligen Geist finden, sind
Vom »Ausgießen« des Heiligen Geistes wird gesprochen in Apostelgeschichte 2,17.33; 10,45; und Paulus wendet das Wort noch einmal allgemein auf alle Gläubigen an in Titus 3,6.
Mit diesen Worten ist durchaus nicht gesagt, dass das »Fallen des
Heiligen Geistes« bzw. »Ausgießen des Heiligen Geistes« an sich auch
äußerlich wahrnehmbar gewesen sein muss. Wir lesen z.
B.: »Furcht fiel auf alle« (Apg 19,17; vgl. Röm 15,3; Apg 13,11). Damit
ist natürlich nicht gesagt, dass man das Fallen der Furcht usw.
äußerlich wahrnahm. Ebenso ist es mit dem Wort »ausgießen«. Das gleiche
Wort, welches in Joel 2,28 und Apostelgeschichte 2,17.33 für »Geist
ausgießen« (ausschütten) gebraucht wird, finden wir auch in
In diesen Erstlingen aus den Nationen hatte nun die Gemeinde ihr Ausmaß als ein Gebilde von Gläubigen aus Juden und aus Nationen gefunden. Zwar finden wir in der Schrift noch weiterhin das »In-Sprachen-Reden« und »Gott-Erheben« als Wirkungen des Heiligen Geistes, aber von nun an niemals mehr in Verbindung mit dem »Fallen« oder »Ausgießen« des Heiligen Geistes.
Über die Taufe mit Heiligem Geist bestehen heute viele Anschauungen, und wir bedürfen der Gnade, um nicht über das, was die Schrift sagt, hinauszugehen. So wurde mir wiederholt geäußert, dass 1. durch die Taufe mit Heiligem Geist ein Werk in den Gläubigen geschehe, und 2. jeder sich deshalb nach der Taufe mit Heiligem Geist auszustrecken habe, und 3., dass in der Taufe jeder ein gewisses Teil von dem Geist empfange, in welchem er getauft werde.
Wenden wir uns aber zur Schrift, so finden wir nichts Derartiges, dass durch die Taufe ein Werk in uns geschieht. Nicht um ein Werk in uns handelt es sich bei der Taufe, sondern um ein Werk an und mit uns. Durch die Taufe mit Heiligem Geist wurde ein Werk an den Gläubigen gewirkt: Sie wurden alle zu einem Leib verbunden.
Das Sich-Ausstrecken nach der Taufe mit dem Heiligen Geist
Dem Sich-Ausstrecken nach der Taufe mit Heiligem Geist liegt der Gedanke zugrunde, dass diese Taufe heute noch stattfinde und Einzelnen zuteilwerde. Die Schrift aber, und das ist sehr beachtenswert, kennt keine Taufe mit Heiligem Geist, die an einzelnen Personen vollzogen wurde. Die Taufe mit Heiligem Geist fand nach den Worten des Herrn am Pfingsttag in Jerusalem statt und wurde (im Gegensatz zur Wassertaufe) nicht an einzelnen Personen, sondern an den Gläubigen in ihrer Gesamtheit vollzogen. Sie wurde nicht (wie die Wassertaufe) an den Einzelnen bald hier, bald dort ausgeführt, sondern sie war eine einmalige Handlung des Herrn an allen Gläubigen in ihrer Gesamtheit; sie war das einmalige Werk des Herrn, womit Er Seine Gemeinde aufrichtete und in welcher alle, die den Heiligen Geist empfangen, eingeschlossen sind, so wie die Schrift sagt: »In einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft.«
Und nie spricht die Schrift von weiteren Taufen mit Heiligem Geist, als ob solche öfter stattfinden könnten. Können wir noch einmal zu einem Leib getauft werden? Kann die Gemeinde öfter als einmal gegründet werden? Das ist kein guter Baumeister, der seinen Bau öfter als einmal anfängt. Wenn die Gemeinde am Pfingsttag errichtet wurde, kann sie dann wieder aufgerichtet werden? Kann der Leib Christi noch einmal seinen Anfang nehmen? Niemals! In der Taufe mit Heiligem Geist am Pfingsttag fand diese Vereinigung der Glieder zu dem einen Leib, dem Leib Christi statt, und nie redet die Schrift von einer Wiederholung. Wohl offenbarte der Herr in der Anfangs- und Entwicklungszeit durch besondere Ereignisse (wie wir bei Kornelius bereits sahen) ihre Weite und Bedeutung, aber nie finden wir eine Wiederholung. Jeder Gläubige, der das Siegel des Heiligen Geistes empfängt, ist dem einen Leib, der am Pfingsttag seinen Anfang nahm, hinzugetan. Das Kind, welches geboren wird, tritt in die Familie ein, welche an einem früheren Tag gegründet wurde, aber es findet keine neue Familiengründung für jedes Kind statt, das geboren wird. Alle sind in dem einmal vollzogenen Akt der Familiengründung eingeschlossen. So findet auch keine neue Taufe für jeden Einzelnen statt, sondern alle sind durch die Gabe des Heiligen Geistes in diese einmal geschehene Taufe, durch welche die himmlische Familie gegründet wurde, eingeschlossen, sodass Paulus selbst den fleischlich wandelnden Korinthern schreiben konnte, dass sie in einem Geist zu einem Leib getauft waren. Es war das Teil aller und nicht etwa nur einzelner nach dem Urteil der Menschen besonders geförderter Gläubiger.
Noch ein Wort zu dem letzterwähnten Punkt eines Empfangens in der Taufe. Wo auch immer das Wort Taufe in der Schrift gebraucht wird, nie finden wir den Gedanken damit verbunden, dass den Getauften etwas von dem Element, in welchem er getauft wird, zuteilwird. Also von dem Geist, weil er im Geist getauft wird, oder vom Wasser, weil er im Wasser getauft wird, oder von der Wolke und dem Meer, worin Israel getauft wurde. Der Gedanke, den die Schrift mit der Taufe verbindet, ist nicht der des Empfangens von etwas, sondern mehr der des Verbundenseins und des Herausgehens aus einem Gebiet und des Hinübergehens in ein anderes. Zum Beispiel: Israel wurde in der Wolke und im Meer getauft. Es wurde ihnen nichts von der Wolke und dem Meer zuteil, aber es war das Herausgehen aus der alten Verbindung und der Eintritt in eine neue. Durch die Taufe in der Wolke und dem Meer wurden sie in der Wolke verbunden mit der Herrlichkeit und Gegenwart Gottes, und das Meer trennte sie von Ägypten, und so betraten sie die Wüste. In der Wassertaufe wird uns nichts von dem Wasser zuteil, aber weil wir »mit Ihm einsgemacht« sind (Röm 6,4.5), ist sie für uns das Verlassen des ganzen Lebensgebietes des ersten Menschen und das Eintreten in den Lebenskreis des zweiten Menschen; sie ist gleichsam der Trennstrich zwischen zwei Menschen (dem alten und dem neuen) und ihren Lebenskreisen (dem irdischen und dem himmlischen). So auch in der Taufe mit Heiligem Geist. Wir empfangen durch sie nichts vom Heiligen Geist. Sie ist das Herausgehen aus dem, was wir zuvor waren: Juden, Griechen, Sklaven oder Freie, und die Einverleibung mit hinein in den einen Leib, welcher die Gemeinde Christi ist.
6 Die ab 1905 in Deutschland aufgekommene Pfingstbewegung wurde sicherlich auch im Bereich der »Brüder«, zu denen Albert von der Kammer gehörte, aufmerksam zur Kenntnis genommen. Möglicherweise war die ganze Serie über den Heiligen Geist sogar eine späte Reaktion auf den Sturm, der über die dt. Gemeinschaftskreise hinweggefegt war und der - recht öffentlichkeitswirksam - mit der Berliner Erklärung 1909 bekämpft wurde, was den weiteren Auftrieb dieser Bewegung allerdings nicht verhinderte. Im Folgenden nimmt der Autor - verbunden mit den Worten »manche« und »heute« - immer wieder auf Lehren dieser Bewegung Bezug. (Anm. d. Verlages)↩︎
7 Siehe dazu Anmerkung 5.↩︎